Die SPD in Dortmund streitet um geeignete Gebiete im Stadtgebiet

Neue Gewerbeflächen: Kritische Stimmen für Pläne von Stadt und Wirtschaftsförderung

Die Brechtener Niederung - ein 85 Hektar große Gelände - soll ein Gewerbegebiet werden.
Die Brechtener Niederung – ein 85 Hektar große Gelände – soll ein Gewerbegebiet werden.

Dortmund ist eine wachsende Stadt – mehr Menschen bedeuten auch mehr Gewerbeflächen. So weit, so klar. Innerhalb der Sozialdemokratie streitet man nun über das wie. Wo die einen bauen wollen, wollen die anderen Natur belassen.

Dortmund braucht 13,4 Hektar Nettobauflächen pro Jahr

Die Dortmunder Innenstadt ist – mit Ausnahme weniger Industriebrachen und Parks – dicht bebaut. Nicht so die Außenbezirke: Vielerorts kann man nur einige Kilometer von Trubel entfernt die Idylle der Natur genießen, so auch in Eving.  Die Brechtener Niederung, bislang landwirtschaftlich genutzt, soll laut Plänen der Wirtschaftsförderung zu einem großen Gewerbegebiet werden.

In diesem Areal sollen laut Plänen der Wirtschaftsförderung sowie der Stadtspitze neue Gewerbeflächen entstehen.
In diesem Areal möchten Stadtspitze und Wirtschaftsförderung neue Gewerbeflächen schaffen.. Karte: Stadt Dortmund

Das Areal liegt westlich der Bundesstraße 236 und südöstlich der Evinger Straße. „Die Nähe zum Stadtgebiet Lünens eröffnet die Perspektive für eine interkommunale Entwicklung“, heißt es in der Beschlussfassung der Stadtspitze zur Wirtschaftsflächenstrategie.

Bereits in der Vergangenheit kam mehrmals der Plan auf, Industrie auf die Brechtener Niederung zu bringen. Das Vorhaben scheiterte letztendlich – auch durch ein Bürgerbegehren aus Lünen und Eving.

Gute 20 Jahre später kommt das Thema wieder auf. Das 85 Hektar große Gelände wird dringend benötigt. Laut einem Gutachten liegt der Mittelwert für den Bedarf an verfügbaren Nettobauflächen bei 13,14 Hektar pro Jahr.

Thema sorgt für Diskussionen innerhalb der SPD

Diese Pläne gefallen nicht allen: Beim Parteitag am 9. März stellte Evinger SPD-Chef Martin Schmitz einen Antrag mit dem Titel: „Freifläche schützen – vorhandene Potentiale heben“. Indirekte Kritik an OB Thomas Westphal inklusive. Der Unterbezirk solle Ratsfraktion und Oberbürgermeister beauftragen, die Pläne der Wirtschaftsförderung abzulehnen.

Der örtliche SPD-Vorsitzende Martin Schmitz ist strikt gegen das Gewerbegebiet.
Der Evinger SPD-Vorsitzende Martin Schmitz ist strikt gegen das neue Gewerbegebiet.

Ohne Erfolg: Durch die recht kurzfristige Einbringung des Antrags landete dieser ganz unten auf der Tagesordnung und wurde nach über acht Stunden Reden und anderen Anträgen in die parteiinternen Gremien überwiesen. Dort soll im April die Thematik diskutiert werden – ohne die Öffentlichkeit, aber noch Rechtzeitig vor dem Ratsbeschluss im Mai.

Auch Hartmut Koch, Vertreter des Klimabündnisses im Klimabeirat ist erzürnt: „Dann zieht die Wirtschaftsförderung ein Gebiet aus dem Hut, dass nur eine miserable Wertung im Gutachten bekommt und nahezu sämtlichen Beschlüssen des Rates zur Landschaftsplanung, zum Klimaschutz, zum Stadtklima und zur Inanspruchnahme von Freiflächen diametral entgegensteht.“

„Damit wird das Vertrauen von Klima- und Umweltverbänden in einen echten Dialog zerstört“

„Damit wird nicht nur das Vertrauen von Klima- und Umweltverbänden in einen echten Dialog zerstört, sondern auch dokumentiert, dass die Wirtschaftsförderung immer noch mit Rezepten von vorgestern arbeitet und gar nicht daran denkt, sich zeitgemäß neu zu orientieren. Wir finden das nur noch peinlich“, so Koch.

Die Brechtener Niederung - ein 85 Hektar große Gelände - soll ein Gewerbegebiet werden.
Die Brechtener Niederung ist bisher landwirtschaftliche Fläche mit Naherholungswert,

Stattdessen brauche es andere Konzepte, wie der Vertreter des Klimabündnisses betont: „Sicherung bestehender Gewerbeflächen für neue Betriebe, kleinteiliges Flächenmanagement, Innenraumverdichtung, Nutzungsstapelung, Urbane Produktion und Smart Factory sowie interkommunale Zusammenarbeit.“

Nachdem eine Online-Petition 5.300 Unterschriften erhielt, soll der Widerstand nun gebündelt werden. Am heutigen Donnerstag (21. März) um 19 Uhr lädt die SPD Eving unter dem Motto „Natürlich Brechten“ zu einer Bürgerversammlungim Heinrich-Weber-Haus der Katholischen Gemeinde St. Antonius ein, um „über die Pläne der Wirtschaftsförderung zu informieren und eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, wie der Protest fortgesetzt wird“, so die Veranstalter:innen.

Die städtische Wirtschaftsförderung macht Angebot zum Tausch

In der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung heißt es: „Der Wirtschaftsförderung ist bewusst, dass auch diese Fläche, wie allen anderen Entwicklungsflächen auf Dortmunder Stadtgebiet, mit Restriktionen behaftet ist.“ Die Fläche sei eines der größten zusammenhängenden Flächenpotentiale für eine gewerblich-, industrielle Entwicklung im gesamten Stadtraum.

Die Brechtener Niederung - ein 85 Hektar große Gelände - soll ein Gewerbegebiet werden.
Die Brechtener Niederung könnte ein Gewerbegebiet werden.

Die Dortmunder Wirtschaftsförderung schlägt einen Deal vor, möglicherweise um noch unentschlossene Entscheidungsträger:innen noch zu überzeugen.

Im Falle einer „positiven Entwicklung“, also der Entstehung der Gewerbeflächen, sollen „die beiden Flächen Buddenacker sowie der Osterschleppweg im Rahmen eines Flächentausches zurückgenommen und als Allgemeiner Freiraum und Agrarbereich festgelegt werden.“

Sofern das nicht geschehe, solle Planrecht auf dem bereits als mögliche Wirtschaftsfläche ausgewiesenen Areal geschaffen werden. Zusammen wären das 82,7 Hektar Entwicklungsfläche, „Demgegenüber stehen lediglich ca. 64,5 ha an planrechtlich gesicherter Fläche“, so die Stadt.


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Reaktionen

  1. Brechtener Niederung – Bürgerversammlung „Natürlich Brechten“ am heutigen Donnerstag (PM)

    Die Wirtschaftsförderung Dortmund möchte in der Brechtener Niederung auf einer Fläche von 87 Hektark ein Industrie- und Gewerbegebiet errichten. Gegen diese Idee bildet sich in Brechten ein breiter Widerstand der Bürgerinnen und Bürger und der im Stadtteil verankerten Vereine. Bereits 5.300 Menschen haben hierzu eine Online-Petition unterzeichnet. Um den Protest zu bündeln, die Bürgerinnen und Bürger über die Pläne der Wirtschaftsförderung zu informieren und eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, wie der Protest fortgesetzt wird, lädt die SPD Eving unter dem Motto „Natürlich Brechten“ zu einer Bürgerversammlung ein. Diese findet am Donnerstag, 21.03.2024 um 19.00 Uhr im Heinrich-Weber-Haus der Katholischen Gemeinde St. Antonius, Im Dorfe 25, 44339 Dortmund statt.

  2. Protest in Brechten startet in die nächste Runde (PM)

    Viele Hundert Menschen gingen am Montag in Brechten auf die Straße, um für den Erhalt der Brechtener Niederung zu protestieren. Die Stadt Dortmund möchte im Landschaftsschutzgebiet ein Gewerbe- und Industriegebiet entwickeln. Dagegen bildet sich seit ein paar Wochen Widerstand im Stadtteil. Das Bürgerbündnis „Natürlich Brechten“ ruft nun zu den nächsten Aktionen auf.

    Am Samstag (13.04.) haben Brechtenerinnen und Brechtener erneut die Möglichkeit, die Petition an Oberbürgermeister Thomas Westphal zu unterzeichnen. Vertreterinnen und Vertreter des Bündnisses sind von 10 bis 12 Uhr mit einem Infostand vor dem Aldi in Brechten (Evinger Str. 585) vor Ort. Dort erhalten Interessierte auch Informationen über die Pläne der Stadt und den Protest des Bürgerbündnisses.

    Am Montag (15.04.) startet dann um 18 Uhr die zweite Montagsdemo am Kreisverkehr in Brechten. Erneut findet die Auftakt-Kundgebung im Bereich Evinger Str. 601/Ecke Lührwaldstraße statt. Anschließend geht es über den Kreisverkehr und die Evinger Straße Richtung Brechtener Niederung und nach einer Zwischenkundgebung bei Scheipers Mühle wieder zurück zum Kreisverkehr.

    „Die Teilnehmerzahl der ersten Montagsdemo war für einen kleinen Stadtteil wie Brechten, schon sehr imposant. Es gibt ein enormes Bedürfnis der Brechtener, ihrem Unmut über die Entwicklungspläne der Stadt zu äußern“, sagt Martin Schmitz vom Bündnis „Natürlich Brechten“.

    Man gehe davon aus, dass an der Demo am Montag noch mehr Menschen teilnehmen werden. Martin Schmitz: „Wir freuen uns über weitere Unterstützer. Bringt die ganze Familie mit, fragt Freunde und klopft bei den Nachbarn an. Je mehr wir sind, desto stärker wird unser Protest gehört!“

    An der ersten Demo nahmen ersten vorsichtigen Schätzungen der Veranstalter zufolge über 500 Personen an der Demo teil. Diese Zahl hat das Bündnis nun nach oben korrigiert. So füllte der Demozug die komplette Fahrbahn des Kreisverkehrs und die angrenzenden Gehwege komplett. Eine Fläche von rund 1.200 Quadratmetern. Auf dem Weg zur Scheipers Mühle war der Demozug bis zu 500 Meter lang. Es dürften somit eher an die 1.000 statt knapp 500 Teilnehmer gewesen sein.

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