Resolution im Rat: Dortmund steht „uneingeschränkt solidarisch“ an der Seite Israels und der Partnerstadt Netanya

Alle Ratsfraktionen drückten ihre Solidarität aus, verurteilten die Gewalt und bedauerten die Opfer auf beiden Seiten. Foto: Alex Völkel
Alle Fraktionen im Stadtrat drückten ihre Solidarität mit Israel und Dortmunds Partnerstadt Netanya aus, verurteilten die Gewalt und bedauerten die zivilen Opfer auf beiden Seiten. Foto: Alex Völkel

Ein klares Votum für die Solidarität mit Israel und gegen Antisemitismus in Deutschland hat der Dortmunder Stadtrat auf den Weg geschickt – natürlich nicht ohne eine kontroverse Diskussion zwischen den demokratischen Parteien und denen vom rechten Rand. 

Der Rat verurteilt jede Form der Gewaltanwendung, des Terrors und des Hasses

Sonnenuntergang in Netanya - davor eine Kunstinstallation mit Friedenstauben. Foto: Alex Völkel
Sonnenuntergang in Netanya – davor eine Kunstinstallation mit Friedenstauben. Foto: Alex Völkel

Vor dem Hintergrund „der anhaltenden Gewaltexzesse zwischen der palästinensischen Terrororganisation Hamas und dem Staate Israel“ hatte die CDU-Fraktion die Resolution im Rat eingebracht.

Der Stadtrat bekundete nach halbstündiger Debatte „seine (uneingeschränkte) Solidarität mit dem Staate Israel, mit den israelischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern und insbesondere mit der in Freundschaft verbundenen Stadt Netanya, zu der seit dem Jahr 1981 eine Städtepartnerschaft besteht“. 

Weiter heißt es: „Der Rat Stadt Dortmund verurteilt grundsätzlich jede Form der Gewaltanwendung, des Terrors und des Hasses. So auch die anhaltenden, flächendeckenden Raketenangriffe der palästinensischen Terrororganisation Hamas gegen die israelische Bevölkerung. Leidtragend aus dem daraus entstandenen militärischen Konflikt ist auf beiden Seiten insbesondere die Zivilbevölkerung.“

Doch auch gegen den Hass gegen Jüdinnen und Juden, der im Zuge des Nahostkonflikts in Deutschland aufbrandet, verurteilt der Rat „grundsätzlich jede Form von Antisemitismus und der Feindlichkeit gegenüber jüdischen Mitmenschen. So auch die aggressiven, antiisraelischen und antisemitischen Ausschreitungen und Anschläge gegen jüdische Einrichtungen in zahlreichen deutschen Städten in den vergangenen Tagen“. 

Demokratischer Konsens: „Antisemitismus hat in Dortmund ebenso wenig Platz wie Rassismus“

Dr. Jendrik Suck (CDU). Foto: Thomas Engel

„Antisemitismus hat in Dortmund ebenso wenig Platz wie Rassismus und die Feindlichkeit gegenüber Andersdenkenden, anderen Religionen, Kulturen oder Nationen“, heißt es in dem mit sehr breiter Mehrheit verabschiedeten Papier.

Der Rat der Stadt Dortmund bekannte sich „aus seiner historischen Verantwortung heraus zum unbedingten Schutz jüdischen Lebens in Deutschland. Die Stadt Dortmund ist besonders stolz auf ihre seit Jahren wachsende jüdische Gemeinde, deren religiöses, soziales und kulturelles Leben einen festen und unersetzlichen Bestandteil unserer vielfältigen Stadtgesellschaft darstellt“.

Zudem forderte der Rat der Stadt Dortmund die Bundesregierung auf, „unverzüglich und mit allen zur Verfügung stehenden, diplomatischen Mitteln auf die schnellstmögliche Beendigung der gegenwärtigen, gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Region hinzuwirken“.

Suck: „Uns geht es um den Schutz jüdischen Lebens, aber auch von Israel“

„Uns geht es um den Schutz jüdischen Lebens, aber auch von Israel“, begründete Dr. Hendrick Suck die Resolution seiner Partei vor dem Hintergrund der besonderen Verbundenheit mit der Stadt Netanya.

SPD-Fraktionschef Norbert Schilff
Bürgermeister Norbert Schilff (SPD)

„Uns war wichtig, deutlich zu machen, dass die Zivilgesellschaft auf beiden Seiten die Leidtragenden sind“,  begründete Ingrid Reuter (Grüne) die Ergänzung zum CDU-Antrag“, die auf volle Zustimmung stieß. „Die militärischen Auseinandersetzungen müssen beendet werden. Der Nahost-Konflikt ist nur politisch und mit friedlichen Mitteln zu lösen und nicht mit Waffengewalt.“

„Gewalt ist der schlechteste Begleiter eines Friedensprozesses, der vor vielen Jahren angestoßen wurde und nicht nur leider völlig zum Erliegen kam, sondern in Gewaltexzessen mündet“, sagte Bürgermeister Norbert Schilff (SPD).

„Mit dieser Resolution wird deutlich, was auch gefühlsmäßig hinter diesen Dingen steht“, sagte er mit Blick auf die enge Verbundenheit und die Städtepartnerschaft zu Netanya. „Ich mache mit keine Illusion, dass die Resolution einen Jota ändert. Aber denen, die es wissen wollen, wollen wir es mitteilen, dass wir solidarisch sind mit den Menschen, die dort leiden“, so Schilff.

Die Aktion Linke+ möchte die Hamas nicht „Terrororganisation“ nennen

Utz Kowalewski (DIE LINKE+)

Die AfD könne sich grundsätzlich mit der Resolution anfreunden“, sagte Matthias Helferich (AfD). „Wenn man aber vorgibt, entschieden gegen Antisemitismus kämpfen zu wollen, fehlt dem Antrag die nötige Chuzpe, dagegen vorzugehen.“ Erwartungsgemäß hob der Bundestagskandidat auf angeblich „importierten Antisemitismus“ ab. „Antisemitismus sollte niemals aus politischer Korrektheit verschwiegen und muss immer entschieden bekämpft werden.“

„Man kann die Siedlungspolitik der Regierung Netanjahu kritisieren, aber nie rechtfertigt das Angriffe von außen – und schon gar nicht Angriffe auf Jüdinnen und Juden in Deutschland“, betonte Michael Kauch (FDP/Bürgerliste). „Da spielt es keine Rolle, von wo der Antisemitismus kommt – ob von Menschen mit Migrationshintergrund oder von deutschen Rechtsextremen. Davon dürfte sich die AfD auch gerne distanzieren.“

Utz Kowalewski (Linke+) begrüßte die Resolution. „Das trifft den Tenor ganz gut.“ Aber zwei Worte störten seine Fraktion: Die „uneingeschränkte“ Solidarität wollte sie gestrichen wissen („Das kann ja alles bedeuten“) und auch die Bezeichnung „Terrororganisation“ für die Hamas empfand Kowalewski in Zusammenhang mit einer Ratssitzung für „nicht angemessen“ – und dies trage zu einer Befriedung auch im städtischen Raum nicht bei. Das sah die „Die Fraktion“ von „Die Partei“ ganz anders: „Die Hamas ist de facto eine Terrorgruppe – das sollte man auch so benennen“, forderte Olaf Schlösser. 

Scharfe Kritik an Ergänzungs- und Änderungswünschen von Neonazis und AfD

Mit diesem Logo ist die gemeinsame Erklärung versehen.
Mit diesem Logo war die Erklärung des Zentralrates der Juden in Deutschland versehen.

Abgesehen davon: „Ergänzungs- und Änderungs-Anträge von [Verfassungsschutz-] Verdachts- und Beobachtungsfällen sowie Rechtsextremisten ablehnen, egal was drin steht“, betonte Schlösser mit Blick auf die Forderungen von AfD und der Neonazi-Partei „Die Rechte“. Letztere hatte unter anderem gefordert, „die erneute zionistische Aggression gegen Palästina bzw. die Bevölkerung im Gazastreifen und im Westjordanland“ zu verurteilen. Es müsse „Schluss mit israelischen Kriegsverbrechen“ sein.

„Aus meiner Sicht legt die AfD eine vergiftete Resolution vor – vor allem mit den Rechtsextremisten in ihren Reihen. Da hilft auch die Rhetorik nicht weiter, sondern verunglimpft ganze Glaubensgruppen“, kritisierte Uwe Wassmann (CDU) den AfD-Vorschlag. 

Julian Jansen (Grüne) sprach der AfD das Recht ab, über Antisemitismus zu sprechen und den Menschen jüdischen Glaubens Schutz und Solidarität zu versichern. Er wollte dazu jedoch Betroffene zu Wort kommen lassen und zitierte daher aus dem Positionspapier des Zentralrats der Juden in Deutschland – „AfD – keine Alternative für Juden!“ (Eine ausführliche Berichterstattung gab es dazu auf Nordstadtblogger – Link am Ende).

Dortmunder OB drückte der israelischen Partnerstadt Anteilnahme und Solidarität aus

Oberbürgermeister Thomas Westphal erinnerte daran, dass er mit der Partnerstadt Kontakt aufgenommen und seine Sorge über die Eskalation im Nahen Osten zum Ausdruck gebracht habe.

„Wir verfolgen mit großer Bedrückung, wie die Situation erneut eskaliert und hoffen, dass in Netanya niemand leiden muss. Gerade in solchen schweren Stunden stehen wir an der Seite unserer Freunde in Israel und in Netanya“, hatte Westphal der Stadtspitze in der Partnerstadt versichert.

„Wir hoffen, dass ein schnelles Ende der Eskalation und ein friedlicher Weg gefunden werden kann. Wachsendem Antisemitismus muss auch in unserem Land entschlossen entgegengetreten werden“, so Westphal. Die Partnerstadt Netanya habe sich in einer Mail für die Worte bedankt. „Es ist ein gutes Gefühl, von Freunden in diesen Zeiten zu hören.“

 

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Reaktionen

  1. Carsten Klink

    Wer sich in heutigen Zeiten nur auf eine Seite der beiden Konfliktparteien stellt, belegt eindrucksvoll, dass er von der Vielschichtigkeit der Auseinandersetzung keine Ahnung hat. Nur ein gerechter Ausgleich zwischen Israel und Palästina wird den Völkern dauerhaft Frieden bringen. Daher ist es mehr als kleingeistig sich wie bei einem Fußballspiel nur für eine Seite zu entscheiden.

    Jakob Reimann beschreibt die Situation in seinem Artikel „Gaza wird brennen – der nächste Krieg in Nahost“ ganz gut auch für die, die offensichtlich keine Ahnung haben oder keine Ahnung haben wollen: https://www.nachdenkseiten.de/?p=72401

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