Seit 50 Jahren gibt es Stadtrundfahrten in Dortmund: Rund 700 000 Menschen wurden bisher die Stadt gezeigt

StadtführerInnen der 1. Stunde: Busfahrer Günther Dieckerhoff, Pascale Ledune (Wirtschaftsförderung), Gerd Kolbe, Elke Recknagel, Christel Rolland-Sendt, Heike Wegener (meineHeimat.ruhr), Matthias Rothermund (DOtourismus). Foto: JvB
StadtführerInnen der 1. Stunde: Busfahrer Günther Dieckerhoff, Pascale Ledune (WiFö), Gerd Kolbe, Elke Recknagel, Christel Rolland-Sendt, Heike Wegener (meineHeimat.ruhr), Matthias Rothermund (DOtour), Barbara Schare. Foto: JvB

Von Joachim vom Brocke

Goldenes Jubiläum – seit 50 Jahren gibt es Stadtrundfahrten in Dortmund. Für Matthias Rothermund, Geschäftsführer von DORTMUNDtourismus, „eine tolle Wachstumsgeschichte aus der Hand von Menschen, die sich mit Dortmund identifiziert haben“. Pascal Ledune, stellvertretender Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung, lobte: „50 Jahre ist eine stolze Zahl“. Dortmund habe damals „als Trendsetter“ in weitem Umkreis Rundfahrten angeboten. Aus den Anfängen ist in einem halben Jahrhundert mehr geworden.

Fünf Busse mit 220 Neugierigen starteten am 12. Juni 1968 – Routen haben sich stark verändert

Fünf Busse mit insgesamt 220 Neugierigen starteten am 12. Juni 1968 zur ersten öffentlichen Stadtrundfahrt durch Dortmund. Nach zwei Monaten können die „Erfinder“, das Team des damaligen Informations- und Presseamtes unter Leitung von Eugen Schackmann, bereits 7000 TeilnehmerInnen melden.

Der stürmische Andrang hat zwar etwas nachgelassen, doch in den letzten 50 Jahren wurden rund 700 000 Menschen rund 1,3 Millionen Kilometer durch Dortmund transportiert. DORTMUNDtourismus rechnete aus das diese Länge einer 32-fachen Erdumrundung entspreche – man hätte auch zehn Millionen mal rund um Dortmund fahren können.

Die Routen haben sich in den 50 Jahren verändert – neue Angebote kamen dazu. Inzwischen organisieren private Unternehmen die Fahrten. Interesse an einer Stadtrundfahrt haben nicht nur die BesucherInnen der Stadt, auch viele Einheimische sind darunter, die mehr wissen möchten. Teilweise sind noch Stadtführerinnen und Stadtführer der ersten Stunde dabei.

Startpunkt für die Stadtrundfahrten war in den Anfangsjahren das Theater

Der erste Stadtführer wurde ins „kalte Wasser“ geworfen, wie er zugibt. Gerd Kolbe musste an seinem ersten Arbeitstag im Informations- und Presseamt gleich los, weil eine individuell angefragte Tour auf dem Tisch lag.

Hintergrund war der außergewöhnliche Erfolg der ersten 49-%-Wanderung im September 1967. Die tolle Resonanz dokumentierte, dass tausende Menschen aus der ganzen Region erpicht darauf waren, Dortmund und seine Sehenswürdigkeiten kennenzulernen. Daraus entstand die Idee regelmäßig öffentliche Stadtrundfahrten anzubieten. Startpunkt in den Anfangsjahren war stets das Theater, wo damals auch Kurzbesichtigungen möglich waren.

Weitere Höhepunkte waren der Westfalenpark mit Turmauffahrt, die Pause in Syburg (noch ohne Spielbank), die Rote Erde (das Westfalenstadion gab es noch nicht), der Hafen, Sanierungs- und Wohnbaugebiete. 3 Mark kostete die Rundreise, die an vier Tagen in der Woche angeboten wurden.

Chinesische Gäste und Stadtführerin schwiegen

An den russischen Clown und Pantomimen Oleg Popow erinnert sich Gerd Kolbe noch gerne. Oder Barbara Schare. Sie gehörte zu den englischsprachigen Führern.

Als sie einer chinesische Reisegruppe Dortmund näher bringen wollte, fehlte der zugesagte Dolmetscher: „Die chinesischen Gäste sprachen kein Wort englisch“, erinnert sich Schare: „Ich habe beim Einstieg freundlich gelächelt, die Gäste ebenfalls. Geredet habe ich auf der Rundfahrt aber nicht ein Wort. Beim Abschied schienen sie dennoch zufrieden gewesen zu sein“.

Ganz besonders gefragt war 1969 die deftige Bier und Schinken-Reise. Hier seien, so erklären die Stadtführerinnen der ersten Jahre, deftige Witze gefragt gewesen.

Die Gäste aus Dortmunds Partnerstadt Zwickau waren 1989 besonders beeindruckt

Meist mit bei den Touren war Christel Rolland-Sendt, die auch heute noch Interessierte durch die Stadt führt. Ihr ist besonders die Tour im Dezember 1989 im Gedächtnis geblieben, als sie unmittelbar nach der Wende ihre Heimatstadt Gästen aus der Partnerstadt Zwickau präsentierte.

„Beim Besuch der Zwickauer Bürger – sie kamen mit fünf Bussen – hatte ich das Gefühl, es ging nicht nur darum, die Partnerstadt Dortmund näher kennenzulernen. Besonders beeindruckt waren die Gäste von dem herzlichen Empfang der Dortmunder.

Zum Abschied waren nicht nur Tränen in den Augen der Zwickauer, sondern auch die Stadtführerinnen haben sicher so manches Tränchen unterdrückt“, erinnert sie sich.

Angebot weitete sich in den letzten Jahren aus

Das Angebot wurde größer und größer. Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre gab es Rundfahrten zur industriellen Vergangenheit wie „Kohle, Koks und Kumpel“ oder „Auf den Spuren der Industriekultur“, zur Fußballtradition wie „Fußballgiganten“, zur Architektur, zu mittelalterlichen Zeugnissen der Stadtgeschichte und vielem mehr.

Heute gibt es eine Auswahl an verschiedenen Verkehrsmitteln für Besichtigungstouren. Stadt- und Kirchenrundgänge wurden im Programm aufgenommen, erste Fahrradtouren, jetzt sind Rundfahrten mit dem Segway gefragt.

Die CityTour Dortmund mit dem roten Doppeldeckerbus ist ebenfalls ein beliebtes Angebot, da die wichtigen Daten, Fakten und Anekdoten über das Audiosystem mit Kopfhörer in elf Sprachen zur Verfügung stehen.

Heike Regener: „Immer mehr Menschen lassen sich gerne führen“

War es zunächst die Stadt selbst, die die Rundfahrten organisierte, übernahm 1994 der Verkehrsverein Dortmund (später DORTMUNDtourismus) die Aufgabe. 2014 kam es aus wettbewerbsrechtlichen Gründen zu einer Reorganisation dieses Geschäftsfeldes.

DORTMUNDtourismus verabschiedete sich als Regisseur der Touren. Inzwischen bieten mehrere Veranstalter ein Besichtigungsprogramm mit vielen spannenden, neuen und kreativen Rundfahrten und Rundgängen an.

„Immer mehr Menschen interessieren sich für den gelingenden Strukturwandel in Dortmund und lassen sich gerne führen“, freut sich Heike Regener, Inhaberin des mittlerweile größten Veranstalters von öffentlichen Stadtrundfahrten meineHeimat.ruhr.

Viereinhalbstündige Jubiläumstour am 17. Juni

Christel Rolland-Sendt wird für meineHeimat.ruhr die Jubiläumstour leiten, die am Sonntag, 17. Juni,  um 14 Uhr stattfindet. Dabei führt sie die TeilnehmerInnen zurück ins Jahr 1968. Der BVB spielte noch in der Roten Erde, das Opernhaus ist eine der neuesten architektonischen Errungenschaft, große Wohnbauprojekte zeugen vom Wachstum der Industriestadt.

Soweit es möglich ist, geht es über die Strecke, die der erste Stadtbesichtigungsbus gefahren ist. Wer bei der Zeitreise dabei sein will, sollte sich ein Ticket entweder online über meineHeimat.ruhr oder direkt in der Tourist-Information an der Kampstraße 80 sichern. Viereinhalb Stunden wird diese Reise durch Dortmund dauern.

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