Preisgünstiger Wohnraum in Dortmund wird knapp – Diskussion um Enteignung oder Beschlagnahme bei Leerstand

Luftbild Nordstadt
Die Dortmunder Bevölkerungszahl wächst deutlich – die Leerstandsquoten sinken.

Dortmund wächst: Regulärer innerdeutscher Zuzug, Zuwanderung, Studierende und jetzt auch Flüchtlinge sorgen dafür, dass der Wohnungsmarkt in Dortmund immer schwieriger wird. Vor allem preisgünstiger Wohnraum wird knapp.

Wohlfahrtsverbände sorgen sich um Inklusionsprojekte

Hier bahnen sich neue Konflikte an: Für Sucht- oder psychisch Kranke sowie die Inklusion von geistig Behinderten sei es immer schwieriger, Wohnungen zu finden, „weil der Wohnungsmarkt enger wird“, berichtet Reiner Klein (Diakonie).

Der Wohnungsmarkt sei wie leergefegt, außerdem habe sich die Stadt Belegrechte gesichert, um Flüchtlinge unterzubringen. „Aber wir brauchen auch für andere Menschen bezahlbaren Wohnraum, sonst bekommen sie eine ganz andere Diskussion“, so Klein.

Stadt registriert Anspannung: Nur noch zwei Prozent Leerstand

Finnisage der Ausstellung, Wir: Echt Nordstadt! am Phoenixsee in Dortmund-Hörde. Planungsdezernent Ludger Wilde
Planungsdezernent Ludger Wilde setzt auf Förderung des Wohnungsneubaus.

„Diese Anspannung beobachten wir auch“, räumt der zuständige Dezernent Ludger Wilde ein. „Der Leerstand liegt bei zwei Prozent – wir haben keinen richtigen Leerstand mehr.“ Denn mittlerweile wurden 2373 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht.

Doch auch Zuwanderer, Studierende und andere Neu-Dortmunder suchen Wohnraum. „Die Konkurrenz wird immer gravierender. Wir wollen daher die städtischen Flächen aktivieren“, kündigte Wilde an. „Die steigende Nachfrage wird in den nächsten Jahren anhalten.“

„Wir haben einige Potenziale und wollen die Stadtentwicklungsgesellschaft aktivieren – eine Prüfung läuft an“, so Wilde.

Fördermittel für Neubauprojekte stehen zur Verfügung

„Wir gehen auf die Wohnungsbaugesellschaften zu, um nicht nur bei Modernisierung und Sanierung zu unterstützen, sondern auch beim Neubau.“

Denn auch dafür können Gelder vom Land zur Verfügung gestellt werden, in den nächsten Jahren jeweils zehn Millionen Euro. „Die Erwartungshaltung bei der Stadt ist, dass diese Gelder abgerufen werden.“

Allerdings wird die Stadt erst 2016 die Wohnbaupotenziale im inneren Bereich sowie die Potenziale des Flächennutzungsplans darstellen können.

„Wir wollen nicht ausschließen, dass wir erst Brachflächen herziehen, aber auch in den Freiraum gehen müssen, um dem Bedarf Rechnung zu tragen“, so Wilde.

Kowalewski: „Leerstände können nicht mehr geduldet werden“

Neujahrsempfang der Fraktion Linke/Piraten im Rathaus. Fraktionsvorsitzender Utz Kowalewski, Die Linke
Utz Kowalewski will auch Zwangsmaßnahmen gegen Eigentümer prüfen lassen.

Doch darauf will die Fraktion Linke und Piraten nicht warten. Für Tausende Menschen in Dortmund werde schon jetzt händeringend preisgünstiger Wohnraum gesucht.

Dieser Wohnraum sei durchaus vorhanden, stehe aber leer und werde nicht vermietet. Oftmals seit Jahren. Ein Unding, findet die Fraktion von Linken und Piraten.

Die Fraktion möchte in der Ratssondersitzung am kommenden Montag deshalb die Stadtverwaltung beauftragen, die „Satzung über den Schutz und Erhalt von Wohnraum in Dortmund“ endlich konsequent anzuwenden.

Diese Satzung ist immerhin seit drei Jahren in Dortmund gültig und stellt ein öffentliches Interesse an Wohnraum über das Recht des Eigentümers an einer leer stehenden Wohnung.

Strafen für Zweckentfremdung möglich – Genehmigungen nötig

Ein Leerstand von Wohnraum in Miethäusern, der länger als drei Monate andauert, gilt als Zweckentfremdung. Eine solche Zweckentfremdung ohne ersichtlichen Grund ist – so schreibt es die Satzung vor – genehmigungspflichtig. Andernfalls kann es für den Eigentümer sehr teuer werden.

Doch bislang hat die Stadt Dortmund ihre diesbezüglichen Möglichkeiten nicht ausreichend genutzt, meinen die Linken & Piraten.

„In Dortmund steht eine große Anzahl von Wohnhäusern leer. Damit bleibt Wohnraum für 3000 bis  5000 Menschen ungenutzt“, so Fraktionschef Utz Kowalewski. „Alleine auf der Brückstraße stehen die Wohnbereiche in rund 30 Häusern leer.“

„Mit der CDU wird es keine Zweckentfremdung oder Enteignung von Wohnraum geben“

Leerstand in der Nordstadt
Die CDU will trotz der Anspannungstendenzen keine Zwangsmaßnahmen erwägen.

Für diesen Plan wird es aber seitens der CDU keine Unterstützung geben: „Obwohl die Suche nach Flüchtlingsunterkünften in Dortmund immer schwieriger wird, ist für die CDU-Fraktion die Beschlagnahmung von Immobilien, wie auf Antrag der Linken/Piraten und der Grünen von der Verwaltung geprüft werden soll, keine Lösung, um Flüchtlinge in Dortmund unterzubringen“, erkärt Uwe Waßmann.

„Wenn auch schon andere Kommunen in NRW, wie beispielsweise Arnsberg ein Gebäude des Kolpingswerks oder Olpe ein früheres Familienhotel beschlagnahmt haben, werden wir als CDU-Fraktion dieses Vorgehen in Dortmund auf keinen Fall unterstützen. Hier müssen andere Lösungen gesucht und gefunden werden“, so Waßmann. An der Parteilinie kann dies nicht liegen, denn beide Städte im Hochsauerland werden von der CDU regiert.

Eingriffsmöglichkeiten sind für die CDU kein probates Mittel

Zwar sind die Eingriffsmöglichkeiten einer Kommune im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz geregelt, von denen Städte und Gemeinden Gebrauch mach können, doch ist diese Art der Wohnraumbeschaffung für die CDU kein probates Mittel.

„Die Beschlagnahme von Wohnungen bzw. leerstehenden Immobilien muss in Dortmund die absolute Ausnahme bleiben und braucht daher auch nicht von der Verwaltung näher untersucht werden“, heißt es von der CDU.

Nach Meinung der CDU-Fraktion würde sich dies sehr negativ auf die derzeitige Willkommenskultur der Dortmunder Bürger auswirken. „Wir wollen die Aufnahmebereitschaft der Bürger nicht gefährden.

Wir als CDU sehen eher die Verantwortung beim Land NRW und beim Bund, die Kommunen finanziell besser zu unterstützen, um den fehlenden Wohnraum zu kompensieren“, so der CDU-Ratsherr Uwe Waßmann.

„Dies soll und muss auf jeden Fall auf Baiss einer freiwilligen Bereitschaft geschehen und nicht durch eine Beschlagnahme“, so fasst Uwe Waßmann die Meinung der CDU-Fraktion kurz und bündig zusammen.

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Reaktionen

  1. Auswärtsspiel

    Es ist eine Binsenweisheit, dass Bevölkerungswachstum der Motor der Stadtentwicklung ist. Eine schrumpfende Stadt schafft mehr Probleme als eine wachsende. Zuzüge bedeuten Chancen und Risiken. In der Debatte scheinen von „Bedenkenträgern“ aber nur mögliche, wenn auch durchaus nicht unrealistische Risiken angesprochen worden zu sein. Die Politik muss einkommensschwächere Mieter vor Verdrängung schützen. Instrumente gibt es oder werden gerade geschaffen, weil Zuzüge in die Großstädte bundesweit stark zunehmen. Aber mit den neuen Bürgerinnen und Bürgern, egal aus welchen Gründen sie kommen, entsteht wieder Nachfrage, Wachstum und vor allem kulturelle Vielfalt. Darüber sollten sich alle freuen.

  2. CDU Dortmund (Pressemitteilung)

    CDU fordert Bekenntnis der Dortmunder SPD zu Privateigentum und -investitionen

    Die Dortmunder CDU ist verwundert, dass den Diffamierungen von privaten Eigentümern und Investoren durch die SPD-Jugendorganisation kein Dortmunder Sozialdemokrat widerspricht.

    „Die Äußerungen des SPD Juso-Vorsitzenden, jeder sei unmoralisch und inkorrekt, der mehr als die selbst bewohnte Wohnung besitzt, ist ein fatales Signal für Eigentümer und Investoren in Dortmund. Die Mieten steigen aufgrund vermehrter Nachfrage und wir freuen uns über jeden privaten Investor, der neben seiner eigenen Wohnung auch Wohnraum für andere schafft!“ so die stellvertretende Kreisvorsitzende und Europakandidatin der CDU Dortmund, Dr. Annette Littmann.

    „Unser Grundgesetz schützt das private Eigentum und stellt hohe Hürden für Enteignungen auf, die darüber hinaus auch nicht entschädigungslos erfolgen dürfen. Die sogenannte Vergesellschaftung von Privatvermögen nach Vorstellung des SPD Juso-Vorsitzenden gab es in der DDR und anderen Diktaturen. Gerade jetzt ist es notwendig das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Rechtssicherheit und Verlässlichkeit des Staates zu stärken. Die Vorschläge des SPD Juso-Vorsitzenden hingegen schüren Angst und Unsicherheit“ verdeutlicht Dr. Annette Littmann.

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