
Die Stadt Dortmund steht kurz davor, den Neubau der Hoeschallee auf dem Gelände der Westfalenhütte endgültig zu beschließen. Die neue Straßenverbindung ist ein zentraler Bestandteil der Entwicklung des ehemaligen Industrieareals, bringt für die Stadt allerdings erhebliche finanzielle Belastungen mit sich.
Die Hoeschallee soll die Stadt Dortmund 62 Millionen Euro kosten
Im Süden der Westfalenhütte schreiten die Pläne für das neue Wohnquartier „Karlsquartier“ voran – die Planungen für das nächste Baufeld wurden jetzt in der Nordstadt-Bezurksvertretung vorgestellt. Der Stahlbungalow des Hoeschmuseums wurde im Mai eröffnet und der offizielle Baubeginn für den geplanten „Grünen Ring“, einen neuen Stadtteilpark, wird am heutigen Mittwoch erfolgen.
Doch für die Erschließung des gesamten Areals fehlt bislang eine leistungsfähige Straßenverbindung. Die Hoeschallee soll diese Lücke schließen: Sie ist als neue Verbindung von der Brackeler Straße bis zur Bornstraße geplant und soll sowohl die Erreichbarkeit des neuen Wohn- und Gewerbegebiets verbessern als auch die Verkehrsbelastung im Borsigplatz-Viertel reduzieren.

Ursprünglich hatte die Stadt auf eine Mitfinanzierung durch das Land Nordrhein-Westfalen gehofft. Diese Erwartung hat sich jedoch zerschlagen – weder aus dem Verkehrsetat noch aus der regionalen Wirtschaftsförderung wird es finanzielle Unterstützung geben. „Die Stadt muss den Straßenbau nun komplett selbst tragen“, bestätigte Oberbürgermeister Thomas Westphal wie berichtet im Mai.
Rund 62 Millionen Euro sieht die entsprechende Beschlussvorlage allein für die Hoeschallee vor – bislang ohne zugesagte Fördermittel. Der politische Beschluss über das Projekt soll im Juli fallen.
Der offizielle Spatenstich für den Grünen Ring erfolgt am heutigen Mittwoch
Der Neubau der Hoeschallee ist jedoch nur ein Teil einer umfassenden Infrastrukturmaßnahme zur Erschließung der Westfalenhütte. Parallel dazu ist die neue Westfalenhütten-Allee geplant, die an die künftige Werksstraße von Thyssenkrupp Steel anschließt. Auch der Ausbau der Stadtbahnlinie U44 bis zum geplanten Logistikpark im Osten des Geländes ist vorgesehen – hier bestehen noch Förderhoffnungen.

Als nächster Schritt steht der Beschluss über den ersten Bauabschnitt an. Dieser umfasst den Umbau des Knotenpunkts Brackeler Straße und den südlichen Teil der Hoeschallee bis zum geplanten Gewerbegebiet.
Die veranschlagten Kosten belaufen sich auf 7,6 Millionen Euro. Insgesamt rechnete die Stadt ursprünglich mit Gesamtkosten von rund 175 Millionen Euro für die Erschließung – wobei man auf etwa 94 Millionen Euro Landesmittel gesetzt hatte. Doch diese Fördersumme wird es so auf keinen Fall geben.
Nicht nur die Finanzierung, auch der Zeitplan muss neu abgestimmt werden. Während bislang ein Baubeginn Mitte 2025 mit Fertigstellung bis Ende 2029 geplant war, erscheint nun ein Start frühestens im Jahr 2026 realistisch – vorausgesetzt, der Rat der Stadt gibt im Sommer grünes Licht. Die Arbeiten sollen eng mit dem Bau des benachbarten „Grünen Rings“ koordiniert werden, für den bereits erste Geländeformen modelliert werden. Die Bauzeit ist mit fünf Jahren veranschlagt. Der offizielle Spatenstich erfolgt am heutigen Mittwoch (11. Juni).
Kontroverse Debatte in der Nordstadt-BV: Von Planungsstopp bis sofortigem Baubeginn

Ein Teil der künftigen Hoeschallee ist bereits realisiert: Eine Brücke über die Bahnlinie am westlichen Rand des Geländes – die Verbindung zur Hildastraße – wurde in Abstimmung mit der Deutschen Bahn vorgezogen gebaut. Die rund 19 Millionen Euro teure Maßnahme ist nahezu abgeschlossen, die letzten Arbeiten sollen in diesem Monat erfolgen.
In der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord wurden die Planungen jetzt kontrovers diskutiert. Die SPD sprach sich klar für die Umsetzung aus. „Wir sind verdammt froh, dass der Bau endlich kommen soll“, betonte SPD-Vertreter Thomas Oppermann. Seine Fraktion sieht in der neuen Straße eine wichtige Entlastung für die Nordstadt.

Deutlich zurückhaltender äußerten sich die Grünen: Marko Unterauer forderte eine Reduzierung auf zwei Fahrspuren, während Julia Rüding (Die Partei) sich für einen vollständigen Planungsstopp aussprach. Die endgültige Entscheidung trifft der Rat der Stadt Dortmund am 3. Juli.
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Reaktionen
LINKE+ sagt: Nordspange ist klimapolitischer Irrsinn (PM)
„Ja, das ist klimapolitisch der absolute Irrsinn“. Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE+, stimmt dem Bündnis von diversen Dortmunder Verkehrs- und Umweltgruppen zu, die sich für einen sofortigen Stopp der Planungen für die neue Hoeschallee (Nordspange) aussprechen.
Nicht nur die Baukosten in Höhe von (derzeit) 62 Millionen Euro sprechen aus Sicht der Verbände und der Linksfraktion dagegen. Eine vierspurige Nordpange widerspricht ihrer Meinung auch der beschlossenen Verkehrswende und der bis 2035 angestrebten Klimaneutralität.
„Wir haben immer gegen den Anschluss der Hoeschallee an die Brackeler Straße plädiert, um hier einen Lückenschluss im Netz zu verhindern. Auch ist ein Prüfauftrag unserer Fraktion seit gut 10 Jahren im ehemaligen Stadtbahnbauamt anhängig, um die Kreuzung der Nordspange mit der Bornstraße durch eine Verlängerung der U-Bahn zu entlasten, weil diese Kreuzung sonst die erwartbaren Verkehre nicht mehr aufnehmen kann. Dies wird spätestens mit dem Bau des neuen Möbelhauses in der Hildastraße der Fall sein,“ prognostiziert Kowalewski.
Ebenso hat die Linksfraktion darauf gedrungen, ein Linksabbiegegebot bei der Auffahrt auf die B 236 aus der Westfalenhütte heraus zu realisieren, um eine Lenkung der Logistikverkehre Richtung Autobahnring zu erreichen, und um die Verkehre nicht in die Ortsteile im Dortmunder Osten einsickern zu lassen – „hier war uns die Verwaltung gefolgt“, erinnert sich Kowalewski.
Kowalewski macht sich aber dennoch Gedanken um den Dortmunder Osten und die dort lebenden Menschen. „Ich habe immer noch die Sorge, dass die Hoeschallee nicht das Ende der Fahnenstange ist. Mit der neuen Umgehungsstraße ist vielmehr das letzte Bollwerk gefallen zugunsten einer mautfreien Lkw-Trasse, die eine schnelle Verbindung zwischen den Autobahnen A45 (in Huckarde) und A1 darstellen würde – ich meine einen Lückenschluss zwischen den beiden Autobahnen – quer durch Dortmund, von Huckarde durch den Norden über die Nordspange und später dann über eine noch zu bauende Straße, die sogenannte OWIIIa, durch Asseln und Wickede zum Kamener Kreuz auf die A1“, so Kowalewski.
„Wir müssen uns im Klaren sein, dass in diesem Fall eine zweite B1 mit einem irren Verkehr auf uns zukäme“, sagt Utz Kowalewski. „Denn die neue Straße wird neue Belastungen – und keine Entlastung – mit sich bringen.
Im Bereich der Nordspange wird die Lebensqualität der Menschen in der Nordstadt und in Eving sehr beeinträchtigt werden. Mit noch mehr Verkehr. Mit Lärm. Und mit Abgasen“, sagt Kowalewski.
Das Gleiche gelte für Asseln und Wickede im Dortmunder Osten im Falle einer Verlängerung der Brackeler Straße. „Viele denken kleinteilig und glauben, dass die Linksfraktion ‚nur‘ gegen eine Straße, die sogenannte OWIIIa, in Asseln und Wickede kämpft. Aber wird reden hier nicht nur von diesen beiden Stadtteilen. Wenn wirklich der Lückenschluss kommt, dann reden von einer neuen Stadtautobahn, die einmal quer durch ganz Dortmund führt.“
Das größte Hindernis, das der immer wieder ins Gespräch gebrachten OWIIIa im Osten im Wege steht, ist eine Engstelle zwischen der Wickeder Siedlung und dem Naturschutzgebiet Wickeder Ostholz. Diese ist daher seit langem Kern der politischen Auseinandersetzung. Kowalewski: „Da das von Grünen, Linken und CDU beschlossene Planungsmoratorium des Rates zur Weiterführung der OWIIIa mit den Kommunalwahlen im September ausläuft, wird hier weiterhin auch Druck von Seiten der Verbände erforderlich sein, um eine Wiederaufnahme der Planungen zu verhindern. Derzeit kommt als glückliche Komplikation das Auftreten des Wickeder Waldsees genau auf der geplanten Trasse hinzu. Die Verwaltung möchte in diesem Sommer aber den See abpumpen, was aber hoffentich nur temporär einen Effekt haben wird. Wir müssen den Kampf für eine Ausweisung von Naturschutz für diesen See weiterführen“, sagt Kowalewski. Denn im Falle eines Erfolges müsste die Idee der OWIIIa – und damit einer neuen Schnellstraße, die bis zur A1 führt – für immer begraben werden.