Handwerkskammer: Entlastungen für Betriebe werden immer wichtiger

„Ernste Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks durch steigende Kosten“

Die Pandemie und der militärische Konflikt in der Ukraine haben zu explodierenden Energie- und Materialkosten, gestörten Lieferketten sowie Engpässen bei Waren und Rohstoffen geführt. Für viele Handwerksbetriebe in der Region ist das eine große Belastung. Foto: serato/Shutterstock

Die Pandemie und der militärische Konflikt in der Ukraine haben zu explodierenden Energie- und Materialkosten, gestörten Lieferketten sowie Engpässen bei Waren und Rohstoffen geführt. Für viele Handwerksbetriebe in der Region ist das eine große Belastung, einige müssen trotz voller Auftragsbücher Verluste verkraften oder denken darüber nach, Kurzarbeit anzumelden.

95 Prozent aller Handwerksbetriebe rechnen damit, dass die Energiepreise weiter anziehen

HWK-Präsident Berthold Schröder
HWK-Präsident Berthold Schröder Foto: Kusch/ HWK Dortmund

Dabei sind die Gewerke mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Vor allem in der Bauwirtschaft und im Lebensmittelgewerbe mussten Preise erhöht werden, um gestiegene Energiekosten, Rohstoffpreise und Lieferkettenprobleme zu kompensieren.

Nach einer im Frühjahr 2022 durchgeführten Sonderumfrage der Handwerkskammer Dortmund (siehe angehängten Artikel) machen die Energiekosten derzeit schon 16 Prozent der Gesamtkosten aus.

95 Prozent aller Handwerksbetriebe rechnen damit, dass die Energiepreise als direkte Folge des Ukraine-Kriegs weiter anziehen werden. „Die angespannte Lage auf dem Energiemarkt belastet das Handwerk und wirkt wie ein Dämpfer für die Geschäftstätigkeit der Betriebe, die sich nach den Corona-Einschränkungen langsam wieder erholt hatten“, kommentiert der Präsident der HWK Dortmund, Berthold Schröder, die aktuelle Situation.

Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks und der deutschen Wirtschaft insgesamt

Laut Sonderumfrage rechnen 95 Prozent der Betrieb damit, dass die Energiepreise als direkte Folge des Ukraine-Kriegs weiter anziehen. Grafik: HWK Dortmund

Nach Aussagen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) entwickeln sich die rasant steigenden Preise für Strom, Gas, Heiz- und Treibstoffe zunehmend zu einer ernsten Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks und der deutschen Wirtschaft insgesamt. Der ZDH fordert möglichst zeitnahe und zielgruppengerechte Kostenreduktionshilfen des Bundes.

„Steigende Energie- und Materialpreise in Kombination mit Lieferengpässen sorgen dafür, dass viele Betriebe ihre Preise anpassen mussten, weil sie sonst ihre Kosten nicht mehr decken können“, so Schröder weiter.

Aufgrund der stetig schwankenden Lage seien Kosten generell schwerer zu kalkulieren und es sei nicht immer absehbar, ob das benötigte Material zum geplanten Termin lieferfähig sei. Vor diesem Hintergrund würden die Erhöhung der Energieeffizienz in den Betrieben und die Gewährung von Entlastungen bei den Energiekosten immer wichtiger.

Stimmen aus dem Kammerbezirk Dortmund:

Wie belastend sind die hohen Preise für Energie und Material für Ihr Unternehmen?

Volker Conradi, Geschäftsführer E. u. G. LANGE GmbH und Obermeister der Innung für Elektrotechnik Dortmund und Lünen, aus Lünen:

„Als überregional tätiger, handwerklicher Dienstleister treffen uns die hohen Energie- und Materialpreise hart. Hinzu kommen die fehlenden Verfügbarkeiten von einfachsten Materialien. Da wir in laufenden Projekten keine Möglichkeit haben, die Mehrkosten weiterzugeben, versuchen wir, diese anders aufzufangen.

Wieder einmal lässt uns die Politik mit den Kosten im Regen stehen, erst Corona und jetzt die Preisexplosion bei den Energie- und Materialkosten. Leider werden wir als Handwerk nur gefragt, wenn es heißt, Ausbildungs-, Umschulungs- und Arbeitsplätze zu schaffen.“

Jörg Ungermann, Geschäftsführer Organisation und Vertrieb, Wolfram Ungermann Systemkälte Gmbh & Co KG, aus Wetter:

„Wir sehen als Investitionsgüterhersteller nicht nur ein Kalkulationsproblem durch die sehr kurzen Preisgültigkeiten, sondern zunehmend auch eine Kaufzurückhaltung bei den Kunden, die ihre Vorhaben in der aktuellen Lage zurückstellen oder bestehende Vorhaben aufgrund der Preissteigerungen absagen.

Wer zu lange mit der Auftragserteilung wartet, hat ein hohes Risiko, dass sich Preise oder die Lieferzeiten erhöhen. Inzwischen bevorraten wir zum Beispiel selber bestimmte Bauteile und stellen sie Vorlieferanten zur Verfügung, damit diese Komponenten fertigstellen können. Zu unserem Glück ist unsere Lieferkette vorrangig mit langjährigen deutschen Lieferanten besetzt. Der Gesamtaufwand, unseren Kunden verlässliche Lieferzeiten und Service zu bieten, ist aber immens gestiegen.“

Markus Dürscheidt, Geschäftsführer Josef Dürscheidt & Söhne GmbH, Obermeister der Fachinnung für Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik Ennepe-Ruhr und Stv. Kreishandwerksmeister KH Ruhr, aus Witten:

„Zum Glück habe ich rechtzeitig den Strombedarf für Büro, Lager und Geschäftswagen über eine Photovoltaikanlage abgedeckt, insofern bin ich da entspannt. Größere Sorgen bereiten natürlich die ständig und manchmal auch willkürlich steigenden Materialpreise.

Obwohl die Kunden durch die mediale Omnipräsenz in diesem Thema geschult sind, kommt es leider ständig zu Diskussionen über den angemessenen Preis. Dieses, verbunden mit der Materialknappheit durch Herstellungsengpässe und Störungen weltweiter Lieferketten, führt leider dazu, dass man ca. 50 Prozent der Arbeitszeit diesem Thema widmen muss.

Um handlungsfähig zu bleiben, lässt man liefern, was man bekommen kann, und ist somit zu einer ungewollt hohen Lagerhaltung gezwungen. Wir arbeiten deshalb bevorzugt mit einheimischen Lieferanten, die unsere Markentreue zu schätzen wissen.“

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