Erstmals organisiert auch die Stadt eine Gedenkveranstaltung

Gedenktag der ermordeten Sinti:zze und Rom:nja: Völkermord soll nicht in Vergessenheit geraten

Gedenkveranstaltung für die ermordeten Sinti:zze und Rom:nja am Mahnmal an der Weißenburger Straße. Klaus Hartmann | Nordstadtblogger

Zum Einstieg ertönt der Klang einer Geige, der von einem Akkordeon begleitet wird. Es sind Peter Grünholz und sein Sohn Tibor. Was sie spielen ist „Das Lagerlied“. Ein Lied welches Sinti:zze und Rom:nja im Vernichtungslager gesungen haben.

Erinnert wird an alle Sinti:zze und Rom:nja die Opfer des faschistischen Völkermords wurden

Die Stadt Dortmund hat anlässlich des internationalen Gedenktages des Völkermords an den Sinti:zze und Rom:nja, eine Gedenkveranstaltung im Foyer des Opernhauses ausgerichtet. Die Reden wurden von Oberbürgermeister Thomas Westphal, Josefine Paul, Ministerin für Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration und Ana-Maria Preduca, Vorsitzende der Jugendvertretung des Vereins Romano Than e.V., gehalten.

Eine Musikalische Darbietung von Peter (Akkordeon) und Tibor (Geige) Grünholz auf der Gedenkveranstaltung für die ermordeten Sinti:zze und Rom:nja. Foto: Chimène Goudjinou

In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden die letzten noch in Auschwitz-Birkenau lebenden 4300 Sinti:zze und Rom:nja von der SS in die Gaskammern getrieben und ermordet. Von ihnen überlebte niemand diese Nacht in Auschwitz. Erinnert wird an sie und alle rund 500.000 Opfer des faschistischen Völkermords.

Das Europäische Parlament hat im Jahr 2015 den 2. August zum europäischen Holocaust-Gedenktag für die Sinti:zze und Rom:nja, die während des zweiten Weltkriegs in Europa ermordet wurden, erklärt.

Gemeinsam gegen Rassismus: „Das darf nicht beim Gedenken stehen bleiben.“

Die Stadt Dortmund hat anlässlich des internationalen Gedenktages des Völkermords an den Sinti:zze und Rom:nja, erstmals eine eigene Gedenkveranstaltung ausgerichtet. Foto: Chimène Goudjinou

„Das Unrecht an den Sinti und Roma, die systematische Verfolgung, der Mord an den vielen tausend Menschen ist über viele Jahre in unserer Erinnerungskultur vergessen worden. Wir fanden, dass es Zeit wurde deutlich zu machen, dass diese Menschengruppe ebenso betroffen war und auch heute immer noch von rassistischer Diskriminierung, betroffen ist“, betont Oberbürgermeister Thomas Westphal.

„Rom:nja und Sinti:zze leben heutzutage immer noch in einer Realität in der sie Gewalt und Verfolgung auch hier in Deutschland ausgesetzt sind.“, sagt Roxanna-Lorraine Witt, Vorsitzende von save space e.V..

In den Reden der Gedenkveranstaltung wurde mehrmals betont, dass das wichtigste ist, dass wir als Gesellschaft gemeinsam gegen Rassismus, gegen Hass und gegen Gewalt vorgehen. „Das darf nicht beim Gedenken oder beim Reden stehen bleiben. Wir sind aufgerufen uns aktiv weiterzubilden, Betroffenen zuzuhören und zu handeln.“, betont Witt.

Dortmunder Mahnmal steht durch die Mühe von Roman Franz und seines Vaters

Bürgermeister Norbert Schilff und Roman Franz, LVB Deutscher Sinti und Roma NRW. Klaus Hartmann | Nordstadtblogger

Während die Stadt erstmals ein Gedenken ausrichtete, luden das Bündnis Dortmund gegen Rechts und der NRW-Landesverband deutscher Sinti und Roma e.V. bereits zum wiederholten Mal zum Gedenken am Dortmunder Mahnmal für die ermordeten Sinti:zze und Rom:nja an der Weißenburger Straße ein.

Der Gedenkstein erinnert an die über 150 Sinti:zze und Rom:nja, die am 9. März 1943 vom Dortmunder Ostbahnhof nach Auschwitz deportiert wurden. Dort gab es u.a. Wortbeiträge vom 1. Bürgermeister Norbert Schliff, sowie von Roman Franz, dem Vorsitzenden des Verbandes deutscher Sinti und Roma e.V. NRW.

Gedenkveranstaltung für die ermordeten Sinti und Roma am Gedenkstein. Klaus Hartmann | Nordstadtblogger

Franz und sein Vater haben vor rund 20 Jahren die Gespräche geführt, dass das Mahnmal aufgebaut wird. „Es war nicht einfach, aber mein Vater und ich haben nicht aufgegeben. Bis zum heutigen Tag“, sagt Franz. Zum Schluss wurde noch eine Schweigeminute für die Opfer abgehalten.

Die Gedenkveranstaltungen ergänzten sich dabei gut und die Stadt machte bereits im Vorfeld deutlich, dass sie die eigene Veranstaltung nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung verstehe. Daher wurde dem Bündnis gegen Rechts auch für sein jahre- und jahrzehntelanges Engagement in Sachen Erinnerungsarbeit gedankt.

Lesung mit Musik: „Wir waren eine glückliche Familie“

Kranzniederlgung am Gedenkstein. Klaus Hartmann | Nordstadtblogger

Doch damit war das Gedenken nicht beendet: Gemeinsam mit den beiden Vereinen hatte die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund am Abend noch zu einer Lesung mit Musik eingeladen. „Wir waren eine glückliche Familie“ – Erinnerungen der Sinteza Zilli Schmidt (1924 – 2022) lautete das Thema.

Das Leben der Sinteza Zilli Schmidt, geborene Reichmann, stand dabei im Mittelpunkt der Kulturveranstaltung. Sie zeichnete ihr Leben nach (Vorkriegszeit, Lagerzeit und Leben in der
Bundesrepublik) und wird in Kontrast gesetzt zu den antiziganistischen Diskriminierungen in der bundes- republikanischen Gesellschaft.

Die Dortmunder Schauspieler:innen Tirzah Haase und Andreas Weißert lasen aus Originaltexten, Helmut Manz nahm die historische Einordnung vor und Peter Sturm sorgte für musikalische Beiträge. Roman Franz führte in die Veranstaltung ein. In einem kleinen Filmbeitrag am Ende verabschiedete Zilli Schmidt in Ton und Bild die Anwesenden.

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