Ein Jahr nach dem Terroranschlag in Hanau – 500 Menschen aus Dortmund gedenken der Opfer

An der Dortmunder Reinoldikirche wurde der Toten des Terroranschlags von Hanau vor einem Jahr gedacht. Fotos: Klaus Hartmann
An der Reinoldikirche wurde der Toten des Terroranschlags von Hanau gedacht. Fotos: Klaus Hartmann

Von David Peters

In Gedenken an die Opfer des Terroranschlags von Hanau im vergangenen Jahr wurde bundesweit zu Demonstrationen und Kundgebungen aufgerufen. In Dortmund nahmen am Freitag (19. Februar 2021) rund 500 Menschen an der Versammlung vor der Reinoldikirche teil. Im Mittelpunkt ihrer Kundgebung standen die Geschichten der Opfer, der Überlebenden und ihrer Angehörigen. Auf den Treppen der Reinoldikirche waren die Namen und Gesichter der Opfer auf Plakaten zu sehen. 

#saytheirnames – die Namen der Opfer nicht vergessen

Kundgebung zur Erinnerung der Toten des Terroranschlags von Hanau vor einem Jahr an der Reinoldikirche

Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin wurden vor einem Jahr von einem rassistischen, antisemitischen und frauenfeindlichen Täter in der Hanauer Innenstadt ermordet.

Ihre Namen sollen nicht vergessen werden, betonten die Redner*innen der Dortmunder Kundgebung immer wieder. Zu der Versammlung hatte ein breites Bündnis aus Parteien, Organisationen und Studierenden aufgerufen. Bereits im letzten Jahr hatten sich kurz nach dem Anschlag mehrere hundert Menschen in der Innenstadt versammelt und ihre Solidarität zum Ausdruck gebracht.

Zu Beginn der Kundgebung wurden Audiobeiträge aus Hanau eingespielt, die die Geschichten der Opfer erzählten. Eine Perspektive, die laut den Redner*innen häufig in der Öffentlichkeit fehle. Meist werde stattdessen dem Täter viel Platz eingeräumt. In sozialen Netzwerken findet der Hashtag #saytheirnames große Beachtung.

Immer wieder waren heute die Namen der Opfer zu lesen und auf der Kundgebung auch zu hören. „Die Opfer sind erst tot, wenn sie vergessen sind. Das wollen wir verhindern“, so ein Redner des Bündnisses „Tag der Solidarität“, das auch die jährlichen Gedenkdemonstrationen für Mehmet Kubaşık organisiert.

Nicht nur die Polizeipannen während des Anschlages werfen viele Fragen auf

Kundgebung zur Erinnerung der Toten des Terroranschlags von Hanau vor einem Jahr an der Reinoldikirche

Im Fokus der Kundgebung standen auch die rechten Teile der Gesellschaft. „Die Rechtsradikalen sind nicht nur im Untergrund“, stellte Ekincan Genc von der kurdischen Organisation DIDF klar. Sie seien auch in den Sicherheitsbehörden, der Bundeswehr und in den Parlamenten. „Die Toten von Halle und Hanau zeigen uns, wie wichtig der gemeinsame Kampf gegen Rassismus und Faschismus ist“, betonte er.

Besonders schockierend seien auch die Polizeipannen während des Anschlages gewesen. Notrufe seien nicht angenommen worden, zudem habe sich herausgestellt, dass der Notausgang in der Arena-Bar, einem der Tatorte, verschlossen war. Warum das der Fall war, ist bislang umstritten. „Wie viele hätten gerettet werden können“, sei nur eine der offenen Fragen rund um den Terroranschlag.

Für Ekincan Genc und viele andere ist es unverständlich, warum diese nach einem Jahr immer noch ungeklärt sind. Es müsse eine lückenlose Aufklärung des Anschlags von Hanau, aber auch aller anderen Anschläge geben, fordert er deshalb.

Nicht wegducken beim Kampf gegen Rassismus und Faschismus

Kundgebung zur Erinnerung der Toten des Terroranschlags von Hanau vor einem Jahr an der Reinoldikirche

Mehrfach wurde der Umgang mit den Angehörigen der Opfer kritisiert. Man fühle sich an die Zeiten des NSU erinnert, so ein Redner der Autonomen Antifa 170. Auch damals seien die Angehörigen der Opfer mit dem Rassismus der Ermittler*innen konfrontiert gewesen. Das sprach auch Iris Bernert-Leushacke von der Linkspartei in ihrer Rede an. „Der institutionelle Rassismus ist Bestandteil der Sicherheitsbehörden.“ Dagegen müsse man vorgehen: „Das geht durch Hinschauen und Einschreiten und sich vor allem nicht einfach wegzuducken.“ 

„Rassismus trifft uns nicht alle, aber er geht uns alle etwas an“, so Michael Röls von den Dortmunder Grünen. Die Wichtigkeit des Kampfes gegen den Rassismus, betonte auch William von der „Black Lives Matter“-Bewegung in Dortmund. „Der Kampf gegen Rassismus ist ein alltäglicher Kampf. Dazu braucht es Courage und auch Unterstützung.“

Die letzte Rede des Abends hielt die Gruppe „erinnern verändern dortmund“. Es war ein kurzer Redebeitrag. „Eigentlich wollten wir eine Rede halten, haben uns aber dagegen entschieden. Die Worte der Angehörigen stehen für sich“, erklärte die Rednerin.

Kundgebung zur Erinnerung der Toten des Terroranschlags von Hanau vor einem Jahr an der Reinoldikirche.

In Gedenken an:

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  1. Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen: Multikulturelles Forum zeigt Film und spricht im Online-Talk mit Regisseur, Hinterbliebenen und Polizei-Expertin (PM)

    Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kenan Kurtović, Vili-Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov – sie alle starben am 19.02.2020 bei dem rassistischen Anschlag in Hanau. Auch über 19 Monate nach dem Anschlag sind die Umstände dieser Nacht nicht aufgeklärt, haben die Hinterbliebenen und Überlebenden viele Fragen. Diese sind Thema der Veranstaltung „Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen“, zu der das Multikulturelle Forum am 28. September ab 18:00 Uhr einlädt.

    Dreh- und Angelpunkt der Veranstaltung ist der gleichnamige Dokumentarfilm von Regisseur Marcin Wierzchowski, der gleich am Tag nach der Tat nach Hanau fuhr und Überlebende und Hinterbliebene über einen langen Zeitraum begleitete. Der Film schildert die Geschehnisse, die eklatanten Versäumnisse von Polizei und Behörden sowie den strukturellen Rassismus aus ihrer Perspektive. Wierzschowski wird in der Online-Talkrunde ebenfalls zu Wort kommen wie Serpil Temiz Unvar, Mutter des getöteten Ferhat Unvar und Gründerin der Bildungsinitiative Ferhat Unvar, sowie Sarah Praunsmändel vom Projekt „ZuRecht – Die Polizei in der offenen Gesellschaft“ am Centre for Security and Society an der Universität Freiburg. Schwerpunkt der Diskussion sollen vor allem die Schlüsse und Lehren bilden, die nach dieser Nacht gezogen werden müssen. Die zentrale Frage lautet: Was muss geschehen, damit es nie wieder zu einer solchen Tat kommt? Moderiert wird die Veranstaltung von Çiler Fırtına.

    Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Integrationsagentur Lünen/Bergkamen und dem Projekt „Muslime im Dialog“ statt. Interessierte können sich unter guengoer@multikulti-forum.de kostenlos für die Veranstaltung anmelden. Die Teilnahme erfolgt via Zoom; eine E-Mail mit den persönlichen Zugangsdaten erhalten die Teilnehmenden rechtzeitig vor Veranstaltungsbeginn.

  2. Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen Multikulturelles Forum zeigt Film und spricht im Online-Talk mit Regisseur, Hinterbliebenen und Expert:innen (PM)

    Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kenan Kurtović, Vili-Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Vel- kov – sie alle starben am 19.02.2020 bei dem rassistischen Anschlag in Hanau. Auch über 19 Monate nach dem Anschlag sind die Umstände dieser Nacht nicht aufgeklärt, haben die Hinterbliebenen und Überlebenden viele Fragen. Diese sind Thema der Veranstaltung „Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen“, zu der das Multikulturelle Forum am 28. September ab 18:00 Uhr einlädt.

    Dreh- und Angelpunkt der Veranstaltung ist der gleichnamige Dokumentarfilm von Regisseur Marcin Wierzchowski, der gleich am Tag nach der Tat nach Hanau fuhr und Überlebende und Hinterbliebene über einen langen Zeitraum begleite- te. Der Film schildert die Geschehnisse, die eklatanten Versäumnisse von Polizei und Behörden sowie den strukturellen Rassismus aus ihrer Perspektive.

    Wierz- schowski wird in der Online-Talkrunde ebenfalls zu Wort kommen wie Serpil Temiz Unvar, Mutter des getöteten Ferhat Unvar und Gründerin der Bildungsini- tiative Ferhat Unvar, Hans-Peter Killguss, Leiter der Info- und Bildungsstelle ge- gen Rechtsextremismus (ibs) im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln sowie Juristin und Polizeiforscherin Sarah Praunsmändel vom Projekt „ZuRecht – Die Polizei in der offenen Gesellschaft“ am Centre for Security and Society an der Universität Freiburg.

    Schwerpunkt der Diskussion sollen vor allem die Schlüsse und Lehren bilden, die nach dieser Nacht gezogen werden müssen. Die zentrale Frage lautet: Was muss geschehen, damit es nie wieder zu einer sol- chen Tat kommt? Moderiert wird die Veranstaltung von Çiler Fırtına.

    Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Projekt „Muslime im Dialog“ statt. Interessierte können sich unter guengoer@multikulti-forum.de kostenlos für die Veranstaltung anmelden. Die Teilnahme erfolgt via Zoom; eine E-Mail mit den persönlichen Zugangsdaten erhalten die Teilnehmenden rechtzeitig vor Veranstaltungsbeginn.

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