Rechtsextremismus unter Jugendlichen – Fachleute debattieren über Konzepte der Prävention im Dietrich-Keuning-Haus

Von links: Barbara Muche, Daniel Kolb, Stefan Woßmann, Julian Becker und Anna Spaenhoff
V.l.: Barbara Muche, Daniel Kolb, Stefan Woßmann, Julian Becker und Anna Spaenhoff

Das gemeinsame Ziel der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Dortmund ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es rechtsextremen Strukturen erschweren, Erfolge bei jungen Menschen zu landen. Bei der Fachtagung „Läuft bei dir?!“ im Dietrich-Keuning-Haus (DKH) wurde intensiv über einzelne Aspekte der Prävention von Rechtsextremismus diskutiert.

Gegen Nazis: Ausbildung von Empathie, Konflikt- und Medienkompetenz bei jungen Menschen

Demonstration gegen einen Naziaufmarsch in Dortmund

Auf Einladung des Bereichs Kinder- und Jugendförderung der Stadt Dortmund, in Kooperation mit der Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie sowie der externen Projektbegleitung des Bundesprogramms „Demokratie leben! Partnerschaften für Demokratie“ kamen rund 100 interessierte TeilnehmerInnen aus der sozialpädagogischen Kinder- und Jugendarbeit im DKH zusammen.

„Es geht um unsere und Ihre Arbeit!“, eröffnete Daniela Schneckenburger, Dezernentin des Kinder- und Jugendbereichs der Stadt Dortmund, den Diskurs. Auch wenn die Stadt „mit Sicherheit nicht auf der Kippe“ stünde, sei die Großwetterlage nicht gerade günstig.

Alexander Völkel, Redakteur der Nordstadtblogger, verdeutlichte in seinem Vortrag die aktuelle, lokale Lage. Seine Beispiele zeigten klar: Die Auseinandersetzung hat an Schärfe zugenommen; der Kampf um die Demokratie ist kein einfacher. „Aber wenn es leicht wäre, müssten wir heute nicht hier sein!“, betont Schneckenburger.

Es sei Aufgabe der Erwachsenen, der Eltern, LehrerInnen sowie PädagogInnen, Jugendliche zu stärken, ihre Empathie auszubilden, Konflikt- und Medienkompetenz zu fördern, erinnert Schneckenburger. Den SozialpädagogInnen wünschte sie Mut, Begeisterung und Engagement für den Dialog miteinander – und natürlich ebenso für ihre tägliche Arbeit.

Rechtsextremismus unter Jugendlichen, das Hantieren mit Worthülsen gab es schon früher

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„Jugendlichen Rechtsextremismus gab es schon in den 70er Jahren“, weiß Dr. Nils Schuhmacher von der Universität Hamburg, der ebenfalls als Referent geladen war. „Nur noch nicht den Begriff der Rechtsextremismus-Prävention.“

Viel passiert deshalb schon in den Dortmunder Einrichtungen. Und dennoch: Die rechtsextreme Szene, auch gerade in Dortmund, verändert sich und nutzt heute viele Aktionen und Angebote, die speziell für Jugendliche interessant sein können.

Seien es Aufkleber, Musik, Demonstrationen, Sport, ihr Auftreten im Internet oder einfach nur ihre flach-griffige Ansprache: Neue Medien, nicht gerade bekannt durch tieferen Wortsinn und gedankliche Komplexität, können rechte Gruppierungen daher mit ihren Propaganda-Worthülsen geschickt für ihre Ziele einsetzen. Gerade dieser Themenbereich motivierte viele TeilnehmerInnen zur weiteren Diskussion.

Aber weitergehende Fragen wurden in Form von Workshops vertieft: Was verstehen wir unter Rechtspopulismus? Welche Musik hören Rechtsextreme eigentlich? Wie stehen Sport und Rechtsextremismus in Verbindung? Wie bewahre ich ein Kind vor dem Einstieg in die rechte Szene – oder wie holt man es wieder heraus? Und, was hat die Geschlechterfrage mit all dem zu tun?

Wehrt den Anfängen, auch durch Prävention, denn: Offene Jugendarbeit ist nicht die Feuerwehr!

Die Nachricht ist eindeutig.

Neben der Herangehensweise beschäftigte die Akteure der sozialpädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vor allem die Erwartungshaltung an ihren Job. Gesellschaftlich betrachte man die Jugendarbeit oft als Reparaturbetrieb, der einspringe, wenn es irgendwo brennt, so Dr. Nils Schuhmacher: „Aber offene Jugendarbeit ist keine Feuerwehrarbeit!“

In der Prävention, die er lieber „demokratische Jugendarbeit“ nennt, um sie klarer von der Kriminalarbeit zu trennen, müsse es weniger um die Abwehr, als vielmehr um die Entwicklung und Gestaltung gehen.

Ein Fundament mit ausreichend Freiräumen zu schaffen und Beziehungen aufzubauen, statt einen Wettbewerb untereinander auszutragen, das sei der Kern. „Und mit den Jugendlichen mithalten, seien wir mal ehrlich: Das können wir ohnehin nicht!“, nahm der Fachmann zum Ende ein wenig den Druck von den AltersgenossInnen.

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