Lässt sich Covid19 erschnüffeln? Klinikum Dortmund startet klinischen Versuch mit „elektronischer Hundenase“

v.l. Prof. Dr. Oliver Müller (Direktor der Klinik für Neurochirurgie), Prof. Dr. Richard Ellerkmann (Direktor der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin), Prof. Dr. Michael Truß (Direktor der Klinik für Urologie) und Priv.-Doz. Dr. Bernhard Schaaf (Direktor der Klinik für Pneumologie und Infektiologie). Fotos: Klinikum Dortmund

Kann man Covid19 am Atemgeruch erkennen? Klingt nahezu unglaublich, ist aber die Idee eines Forschungsprojekts, das nun im Klinikum Dortmund umgesetzt wird. Es geht dabei um eine Gabe, die bei Hunden besonders ausgeprägt ist. „Hunde haben eine sehr gute Nase und können z.B. eine Unterzuckerung bei Patient*innen riechen, ehe es die Betroffenen selbst spüren. Auch bei Lungenkrebserkrankungen gibt es hierzu bereits positive Forschungsergebnisse“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Bernhard Schaaf, Direktor der Klinik für Infektiologie und Pneumologie im Lungenzentrum des Klinikums Dortmund. Diese Erkenntnis soll nun die Leitidee zur Früherkennung von Covid19 sein.

Gas-Analysen von Luftproben könnten zu praktischen Schnelltests werden

Neben der Auswertung der Abstriche könnte die Gasanalyse für schnelle Ergebnisse sorgen.

Da es allerdings mindestens sechs Wochen dauert, bis Hunde auf eine bestimmte Erkrankung trainiert werden, nutzen die Forscher*innen eine ganz besondere „Schnüffelnase“. ___STEADY_PAYWALL___

Das Klinikum arbeitet hierzu mit der G.A.S. Gesellschaft für analytische Sensorsysteme mbH im BioMedizinZentrumDortmund zusammen. Von dort kommt ein Gerät, das aufgrund einer feinen Sensorik eine Hundenase nachahmen kann.

Bei Corona-Verdachtsfällen wird jetzt neben dem klassischen Abstrich aus dem Rachen auch eine Luftprobe aus Nase und Mund entnommen. „Wir prüfen dann in der elektronischen Hundenase, ob es Auffälligkeiten in der Gas-Analyse gibt, quasi eine Art Signatur, die typisch für Covid19 ist“, erklärt PD Dr. Schaaf.

Im Idealfall könne am Ende dieser Forschung eine neue Form der Testung entwickelt werden, die unmittelbar nach der Probenentnahme ein Ergebnis liefert, also ein Schnelltest an Ort und Stelle. 

„Die Untersuchung des bisher üblichen Rachenabstrichs per PCR dauert sicherlich auch nicht mehr so lange, braucht aber immer noch knapp acht Stunden bis zum Ergebnis“, erklärt PD Dr. Schaaf.  Zugleich werden auch Covid-Patienten, die bereits im Lungenzentrum des Klinikums Dortmund Nord stationär behandelt werden, mit der „elektronischen Schnüffelnase“ getestet. 

„Wir bewegen uns da auf völlig neuem Terrain“

„Wenn wir das über die Zeitspanne des Krankenhausaufenthalts parallel zu den sonstigen Laborwerten tun, können wir vielleicht auch hier Auffälligkeiten in der Gas-Analyse erkennen und so Entzündungsparameter entdecken.“ All dies sei aber aktuell noch hochspekulativ. 

An dem Forschungsprojekt sind im Klinikum Dortmund neben PD Dr. Schaaf auch Prof. Dr. Michael Truß (Direktor der Klinik für Urologie), Prof. Dr. Richard Ellerkmann (Direktor der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin) sowie Prof. Dr. Oliver Müller (Direktor der Klinik für Neurochirurgie) beteiligt. Wann Ergebnisse zu erwarten sind, könne noch nicht sicher gesagt werden. PD Dr. Schaaf: „Das ist halt Forschung, wir bewegen uns da auf völlig neuem Terrain.“ 

 

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  1. „Elektronische Hundenase“ im klinischen Versuch Lässt sich Covid19 erschnüffeln? Die ersten Ergebnisse per Gasanalyse stimmen das Klinikum Dortmund zuversichtlich (PM)

    „Elektronische Hundenase“ im klinischen Versuch Lässt sich Covid19 erschnüffeln?
    Die ersten Ergebnisse per Gasanalyse stimmen das Klinikum Dortmund zuversichtlich

    Diese Ergebnisse lassen hoffen, auch wenn es weiterer Forschung bedarf: Mediziner des Klinikums Dortmund haben jetzt zusammen mit internationa- len Wissenschaftlern im renommierten Fachmagazin EClinical Medicine, einer Online-Zeitschrift von „The Lancet“, beschrieben, wie die Früherken- nung von Covid19 anhand von bloßer Atemluft möglich sein könnte. Kleiner Wehrmutstropfen: Die Methode ist derzeit noch nicht so sicher wie ein PCR-Test, mit dem bislang SarsCov2 nachgewiesen wird. „Die Treffgenau- igkeit unserer Atemanalyse liegt im Vergleich zum PCR-Test aber immerhin schon jetzt bei ca. 80 Prozent“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Bernhard Schaaf, Direktor der Klinik für Infektiologie und Pneumologie im Lungenzentrum des Klinikums Dortmund.

    Konkret hatten Mediziner des Klinikums Dortmund und Forscher aus Edinburgh (Großbritannien) bei Patienten Atemproben genommen und diese von einem Ge- rät auswerten lassen, das quasi wie eine „elektronische Schnüffelnase“ funktioniert: Eine Sensorik misst die Moleküle in der Ausatemluft und ermittelt daraus ein gewisses Profil, das typisch für den Atem von Covid-19-Patienten ist. Ganz konkret wird dabei aber nicht etwa die Viruslast in der Ausatemluft gemessen, sondern spezielle Entzündungs- und Stoffwechselmoleküle, also Reaktionen des Körpers, die das SarsCov2-Virus im menschlichen Organismus auslöst.

    Das Klinikum arbeitete hierzu mit der G.A.S. Gesellschaft für analytische Sensor- systeme mbH im BioMedizinZentrumDortmund zusammen. Von dort kam jenes Gerät, das aufgrund einer feinen Sensorik eine Hundenase nachahmen kann. „Hunde haben eine sehr gute Nase und können z.B. eine Unterzuckerung bei einem Patienten riechen, ehe es der Betroffene selbst spürt. Auch bei Lungen- krebserkrankungen gibt es hierzu bereits positive Forschungsergebnisse“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Schaaf die Grundidee des Forschungsprojekts.

    Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde Corona-Verdachtsfällen jetzt bei Erstaufnahme neben dem klassischen PCR-Abstrich aus dem Rachen auch eine Luftprobe (10 ml Luft per einfacher Spritze) aus Mund/Nase entnommen. Bei denjenigen, die im PCR-Test positiv waren, schauten die Wissenschaftler – ver- einfacht gesagt – nach Gemeinsamkeiten in der Atemluft. Ziel ist es, mit dieser neuen Messmethode eine schnellere Testung zu ermöglichen – idealerweise so- gar so schnell, dass ähnlich wie bei einem Alkoholtest das Ergebnis unmittelbar nach dem „Ins Röhrchen pusten“ vorliegt. „Die Untersuchung des bisher üblichen Rachenabstrichs per PCR dauert sicherlich auch nicht mehr so lange, braucht aber immer noch einige Stunden bis zum Ergebnis“, erklärt PD Dr. Schaaf.

    Sowohl die Experten in Edinburgh als auch in Dortmund machen sich nun an wei- tere Forschung, um die Gasanalyse zu präzisieren und die Treffgenauigkeit zu erhöhen.
    Im Klinikum Dortmund ist das Forschungsprojekt gelebte interdisziplinäre Arbeit: Neben PD Dr. Schaaf sind nämlich auch Prof. Dr. Michael Truß (Direktor der Klinik für Urologie), Prof. Dr. Richard Ellerkmann (Direktor der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin) sowie Prof. Dr. Oliver Müller (Direktor der Klinik für Neuro- chirurgie) beteiligt. Die bisherigen Forschungsergebnisse stoßen bereits interna- tional auf Beachtung. Neben der Publikation im weltweit renommierten „The Lancet“ haben nun auch amerikanische Krankenhäuser und Google Forschungs- arbeiten mit den Dortmunder Geräten angekündigt.

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