Veränderung im Rat der Stadt Dortmund: „SS-Siggi“ legt Ratsmandat nieder – Dennis Giemsch rückt nach

1. Ratsitzung des neu gewählten Dortmunder Stadtrat mit Siegfried "SS-Siggi" Borchardt. Siegfried Borchardt auf dem Weg zu seiner ersten Ratssitzung
Er kam, sah und ging wieder –  Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt- legt sein Ratsmandat nieder.

Die Provokation ist geglückt – jetzt kann die Galionsfigur wieder gehen: Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt – der sich selbst lieber „SA-Siggi“ nennt – hat sein Ratsmandat zum 31. Juli niedergelegt. Seinen Sitz in der Bezirksvertretung Nordstadt behält Borchardt allerdings.

Dennis Giemsch wird Ratsmitglied und vielleicht Bundesvorsitzender der Partei „Die Rechte“

Neonaziaufmarsch in Dortmund
Dennis Giemsch (li.) .

Nachrücken wird nun Dennis Giemsch. Der führende Kopf des verbotenen Nationalen Widerstandes Dortmund (NWDO) wird ihm im Rat nachfolgen.

Das passt zur Strategie, da Giemsch am Wochenende auch Christian Worch als Bundesvorsitzender der Partei „Die Rechte“ beerben könnte. Worch, der von je her gegen Parteistrukturen gewettert hatte, will sich offenbar frustriert aus der Führung der von ihm gegründeten Partei zurückziehen und noch nicht einmal zum Parteitag kommen. „Er kandidiere nur, wenn kein anderer wollte – dann könnte er nicht nein sagen.“

Für die meisten Beobachter ist diese Partei auch nicht mehr als eine leere Hülle und Sammelbecken für Mitglieder verbotener Organisationen. Außer in NRW gibt es keine aktiven Landesverbände – und NRW besteht im Prinzip auch aus kaum mehr als aus Dortmund.  Doch diesen Nachweis haben die Behörden bislang nicht erbracht: Für Parteiverbote hängt die Latte eben viel höher als bei dem Verbot für Organisationen.

Siegfried Borchardt diente nur als Galionsfigur im Wahlkampf

Damit passiert das, was viele Experten erwartet haben: Borchardt als Galionsfigur im Wahlkampf und zum „trimphalen“ Rats-Einzug im Blitzlichtgewitter, welches bis in die New York Times strahlte. Selbst seinen Totenkopf-Gehstock – anscheinend extra für BV und Rat im Juni besorgt, hatte er im Juli nicht mehr dabei. Zum gehen brauchte er ihn eh nicht, auch wenn er sein Ratsmandat nun aus gesundheitlichen Gründen niederlegt…

Der vorbestrafte Hooligan im Widerstreit mit Vorlagen zu Kanalgebühren und Windkraftvorrangzonen? Das passt nicht wirklich. Ziemlich verloren wirkte er im Rat, quälte sich durch die Papiere und wirkte mindestens so gelangweilt wie seine Kameraden und Unterstützer aus Dortmund und Unna auf der Tribüne.

Langeweile statt Aktionsorientierung

"Mit einem Schlag ins Rathaus" - mit diesem Bild kündigte Siegfried Borchardt die Aktion quasi an
„Mit einem Schlag ins Rathaus“ – und ebenso wieder heraus Foto: privat

Ein Dutzend alte und neue Nazis aus Dortmund und Unna hatten es sich bei der zweiten Ratssitzung auf der Ratstribüne gemütlich gemacht. Darunter auch – wie schon in der Nordstadt-BV am Tag zuvor – der Flaschenwerfer vom Wahlabend, der von oben herab auf die Piraten blickte: Einem Fraktionsmitglied hatte er am Abend eine Flasche an den Kopf geworfen – die Polizei ermittelt.

Mancher hatte wieder die gelben NWDO-T-Shirts an, musste diese dann aber unter der Jacke oder dem Thor-Steinar-Pulli verbergen – so sah es die Hausordnung vor. Die Kameraden feierten ihre Anwesenheit als Versagen der Demokraten – diese hätten es nicht geschafft, die Tribüne rechtzeitig zu besetzen.

Kein Versagen der Demokraten, sondern gelebte Demokratie

Dabei hatten die Demokraten dies gar nicht vor: Es gab keinerlei Aufruf oder Aktion. Das Konzept schien eher zu sein, die Neonazi-Gäste mit Formalia „zu Tode zu langweilen“. Darüber lästerten zumindest einige Rathausbesucher.

Auch in der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord, wo ebenfalls fünf Kameraden Platz genommen hatten, herrschte gähnende Langeweile. Die aktionsorientierten Neonazis durften zwar jetzt mal das Rathaus von innen begucken. Doch Spaß gemacht hat ihnen der Besuch nicht wirklich.

Bei der Konstituierung waren sie noch darauf angewiesen, dass ihnen NPD’ler Bildmaterial für ihr Internet-Zentralorgan lieferten, weil sie wegen des Hausverbots und den Aktionen im Juni selbst nicht ins Rathaus konnten.

Gruppenstatus bestätigt: 42.000 Euro für klammen Parteikassen

Siegfried Borchardt mit Gruppengeschäftsführer Timo Pradel und NPD-Landeschef Claus Cremer.
Siegfried Borchardt mit Gruppengeschäftsführer Timo Pradel und NPD-Landeschef Claus Cremer im Rat.

Aber um die Präsenz dort geht es nicht: Die chronisch klamme NPD und auch die ebenfalls nicht üppig finanzierte Partei „Die Rechte“ können sich nun über 42.000 Euro pro Jahr für ihre „Ratsgruppe“ freuen. Die Zusammenarbeit, die sich bei der konstituierenden Ratssitzung abzeichnete, ist nun offiziell besiegelt. Genau das feierten die Kameraden mit ihrer Anwesenheit.

Allerdings gab es im rechtsextremen Lager auch kritische Stimmen zu der Zusammenarbeit. „Nun arbeitet man also doch mit dieser Partei zusammen. Da soll sich noch mal einer über den Verrat der Afd am Wähler beschweren.“ kommentierte der User „Enttäuschter Wähler“ auf der „Nachrichten“-Seite der Partei.

Und „Aktoris“ schreibt: „Vor der Wahl wurde immer versichert, nicht mit der NPD Dortmund zusammenzuarbeiten. Ob man bei der kommenden Wahl wieder sein Kreuz bei “den Rechten” macht bleibt fraglich, ich und meine Familie werden es jedenfalls definitiv nicht tun.“

Andere Töne schlägt da natürlich der NPD-Landesvorsitzende Claus Cremer an, der schon bei der konstituierenden Sitzung mit NPD-Ratsmitglied Axel Thieme und dem alten und neuen Gruppengeschäftsführer Timo Pradel zu Siegfried Borchardt in den Ratssaal gekommen war.  „Getrennt marschieren, vereint zuschlagen“ kommentierte Cremer auf Facebook. „Vorausgegangen seien einige parteiinterne und parteiübergreifende Gespräche, in denen der Rahmen zu beidseitiger Zufriedenheit abgesteckt werden konnte.“

„Die Rechte“ will nur parlamentarisch kooperieren

Vor allem die Aktiven der Partei „Die Rechte“ sehen die Zusammenarbeit mit der Dortmunder NPD eher pragmatisch. „Vielleicht sollte klarstellend hervorgehoben werden, dass sich diese Zusammenarbeit auf die parlamentarische Arbeit bezieht. Außerparlamentarisch fährt DIE RECHTE ihren Kurs ebenso unbeirrt fort, wie auch in den vier Bezirksvertretungen“, versucht Michael Brück die Gemüter zu beruhigen.

„An unseren politischen Forderungen und unserem Auftreten wird sich nichts, aber auch überhaupt nichts, ändern, versprochen.“ kommentiert Brück – Platz 3 der DR-Liste und Betreiber des „antisem.it“-Versands. Er ist auch der, bei dem sich offensichtlich der Staatsschutz informiert, was die Partei denn so plant… Sein Versandhandel hat übrigens das Sortiment erweitert: Mittlerweile gibt es neben dem obligatorischen Pfefferspray auch Zwillen und Stahlkugeln im Angebot.

 

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Reaktionen

  1. Redaktion „Blick nach Rechts“

    Christian Worch bleibt Vorsitzender der Neonazi-Partei „Die Rechte“

    Beim Bundesparteitag am Samstag in Hamm stimmten nach Angaben der „Rechten“ 91 Prozent der anwesenden Mitglieder für eine zweite Amtsperiode von Worch. Einen Gegenkandidaten hatte er nicht. Vor dem Parteitag soll Worch in internen Mails seine Amtsmüdigkeit signalisiert haben – er sei allerdings zu einer erneuten Kandidatur bereit, falls sich kein anderer Kandidat finden lasse.

    Den gesamten Artikel gibt es auf „Blick nach Rechts“:

    http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/zweite-amtsperiode-fuer-worch

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