Der für Herbst geplante Sozialtarif ist 14 Prozent teurer als ein Jobticket:

„Alles andere als sozial“: Bündnis kritisiert verspätete und zu teure Sozialticket-Einführung

Es gibt eine Vielzahl von Tickets und Abomodellen bei DSW21. Neu hinzu kommt das DeutschlandTicket.
Es gibt eine Vielzahl von Tickets und Abomodellen bei DSW21. Neu hinzu gekommen ist das DeutschlandTicket. Foto: Jörg Schimmel für die DSW21

„Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Landesregierung SozialleistungsbezieherInnen in NRW das Deutschlandticket zu einem vergünstigten Preis anbieten will. Das Angebot kommt aber leider erst ab Herbst. Und zu einem Preis, der mit 39 Euro für die von Armut und der aktuellen Inflation am meisten Betroffenen bzw. Bedrohten noch deutlich über dem monatlichen Preis für Jobtickets (34,30 Euro) liegt. Diese Ungerechtigkeit ist nicht hinnehmbar“, kritisiert das Bündnis Sozialticket NRW.

Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis und muss bezahlbar sein

„Hier ist die Politik in Land, Bund und Kommunen gefordert, schnell für Abhilfe zu sorgen“, verdeutlicht der Dortmunder Sprecher Heiko Holtgrave. In einigen Kommunen und Bundesländern seien zumindest schon bessere Lösungen gefunden worden. „Im Hamburg zum Beispiel wird für das gleiche Ticket nur 19 Euro verlangt (Eigenanteil). Und das nicht erst ab Herbst, sondern bereits seit dem 1. Mai! Den gleichen Preis zahlen Einkommensschwache beispielsweise auch in Nürnberg und in Rostock.“

Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis, und der Zugang zu bezahlbarer Mobilität verbessert die Lebenssituation und soziale Teilhabe armer Menschen in erheblichem Maße. Das ist allgemein anerkannt. Besuch von Stadtteiltreffs, ehrenamtliche Betätigung, Treffen mit FreundInnen und Verwandten, Besuch von Naherholungsgebieten, Termine bei Behörden und Gesundheitseinrichtungen, Zuverdienst und Arbeits­aufnahme, Nutzung von Bildungsangeboten, Betreuung von Pflegebedürftigen – das alles setzt Mobilität voraus.

Preis bei maximal 29 Euro als Monatskarte ohne Abo gefordert

Heiko Holtgrave

„Dafür muss auch der Preis stimmen. Denn Reichweite ist nicht alles. Für Menschen mit wenig Geld darf das Monatsticket u.E. nicht mehr als 29 Euro kosten. Besser noch weniger. Das ist auch die Meinung vieler anderer Akteure in NRW wie Gewerkschaften, Kirchen und Sozialverbände. Und es wäre auch mit Blick auf den Preis, der für das Jobticket verlangt wird, angemessen“, so Heiko Holtgrave.

Das ermäßigte Deutschlandticket sollte zudem auch als einzelne Monatskarte zu kaufen sein, nicht nur als Abo, um möglichen Problemen mit einer rechtzeitigen Kündigung oder wegen angeblich mangelnder Bonität aus dem Weg zu gehen.

Mehr zu den Vorstellungendes Bündnisses zur Ausgestaltung des Tickets und zum Berechtigtenkreis auf der unten genannten Website des Bündnisses: www.buendnis-sozialticket-nrw.de

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Reaktionen

  1. Deutschlandticket: Familien mit geringem Einkommen bleiben auf der Strecke. Freie Wohlfahrtspflege NRW fordert bezahlbares Sozialticket und Lösung für Familien in NRW (PM)

    Wie geht es weiter mit dem Deutschlandticket in NRW? Verkehrsminister Oliver Krischer hat ein Sozialticket für 39 Euro und ein Ticket für Schüler*innen zum Preis von 29 Euro angekündigt. Heute steht das Thema im Landtag auf der Tagesordnung. „Gut, dass nun auch NRW ein Sozialticket plant. Aber auch 39 Euro sind zu teuer für viele Geringverdienende und Beziehende von Sozialleistungen“, so Christian Woltering, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW.

    Behörden-Gänge, Arzt-Termine oder Einkäufe – der klimapolitische Vorteil vom ÖPNV gegenüber dem Privat-PKW ist ohnehin unbestritten. Für Geringverdienende kommt hinzu: Sie können sich kein eigenes Auto leisten und sind oft auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen. „Die Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket haben gezeigt: Bezahlbare Mobilität ist ein unschätzbarer Mehrwert, das ist gelebte Teilhabe“, so Dr. Frank Hensel, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Armut und Sozialberichterstattung der Freien Wohlfahrtspflege NRW. „Wir fordern ein Sozialticket für 29 Euro, Mobilität muss für alle bezahlbar sein!“

    Auch beim Angebot für Kinder und Jugendliche sieht die Freie Wohlfahrtspflege NRW noch Nachbesserungsbedarf: 29 Euro pro Kind, 39 Euro für jedes Elternteil: Wer mehrere Kinder hat, kommt schnell auf einen dreistelligen Betrag, der monatlich für die Deutschlandtickets in der Familie anfällt. „Hier muss die Politik dringend ran: Wir fordern einen Familien-Pass oder eine vergleichbare Lösung. Sonst bleiben Familien mit geringem Einkommen auf der Strecke“, so Christian Woltering.

    Hintergrundinfo: Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW

    In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und die Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bietet sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote.
    http://www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de

  2. Heiko Holtgrave

    Aktualisierung

    Jetzt soll das ermäßigte Deutschland-Ticket (Sozial-Variante) in NRW sogar erst am 1. Dezember kommen! Das jedenfalls geht aus einer neuen Drucksache des VRR hervor, die Anfang Juni verfasst wurde. „Aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit zur Umsetzung der Lösung im Bereich Schülermarkt zum Schuljahresbeginn 2023/2024 wird seitens des MUNV (Verkehrsministerium) eine Umsetzung im Bereich SozialTicket bis zum 1.12.2023 angestrebt.“ Im Klartext: Einkommensschwache müssen warten, bis die Schülerermäßigung unter Dach und Fach ist. Eine echte Frechheit!

    Ab August soll es im VRR immerhin eine Übergangslösung geben: Demnach wird das VRR-Sozialticket vorübergehend, bis zur Einführung des ermäßigten Deutschland-Tickets, im gesamten Verbundraum gelten, die Beschränkung auf die eigene Stadt bzw. den eigenen Landkreis also aufgehoben werden. Siehe hierzu die VRR-Pressemitteilung vom 26. Juni unter https://www.vrr.de/de/vrr-erweitert-raeumliche-gueltigkeit-des-sozialtickets/

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