Fachkräftemangel: Dortmunder Wirtschaftverbände über Chancen für Azubis, Ungelernte und Quereinsteiger*innen

Berufsausbildung ist das beste Mittel gegen den Fachkräftemangel. Archivfoto: Agentur für Arbeit Dortmund

Zum beginnenden Ausbildungsjahr machen die Dortmunder Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Handwerkskammer (HWK) Dortmund erneut auf den anhaltenden Trend des Fachkräftemangels aufmerksam. Durch die Pandemie haben sich viele Angestellte aus bestimmten Branchen wie der Gastronomie und dem Gastgewerbe aufgrund der unsicheren Öffnungsperspektiven umorientiert und Alternativen gefunden. Was für die Unternehmen auf der einen Seite ein Geschäftsrisiko darstellt, eröffnet für Bewerber*innen auf der anderen Seite neue Perspektiven. Daher informieren die Kammern über Möglichkeiten für junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz und die Anerkennung beruflich erworbener Kompetenzen für Ungelernte und Quereinsteiger*innen.

Viele Angestellte aus Gastronomie und Hotellerie haben sich umorientiert

Angebot und Nachfrage an Fachkräften sowie Prognose der Entwicklung. Online kann die interaktive Karte auch nach Branchen gefiltert werden. Grafik: Screenshot

Trotz Pandemie: Auch im Sommer 2021 stellt der Fachkräftemangel für viele Unternehmen im Bezirk der IHK Dortmund ein wesentliches Geschäftsrisiko dar. Zwar haben Shutdowns und Konjunkturabschwung den Fachkräftebedarf in den letzten Monaten abgeschwächt. Doch schon die erste Erholung zeigt deutlich: 

Der Engpass wird sich auf dem Arbeitsmarkt zurückmelden. Besonders in der Hotellerie und Gastronomie macht sich der Mangel an Arbeitskräften bemerkbar. In dieser Branche haben sich die Umstände in den letzten Wochen entscheidend gebessert.

Öffnungen, Konjunkturaufschwung und Impfkampagne schaffen wieder erste Sicherheiten für Beschäftigung. Nun fehlen jedoch den Unternehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 

Ein Grund: Je länger sich die Öffnungsperspektiven hinauszögerten, umso mehr Fachkräfte haben nach Alternativen gesucht. Branchen ohne vergleichbare Einschränkungen stellten währenddessen weiteres Personal ein.

IHK erwartet für den Kreis Dortmund-Unna Fachkräfte-Engpass von 37.000 Stellen bis 2030

Michael Ifland ist Geschäftsführer Berufliche Bildung der IHK Dortmund.
Michael Ifland ist Geschäftsführer Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung der IHK Dortmund. Archivfoto: Alex Völkel

„Dieser Personalwettbewerb wird künftig fast alle Branchen betreffen“, sagt Michael Ifland, IHK-Geschäftsführer Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung. „Der IHK-Fachkräftemonitor prognostiziert für Dortmund, Hamm und den Kreis Unna bis 2030 einen Engpass von 37.000 Fachkräften über alle Branchen hinweg, davon allein 34.000 beruflich Qualifizierte.“ 

Ifland spricht sich dafür aus, alle vorhandenen Fachkräftepotenziale zu nutzen und die vielen Möglichkeiten insbesondere für junge Menschen hervorzuheben:

„Mit einer klaren Kommunikation der Karrierechancen und Krisenfestigkeit beruflicher Bildung motivieren wir den Fachkräftenachwuchs aktiv zu werden. Die duale Ausbildung hat sich auch in der Pandemie bewährt und bietet allen interessierten Jugendlichen eine sichere Berufsperspektive.“

Zusätzlich empfiehlt Ifland schon für die aktuelle Wiederanlaufphase der Wirtschaft den Fokus auf das Thema Fachkräftesicherung zu richten: „Vereinbarkeit, Teilhabe, Mobilität, Erwerbsquote, Nachqualifizierungen und Fachkräfte-Zuwanderung haben nichts von ihrer Aktualität eingebüßt.“

Weitere Infos hierzu gibt es online (Link im Anhang des Artikels).

Chance für Quereinsteiger*innen und Ungelernte: Digitale Infoveranstaltung im August

Der Einstieg ins Berufsleben wird ohne formalen Abschluss erschwert. Menschen, die keinen Nachweis über ihr fachliches Know-how besitzen, können diesen im Rahmen des „ValiKom“-Projektes erwerben. Dazu bietet die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund am 19. August eine digitale Infoveranstaltung an.

Sie ist an dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt beteiligt, in dem ein Verfahren entwickelt wurde, mit dem berufsrelevante Kompetenzen bewertet und zertifiziert werden können. Davon profitieren insbesondere Quereinsteiger*innen und Ungelernte, die sich Fachwissen angeeignet haben. Auch für Unternehmen ist ValiKom ein interessantes Instrument, um Fachkräfte durch das Aufdecken ungenutzter Potenziale zu gewinnen. 

 „Rund 21 Millionen Beschäftigten in Deutschland fehlt ein formaler Nachweis, der zu ihrer Berufserfahrung passt. Mit dem ValiKom-Zertifikat, welches durch uns geprüft und ausgestellt wird, werden die beruflichen Kompetenzen sichtbar gemacht“, weiß Michael Ifland, IHK-Geschäftsführer der Abteilung Berufliche Bildung. 

Zertifikate für berufliche Kompetenzen über das Projekt „ValiKom Transfer“

Über das Projekt „ValiKom“ können Ungelernte Zertifikate über den Erwerb beruflicher Kompetenzen bekommen. Foto: Screenshot

Seit dem Projektbeginn im Jahr 2019 haben bereits 57 Personen in insgesamt neun verschiedenen Berufen das Validierungsverfahren durchlaufen und sich ein IHK-Zertifikat über ihre beruflichen Kompetenzen gesichert. „Dabei bietet ValiKom Transfer nicht nur die Möglichkeit, das Können der Beschäftigten unter Beweis zu stellen, sondern kann dabei helfen, die Mitarbeitenden gezielt weiterzuentwickeln und sie mit ihren Kompetenzen entsprechend im Betrieb einzusetzen.“

Ein Unternehmen aus dem IHK-Bezirk, welches das Verfahren erfolgreich für sich genutzt hat, ist Fiege-Logistik am Standort Unna. Jürgen Korte, Ausbildungsleiter bei Fiege: 

„Wir als FIEGE haben schon immer großen Wert auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter gelegt. Deswegen haben wir ValiKom Transfer als weiteren Baustein unserer Personalentwicklung gerne aufgegriffen. Das Tool eignet sich hervorragend, um Berufserfahrung zu bewerten und anzuerkennen.“

Am Standort in Unna bekämen die Mitarbeitenden auf diese Weise dokumentiert, dass sie die täglichen Aufgaben, Herausforderungen und Prozesse in unterschiedlichen Bereichen der Logistik beherrschen. Die Zertifizierung bedeute zum einen eine große Wertschätzung für die Angestellten, zum anderen sei es eine Bestätigung für die Qualität der Mitarbeitenden. 

Vom Produktionsarbeiter durch jahrelange Erfahrung zur kompetenten Fachkraft

Viele ungelernte Produktionsarbeiter haben über die Jahre wichtige berufliche Kompetenzen erworben. Symbolbild

Auch Welser Profile in Bönen nutzt „ValiKom“ gezielt für die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden und Qualitätssicherung: „In unserem Unternehmen am deutschen Standort arbeiten seit teilweise über 20 Jahren einige Quereinsteiger, die entweder gar keinen Berufsschulabschluss haben oder eine berufsfremde Ausbildung absolvierten“, sagt Carolin Pätsch, zuständig für Kommunikation und Branding bei Welser. 

„Im Produktionsumfeld ist dieses Phänomen am stärksten ausgeprägt. Einige Kollegen weisen einschlägige Berufserfahrung in ihrer Tätigkeit auf, arbeiteten jahrelang sehr motiviert und entwickelten sich von Jahr zu Jahr durch interne Qualifizierungsprogramme weiter. Es fehlt ihnen jedoch ein offizielles Dokument, was dies bestätigen würde“ so Pätsch weiter.

Im Rahmen des Projektes „ValiKom Transfer“ könne man den begeisterten Pionieren nun ermöglichen, ihre hervorragenden Leistungen anerkennen zu lassen. Das aktuelle Top-Drei-Ranking der Validierungen (Bewertungen) in den Referenzberufen der IHK zu Dortmund lautet: 

  • Maschinen- und Anlagenführer
  • Kaufmann/frau im Einzelhandel & Verkäufer/in
  • Fachkraft Lagerlogistik & Fachlagerist

Weitere Informationen sowie Anmeldung zur digitalen Veranstaltung: Inga Gerschon, Tel.: 0231 5417-270, E-Mail: i.gerschon@dortmund.ihk.de. Alle weiteren Referenzberufe im „ValiKom Transfer“ finden Interessierte auf der Projekthomepage (siehe Anhang des Artikels. Dort steht auch ein kurzes Infovideo zum Projekt zur Verfügung.) 

Ausbildungsmarkt: Bei der Handwerkskammer gibt es noch 738 unbesetzte Lehrstellen

HWK-Präsident Berthold Schröder 
Foto: HWK Dortmund/Andreas Buck

Am kommenden Montag (2. August 2021) beginnt das neue Ausbildungsjahr, tausende Schulabgänger*innen starten dann ins Berufsleben. Im Handwerk wurden bis jetzt 2.564 neue Lehrverträge abgeschlossen – das sind 237 bzw. 10,2 Prozent mehr als im Vorjahr. 

Kammer-Präsident Berthold Schröder: „Auch wenn wir das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht haben, hat der Ausbildungsmarkt doch angezogen und es gibt Zeichen einer leichten Erholung. Bewerber und Betriebe finden nach dem Lockdown endlich besser zueinander. Zukunftsplanung wird nun wieder stärker in den Blick genommen. Die vielen Anstrengungen, die wir unternommen haben, um die Ausbildungssituation zu revitalisieren, zeigen Erfolg. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage schließt sich zusehends.“ 

Bislang sind noch 738 Lehrstellen im Kammerbezirk unbesetzt. In über 130 Berufen gibt es vielfältige Aufstiegs- und Karrierechancen – gerade auch mit Blick auf anstehende Zukunftsaufgaben rund um Digitalisierung, Klimaschutz, Energie- und Mobilitätswende, SmartHome und E-Health. Der Bedarf an Fachkräften ist groß, allen voran in den Bau- und Ausbauhandwerken. In unterschiedlichsten Gewerken werden kompetente, leistungsstarke Mitarbeiter*innen gebraucht.

HWK bietet Beratung und Unterstützung beim Erstellen von Bewerbungen

HWK-Geschäftsführerin Olesja Mouelhi-Ort. Foto: HWK Dortmund

„Das Handwerk ist ein zukunftssicherer und krisenfester Wirtschaftsbereich. Als aktiver Partner der bundesweiten Initiative ,Sommer der Berufsbildung‘ beteiligen wir uns mit vielen Aktionen zur Berufsorientierung und Lehrstellenvermittlung. Wir nutzen alle verfügbaren Kräfte und Kanäle, um jungen Menschen und ihren Eltern die vielfältigen Aufstiegschancen zu zeigen, die sie mit einer dualen Ausbildung im Handwerk haben“, sagt HWK-Geschäftsführerin Olesja Mouelhi-Ort. 

Wer sich für eine Ausbildung im Handwerk entscheide, habe gute Chancen, eine passende Stelle zu finden. Und das nicht nur bis zum 1. September, sondern auch darüber hinaus, also im Oktober oder November. Mouelhi-Ort: „Es lohnt sich! Mit einer Ausbildung öffnen sich viele Türen zum beruflichen Erfolg.“

Die Geschäftsführerin empfiehlt allen Ausbildungsinteressierten, die umfangreichen Services der HWK Dortmund rund um Berufswahl und Lehrstellenfindung in Anspruch zu nehmen: „Unsere Berater und Vermittler helfen individuell weiter, wenn es darum geht, den passenden Beruf zu finden und einen Praktikumsplatz, um ihn real auszuprobieren. Aber auch beim Feststecken von Zielen und Erstellen von Bewerbungen unterstützen sie gerne.“ 

Ausführliche Beratung und Hilfestellung bei der Lehrstellensuche und Bewerbung geben die Berater*innen der Passgenauen Besetzung und Lehrstellenvermittler*innen der HWK Dortmund. Weitere Infos gibt es unter www.hwk-do.de/wege-in-die-ausbildung

 

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Reaktionen

  1. Fachkräftebündnis Westfälisches Ruhrgebiet bietet drei Online-Seminare – Praxisnahe Informationen zur Fachkräftesicherung (PM)

    Das Fachkräftebündnis Westfälisches Ruhrgebiet beteiligt sich an der bundesweiten Aktionswoche „Menschen in Arbeit – Fachkräfte in den Regionen“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Angeboten werden drei Online-Seminare.

    Beschäftigtenqualifizierung
    Dienstag, 16. November 2021 um 13.30 Uhr, online

    Die Ansprüche an die Qualifikation der Mitarbeiter steigen stetig. Doch welche Fördermöglichkeiten gibt es für die Beschäftigten? Darüber informiert die Bundesagentur für Arbeit, ebenso über die Angebote der Berufsberatung im Erwerbsleben. Anmeldung per E-Mail.
    Kontakt bei der AA Dortmund:Gerda Rohde, gerda.rohde2@arbeitsagentur.de

    Unternehmensnachfolge
    Mittwoch, 17. November 2021 um 14 Uhr, online

    Wer übernimmt später mal den Betrieb? Ob es sich um eine familieninterne oder externe Nachfolge handelt, spielt dabei keine Rolle – eine frühzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema ist in jedem Fall hilfreich. Schwerpunkte der Veranstaltung: Generationenverständnis zwischen Jung und Alt, Ziele, Phasen und Arten einer Übergabe und Früheinstieg.
    Anmeldung: fachkraefte-wr.de
    Kontakt bei der HWK Dortmund: Ilka Berg, ilka.berg@hwk-do.de

    Anwerbung und Integration ausländischer Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern
    Donnerstag, 18. November 2021 um 14 Uhr, online

    Wie können interessierte Unternehmen Fachkräfte im Ausland finden? Und wie läuft anschließend das notwendige Visumverfahren ab? Dazu werden praxisnahe Informationen und Empfehlungen gegeben. Auch zu Angeboten zum Spracherwerb oder der Qualifizierung wird informiert. Anmeldung per E-Mail.
    Kontakt bei der IHK zu Dortmund: Sandra Schröder, s.schroeder@dortmund.ihk.de

    Weitere Informationen zur Fachkräftesicherung: http://www.fachkraefte-wr.de

  2. Projekt „ValiKom-Transfer“ jetzt bei der HWK Dortmund gestartet (PM)

    Ziel: Berufliches Können sichtbar machen

    Der Fachkräftemangel stellt viele Handwerksbetriebe vor eine Herausforderung. Und sie wird mit jedem Jahr größer, denn es geht nicht allein um die Frage, qualifizierte Mitarbeiter:innen zu finden, sondern auch darum, wie man sie hält. Das Projekt „ValiKom-Transfer“, das jetzt bei der Handwerkskammer (HWK) Dortmund gestartet ist, kommt da genau zur rechten Zeit.

    ValiKom steht für die Validierung non-formaler und informell erworbener Kompetenzen. Mit dem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt sollen die beruflichen Fähigkeiten von Quereinsteiger:innen und Menschen ohne Berufsabschluss festgestellt werden. Berufsexpert:innen bewerten die vorhandenen Kompetenzen und vergleichen sie mit den Anforderungen des jeweiligen Berufsbildes.

    Die Teilnehmenden bekommen ein Zertifikat, das aufzeigt, welche Tätigkeitsbereiche sie beherrschen und ob die Fertigkeiten voll oder teilweise mit denen einer ausgebildeten Fachkraft vergleichbar sind. Es ist ein Prozess, der auch und gerade die Wertschätzung für die Kompetenzen der teilnehmenden Beschäftigten besonders unterstreicht, damit zu einem besseren Arbeitsklima beiträgt – und die Bindung zum Betrieb stärkt.

    „Viele Betriebe berichten über eine gesteigerte Motivation ihrer Mitarbeiter:innen, da sie nun einen Nachweis über ihr Können haben. Für manch‘ einen ist dies ein wichtiger Ansporn, sich weiter zu qualifizieren. Durch die genaue Feststellung der vorhandenen Kompetenzen können oftmals auch weitere Einsatzbereiche für die Mitarbeiter:innen eruiert werden. Fortbildungen können gezielt geplant und gestaltet werden, die Personalentwicklung optimiert werden“, sagt Projekt-Mitarbeiterin Daniela Weber. Sie steht bei der HWK Dortmund allen ValiKom-Interessierten als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

    Weitere Infos unter: hwk-do.de/valikom

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