Scharfe Kritik am geplanten Versammlungsgesetz: „Mogelpackung“ setzt Polizei-Willkür keine Grenzen

Gegen das geplante Polizeigesetz hat sich ein Bündnis formiert. Foto: Leopold Achilles
Gegen das geplante Polizeigesetz hat sich ein Bündnis formiert. Fotos: Leopold Achilles

Von David Peters

Die CDU/FDP-Landesregierung will für Nordrhein-Westfalen ein neues, „eigenes“ Versammlungsgesetz beschließen. Das Gesetz steht in der Kritik, es würde die Versammlungsfreiheit stark einschränken. In Dortmund regt sich Widerstand gegen den Gesetzentwurf. Das neu gegründete Bündnis #NoVersGDO (Bündnis gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetz) demonstrierte am Samstag mit rund 150 Menschen an der Dortmunder Reinoldikirche.

Kritik: Die „antifaschistische Absicht“ des Gesetzes sei nur vorgetäuscht

Mit „Anstand und Abstand“ wurde demonstriert.

„Das geplante Gesetz stellt einen unverhältnismäßigen Einschnitt in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und somit einen Angriff auf die Demokratie dar“, so Elisabeth Mayer, die Pressesprecherin des Bündnisses.

Zahlreiche Anti-Nazi-Gruppen und linke Bündnisse fürchten, dass ihr Protest gegen Rechts durch das Gesetz verhindert würde. „Das Störungsverbot birgt die Gefahr, dass jeglicher Protest gegen Nazis unterbunden werden könnte. Selbst die Trillerpfeifen am Rand einer rechten Kundgebung könnten damit Geschichte sein“, so Mayer.

Auf der Kundgebung zeigte sich die Breite des Bündnisses. Antifaschistische Gruppen, bürgerliche Bündnisse und Klimaaktivist*innen hielten Reden und brachten damit ihre Kritik am geplanten Gesetzentwurf zum Ausdruck.

„Gummiparagraphengelaber“ setzt keine Grenzen für polizeilichen Ermessenspielraum 

Anke Georges von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) bezeichnete das neue Versammlungsgesetz als „antifaschistische Mogelpackung“, es werde als Maßnahme zur Bekämpfung des Rechtsextremismus angepriesen.

„Anders als in Berlin [in der Hauptstadt wird ebenfalls ein neues Versammlungsgesetz diskutiert], ist die antifaschistische Absicht in NRW nur vorgetäuscht. In Wahrheit geht es um die Beschneidung einer antifaschistischen Errungenschaft – nämlich der Versammlungsfreiheit.“ Innenminister Reul solle sich lieber die eigenen Sicherheitsbehörden „vorknöpfen“, statt sich im Kampf gegen Rechts am Versammlungsgesetz zu vergreifen.

Im Gesetzentwurf stehen unter anderem Änderungen wie das Militanzverbot. Damit will die Landesregierung zukünftig verbieten, dass Versammlungen aufgrund ihres „äußeren Erscheinungsbildes Gewaltbereitschaft vermitteln und dadurch einschüchternd wirken.“ Dies sei gut gedacht, aber schlecht gemacht, bemängeln Kritiker*innen.

Sie befürchten, dass das Verbot auch gegen Klimaaktivist*innen von „Ende Gelände“, die ihre Demonstrationen in der Regel in weißen Maleranzügen durchführen, oder gegen Antifaschist*innen eingesetzt werden würde. Georges hält das geplante Gesetz für „Gummiparagraphengelaber, das dem polizeilichen Ermessenspielraum praktisch keine Grenzen setzt.“

Kritik: Das „schwammige Gesetz“ könnte den Neonazis in die Hände spielen

Die Autonome Antifa 170 kritisiert, dass das neue Gesetz vor allem Proteste gegen Neonazis verhindern würde. Sie befürchten, dass Gegenkundgebungen durch das neue „Störungsverbot“ kriminalisiert würden: „Ist das Zeigen eines Anti-Nazi-Banners aus einem Fenster künftig eine Straftat, weil sich die Nazi-Demo davon gestört fühlen könnte?“

Auch die Antifagruppierung bezeichnet den Gesetzentwurf an vielen Stellen als zu „schwammig“. An einer Stelle sei das Gesetz aber klar: Blockaden oder Blockadetrainings sollen zukünftig eine Straftat darstellen. „Naziaufmärsche bekämpft man nicht mit so einem Gesetz, sondern auf der Straße“, so die Autonome Antifa 170. Man wolle weiterhin versuchen rechte Demonstration zu blockieren. 

Der Prämisse schließen sich auch die Aktivist*innen des Sozial-Ökologischen Zentrums an. Vom geplanten Gesetz zeigen sie sich unbeeindruckt: „Natürlich wird es bei uns Blockadetrainings geben.“ Der Gesetzentwurf sei „eine Frechheit und ein Armutszeugnis“ und tauge höchstens als Unterlage zum Malen von Transparenten.

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Reaktionen

  1. Bündnis Dortmund gegen Rechts

    Peter Sturm, Schauspieler und Sänger aus Dortmund, führte auf der Kundgebung im Namen des Bündnisses Dortmund gegen Rechts aus:

    Manche Demonstranten im Hambacher Forst hätten nicht für den Wald, sondern gegen den Kapitalismus gekämpft, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul vor zwei Jahren in einem Interview der Süddeutschen Zeitung. Und dies sei mit Gewalt erfolgt, behauptete er.
    Reul übersah eines: Der Kapitalismus ist kein Bestandteil der Verfassung. Das BVerG hat klargestellt: Abkehr vom Kapitalismus ist verfassungsmäßig zulässig.
    Und ich füge hinzu: sie ist unbedingt notwendig, liebe Anwesende!
    Und weiter mit Herrn Reul:
    Man müsse die ganz Bandbreite des LINKEN Extremismus bekämpfen. Wörtlich: Ich zitiere: „Und zum Thema Linksjugend: Auch die will unseren Staat abschaffen und deshalb führt sie einen antikapitalistischen Kampf. Das ist wichtig für die Einschätzung, wie ich mit denen umgehe.“ (Zitatende).
    Nun wissen wir, wie er mit „denen“ umgehen will. Er hat einen Entwurf für ein neues Versammlungsgesetz vorgelegt.
    Das Bündnis „Dortmund gegen rechts“ lehnt dieses geplante Versammlungsgesetz der von CDU und FDP geführten Landesregierung entschieden ab. Dieser Gesetzesentwurf birgt die Gefahr, in Zukunft nicht mehr gegen den aktuell immer stärker werdenden Rechtsextremismus demonstrieren zu können. Sollte dieser Entwurf verabschiedet werden, würde bereits ein Aufruf zur gewaltfreien Blockade gegen Aufmärsche neofaschistischer und rechtspopulistischer Parteien und Gruppierungen unter Strafandrohung von bis zu zwei Jahren verboten werden können. Auch angemeldete GEGEN-Demonstrationen wären davon betroffen. Gewinner wären nur rechte Parteien und Gruppierungen. Das wollen wir nicht zulassen.
    In Dortmund wurde vor zehn Jahren von Persönlichkeiten wie Oberbürgermeister, Abgeordneten aller Parlamente, Gewerkschaftsvorständen, Landesministern, Betriebsräten und Jugendorganisationen ein Blockadeaufruf veröffentlich, der seine Wirkung bis heute hat. Die Nazis wurden in Dortmund zurückgedrängt. „Es reicht!“ hatten die Persönlichkeiten erklärt. „Wir stellen uns den Nazis gemeinsam in den Weg.“ Es gilt, „den Nazihorden den Weg zu blockieren.“
    Für solche Aufrufe würden sich genau diese Persönlichkeiten heute zwei Jahre Gefängnis einhandeln können, wenn das neue NRW-Gesetz durchkommt. Dies Gesetz setzt sich über das Mutlangen-Urteil des Bundesverfassungsgerichts hinweg, was Blockaden im Politischen Kampf erlaubt.
    Der Gesetzentwurf unter Herrn Reul reiht sich ein in die antidemokratischen Maßnahmen, die in den Pandemiezeiten üblich wurden. (…)

  2. Versammlungsfreiheit ist existenziell für unsere Demokratie: ver.di NRW lehnt Gesetzentwurf ab – Nachbesserungen zwingend erforderlich (PM)

    Versammlungsfreiheit ist existenziell für unsere Demokratie:
    ver.di NRW lehnt Gesetzentwurf ab – Nachbesserungen zwingend erforderlich

    Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di NRW) lehnt den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Versammlungsgesetz in ihrer Stellungnahme für den Rechts- und Innenausschuss ab. Die Landesleiterin Gabriele Schmidt vertrat im Ausschuss als geladene Sachverständige der Grünen die Positionen von ver.di NRW. Sie kritisierte die Unbestimmtheit vieler Paragraphen, die für Bürgerinnen und Bürger als Teilnehmende von Versammlungen mögliche Rechtsfolgen nicht klar erkennen lassen.

    „Die Versammlungs-, Koalitions- und Meinungsfreiheit ist für Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ein hohes Gut und existenziell für eine demokratische Gesellschaft. Unsere große Sorge ist, dass ein in der vorliegenden Form verabschiedetes Gesetz Bürgerinnen und Bürger zukünftig abschreckt, die grundgesetzlich geschützte Versammlungsfreiheit auszuüben. Deshalb sind Nachbesserungen zur Bestimmtheit der Regelungen, inhaltliche Korrekturen beim Störungsverbot, Militanzverbot sowie bei allen Paragraphen mit gravierenden Eingriffen in die Versammlungsfreiheit vorzunehmen“, forderte Schmidt.

    Zur ver.di Stellungnahme: https://nrw.verdi.de/++file++608a77cd5a691826abd9c356/download/Stellungnahme%20ver.di%20Versammlungsgesetz.pdf

  3. Gemeinsame Stellungnahme der Beratungsstellen im Themenfeld Rechtsextremismus und Rassismus in NRW zum Entwurf eines Versammlungsgesetzes der Landesregierung in NRW (PM)

    Gemeinsame Stellungnahme der Beratungsstellen im Themenfeld Rechtsextremismus und Rassismus in NRW zum Entwurf eines Versammlungsgesetzes der Landesregierung in NRW

    Als Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in NRW, die Opferberatungsstellen (BackUp und OBR) und Ausstiegsberatung NinA NRW sehen wir den im Gesetzesentwurf der Landesregierung vorgeschlagenen Neuregelungen mit Sorge entgegen. Die in Artikel 8 des Grundgesetzes verankerte Versammlungsfreiheit garantiert Zivilgesellschaft das Recht, ihre Anliegen und ihren politischen Willen öffentlich zu artikulieren.

    Die geplanten Neuregelungen drohen die Wahrnehmung eines der zentralen Grundrechte in einer Demokratie zu erschweren und zu kriminalisieren. Nicht zuletzt gefährden sie potenziell die Menschen, die sich aktiv gegen rechte Ideologien und Strukturen stellen. Die Intention des Gesetzes, als ein Instrument gegen rechte Mobilisierungen zu dienen, wird damit konterkariert. Vielmehr führt es zu einer Aushöhlung der Versammlungsfreiheit und damit zu einer massiven Einschränkung zivilgesellschaftlichen Engagements.

    Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus steht im engen und vertrauensvollen Austausch mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und Initiativen, die sich auf vielfältige Art und Weise gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus und andere Formen der Ungleichwertigkeit positionieren und engagieren.

    Die Opferberatungsstellen OBR und BackUp begleiten regelmäßig Menschen, die aufgrund ihres Engagements zu Betroffenen rechter Gewalttaten werden und stehen diesen solidarisch zur Seite. Als Ausstiegs- und Distanzierungsberatung berät NinA NRW Personen, die aus rechten Gruppen oder Organisationen aussteigen wollen.

    Aus professionellen Perspektiven und trotz unterschiedlicher Zielgruppen und Aufträge sind wir gemeinsam der Überzeugung, dass zivilgesellschaftlicher Protest ein unverzichtbares Mittel im Kampf gegen rechte Ideologien und Strukturen ist. Die Teilnahme an, sowie die Organisation von Versammlungen ermöglicht der Zivilgesellschaft, ihrer antifaschistischen und antirassistischen Haltung Ausdruck und Nachdruck zu verleihen.

    Als wesentliches Instrument einer demokratischen Kultur schaffen sie Momente der Partizipation und Solidarität und ermöglichen Betroffenen rechter Gewalt die (Wieder-) Erlangung von Handlungsfähigkeit durch politische Intervention. Aus Sicht von NinA NRW als Ausstiegsberatung ist der Protest gegen Rechtsextremismus eine wichtige Unterstützung, um die öffentliche und zentrale Kommunikationsform rechter Gruppierungen zu erschweren und die Szene somit zu schwächen.

    Vor diesem Hintergrund nehmen wir als Beratungsstellen gemeinsam Stellung zum vorliegenden Entwurf eines Versammlungsgesetzes der Landesregierung in NRW (Drucksache 17/12423).

    Folgende Punkte halten wir für problematisch:

    • Die Veröffentlichung des Namens in einer Versammlungseinladung setzt Anmelder*innen der Gefahr von Hassnachrichten, Drohungen und gewalttätigen Übergriffen aus. Wie das aktuell in NRW geltende Bundesversammlungsgesetz, sieht auch der Entwurf der Landesregierung vor, dass Anmelder*innen in den Einladungen zu Versammlungen namentlich in Erscheinung treten müssen (§ 4 S. 2). Welche Konsequenzen es für Menschen haben kann, die aufgrund ihres öffentlichen Engagements gegen rechte Ideologien und Hetze in den Blick rechter Akteur*innen geraten, ist hinreichend bekannt. Aufgabe und Verantwortung eines demokratischen Staates ist es aber, die Menschen zu schützen, die sich gegen Antisemitismus, Rassismus, Antifeminismus und andere Ungleichwertigkeitsvorstellungen stellen und für eine solidarische Gesellschaft einsetzen.

    • Behörden wird ein zu großer Ermessensspielraum überlassen, um sensible Daten von Ordner*innen einzufordern. Wenn nach Einschätzung der zuständigen Behörden von einer Versammlung unter freiem Himmel eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, sollen diese zukünftig eine Liste mit Namen und Adressen der vorgesehen Ordner*innen verlangen können (§ 12 Abs. 2 S. 1) – unabhängig davon, ob die Gefahr von der Demonstration selbst ausgeht und in Zusammenhang mit den Ordner*innen steht. Diese Regelung ist aus unserer Sicht zu unbestimmt, überlässt Behörden zu viel Ermessensspielraum und hat dadurch das Potenzial, Personen davon abzuhalten, Ordner*innenaufgaben zu übernehmen. Um den sicheren Ablauf von Versammlungen zu gewährleisten, ist es jedoch wichtig, dass Teilnehmende als Ordner*innen fungieren.

    • Die geplanten erweiterten Befugnisse von Behörden zur Kontrolle von Versammlungen durch Übersichtsvideoaufnahmen (§ 16 Abs. 2 S. 1) sowie Kontrollstellen zur Identitätsfeststellung und Durchsuchung von Teilnehmer*innen (§ 15), stellen einen erheblichen Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar. Abgeschreckt werden dabei sowohl Menschen, die ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber Behörden gewährleistet wissen wollen, als auch Menschen, die alltäglich rassistische Diskriminierung, Racial Profiling oder Polizeigewalt in und außerhalb Deutschlands erleben. Kontrollstellen beinhalten das Risiko zur Konfrontation mit der Polizei. Um diese zu umgehen, bleibt als Konsequenz potenziell nur der Verzicht auf die Ausübung ihres Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit. In einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft ist die Teilnahme an öffentlichen Versammlungen jedoch nicht verhandelbar.

    • Protest in Form von Gegendemonstrationen und friedlichen Blockaden wird weiter kriminalisiert und wäre mit einem hohen Risiko für die persönliche Sicherheit verbunden. Das geplante Störungsverbot sieht vor, dass schon der bloße Aufruf zu einer friedlichen Blockade unter einer Strafandrohung von bis zu zwei Jahren Haft steht (§ 7 Abs. 1, 2 Nr. 1, 2 i.V.m. § 27 Abs. 4). Als eine Spielart des zivilen Ungehorsams, sind friedliche Blockaden ein elementarer Bestandteil des zivilgesellschaftlichen Ausdrucks gegen rechte Gewalt und Menschenfeindlichkeit. Demonstrierende nehmen dabei schon unter aktuell geltendem Recht ein erhebliches persönliches Risiko auf sich, um rechtsextremer Hetze und Propaganda die Bühne zu nehmen.

    Ob zukünftig selbst lautstarker Gegenprotest in Hörweite rechter Versammlungen eine Störung im Sinne des Gesetzes darstellt und entsprechend eine Auflösung zur Folge hat, ist aufgrund der ungenauen Definition des Störungsbegriffs unklar. Das sorgt für eine erhebliche Rechtsunsicherheit über Legalität und strafrechtliche Konsequenzen und kann abschreckend wirken. Entschlossener und lautstarker Gegenprotest muss auch zukünftig möglich bleiben.

    Die ausgeführten Regelungen machen deutlich, dass der Gesetzesentwurf der Landesregierung die Versammlungsfreiheit tendenziell einschränkt und das Potenzial hat zivilgesellschaftlichen Protest gegen rechte Demonstrationen und Kundgebungen zu erschweren. Zivilgesellschaftlich organisierte Versammlungen, ob als Gegenveranstaltungen zu Versammlungen der extremen Rechten oder als Gestaltungsspielraum für eigene Themen, stellen einen wichtigen Teil der Ausgestaltung einer demokratischen und menschenrechtsorientierten Kultur in einem Sozialraum dar.

    Sie sind gleichermaßen Ort der gelebten Demokratie, Ausdruck der Solidarität mit Betroffenen von rechter Gewalt, Rassismus, Antisemitismus und Antifeminismus sowie Ausdruck einer lebendigen Zivilgesellschaft. Im vorliegenden Entwurf des neuen Versammlungsgesetzes für NRW tritt der Schutz des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit hinter der Fokussierung öffentlicher Sicherheit zurück.

    Die geplanten formalen Hürden erschweren nicht nur die Anmeldung und Durchführung von öffentlichen Versammlungen, sondern setzen engagierte Personen der Gefahr rechter Einschüchterungen und gewalttätiger Angriffe aus. Kontrollstellen und Datenerfassung, großer behördlicher Ermessenspielraum aufgrund unklarer Formulierungen sowie die Verschärfung strafrechtlicher Konsequenzen schrecken von der Wahrnehmung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit ab, anstatt zivilgesellschaftliches Engagement zu stärken.

    In der Konsequenz bedeutet das: Rechtspopulist*innen und Rechtsextremen wird die Straße überlassen. Dies sendet auch negative Signale an die Menschen in NRW, die aus rassistischen, antisemitischen, antifeministischen und anderen menschenfeindlichen Gründen zur Zielscheibe rechter Akteur*innen werden.
    Der Gesetzesentwurf berücksichtigt nicht die Perspektiven der demokratischen Zivilgesellschaft, sondern schwächt deren Engagement gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der Ungleichwertigkeit.

    Um wirksam gegen rechtsextreme Entwicklungen vorzugehen, bedarf es neben behördlichen Maßnahmen, einer Einbindung und Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft, die sich auch im Versammlungsrecht niederschlagen und deren Grundrecht auf Versammlungsfreiheit garantieren muss.

  4. dju NRW moniert mögliche Polizeigewalt gegen Journalisten (PM)

    dju NRW moniert mögliche Polizeigewalt gegen Journalisten

    Der nordrhein-westfälische Landesverband der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di protestiert entschieden gegen die offenbare Gewalteinsetzung von Polizisten gegen Journalisten am gestrigen Samstag.

    In Düsseldorf ist es bei einer Demonstration gegen das geplante nordrhein-westfälische Versammlungsgesetz offenbar zu den polizeilichen Attacken gegen mehrere Kollegen gekommen.

    Die dju NRW fordert die lückenlose Aufklärung dieses möglichen Angriffs auf die freie Berichterstattung. Gewalt gegen Reporter*innen und Fotograf*innen durch Polizeibeamt*innen sind ein massiver Angriff auf das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit. Dass sich dies ausgerechnet bei einer Demonstration ereignet haben soll, die sich gegen zu weit gehender Rechte der Ordnungshüter und Einschränkungen des Demonstrationsrechts wendete, hält die dju NRW für besonders pikant.

    „Kolleginnen und Kollegen, die zum Zwecke der Berichterstattung an Demonstrationen teilnehmen, müssen von der Polizei geschützt und nicht angegriffen werden“, erklärt Udo Milbret, Sprecher des NRW-Landesvorstands der dju.

  5. Polizei kriminalisiert gezielt Antifaschist:innen – Über 100 Verletzte nach Angriffen durch Polizist:innen (PM Antifa.NRW)

    Polizei kriminalisiert gezielt Antifaschist:innen – Über 100 Verletzte nach Angriffen durch Polizist:innen

    Am 26.06. demonstrierten rund 8.000 Personen in Düsseldorf gegen die geplante Einführung des neuen Versammlungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen. Sie waren dem Aufruf vom breiten Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten“ gefolgt, welches in dem Gesetzentwurf eine Gefahr für die Demokratie und die Versammlungsfreiheit sieht. Im Verlauf der Demonstration kam es zu massiven Angriffen der Polizei auf Journalist:innen und Demonstrant:innen und zu einer gezielten Kriminalisierung von Antifaschist:innen.

    Die Demonstration war in mehrere Blöcken aufgeteilt. „Ohne gerechtfertigten Grund hat die Polizei direkt zu Beginn damit begonnen, den Antifa-Block im Spalier eng zu begleiten.“, kritisiert Marie Thiele, Pressesprecherin von Antifa.NRW das Auftreten der Polizei. Schon auf den ersten wenigen hundert Metern stoppte die Polizei den Block immer wieder und verhinderte so, dass sich die Demonstration überhaupt in die Innenstadt bewegen konnte. „Im weiteren Verlauf der Demonstration griff die Polizei unter dem Vorwand von angeblich zu hoch gehaltener Transparente, „Vermummung“ durch OP-Masken und vereinzelter Pyrotechnik den Demonstrationsblock mehrfach mit grober Gewalt an. Die Polizei hat hier weder auf Deeskalation noch Verhältnismäßigkeit geachtet. Über 100 Verletzte, davon acht im Krankenhaus, stehen in keinem Verhältnis zu den vorgeworfenen Taten.“

    Im Zusammenhang der Maßnahmen gegen die Demonstrierenden wurden auch Journalist:innen, unter anderem von der DPA, von der Polizei angegriffen. „Wir verurteilen diesen Angriff auf die Pressefreiheit scharf. Die Aufgabe der Polizei ist es, Journalist:innen zu schützen und ihre Berichterstattung zu ermöglichen. Wie soll sich die Allgemeinheit sonst ein Bild von dem Geschehen und auch von polizeilichem Fehlverhalten machen?“, so Thiele. Im Internet kursieren Videos davon, wie Polizist:innen Teilnehmende in Tiefgaragen zerren, diese dort verprügeln und das Filmen der Maßnahme untersagen. „Die Polizei versucht sich mit solchem Verhalten der demokratischen Kontrolle zu entziehen. Mit dem neuen Gesetz werden diese Möglichkeiten ausgeweitet“, so Thiele weiter. „Es gibt keine unabhängige Kontrolle der Polizei. Anzeigen wegen Polizeigewalt enden immer wieder darin, dass die Opfer eine Gegenanzeige bekommen.“

    Im weiteren Verlauf trennte die Polizei den Antifa-Block vom Rest der Demonstration ab und wertete ihn anschließend nicht mehr als Teil des Demonstrationsgeschehens. Dem übrigen Teil der Versammlung bot sie an, ohne den Antifa-Block weiterzulaufen. „Die Polizei hat entschieden, dass der Antifa-Block kein Demonstrationsrecht mehr besitzt. Damit übersteigt sie eindeutig ihre Kompetenz: Die Polizei darf nicht entscheiden, wer demonstrieren darf und wer nicht“, betont Thiele.
    Anstatt dem Antifa-Block den Anschluss an die anderen Blöcke zu erlauben, hielt die Polizei die Menschen bis in die Tiefe Nacht abgetrennt von den anderen Teilnehmenden der Demonstration fest und begann, von allen Fotos anzufertigen und die Personalien zu erfassen. Thiele dazu: „Die gezielte Feststellung von Personalien des Antifa-Block ist eine gewollte Kontrolle und Überwachung antifaschistischer Aktivist:innen durch Polizei und Staatsschutz, welche besonders vor dem Hintergrund flächendeckender rechter Strukturen innerhalb der Sicherheitsbehörden betrachtet werden muss. Diese Einschüchterungstaktik der Polizei lassen wir uns nicht gefallen! Wir bleiben solidarisch gegen die Repression durch den Polizeiapparat.“

    Die Eskalation der Polizei muss dabei als Disziplinierungsversuch verstanden werden, mit dem entschlossenes Auftreten und konsequente Politik gegen Neonazis unterbunden werden soll. „Aktive Antifaschist:innen, die sich entschlossen gegen gesellschaftliche Problemen stellen, sind der Polizei und der konservativ-wirtschaftsliberalen Koalition in Düsseldorf ein Dorn im Auge. Gerade, weil dieser Aktivismus deren Politik im Weg steht.“ so Thiele. „Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass das gewalttätige und rechtsbrüchige Verhalten der Polizei aus dem Innenministerium und vom Ministerpräsidenten gewollt und gedeckt ist.“

    Das neue Gesetz soll die Proteste von der Antifa-, über die Klimagerechtigkeitsbewegung bis zu Gewerkschaften sowie gemeinsame Auftritte von Fußballfans kriminalisieren und in der derzeitigen Form unmöglich machen. Der Entwurf sieht Versammlungen allgemein als Gefahr, die es zu verhindern gilt. Daher ist unter anderem geplant, die Polizei mit weitreichenden neuen Befugnissen auszustatten. „Das Gesetz kann als Entkriminalisierung der aktuellen fast schon systematischen Rechtsbrüche der Polizei auf Demonstrationen verstanden werden. Wir haben nun einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie die Polizei zur Versammlungsfreiheit steht, als sie diese einem großen Teil der Demonstration eigenmächtig verwehrt hat. Wir brauchen also nicht mehr Versammlungseinschränkungen und Rechte für die Polizei, sondern mehr Freiheiten für Proteste und eine stärkere Kontrolle der Polizei sowie eine grundlegende Polizeireform.“ so Thiele abschließend.

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    Antifa.NRW ist ein fester Zusammenschluss verschiedener Antifa-Gruppen in NRW, ohne den Anspruch, alle antifaschistischen Zusammenhänge zu vertreten. Antifa.NRW hat sich zum Ziel gesetzt, eine bessere Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit für Antifa-Arbeit zu erreichen. Journalist:innen wenden sich bei Nachfragen bitte an die Pressesprecherin. Ein Kontakt zu lokalen Antifa-Gruppen kann vermittelt werden.

  6. ver.di NRW fordert umfassende Aufklärung der Vorkommnisse auf der Demonstration am 26.06. in Düsseldorf (PM)

    ver.di NRW fordert umfassende Aufklärung der Vorkommnisse auf der Demonstration am 26.06. in Düsseldorf

    Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di NRW) zeigt sich irritiert über die Vorkommnisse auf der Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz der Landesregierung am 26. Juni in Düsseldorf.

    Gabriele Schmidt, Landesbezirksleiterin ver.di NRW, dazu: „Es schien, als wäre der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Versammlungsgesetz für die Polizei schon beschlossen und umgesetzt. Zumindest lassen die Maßnahmen darauf schließen. Minister Reul muss für eine lückenlose Aufklärung sorgen.“

    Unter anderem wurden Zelte zur Personenüberprüfung am Düsseldorfer Hauptbahnhof eingesetzt, zudem gab es den Ausschluss von Teilgruppen ohne Abstimmung mit der Versammlungsleitung und Demonstrationsteilnehmer*innen wurden bis in die Abendstunden eingekesselt und zum Teil wegen Kreislaufproblemen behandelt. Nach Information von Demonstrationsteilnehmer*innen gab es sogar Verletzte. Den Eingekesselten wurden offensichtlich noch nicht einmal Toiletten zur Verfügung gestellt, obwohl sie bis in die späten Abendstunden festgehalten wurden. Außerdem berichtete ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur, dass er von einem Polizeibeamten mehrfach mit einem Schlagstock geschlagen worden sei.

    „Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist noch nicht verabschiedet! Die Vorkommnisse von Samstag zeigen, dass zukünftig mit gravierenden Eingriffen in die Versammlungsfreiheit zu rechnen ist.“, so Schmidt. Deshalb lehnt ver.di den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Versammlungsgesetz ab. Die Landesleiterin Gabriele Schmidt machte diese Haltung bereits in der Sitzung des Rechts- und Innenausschusses als geladene Sachverständige deutlich.

  7. Mehr Demokratie e.V. kritisiert geplantes Versammlungsgesetz für NRW: Das Versammlungsgesetz von CDU und FDP steht für Bürokratisierung, abschreckende Maßnahmen und unklare Rechtsbegriffe (PM)

    Mehr Demokratie e.V. kritisiert geplantes Versammlungsgesetz für NRW: Das Versammlungsgesetz von CDU und FDP steht für Bürokratisierung, abschreckende Maßnahmen und unklare Rechtsbegriffe

    In der aktuellen Debatte um ein neues Versammlungsgesetz für NRW kritisiert Mehr Demokratie den vorliegenden Entwurf der Landesregierung. „Demonstrationen und Kundgebungen sind in einer Demokratie für Bürgerinnen und Bürger eines der wichtigsten Mittel der politischen Meinungsäußerung. Umso wichtiger ist es, dass die Organisation ohne weitreichende bürokratische Hürden möglich ist und Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht durch Maßnahmen wie etwa eine umfassende Videoüberwachung abgeschreckt werden!“ kommentiert Anne Hardt, Landesvorstandsmitglied von Mehr Demokratie NRW den Entwurf.

    Neben den umfassenden Möglichkeiten zur Videoüberwachung sehe Mehr Demokratie vor allen Dingen die Anmeldefristen für spontane Kundgebungen, die unklaren Rechtsbegriffe für einheitliche Kleidung von Teilnehmenden und die Weitergabe der Personaldaten von Ordnerinnen und Ordnern kritisch. „Wir haben bei den von uns mitorganisierten Großkundgebungen immer den Anspruch friedlicher und familientauglicher Veranstaltungen gehabt. Auch bei den Demonstrationen in Köln gegen CETA 2016 oder für „Ein Europa für alle!“ 2019, bei denen jeweils mehrere zehntausend Teilnehmende anwesend waren. Obwohl uns das immer rundum gelungen ist, hätten wir doch einige der neuen Anforderungen, die der Entwurf vorsieht, möglicherweise nicht erfüllen können“, so Hardt weiter. Es sei gut, dass innerhalb der Regierungskoalition jetzt über eine Überarbeitung nachgedacht werde.

    Bislang werden in NRW alle Angelegenheiten, die Versammlungen betreffen, über ein Bundesgesetz geregelt. Dies soll durch den vorliegenden Gesetzsentwurf geändert werden. Der Gesetzesentwurf steht aktuell erneut in der Debatte, nachdem es vergangenen Samstag zu Ausschreitungen und einem Polizeieinsatz bei einer Demonstration in Düsseldorf kam. So gehen laut eines WDR-Berichts inzwischen Teile der NRW-FDP öffentlich auf Distanz und kündigen eine Überarbeitung des Gesetzesentwurfes an, bevor dieser im Landtag beschlossen wird.

  8. VVN/BdA NRW: Vorfälle in Düsseldorf sind ein Vorgeschmack auf das neue Versammlungsgesetz! (PM)

    VVN/BdA NRW: Vorfälle in Düsseldorf sind ein Vorgeschmack auf das neue Versammlungsgesetz!

    Mehr als 6000, überwiegend junge Menschen waren dem Aufruf des Bündnisses „VersammlungsgesetzNRW stoppen! nach Düsseldorf gefolgt. Aufgrund der überraschend hohen Beteiligung wurde der Start der Demonstration – ursprünglich geplant vor dem DGB-Haus in der Friedrich-Ebert-Straße auf die Rheinwiesen nach Oberkassel verlegt. Für Stimmung sorgten die verschiedenen Fußball-Fanclubs aus Düsseldorf und Köln.
    Nach einem optimistischen Auftakt zog der Demonstrationszug über die Oberkassler-Brücke. Der geplante Endpunkt war vor dem Landtag. Gegen 16 Uhr wurde der Zug von der Polizei gestoppt, weil sich die Demonstrierenden an die Maskenpflicht hielten und einige zusätzlich Sonnenbrillen trugen. Dies reichte zusammen mit dem Umstand, dass einige Transparente, die von mehreren Teilnehmenden gemeinsam getragen wurden, offenbar um eine Vermummung anzunehmen.

    Es kam zu einer ersten Konfrontation mit Einsatz von Pfefferspray. Die verschiedenen Blöcke der Demonstration verhielten sich sofort solidarisch und standen dem betroffenen Block der Antifaschisten bei. Sprechchöre wurden laut, aber es dauerte lange bis die Demonstration weiterziehen konnte.

    Schließlich stoppte die Demonstration vorzeitig auf der Breite Straße, weil die Polizei den Antifa-Block in Höhe der Bastionstraße einkesselte. Per Lautsprecherwagen wurden den Eingekesselten das Versammlungsrecht aberkannt. Sogar Artikel 8 des Grundgesetzes, der das Versammlungsrecht regelt wurde außer Kraft gesetzt.
    Insgesamt wurden mehrere Dutzend Menschen nach Pfeffersprayeinsatz behandelt, oder nach Tritten und Schlägen betreut. Darunter auch Journalisten. Äußerst brutal entfernten und zerstörten die Einsatzkräfte die Transparente der Demonstranten. Immer wieder wurde einzelne Menschen festgenommen und abgeführt. Ein Mann wurde dafür in eine Tiefgarage geschleift und am Boden fixiert. Weder Sanitäter noch eine Anwältin durften zu ihm.

    Es dauerte fast bis Mitternacht, bis die letzten eingekesselten Menschen die polizeiliche Maßnahme auf der Breite Straße verlassen konnten. Dort mussten sie bei heißen Temperaturen seit 18 Uhr ohne Getränke oder Toilette ausharren. Die Polizei nahm die Demonstrierenden einzeln mit zur Feststellung der Personalien, und drohte mit Strafverfahren wegen Landfriedensbruch.

    „Heute hat die Polizei bereits deutlich ihre Macht demonstriert. Wir müssen Sorge vor dem zukünftigen Missbrauch dieser Macht haben, wenn das Versammlungsgesetz der Landesregierung in NRW beschlossen wird. Damit entsteht ein Machtzuwachs, dessen Ausmaß wir uns nicht ausmalen wollen.“, so Lola Münch, Sprecherin des Bündnisses „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten!“.

    Die VVN-BdA Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen ist Teil des Bündnisses, das sich aus 170 Organisationen zusammensetzt. Sie protestiert gegen dieses Vorgehen und fordert eine lückenlose Aufklärung. Der Entwurf des neuen Versammlungsgesetz NRW muss vom Tisch, denn das Versammlungsrecht ist nicht verhandelbar.

  9. Anlasslose Kontrolle: Die Dortmunder GRÜNEN kritisieren die strategische Fahndung durch Polizei Dortmund in der City im April (PM)

    „Die Ermöglichung anlassloser Kontrollen in der City ist skurril begründet. Dass nun der Wegfall vieler Corona-Regeln die Gefährdungslage in der City beeinträchtigen soll, ist nicht schlüssig. Welches Menschenbild begründet dies? In den nächsten Wochen werden sich unzählige unschuldige Menschen Polizeikontrollen unterziehen müssen. Auch für die Attraktivität der City ist dieses Vorgehen kontraproduktiv“, so Michael Röls, Landtagskandidat im Wahlkreis Dortmund I und Sprecher der Dortmunder GRÜNEN.

    Katrin Lögering, Landtagskandidatin im Wahlkreis Dortmund II, ergänzt:
    „Die Strategische Fahndung wird durch das neue Polizeigesetz der schwarz-gelben Landesregierung ermöglicht und ist einer von diversen problematischen Aspekten dieses Gesetzes. Die anlasslosen Kontrollen öffnen z.B. Racial Profiling Tür und Tor. So droht die Polizei Vertrauen zu verspielen. Für uns GRÜNE ist klar, dass diverse Verschärfungen des neuen Polizeigesetzes nach der Landtagswahl zurückgenommen werden müssen. Die GRÜNE Fraktion wird im Polizeibeirat zu den Kontrollen nachhaken.“

  10. Anlasslose Kontrollen der Polizei in der Innenstadt – Anlasslos verlängert – GRÜNE in Dortmund kritisieren schwache Begründung der Polizei (PM)

    Bereits seit dem 01.04 darf die Polizei in Dortmund in großen Teilen der Innenstadt im Zuge einer strategischen Fahndung Menschen ohne konkreten Verdacht anhalten, die Identität feststellen und durchsuchen. Als Grund für diese, nach Polizeigesetz NRW nur unter bestimmten Vorrausetzungen erlaubte Maßnahme, hat die Polizei Dortmund das Ende der Corona-Maßnahmen genannt.

    „Bereits die Grundannahme, dass der Wegfall von Corona-Einschränkungen die Gefährdungslage in der City massiv beeinflusst, hielten wir schon zu Beginn der Maßnahme im April für weit hergeholt“ erklärt Michael Röls, Sprecher der Dortmunder GRÜNEN und Landtagskandidat im Wahlkreis Dortmund I. „Die jetzige Begründung des Polizeipräsidenten Gregor Lange für die Verlängerung über die gesetzesmäßige Maximaldauer von 28 Tagen hinaus macht mich schlichtweg fassungslos.“

    In den Ruhrnachrichten führte der Polizeipräsident aus, dass die Maßnahme verlängert werde, weil es bis zum jetzigen Zeitpunkt keine „bemerkenswerte Entwicklung“ gebe.

    „Das Polizeigesetz sieht für die strategische Fahndung ganz klar als Voraussetzung vor, dass eine berechtigte Annahme besteht, dass in dem Gebiet erhebliche Straftaten begangen werden sollen. Die – Zitat Gregor Lange – „nicht bemerkenswerte Entwicklung“ zeigt, dass wohl schon die zugrunde liegende Gefährdungsannahme nicht zutreffend war“ ergänzt Hannah Rosenbaum, Mitglied im Vorstand der Dortmunder GRÜNEN. „Weiterhin die Freiheitsrechte der Dortmunder Bürger*innen und der vielen Gäste der Innenstadt einzuschränken, erscheint vor diesem Hintergrund unverhältnismäßig.“

    Michael Röls abschließend: „Wir fordern ein sofortiges Ende der strategischen Fahndung. Die jetzt festgestellten niedrigen Kriminalitätszahlen sollten vielmehr ein Grund zur Freude sein als zur Verlängerung der Maßnahme. Durch solch schwache Begründungen droht ein nachhaltiger Vertrauensverlust in unsere Behörden. Und auch insbesondere für die Attraktivität der City ist die jetzige Entwicklung kontraproduktiv.“

    Hintergrundinfos

    § 12a PolG NRW – Polizeiliche Anhalte- und Sichtkontrollen (strategische Fahndung)

    (1) Die Polizei darf im öffentlichen Verkehrsraum
    1. zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 8 Absatz 3 und zur Verhütung von terroristischen Straftaten nach § 8 Absatz 4,
    2. zur Verhütung gewerbs- oder bandenmäßig begangener grenzüberschreitender Kriminalität oder
    3. zur Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts
    Personen anhalten und befragen sowie die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen nach § 12 Absatz 2 treffen. Fahrzeuge und mitgeführte Sachen dürfen in Augenschein genommen werden. Die Polizei darf verlangen, dass mitgeführte Sachen sowie Fahrzeuge einschließlich an und in ihnen befindlicher Räume und Behältnisse geöffnet werden; im Übrigen ist die Durchsuchung von Personen, mitgeführten Sachen und Fahrzeugen unter den Voraussetzungen der §§ 39 und 40 zulässig.
    Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in diesem Gebiet Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen werden sollen und die Maßnahme zur Verhütung dieser Straftaten erforderlich und verhältnismäßig im Sinne von § 2 ist.

    (2) Die Maßnahme ist schriftlich zu beantragen und bedarf der schriftlichen Anordnung durch die Behördenleitung oder deren Vertretung. Umfasst das festgelegte Gebiet die Zuständigkeit mehrerer Behörden, so trifft die Anordnung das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste. Die Anordnung ist zeitlich und örtlich auf den in Absatz 1 genannten Zweck zu beschränken. Sie darf die Dauer von 28 Tagen nicht überschreiten. Eine Verlängerung um jeweils bis zu weiteren 28 Tagen ist zulässig, soweit die Voraussetzungen für eine Anordnung weiterhin vorliegen. In der Anordnung sind
    1.die tragenden Erkenntnisse für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1,
    2. die Art der Maßnahme einschließlich zeitlicher und örtlicher Beschränkung und
    3. die Begründung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nach Absatz 1 Satz 4
    anzugeben.

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