Krisenzentrum kann Wege aus der Ausweglosigkeit zeigen – Gesprächsabend zur Suizidprävention im Depot

Dortmund Tatort Hydra in der Pauluskirche. 5. Dortmund-Tatort spielt im Neonazi-Milieu. Rudelgucken in der Pauluskirche unter Polizeischutz
Nicht auf der Leinwand der Pauluskirche, sondern auf der Bühne im Depot ist  Jörg Hartmann zu hören.

Von Susanne Schulte

Für Menschen, die ihrem Leben ein Ende setzen wollen, ist Reden Gold. Das sagen Fachleute, wie der Psychologe und Psychotherapeut Dr. Udo Luckey, der im Krisenzentrum Dortmund arbeitet. „Wenn man über die eigenen Suizidgedanken spricht, wird die Suizidgefahr eher geringer“, erzählt er über seine Erfahrung.

„Jeder Mensch denkt einmal im Leben an Selbsttötung“

So wollen er und seine KollegInnen aus dem Krisenzentrum auch am Internationalen Tag der Suizidprävention, der ist am kommenden Donnerstag, 10. September, das Thema, das nicht zu den Alltagsgesprächen gehört, in den Mittelpunkt rücken.

Dr. Udo Luckey
Dr. Udo Luckey.

„Suizid ist eine endgültige Lösung für ein vorübergehendes Problem“, so Luckey. So lassen er und seine KollegInnen mit den Frauen und Männern, die ins Krisenzentrum kommen, eben über dieses Problem reden, ohne eine Diagnose zu stellen.

Wer innerhalb der Familie oder im Beruf nicht mehr klar kommt, wer plötzlich ohne Arbeit, ohne PartnerIn da steht, kann von Ängsten getrieben sein, sehr schlecht schlafen, keine Energie mehr haben, sich völlig überlastet fühlen.

Die Ursachen und Symptome sind so vielfältig wie das Leben. „Niemand bringt sich gerne um. Der Gedanke steht am Ende eines langen, schwierigen Weges“, so Luckey. Und sei niemandem fremd. „Laut Statistik denkt jeder Mensch einmal im Leben an Suizid.“

Fachleute diskutieren, die Laien im Publikum können folgen

Gerade weil Selbsttötung nicht das Thema ist, worüber man sich gerne unterhält, unterhalten sich am kommenden Donnerstag im Depot an der Immermannstraße 29 darüber die Fachleute vor Publikum. Und das Publikum wird verstehen, was dort gesagt wird.

Die Moderation hat die WDR 5-Journalistin Marija Bakker. Sie dirigiert die Wortbeiträge von Dr. Thomas Finkbeiner, Chefarzt der Psychiatrie im Krankenhaus Lütgendortmund, von Elke Simon von der Stiftung Patientenschutz, von Elke Schubert-Buick von der Offenen Altenhilfe in Bielefeld und von Anne Röhl, Leiterin der Gruppe Hinterbliebene nach Suizid.

Jörg Hartmann liest aus dem Werk von Wolfgang Herrndorf

Der wohl prominenteste Gast an diesem Abend ist der Schauspieler Jörg Hartmann. Udo Luckey hat diesen Mann wohlüberlegt eingeladen: Hartmann mimt den von dunklen Gedanken getriebenen Dortmunder Tatort-Kommissar, engagiert sich für Sozialprojekte in der Stadt und kommt aus dem Ruhrgebiet.

Das Theater im Depot. Foto: Alex Völkel
Im  Theater im Depot findet die Veranstaltung des Krisenzentrums statt. Foto: Alex Völkel

Er liest aus dem Werk von Wolfgang Herrndorf „Arbeit und Struktur“. Für diesen Autor und dessen Werk hat sich Luckey nicht zufällig entschieden. In „Arbeit und Struktur“ erzählt Herrndorf, wie er, erkrankt an einem unheilbaren Hirntumor, weiter lebt.

Zu dieser Veranstaltung, die um 18 Uhr beginnt und zu der der Eintritt kostenlos ist, sind alle eingeladen, die mehr über Suizidprävention wissen wollen und sich bislang nicht trauten, danach zu fragen.

Auch Angehörige, so sagt Luckey, sollen den Menschen, der ihnen nahesteht und von dem sie befürchten, er habe Selbsttötungsgedanken, nicht schweigen, sondern ihn immer daraufhin ansprechen. „Damit kann man nichts falsch machen.“

Gleichzeitig sollen sie zum Ausdruck bringen: „Ich bin immer für dich da“, und ihm den Flyer vom Krisenzentrum hinlegen. Den gibt es auch an diesem Abend.

Einen Gesprächstermin gibt innerhalb von drei Werktagen

Wer in der Beratungsstelle in Hörde anruft, die es schon seit Ende der 1970er Jahre gibt, bekommt innerhalb von drei Werktagen einen ersten Gesprächstermin. Vier weitere können folgen.

Dieses für die Ratsuchenden kostenlose Angebot gibt es sonst nur in wenigen weiteren Städten in Deutschland. Die Ausgaben zahlen zu gleichen Teilen die Stadt, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und das Klinikum Westfalen. Hilfesuchende müssen 18 Jahre alt sein, von sich aus anrufen und in Dortmund leben.

Im vergangenen Jahr riefen 2000 Frauen und Männer dort an, mit 835 führten die Fachleute persönliche Gespräche, bei denen auch Angehörige und andere Begleitpersonen dabei sein können oder sollen.

Kontakt:

  • Das Krisenzentrum Dortmund ist montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr zu erreichen.
  • Wellinghofer Straße 21 in Hörde
  • Telefon 0231/435077
  • E-Mail-Adresse: kontakt@krisenzentrum-dortmund.de
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