Siegfried Borchardt war über Jahrzehnte das prägende Gesicht der Szene

Die Neonazis in Dortmund verlieren ihre bekannteste Galionsfigur: „SS-Siggi“ ist tot

Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt am 1. Mai 2021 auf dem Wilhelmplatz in Dorstfeld.
Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt am 1. Mai 2021 auf dem Wilhelmplatz in Dortmund-Dorstfeld. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Kein Platz für Rechtsextremisten“ hat der „Runde Tisch“ in Dorstfeld vor zwei Wochen auf eine in Regenbogen-Farben lackierte Bank auf dem Wilhelmplatz geschrieben. Es war die Bank, auf der sich Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt gerne mit einem Bierchen und seinen Kameraden setzte. Der bekannteste Dortmunder Nazi konnte sich jetzt nicht mehr vor Ort darüber aufregen – der 67-jährige ist heute (3. Oktober 2021) nach kurzem Krankenhaus-Aufenthalt gestorben.

Aktivitäten reichten von der FAP über die Borussenfront bis zur Partei „Die Rechte“

Mit Galionsfigur Siegried „SS-Siggi“ Borchardt in Rat und Nordstadt-BV war den Neonazis mediale Aufmerksamkeit sicher. Das ist nun vorbei.
Mit Galionsfigur Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt in Rat und Nordstadt-BV war den Neonazis mediale Aufmerksamkeit sicher. Das ist nun vorbei. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Das bestätigt seine Partei „Die Rechte“, für die Borchardt 2014 mit internationalem Medienecho in Rat und Bezirksvertretung Innenstadt-Nord eingezogen war. Nach nur zwei Sitzungen im Stadtrat gab er den Platz an den damaligen Chefagitatoren weiter – „seine“ Mission, nämlich mit möglichst viel medialem Getöse in den Dortmunder Rat einzuziehen, hatte er erfüllt.

Borchardt war über Jahrzehnte das prägende Gesicht der Dortmunder Neonazi-Szene: Ob bei der längst verbotenen „Freiheitlichen Arbeiterpartei“ (FAP) oder der von ihm gegründeten „Borussenfront“, „SS-Siggi hatte in vielen Aktivitäten in Dortmund „die Finger drin“ – zumindest dann, wenn er nicht gerade eine seiner vielen Haftstrafen absaß – Borchardt war vielfach vorbestraft. Die Straftaten reichten von Körperverletzung über Bedrohung bis zu Volksverhetzung.

Viel Zeit für Aktivitäten: Neonazi wurde über Jahre vom Jobcenter alimentiert

Auch der Gründer der Borussenfront, Siegfried "SS-Siggi" Borchardt, nahm teil.
Auch der Gründer der Borussenfront, Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt, nahm an „HogeSa“-Treffen („Hooligans gegen Salafisten“) teil. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Für Aktivitäten und Straftaten hatte der Neonazi viel Zeit – über lange Jahre war er arbeitslos und wurde vom Jobcenter alimentiert – allerdings hieß es bei ihm nur „fördern – nicht fordern“. Wie aus internen Akten bekannt wurde, hatte man beim Dortmunder Jobcenter offenbar Angst, den Neonazi einzubestellen und zur Arbeit oder zur Teilnahme an Maßnahmen aufzufordern.

Zuletzt war es sehr ruhig um ihn geworden. Politische Mandate hatte er – auch wegen der Erfolglosigkeit seiner Partei – keine mehr. Doch parteiintern mischte er noch mit. Selbst wenn strategische Entscheidungen von anderen getroffen wurden, wollte man auf die „Strahlkraft“ der Galionsfigur nicht verzichten. Denn für Fotos und Schlagzeilen war der 67-Jährige immer gut.  Daher ist davon auszugehen, dass die Neonazis in Kürze auch öffentliche Gedenken veranstalten. (Wir werden dann noch berichten)

UPDATE:

Rechtsextremisten haben für den 9. Oktober 2021 eine Versammlung bzw. einen „Trauermarsch“ ab 14 Uhr angemeldet. Der Naziaufmarsch startet voraussichtlich gegenüber dem Hauptbahnhof und wird sich Richtung Dorstfeld bewegen.

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Reaktionen

  1. Kommentarbereich geschlossen (Nordstadtblogger-Redaktion)

    Anmerkung der Redaktion:

    Da sich (mal wieder) eine „Nazi-Fanboys“-Kommentarkampagne abzeichnet, haben wir den Kommentarbereich geschlossen und aus Gründen der Fairness alle Kommentare gelöscht – auch die bisher schon freigeschalteten. Einigen Kommentatoren haben wir übrigens auch geantwortet, warum wir Kommentare nicht freigeschaltet haben – u.a. wegen falscher Tatsachenbehauptungen oder Volksverhetzung. Die meisten Mails kamen zurück, weil es Fake-Adressen waren.

  2. Nordstadtblogger-Redaktion

    „Trauermarsch“ am 9. Oktober

    Rechtsextremisten haben für den 9. Oktober 2021 eine Versammlung bzw. einen „Trauermarsch“ ab 14 Uhr angemeldet. Der Naziaufmarsch startet voraussichtlich gegenüber dem Hauptbahnhof und wird sich Richtung Dorstfeld bewegen.

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