Publikation zum Internationalen Holocaust-Gedenktag

Deutsches Fußballmuseum veröffentlicht Online-Lexikon mit den Biografien jüdischer Fußballer 

Startseite des Online-Lexikons verfolgter jüdischer Fußballer, das kostenlos eingesehen werden kann. Das Lexikon soll weiter wachsen. Daher sind interessierte Fangruppen sowie Schulklassen ausdrücklich dazu aufgerufen, in ihrem Umfeld weitere Lebensgeschichten zu erforschen und hinzuzufügen. Foto: Web-Screenshot

Das Deutsche Fußballmuseum veröffentlicht zum internationalen Gedenktag an die Opfer des Holocaust am heutigen Donnerstag (27. Januar 2022) „Niemals vergessen – das Online-Lexikon verfolgter jüdischer Fußballer“. Das Nachschlagewerk widmet sich den Lebensgeschichten heute zumeist vergessener jüdischer Fußballer und Funktionäre, die bis zu ihrer Ausgrenzung in der Zeit des Nationalsozialismus einen zentralen Teil der deutschen Fußballkultur ausmachten.

Permanentes Zeichen gegen jede antisemitische und rassistische Tendenz im heutigen Fußball

Das Lexikon beinhaltet bisher bereits über 200 Biografien. Unter anderem die von Walther Bensemann, der an der Gründung des Deutschen Fußballbunds (DFB) beteiligt war und 1920 das erste deutsche Fußballmagazin Kicker gründete.
Das Lexikon beinhaltet bisher bereits über 200 Biografien. Unter anderem die von Walther Bensemann, der an der Gründung des Deutschen Fußballbunds (DFB) beteiligt war und 1920 das erste deutsche Fußballmagazin Kicker gründete. Quelle: Verlag Die Werkstatt

Das Lexikon ist in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk der deutschen Fußballmuseen und Vereinsarchive entstanden. Schon jetzt sind 25 Vereine und Gruppen aus ganz Deutschland – darunter u.a. der Hamburger SV, FC Schalke 04, Arminia Bielefeld, Eintracht Frankfurt, Kickers Offenbach, 1. FC Nürnberg und der FC Bayern München – beteiligt. 

Unter dem Dach des Fußballmuseums werden die von den Vereinsmuseen und lokalen Fangruppen recherchierten Biografien erstmals an einem zentralen Ort zusammengefasst und damit das Gedenken an sie fest im deutschen Fußball verankert. Dauerhaft und kostenlos abrufbar ist das Lexikon auf fussballmuseum.de.

„Die Nationalsozialisten löschten nicht nur Leben aus, sondern auch Erinnerungen. Die Konterfeis sportlich erfolgreicher Juden wurden aus Sammelalben entfernt, ihre Namen von Gedenkplatten gekratzt, ihre Gesichter aus Vereinsfotos herausretuschiert und ihre Erfolge aus Rekordlisten gestrichen“, so Museumsdirektor Manuel Neukirchner. 

„Mit dem Online-Lexikon machen wir auf das Schicksal verfemter und ermordeter jüdischer Sportpioniere aufmerksam, die dem Fußball in Deutschland einst wichtige Impulse gaben. Zudem ist es unser Anliegen, ein permanentes Zeichen gegen jede antisemitische und rassistische Tendenz im heutigen Fußball zu setzen.“

Lexikon soll als zentraler virtueller Gedenkort weiter wachsen

Walther Bensemann sitzend mit Ball im Kreise der Karlsruher Kickers 1895. Quelle: Verlag Die Werkstatt

In akribischer Detailarbeit und dank umfangreicher Vorrecherchen am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover konnten unter der Projektleitung von Dr. Henry Wahlig bereits über 200 Biografien jüdischer Fußballer und Funktionäre rekonstruiert und dem Lexikon hinzugefügt werden.

Darunter befinden sich bekannte Namen wie der des Nationalspielers Julius Hirsch, der im KZ Auschwitz ermordet wurde, aber auch viele bislang eher unbekannte Persönlichkeiten kleinerer Klubs, die gleichwohl vor Ort einen wichtigen und lange vergessenen Teil der Fußballhistorie ausmachen. 

Die Biografien sind mit Namen, Vereinszugehörigkeit, Erfolgen und Lebensschicksal hinterlegt und über diese Kategorien zu recherchieren. Interessierte Fangruppen sowie Schulklassen sind ausdrücklich dazu aufgerufen, in ihrem Umfeld weitere Lebensgeschichten zu erforschen und hinzuzufügen. Das Lexikon wird somit als zentraler virtueller Gedenkort des deutschen Fußballs immer weiter wachsen.

Wertvoller Beitrag zu Bildung und Erinnerungskultur

Das letzte Lebenszeichen des jüdische Fußballspielers Julius Hirsch wurde in Dortmund gefunden.
Das letzte Lebenszeichen des jüdischen Fußballspielers Julius Hirsch wurde in Dortmund gefunden. Es handelte sich um eine Postkarte zum Geburtstag seiner Tochter, die im März 1943 in Dortmund abgestempelt wurde. Archivfoto: Mira Kossakowski für Nordstadtblogger.de

Mit „Niemals vergessen – das Online-Lexikon verfolgter jüdischer Fußballer“ veröffentlicht das Deutsche Fußballmuseum erstmals eine zeitgemäße, multimediale Vermittlung der vielfältigen Verdienste der Juden für die deutsche Fußballgeschichte und zugleich ihrer grausamen Verfolgungsgeschichte in Deutschland. 

Im Fußballmuseum erweitert es die Bildungsangebote zur Erinnerungskultur. Durch die Zusammenführung soll aber auch die wichtige Arbeit in den Vereinen vor Ort gewürdigt und bekannt gemacht werden.

Außerdem löst das Deutsche Fußballmuseum mit der Veröffentlichung jetzt das Versprechen ein, das es beim Festakt zum 100. Geburtstag der Maccabi World Union gegeben hatte. Makkabi Deutschland ist Kooperationspartner und Unterstützer des Projektes.

Weitere Informationen:

Beteiligte Gruppen und Vereine: Stadtarchiv Aachen, FC Augsburg, Hertha BSC Berlin, Tennis Borussia Berlin, Arminia Bielefeld MAFA, VfL Bochum 1848, Eintracht Braunschweig, SV Werder Bremen Vereinsarchiv, Fortuna Düsseldorf, Eintracht Frankfurt Museum, SC Freiburg, FC Schalke 04, Hamburger SV Museum, Hannover 96 Vereinsarchiv, 1. FC Kaiserslautern Museum, Lokomotive Leipzig, Bayer 04 Leverkusen, 1. FSV Mainz 05, Borussia Mönchengladbach Museum, FC Bayern München Museum, 1. FC Nürnberg, Kickers Offenbach, VfL Osnabrück Museum, VfB Stuttgart, Stuttgarter Kickers Fanprojekt.

Kooperationspartner: Makkabi Deutschland, Netzwerk der deutschsprachigen Fußballmuseen und Vereinsarchive

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Reaktionen

  1. Ausstellung „Im Abseits. Jüdische Schicksale im deutschen Fußball“ im Studieninstitut Ruhr (PM)

    Bis zum 28.02. wird die Ausstellung „Im Abseits. Jüdische Schicksale im deutschen Fußball“ im Studieninstitut Ruhr, Königswall 25-27, 44137 Dortmund, kostenlos gezeigt. Die Wanderausstellung stellt elf Fußballspieler und Funktionäre jüdischer Herkunft vor.

    Thematisiert werden deren individuelle Lebensgeschichten, die in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur dramatische Brüche erlebten. Über das populäre Thema Fußball wird ein breites Publikum angesprochen und zentrale historische und politische Bildungsthemen niederschwellig vermittelt. Durch die Einbeziehung von Spielern aus der Umgebung (Dortmund, Gelsenkirchen, Bochum) wendet sich die Ausstellung auch gezielt an ein regionales Publikum.

    Antisemitismus ist – nicht nur im Fußball – noch heute weit verbreitet. Gegen diese Tendenzen gilt es ein klares Zeichen zu setzen. Die Ausstellung fühlt sich im Besonderen der Botschaft „Nie wieder!“ verpflichtet und setzt ein öffentlichkeitswirksames Signal über die offiziellen Gedenktage hinaus.

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