46 Prozent aller Neueinstellungen haben ein „Verfallsdatum“

„Karrierefalle“: Die Gewerkschaft NGG kritisiert die hohe Zahl befristeter Jobs in Dortmund

Für knapp 60 Prozent aller Befristungen gibt es laut Bundesregierung in NRW keinen „Sachgrund“.
Für knapp 60 Prozent aller Befristungen gibt es laut Bundesregierung in NRW keinen „Sachgrund“. Foto: NGG

Ein Großteil der Neueinstellungen in Dortmund hat ein Verfallsdatum: 8.438 von insgesamt 18.351 neu abgeschlossenen Arbeitsverträgen in der Stadt waren im zweiten Quartal des vergangenen Jahres befristet. Das entspricht einer Quote von 46 Prozent, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mitteilt. Die NGG-Region Dortmund beruft sich hierbei auf eine aktuelle Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung.

Befristungen stehen oft Kinderwunsch, Krediten oder Wohnung im Wege

„Befristete Stellen sind in der Lebensmittelbranche und im Gastgewerbe besonders verbreitet. Und das, obwohl Bäckereien, Metzgereien, Hotels und Restaurants dringend neues Personal suchen. Das gewinnt man aber nicht, indem man wackelige Jobs bietet. Beschäftigte suchen keine Arbeit mit Ablaufdatum, sondern eine langfristige Perspektive“, betont NGG-Geschäftsführer Torsten Gebehart.

Torsten Gebehart ist Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund.
Torsten Gebehart ist Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund. Archivfoto: Klaus Hartmann für Nordstadtblogger.de

Nach Beobachtung der Gewerkschaft werden Befristungen häufig zur „Karrierefalle“ – gerade für Berufsstarter:innen. „Die Betroffenen haben größere Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden oder einen Kredit zu bekommen. Manchmal muss wegen unklarer Job-Aussichten sogar der eigene Kinderwunsch hinten angestellt werden“, so Gebehart.

Jeder Arbeitsvertrag habe eine Probezeit. Diese reiche in der Regel, um sich ein Bild vom Beschäftigten zu machen. Trotzdem argumentierten Wirtinnen oder Bäckermeister häufig damit, sie wollten „auf Nummer sicher gehen“, was die Eignung des Mitarbeiters angehe. „Dass es sich dabei um ein vorgeschobenes Argument handelt, liegt auf der Hand. Befristungen sorgen vielmehr dafür, dass bewährte Fachleute zu anderen Firmen wechseln“, so Gebehart.

Fast ein Drittel aller befristet Beschäftigten in NRW arbeiten zu Niedriglöhnen

Befristungen brächten für die Betroffenen gleich mehrere Nachteile, so der Gewerkschafter. Er verweist auf eine Antwort der Bundesregierung bezüglich einer Kleinen Anfrage der Linken (Drucksache 20/2418). Danach arbeitet fast ein Drittel aller befristet Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen zu Niedriglöhnen (31,8 Prozent) – unter allen Arbeitnehmer:innen liegt die Quote bei 21,2 Prozent.

Für knapp 60 Prozent aller Befristungen gibt es laut Bundesregierung in NRW keinen „Sachgrund“ wie etwa eine Elternzeitvertretung oder eine Probezeit. Und junge Beschäftigte sind weit überdurchschnittlich oft auf Zeit angestellt: In der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen liegt der Befristungsanteil an Rhein und Ruhr bei 31,4 Prozent – Auszubildende nicht mitgerechnet.

Unter den 25- bis 34-Jährigen hat jeder Sechste eine befristete Stelle (16,4 Prozent). Zum Vergleich: Im Schnitt liegt die Befristungsquote landesweit bei 9,8 Prozent.

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