CDU-Wahlkampfauftakt mit Angela Merkel und dem Versprechen eines sozialeren Deutschlands in Dortmund

In der Westfalenhalle 2 startete die CDU ihren Wahlkampf. Fotos: Leopold Achilles
In der Westfalenhalle 2 startete die CDU ihren Bundestagswahlkampf. Fotos: Leopold Achilles

Ausgerechnet die „Herzkammer der Sozialdemokratie“ hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Funktion als CDU-Vorsitzende ausgesucht, um gemeinsam mit ihrer Partei und der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) den Wahlkampf einzuläuten. In der Westfalenhalle 2 kamen rund 1000 ParteianhängerInnen und Interessierte zusammen. Vor wenigen Wochen hatte die SPD mit ihrem Vorsitzenden Martin Schulz noch die Westfalenhalle 1 gefüllt.

Alternative für Deutschland protestiert vor der Westfalenhalle gegen die Kanzlerin

Die Alternative für Deutschland war mit einem Stand vor der Westfalenhalle präsent.

„Es ist eine Auszeichnung für uns, dass Angela Merkel hier den Wahlkampf einläutet“,  freute sich der Dortmunder CDU-Politiker und Bundestagsabgeordnete Thorsten Hoffmann. „Wir sind hier eine Gegend, die riesiges Potential hat.“

Bevor die Veranstaltung los ging, wartete vor dem Eingang zu der Halle aber zuerst die Alternative für Deutschland auf die Gäste. Mit „Stoppt Merkel“- und „Die Raute des Grauens“-Plakaten wollten sie ihren Unmut gegenüber Merkel und ihrer Politik kundtun.

„Viele von uns sind ehemalige CDU-Mitglieder. Ich selber war zehn Jahre Mitglied“, betont der Dortmunder AfD-Vorsitzende Bernd Schreyner, „aber wir sind mit deren Politik nicht mehr einverstanden.“

Gäste können mit Politkern diskutieren – Geteilte Erwartungen an Merkel

Vor der Rede der Kanzlerin konnten die Gäste an drei unterschiedlichen Podien zu den Themen „Gesundheit und Pflege“, „Familie und Kinder“ und „Mitbestimmung und Arbeit 4.0“ mit hochkarätigen Politkern und Politikerinnen wie dem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe oder dem NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann ins Gespräch kommen.

Besonders interessiert an dem Podium zu Gesundheit und Pflege ist der 18-jährige Altenpfleger Christian. „Ich finde es gut, dass ich heute hier zu dem Thema Fragen stellen kann. Auch wenn die CDU einiges falsch gemacht hat, hat sie auch vieles richtig gemacht, weshalb ich sie wahrscheinlich wählen werde.“

Pessimistischer ist da eine junge Studentin: „Ich bin hier, um mich zu informieren, aber ich denke, im Endeffekt wird wieder gesagt werden, dass sie eine sozialere Politik wollen und damit meinen sie eine erfolgreiche Wirtschaft, was einfach nicht dasselbe ist.“

Deutschland habe Glück, Merkel als Kanzlerin zu haben, so Laumann

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (Foto) standen Rede und Antwort.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (Foto) standen Rede und Antwort.

Bundesgesundheitsminister Karl-Joseph Laumann ist in seiner Rede jedoch davon überzeugt, dass die Zahlen für die Politik der Kanzlerin sprechen.

Immerhin gingen fünf Millionen mehr Deutsche als 2005 einer sozialversicherungspflichtigen Vollbeschäftigung nach. Zudem habe der Mindestlohn die Arbeitsbedingungen deutlich verbessert.

„Wenn wir auf die Länder um uns herum schauen, können wir schon sagen, dass es schön ist, in Deutschland leben zu dürfen […] und wenn wir auf die Staatschefs anderer Länder besonders diese Woche schauen, können wir sagen, dass wir Glück haben, dass Angela Merkel unsere Bundeskanzlerin ist“, so Laumann.

Bundeskanzlerin setzt auf Vollbeschäftigung und Digitalisierung

Angela Merkel am 12. August in der Westfalenhalle 2 in Dortmund.
Angela Merkel am 12. August in der Westfalenhalle 2 in Dortmund.

In ihrer Rede schnitt Frau Merkel eine Vielfalt an Themen an. Auf die Vollbeschäftigung solle weiterhin hingearbeitet werden.

Zudem will sie sich für mehr Tarifbindung einsetzen, denn „wo etwas nicht staatlich geregelt ist, machen die Unternehmen leider Gebrauch davon“.
Die Digitalisierung wolle sie auch voranbringen, ohne dass ArbeitnehmerInnen auf der Strecke blieben.

Auch nicht auf der Strecke bleiben dürfe die Automobilindustrie. Diese solle nicht nur für ihre Skandale Verantwortung tragen, sondern auch mit dem Staat zusammen die Voraussetzungen für Wandel schaffen.

Angela Merkel betont die Wichtigkeit der EU und schweigt zu Flüchtlingen

Zum Abschluss betonte Merkel noch einmal die Wichtigkeit der Europäischen Union. „Europa stärken heißt Deutschland stärken. […] Die EU ist ein wunderbares Projekt. Das wird die CDU niemals in Frage stellen.“

Während sie an dem sogenannten „Diesel-Gipfel“ in der vergangenen Woche nicht teilgenommen hatte, fand Merkel einige kritische Worte in Richtung der Autoindustrie. Zum Thema Flüchtlinge verlor die Kanzler hingegen kein einziges Wort.

Insgesamt also wenig Wahlkampf in der Westfalenhalle 2. Erst nach der eigentlichen Rede fiel der Kanzlerin ein, dass sie ja die Partei zum Wahlkampf anheizen will: „Ich habe ganz vergessen“, sagt sie und grinst etwas verlegen, „dass die Wahl natürlich noch nicht entschieden ist.“

Positives Feedback für die Kanzlerin in Dortmund

Der Dortmunder CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Hoffmann freute sich über den Auftakt in seiner Heimatstadt.
Der Dortmunder CDU-Abgeordnete Thorsten Hoffmann freute sich über den Wahlkampf-Auftakt in seiner Heimat.

Bevor die Gäste im Saal zusammen die Nationalhymne anstimmten, überreichte ihr Thorsten Hoffmann zum Dank noch einen westfälischen Schinken. Echte Emotionen und Begeisterung fehlten beim Wahlkampfauftakt. 50 Auftritte will Angela Merkel in den nächsten sechs Wochen noch absolvieren.

Generell kam die Kanzlerin bei dem überwiegend älteren Publikum gut an. „Die Bürger in der Bundesrepublik  sollten nach dem heutigen Tag wissen, wen sie zu wählen haben, damit es ihnen weiterhin gut geht“, zieht ein 87-jähriger Rentner sein Resümee.

Auf dem Weg nach Hause kamen den Gästen nicht mehr die AfD-Protestierer entgegen. Dafür standen die beiden syrischen Flüchtlinge Mohamed und Ibrahim enttäuscht am Straßenrand. Sie hatten zu spät von der Veranstaltung erfahren und versuchten vergeblich, noch in die Westfalenhalle zu kommen.

„Mein größter Wunsch ist es, einmal die Kanzlerin zu treffen und ihr persönlich Danke zu sagen“, so Mohamed.

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Reaktionen

  1. Sabine Poschmann und Marco Bülow (SPD-MdB)

    CDU gibt sich vor der Wahl sozialen Anstrich – nach der Wahl ist wieder alles vergessen

    Die CDA (Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft) und die CDU haben in der Dortmunder Westfalenhalle die Veranstaltung „Für ein erfolgreiches und soziales Deutschland“ ausgerichtet, bei der es um Sozialpolitik und Gute Arbeit ging.

    Hierzu erklären die Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordneten Sabine Poschmann und Marco Bülow:

    „Es ist schon sehr durchsichtig: Insbesondere im Ruhrgebiet versucht die Union sich vor der Wahl als soziale Partei zu verkaufen, um hier auf Wählerstimmenfang zu gehen – wohlwissend, dass alle sozialpolitischen Initiativen in der Großen Koalition von der SPD ausgingen. Die Union war in den letzten vier Jahren nicht Antreiber für eine sozialere Politik, sondern hat sich häufig quergestellt. Sich nun als Garant für eine soziale Politik zu verkaufen, ist geradezu eine Verhöhnung der Menschen im Ruhrgebiet.

    Die Realität sieht nämlich anders aus: Wir haben den Mindestlohn durchgesetzt. Die Union hat sich nur für Ausnahmeregelungen und Aufweichmöglichkeiten stark gemacht. Die SPD engagiert sich schon seit langem für Gute Arbeit. Die Union hat dagegen immer wieder versucht, klare Regelungen zu bekämpfen, gerade im Bereich Leiharbeit und Werkverträge.

    Während wir für mehr Vereinbarkeit von Familie und Arbeit kämpfen, hat die CDU/CSU das Rückkehrrecht aus Teilzeit in die vorherige Arbeitszeit verhindert. Dieses wäre vor allem Frauen zu Gute gekommen, die ihre Arbeitszeit zwischenzeitlich für die Familie reduzieren. 750.000 Teilzeitbeschäftigte können derzeit ihren Wunsch nach einer Verlängerung der Arbeitszeit nicht realisieren. Davon sind 80% Frauen.

    Auch ein gerechteres Rentensystem war mit Merkel nicht zu machen. Sie möchte bis 2030 am bestehenden System nichts ändern. Somit wird es keine gesetzliche Solidarrente geben, die sicherstellt, dass langjährig Beschäftigte mit geringem Einkommen eine Rente oberhalb der Grundsicherung erhalten und auch das Rentenniveau wird immer weiter absinken. Nicht einmal an Absprachen aus dem Koalitionsvertrag hat sie sich gehalten. So wurde z.B. die Ausweitung des Arbeitslosengeldes I verhindert.

    Niemand sollte sich jetzt blenden lassen von einigen warmen Worten, an die sich in der CDU später keiner mehr erinnern wird. Mit der Union, vor allem in Koalition mit der FDP, wird es kein sozialeres Deutschland geben. Das große Problem der extremen sozialen Ungleichheit hierzulande wird weiter zunehmen. Dabei müsste die Bekämpfung dieser Ungerechtigkeit eines der wichtigsten Themen sein. Die reichsten 10% der Deutschen besitzen 60% des Vermögens während die unteren 50% auf nur 1-3% kommen. Auch die beiden Dortmunder CDU-Kandidaten setzen sich viel zu wenig mit dem Thema Gerechtigkeit und Armut in Dortmund auseinander, während wir uns schon sehr lange in dem Bereich engagieren.“

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