Dortmunder Faustkämpfer 1927 e.V.: Bei diesen Boxern geht es nur um den Sport – und niemals um Gewalt 

Fototermin Dortmunder Faustkämpfer 1927 e.V.. Foto: Dietmar Wäsche
Die Dortmunder Faustkämpfer 1927 e.V.. Foto: Dietmar Wäsche

Der Schweiß fließt in Strömen beim Verein „Faustkämpfer 1927“. Nicht nur, weil es sehr heiß ist – 30 Grad zeigt das Außenthermometer. Aber die rund 20 jungen Boxerinnen und Boxer – etwa die Hälfte aller aktiven Mitglieder – schwitzen in ihrer Sportkleidung vor allem, weil sie sich so an den Gummi-Matten verausgaben, die an der Wand aufgestellt sind. Immer wieder, und immer schneller stoßen sie mit ihren Boxhandschuhen zu.

„Hier kann man seine Aggressionen kanalisieren, ohne jemand anders Schaden zuzufügen.“

Geschäftsführer Thomas Thun schaut zufrieden zu. „Hier kann man seine Aggressionen kanalisieren, ohne jemand anders Schaden zuzufügen.“ Denn das ist das Credo im Verein. Drei Mal in der Woche wird geboxt, es wird trainiert, es wird etwas für die Fitness getan. Aber es gibt keine blauen Augen beim Gegner. Und auch keine gebrochene Nase. Niemals.

„Bei uns wird niemand umgehauen. Bei uns geht es nur um den Sport und um das Gruppenerlebnis“, sagt Thomas Thun und beobachtet die Frauen und Männer, die gerade in der Sporthalle des Helmholtz-Gymnasiums die Trainingseinheit an den Gummi-Matten beendet haben. In einem mit Seilen abgetrennten Ring boxen zwei Männer gegeneinander – eine Partnerübung.

Ein paar Meter weiter hält sich ein Sportskamerad mit Seilspringen fit. Ein anderer bearbeitet die Maisbirne – einen kleinen Box-Sack. Sie alle haben ihr Herz ans  Boxen verloren – oder an den Faustkampf, wie es in den 1920-er Jahren hieß. Doch zugeschlagen wie bei einem richtigen Boxkampf wird nicht. Die Faustkämpfer 1927 nehmen an keinen Wettkämpfen teil.

 In den Gründungszeiten traten junge Männer in den Verein ein, um als Profis mit dem Faustkampf Geld zu verdienen

Das war nicht immer so. Gerade in den Gründungszeiten traten junge Männer in den Verein ein, um als Profis mit dem Faustkampf Geld zu verdienen. Später, in den 1950-er Jahren, trainierten Sportlegenden wie Europameister Willy Quatuor und sein Bruder, der Deutsche Meister Werner Mundt, bei dem Verein.

Doch die Zeiten haben sich geändert. „Um an Turnieren teilnehmen zu dürfen, müssten wir einen Trainer mit Lizenz und einen Arzt beschäftigen“, sagt Thomas Thun. Doch den jungen Vereinsmitgliedern reichen ihre durchaus qualifizierten Trainer völlig aus. Auch diese bringen ihnen die richtige Beintechnik bei oder trainieren mit ihnen Kondition. „Sonst könnte man ja auch joggen oder einen anderen Sport ausüben“, sagt Thun.

„Ich bin sehr froh über diesen Generationenwechsel.“

Die Taktik des Vereins geht auf. Während noch vor einigen Jahren vor allem die mittlere Generation in der Sporthalle des Gymnasiums trainierte, sind in letzter Zeit immer mehr junge Erwachsene  – auch Frauen  – zu dem Verein gestoßen.

Sehr zur Freude von Vorstandsmitglied Dietmar Kuhn: „Ich bin sehr froh über diesen Generationenwechsel. Ich glaube, dass wir mit unseren Preisen und dem guten Miteinander eine gute Alternative zu den klassischen Sportstudios sein können.“

„Bei uns ist jeder willkommen, der sich benehmen kann“, sagt Thomas Thun. Andere Kriterien gibt es nicht. Und so kommen die Boxer aus allen Schichten, aus allen Stadtteilen und aus allen Nationen. „Den Nationenmix gab es bei uns immer schon“, sagt Thomas Thun.

„Vor allem Italiener und Türken sind immer gern zu uns gekommen.“ Zu uns – das heißt in die Nordstadt. „Natürlich“, sagt Thomas Thun, „wir sind ja auch ein Nordstadt-Verein.“

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HINWEIS:

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– Der Artikel von Claudia Behlau ist ein Beitrag aus dem Buch “Wir: Echt Nordstadt”.

– Das Buch mit 106 Gruppenportraits ist kostenlos beim Quartiersmanagement Nordstadt, Mallinckrodtstraße 56, 44147 Dortmund, erhältlich. (Mail: info@nordstadt-qm.de)

– Eine große Ausstellung mit Bildern und Texten zu  “Wir: Echt Nordstadt” ist bis Ende September 2015 am Big Tipi im Fredenbaumpark zu sehen.

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