
Die Stadt Dortmund verleiht den diesjährigen Nelly-Sachs-Preis an die Schriftstellerin Yoko Tawada. Mit dem Preis werden literarische Persönlichkeiten ausgezeichnet, die zur Verständigung zwischen Kulturen beitragen. Der mit 15.000 Euro dotierte Literaturpreis würdigt Tawadas besonderen Umgang mit Sprache und ihren Beitrag zur internationalen Gegenwartsliteratur. Die Preisverleihung findet am 14. Dezember 2025 im Rathaus Dortmund statt.
Preisvergabe würdigt literarische Vielsprachigkeit und Themenvielfalt
Traditionell wird der Preis in Anlehnung an den Geburtstag von Nelly Sachs (geboren am 10. Dezember 1891) verliehen – in diesem Jahr am 14. Dezember, mit einem Festakt um 11 Uhr im Rathaus Dortmund.
Yoko Tawada hat sich über die Nachricht sehr gefreut und angekündigt, zur Verleihung nach Dortmund zu kommen. Jurymitglied Jona Elisa Krützfeld, Verlegerin und Publizistin, wird die Laudatio halten.
Yoko Tawada wurde 1960 in Tokyo geboren, als Tochter eines Buchhändlers. Sie studierte dort zunächst Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt russische Literatur. Von 1982 an studierte sie Neuere Deutsche Literaturwissenschaften an der Universität Hamburg. Heute lebt sie in Berlin. In ihren Arbeiten beschäftigt sie sich mit wichtigen gesellschaftlichen Fragen und Problemen auf besondere Weise.
Jury überzeugt von Tawadas spielerischem Umgang mit Sprache
Yoko Tawada schreibt Essays, Gedichte, Dramen, Romane und andere Prosatexte – sowohl in ihrer Muttersprache Japanisch als auch auf Deutsch. Dabei macht sie die Sprache häufig zum Thema, etwa in ihrem Gedichtband „Abenteuer der deutschen Grammatik“ oder in ihren Essays unter dem Titel „akzentfrei“.
Das war auch für die Jury ein wichtiger Punkt bei der Entscheidung: „Tawadas Texte sind spielerisch. In immer wieder anderer Weise und mit großer Lust am Experimentieren erkundet sie Zwischenräume. In ihrer surrealen Poetologie demontiert sie Sprache und Wahrnehmung in einzigartiger Weise. Dabei sind Humor und Ernst, Dokument und Fantasie oft nicht zu unterscheiden“.
In der Jurybegründung heißt es weiter: „Durch eine einfache, verständliche Sprache wirken Yoko Tawadas Texte auf den ersten Blick harmlos. Doch widmen sie sich komplexen und existenziellen Themen: Umweltkatastrophen, Machtstrukturen, der Hybris der menschlichen Spezies, Geschlechterfragen, Themen des Unbewussten und der Transformation. Eine große Freiheit liegt in ihrem ironischen Umgang mit Autoritäten und Konventionen.“
International ausgezeichnete Literatur für das 21. Jahrhundert
Die Jury würdigt Tawada als eine Ikone der Gegenwartsliteratur: „Wie kaum eine andere Literat:in arbeitet Tawada an einer Zwischensprache, die offen und ohne Ort ist. Sie gibt damit jenen vielen Menschen, die suchen und sich dabei immer wieder neu fremd fühlen, einen Ort. Dies macht Yoko Tawadas Literatur universell für unser 21. Jahrhundert.“
Ihre ersten literarischen Veröffentlichungen erschienen 1985 und 1986 (in Konkursbuch 16/17: Japan-Lesebuch). Kurz danach veröffentlichte sie ihr Debüt „Nur da wo du bist da ist nichts“. Ihr erstes Buch in Japan kam 1992 heraus („Sanninkankai“). Ihre Bücher sind in viele Sprachen der Welt übersetzt. Im Oktober erscheint ihr neuer Roman „Eine Affäre ohne Menschen“.
Sie hat viele Auszeichnungen erhalten, unter anderem die Goethe-Medaille, den Akutagawa-Literaturpreis, den Kleist-Preis und die Carl-Zuckmayer-Medaille.
Der Nelly-Sachs-Preis: Brücken bauen durch Literatur

Der nach Nelly Sachs benannte Literaturpreis wird alle zwei Jahre durch die Stadt Dortmund verliehen. Die Preisträger:innen stehen für Toleranz, Respekt und Versöhnung und leben diese Werte in einer globalisierten Gesellschaft, in der sie sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen.
Erste Preisträgerin war 1961 die Namensgeberin Nelly Sachs. Später ging der Preis u.a. an Nadine Gordimer (1985), Milan Kundera (1987), Javier Marias (1997), Christa Wolf (1999), Per Olov Enquist (2003), Margaret Atwood (2009) und Marie N’Diaye (2015). Letzter Preisträger war 2023 Saša Stanišić.
Zur Jury gehören unter Vorsitz von Bürgermeisterin Barbara Brunsing und Stadtdirektor sowie Kulturdezernent Jörg Stüdemann folgende Fachpreisrichter:innen: Dr. Jörg Albrecht (Schriftsteller und Leiter des Center for Literature, Burg Hülshoff), Jona Elisa Krützfeld (Verlegerin und Publizistin), Arnold Maxwill (Fritz-Hüser-Institut) sowie Dr. Slata Roschal (Schriftstellerin und Übersetzerin). Ergänzt wird die Jury durch die Sachpreisrichter Matthias Dudde, Dominik De Marco und Manfred Sauer (Ratsmitglieder).