Zuwanderung aus Südosteuropa schwächt sich ab: Aktuell leben 8000 Bulgaren und Rumänen in Dortmund

Werbung für das Projekt Willkommen Europa vor dem Schalter der Bürgerdienste des Team EU im Stadthaus bei den Bürgerdiensten 

Die Bürgerdienste im Stadthaus haben für die EU-Neuzuwanderer ein eigenes Team gebildet.

Sie war das Thema der vergangenen Jahre. Doch in Zeiten der ankommenden Flüchtlinge ist die sogenannte Armutszuwanderung aus Südosteuropa in den Hintergrund getreten. Ziemlich genau 8000 Menschen aus Bulgarien und Rumänien haben sich mittlerweile in Dortmund niedergelassen – das ist der Stand Ende Oktober.

Forderung: Land und Bund dürfen die Lage nicht aus dem Blick verlieren

Doch ihre Situation dürften Land und Bund nicht aus dem Blick verlieren, mahnten OB Ullrich Sierau und Sozialdezernentin Birgit Zoerner an. Noch immer kommen Menschen aus den neuen EU-Ländern.

Allerdings steigt ihre Zahl nicht mehr so stark. Durchschnittlich 120 Menschen kommen im Monat dazu. Die deutlich größere Gruppe ist mittlerweile die der Rumänen. Im Ergebnis ist die Zahl der Bulgaren sogar leicht rückläufig.

Ein Grund: „Viele haben sich wegen der Diskriminierungserfahrungen und der Armut auf den Weg gemacht“, erinnerte der OB. „Aber das Potenzial scheint ausgeschöpft.“

Im 2014 stieg die Zahl in Summe um 2000 – bei 14.000 Hin- und Wegzügen

Christina Runge im Gespräch mit Klienten am Schalter der Bürgerdienste im Stadthaus.
Die Stadt verzeichnete im Jahr 2014 insgesamt 14.000 Hin- und Wegzüge aus beiden Ländern.

Allerdings gab es in absoluten Zahlen viel mehr Menschen, die ihr Glück in Deutschland gesucht haben: Im Jahr 2014 ein deutliches Plus von 2000 Zuwanderern aus den beiden Ländern in Dortmund. „Es waren 2000 Zuzüge in Summe – insgesamt gab es 14.000 Hin- und Wegzüge“, verdeutlicht Zoerner.

Entscheidend dabei: Sie haben als EU-Bürgerinnen und -Bürger jedes Recht, sich in einem anderen EU-Land niederzulassen. Das ermöglicht ihnen die Freizügigkeit innerhalb der EU. Davon haben derzeit 2933 Menschen aus Bulgarien und 5065 Menschen aus Rumänien Gebrauch gemacht und sich in Dortmund niedergelassen.

Dortmund ist dabei nicht die Stadt mit den meisten Zuwanderern. In Gelsenkirchen haben sie absolut die gleichen Zahlen, obwohl die Bevölkerungszahl nur halb so groß ist. Und in Duisburg, ebenfalls kleiner als Dortmund, haben sie sogar noch höhere absolute Zahlen – und noch größere Problemlagen.

Wohnen, Bildung und Arbeit als zentrale Herausforderungen

Mit Kompetenzfeststellungen und Qualifizierungen wollen dobeq und Grünbau den Neuzuwanderern den Weg in Arbeit ebnen.
Dobeq und Grünbau wollen mit Qualifizierungen und Kompetenzfeststellungen den Weg in Arbeit ebnen.

Weil Dortmund einen genehmigten Haushalt hat, kann es viele Dinge auf den Weg bringen, die in den viel klammeren Nachbarkommunen im Ruhrgebiet nicht möglich sind.

Außerdem hat die Stadt Dortmund – gemeinsam mit viele Trägern und Partnern – ein mittlerweile sehr umfassendes und erfolgreich arbeitendes Hilfesystem auf den Weg gebracht.

Die größten Herausforderungen: Wohnen, Bildung und Arbeit. Waren es bis vor einigen Jahren noch vor allem allein reisende bulgarische Männer, auf der Suche nach Arbeit sind es jetzt vor allem viele kinderreiche Familien aus Rumänien. Eine hochwillkommene Auffrischung in unserem überalternden Land.

Dies sorgt  – neben dem Zuzug von Flüchtlingen – für deutlich gestiegene Anmeldezahlen in Kitas und Schulen. Die Herausforderungen für den Bildungssektor sind daher immens.

Ungleiche Verteilung: Mehr als 3000 EU-Neubürger leben im Quartier Nordmarkt

Nordmarkt-Grundschule - Ballonstart zum Roma-Festival Djelem Djelem _2391 - NSBEbenfalls eine Herausforderung ist die ungleiche Verteilung der Neuzuwanderer im Stadtgebiet. Von den Knapp 8000 Neubürgern (Stand 31.10.2015) haben sich fast 5000 in der Nordstadt niedergelassen.

Dort leben derzeit 1804 Bulgaren und 3011 Rumänien. Zum Vergleich: In der Innenstadt-West sind es 603, in Eving 586 und in Hörde 385 Neubürger aus den beiden Ländern.

Auch in der Nordstadt selbst ist die Verteilung ungleich: 3042 Neu-Bürger haben sich im Quartier Nordmarkt (inklusive Schleswiger und Brunnenstraßenviertel) niedergelassen. Im Bereich Hafen sind es 748 und im Bereich Borsigplatz 1025 Menschen aus Bulgarien und Rumänien.

Sierau: Von „Ghetto“ oder einer Parallelgesellschaft kann keine Rede sein

IRON-Projekt - Roma Hausbesuch
Der Weg in seriösen und bezahlbaren Wohnraum ist ein wichtiger Schritt für die Integration.

Dennoch besteht kein Grund zur Panikmache: Von einem Ghetto könne in der Nordstadt keine Rede sein.

„Wir haben kein Ghetto – weder mit Blick auf die deutsche Geschichte noch auf die soziale Situation – das ist nicht der richtige Begriff“, verdeutlicht Sierau. „Wir haben da auch keine Parallelgesellschaft!“

Die Nordstadt erfüllt – wie auch in den vergangenen 150 Jahren  –  eine wichtige Integrationsaufgabe für die gesamte Stadt. Die Nordstadt war und ist schon immer ein Stadtteil des Ankommens für Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern gewesen.

Aktuell leben dort Zuwanderer aus mehr als 170 Ländern. Ziel der gemeinsamen Anstrengungen ist es nun, ihn auch stärker zu einem Stadtteil des Bleibens zu machen.

Wohnungsneubau soll mehr wirtschaftlich erfolgreiche Menschen im Quartier halten

„Daher werden wir auch mit dem Wohnungsneubau in der Nordstadt beginnen, damit auch die Leute, die Geld haben, dort bleiben“, verweist der OB unter anderem auf die Neubauprojekte im Bereich der Westfalenhütte.

„Diese Menschen sollen als sozial stabilisierende Elemente im Stadtteil gehalten werden.“ Denn die Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum reche nicht, mehr wirtschaftlich erfolgreiche Menschen in der Nordstadt zu halten.

Das neue Nordmarkt-Büro des Ordnungsamtes soll in fünf Monaten eröffnen

Im Ladenlokal soll eine Anlaufstelle für die Ordnungspartnerschaften entstehen.
In der ehemaligen Apotheke soll die Anlaufstelle des Ordnungsamtes entstehen. Fotos: Alex Völkel

Die Stadtspitze verzeichnet eine gewisse Beruhigung in der nördlichen Innenstadt. Die Arbeit der unterschiedlichen Akteure – auch der Taskforce Nordstadt – zeige Wirkung.

„Die Task-Force wird es auch im kommenden Jahr geben. Das ist nicht nur auf städtischer Seite, sondern auch auf Seiten der Polizei klar“, so Sierau.

Der verstärkte Kontrolldruck hätte bei Drogenkonsum und -handel schon Wirkung gezeigt. „Aber noch nicht die Wirkung, die wir uns versprechen“, so der OB.

Daher wird weiter mit Nachdruck daran gearbeitet, am Nordmarkt ein Büro des Ordnungsamtes zu platzieren. Der Umbau der ehemaligen Apotheke beginnt im Januar. „Ende März/Anfang April soll das Nordstadtbüro bezogen werden“, kündigte Ordnungsdezernentin Diane Jägers an.

Mehr zum Thema auf Nordstadtblogger.de:

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert