„Erfolgsgeschichte“, „Musterbeispiel“ und „Vorbild für NRW“ waren nur einige Kommentare, die beim Besuch von Michael Groschek, NRW-Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, in der Brunnenstraße 51 fielen. Die Sanierung der ehemaligen Problemimmobilie in der Nordstadt steht kurz vor der Fertigstellung.
Bundesweit beispielhaft zur Aufwertung der sozialen Stabilisierung
Der Umgang mit dem einstigen Problemhaus im Brunnenstraßenviertel ist landesweit beispielhaft für die Aufwertung und soziale Stabilisierung von Wohnquartieren. Mit der Unterstützung von Bund und Land hat die Stadt Dortmund gemeinsam mit vielen Partnern das Gebäude nicht nur aufwändig saniert, sondern dabei auch Langzeitarbeitslosen und arbeitslosen Jugendlichen Chancen zur beruflichen Qualifizierung verschafft.
Sozialdezernentin Birgit Zoerner informierte Minister Groschek über das Projekt, bei dem Grünbau, die Stiftung Soziale Stadt und die Dogewo Hand in Hand arbeiten. Es ist eine Blaupause für die Inwertsetzung weiterer Problemgebäude, um die Abwärtsspirale von Wohnvierteln zu stoppen und gleichzeitig Beschäftigung zu schaffen.
800.000 Euro in die Brunnenstraße 51 investiert
Rund 800.000 Euro sind in den Kauf und die Sanierung der ehemaligen Problemimmobilie investiert worden, um zehn Wohnungen mit insgesamt 600 Quadratmeter Wohnfläche herzurichten. Zum 1. November sollen die ersten Mieter einziehen können.
Für 5,10 Euro pro Quadratmeter wird die Dogewo das Objekt vermieten – mindestens acht Euro wären nötig, um nur annähernd eine Refinanzierung der Kosten zu erreichen. „Doch das können und wollen wir nicht“, betont GrünBau-Geschäftsführer Andreas Koch. Schließlich sollen die früheren Bewohner des Viertels sich eine Wohnung auch noch leisten zu können.
„Die Problemimmobilie war in einem solch schlechten Zustand, dass man sie aus wirtschaftlichen Gründen besser abgerissen hätte“, verdeutlicht Koch. „Sie wurde über viele Jahre wenig pfleglich behandelt.“
Gebäude als Schmuckstück – Folgeinvestitionen in der Nachbarschaft
Doch ein Abriss kam nicht in Frage: Das sanierte Gebäude aus dem Jahr 1911 ist ein Schmuckstück geworden, welches Folgeinvestitionen in der Nachbarschaft ausgelöst hat. Doch vorher mussten die Beteiligten viel Geld in die Hand nehmen.
Genau diese Kosten sind Sozialdezernentin Birgit Zoerner ein Dorn im Auge: „Wir brauchen Zuschüsse für die nicht-rentierlichen Kosten“, machte sie Groschek deutlich. Sonst könnten Schlüsselimmobilien nicht saniert werden – doch das sei zur Stabilisierung von Quartieren wichtig.
Ganz abgesehen davon, dass das Projekt in der Brunnenstraße Langzeitarbeitslosen eine Qualifizierungs- und Arbeitschance gibt.
Nicht-rentierliche Kosten: Groschek will die Förderlücke schließen
Groschek hatte großes Interesse an dem Vorzeigeprojekt und machte deutlich, dass Vorhaben wie diese „nicht an 50 Cent scheitern“ sollten: „Wir müssen die Förderlücke schließen“, betonte Michael Groschek. Ressortdenken sei der falsche Ansatz.
Vorhaben wie in der Brunnenstraße stünden beispielhaft für die neuen Wege, die das Land beim Wohnungs- und Städtebau gingen. Dazu gehöre ein Dreiklang aus dem Bundesgesetz zur Bekämpfung des Mietwuchers, das eine Enteignung bei Missbrauch möglich mache, das neue Wohnungsaufsichtsgesetz des Landes, das eine „Wohnungspolizei“ vorsehe, die Druck auf unlautere Vermieter machen könne und die neuen Förderinstrumente zur Stadtteilmobilisierung.
GrünBau-Geschäftsführer fordert sozialen Arbeitsmarkt
Einen „Vier-Klang“ wünschte sich GrünBau-Chef Koch – zugleich Vorstand der Stiftung Soziale Stadt: „Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt.“ GrünBau habe Langzeit-
Arbeitslose bei der Sanierung beteiligt und auch überwiegend Firmen aus der Nordstadt beauftragt – dies sei ein Beitrag zur Förderung der lokalen Ökonomie.
Bauleiter Lothar Noskowiak zieht eine durchweg positive Bilanz: Die Mitarbeiter seien sehr motiviert, nachdem sie teils seit Jahrzehnten arbeitslos gewesen seien. Sie hätten auch viel Zuspruch von den Nachbarn und der Polizei bekommen. Denn das Haus war ständiger Problemherd im Viertel mit Dutzenden Einsätzen von Polizei und Ordnungsamt. Fast 200 Matratzen hatten die Arbeiter aus dem Gebäude geschleppt, berichtet Noskowiak.
Einer der Arbeiter ist Sadettin Kisa. Drei Jahre lang war er arbeitslos. Er hatte keine Ausbildung und zuletzt auch keine Hilfsarbeiterjobs mehr. Jetzt macht er bei GrünBau eine zweijährige Ausbildung zum Bauhelfer. Die Arbeit macht im sichtlich Spaß.
Er freut sich auf neue Aufgaben, wenn in wenigen Wochen die Restarbeiten in der Brunnenstraße abgeschlossen sind. Dann werden sie beim Umbau des ehemaligen Nazitreffpunkts „Donnerschlag“ in der Rheinischen Straße zu einem Jugendtreff mithelfen.
Stiftung „Soziale Stadt“ beauftragt GrünBau als Generalunternehmer
„Nur gemeinsam sind wir stark“: das ist das Motto, unter dem die Stiftung ‚Soziale Stadt’ antrat, eine praktikable Lösung für den Umgang mit Problemimmobilien in der Nordstadt zu suchen. Die Idee: In Absprache mit der Dogewo als zukünftigem Eigentümer kauft die Stiftung ein Gebäude und beauftragt GrünBau als Generalunternehmer. Wenn das Gebäude fertig saniert ist, kauft die Dogewo das komplett überholte Gebäude und vermietet es. Mit dem Verkaufserlös kann die Stiftung dann weitere Problemimmobilien kaufen.
So lief es bei der Brunnenstraße. Der Rückkauf erfolgt in den nächsten Wochen. Ein neues Gebäude, in das die Stiftung Soziale Stadt das Geld investieren könnte, gibt es noch nicht. Die Betonung liegt auf „noch“: Denn Problemimmobilien gibt es viele, doch der Ankauf ist schwierig: Selbst für Schrottimmobilien in der Nordstadt werden teils Mondpreise aufgerufen. Und da sind der öffentlichen Hand in der Regel die Hände gebunden – nicht nur wegen der nicht-rentierlichen Kosten…
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Reaktionen
Andreas Cierpiol
Auf Dauer wird das ohne steigende Mieten nicht funktionieren. Das war jetzt ein Vorzeigeprojekt unter mehr als 100 Häusern allein in Dortmund. Zweifelsohne eine tolle Sache. Trotzdem sollte man mittelfristig versuchen, Investoren zu finden und sie nicht durch Gentrifizierungsdebatten abschrecken.