Die Dortmunder SPD-Politikerin Nadja Lüders legt den Vorsitz im NSU-Untersuchungsausschuss nieder

Zehn Mal mehr Demokraten als Neonazis kamen nach Eving. Die SPD hatte eine Protestkundgebung angemeldet.
Die SPD-Vorsitzende Nadja Lüders hat mehrfach Protestkundgebungen gegen Neonazis angemeldet.

Die Dortmunder SPD-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Nadja Lüders hat ihren Vorsitz im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zur Aufklärung der NSU-Verbrechen niedergelegt.

Im Mittelpunkt sollen die Ermittlungen über die Aufklärung des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße, die Ermordung des Dortmunder Kiosk-Besitzers Mehmet Kubasik und die Verbindungen zum Neonazi und Polizistenmörder Michael Berger stehen.

Nadja Lüders vertrat Neonazi Michael Berger als Arbeitsrechtlerin

In der vergangenen Woche wurde publik, dass Lüders im Jahr 1999 in einem Kündigungsschutzverfahren Berger als Arbeitsrechtsanwältin vertreten hatte. Er war einer der ersten Mandanten der Anwältin.

Ein Jahr später sorgte Berger bundesweit als Neonazi für Schlagzeilen: Nach einer Verkehrskontrolle tötete er drei Polizisten und später sich selbst. Die Neonazis feierten ihn als einen von ihnen und veröffentlichten die Parole „3:1 für Deutschland“.

Von seiner politischen Motivation wusste Lüders bis zu den Morden nichts. Über diese 15 Jahre alte und kurzzeitige berufliche Beziehung hatte sie allerdings nur ihre Parteikollegen informiert, die darin keinen Interessenskonflikt darin sahen.

Kampf gegen Rechtsextremismus bleibt wichtige Antriebsfeder

Am 4. April 2006 wurde Mehmet Kubasik in seinem Kiosk in der Mallinckrodtstraße ermordet. Archivfoto: Alex Völkel
Am 4. April 2006 wurde Mehmet Kubasik in seinem Nordstadt-Kiosk ermordet. Fotos: Alex Völkel

Doch die Opposition wie auch manche kampagnenorientierten Online-Medien wollten Lüders daraus einen Strick drehen. Zudem gab es sehr viele persönliche und ehrverletzende Kommentare im Internet.

Daher zog die Dortmunder Abgeordnete nun die Konsequenz: „Ich trete mit sofortiger Wirkung vom Vorsitz des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses III (NSU) zurück“, schreibt Lüders in einer persönlichen Erklärung.

„Mir fällt dieser Schritt sehr schwer, weil der Kampf gegen Rechtsextremismus für mich eine der wichtigsten Antriebsfedern meiner politischen Arbeit sowohl in meiner Heimatstadt Dortmund als auch im Landtag ist.“

SPD-Politikerin will möglichen Schaden vom Untersuchungsausschuss abhalten

Doch ihr war es wichtiger, Schaden vom Ausschuss abzuwenden: „Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss III hat einen immens wichtigen Auftrag. Seine Arbeit habe ich mit vollem Einsatz unterstützt und hätte das auch gerne weiter getan“, betont Lüders.

„Die Arbeit des Ausschusses darf aber nicht durch eine Diskussion um die Person der Vorsitzenden beeinträchtigt werden. Dafür ist mir der Untersuchungsauftrag zu wichtig.“

Verschwörungstheorien und persönliche Beleidigungen

„Was ist, wenn ich als Vorsitzende eine Frage für unzulässig erklären müsste? Dann gibt es schnell Vertuschungsvorwürfe. Es gibt viele Verschwörungstheorien“, erklärte sie im Gespräch mit den Nordstadtbloggern. „Dann kämen die Unterstellungen wieder hoch. Daher ziehe ich mich komplett raus.“

Doch auch persönliche Gründe waren ausschlaggebend: „Ich habe mich zu diesem Schritt auch entschlossen, weil mich die Verdächtigungen, Beschimpfungen und Unterstellungen, gerade im Internet, seit meiner Erklärung der vergangenen Woche zutiefst verletzt und getroffen haben.“ So wurde ihr unter anderem unterstellt, eine „Nazi-Anwältin“ oder „Rechts-Anwältin“ zu sein – also mit Rechtsextremen gemeinsame Sache zu machen.

Ein absurder Vorwurf: Schließlich gehört die SPD-Vorsitzende zu den schärfsten Kritikerinnen der Neonazis und hat an einer Vielzahl von Kundgebungen teilgenommen und viele von ihnen sogar organisiert.

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Reaktionen

  1. Clemens Schroeer

    Mir scheint, Frau Lüders hätte vor ihrer Bestellung zur NSU-Ausschussvorsitzenden nicht nur ihrer eigenen Partei von ihrem Berger-Mandat berichten sollen, sondern allen im Landtag vertretenen Parteien. Dann wäre für die Transparenz gesorgt worden, die gerade bei solch einem sensiblen Thema und einer solch exponierten Position unabdingbar ist.
    Frau Lüders wg. ihres Berger-Mandats Nazi-Nähe zu unterstellen, ist dagegen völliger Quatsch, unverschämt und ehrenrührig. Das hat sie nicht verdient, gerade auch angesichts ihres jahrelangen, unermüdlichen antinazistischen Engagements!
    Im Ergebnis umso bedauerlicher, dass dieser Rücktritt notwendig geworden ist.

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