Thema: „Mensch-Tier-Schöpfung“ – Beim 4. Dortmunder Kirchentag in der Nordstadt stehen Tierrechte im Mittelpunkt

Kirchentag. Foto: Stef Bennet, Fotolia.com
4. Dortmunder Kirchentag – „Mensch – Tier – Schöpfung“. Foto: Stef Bennet, Fotolia.com

Von Gerd Wüsthoff

Welche Rechte brauchen Tiere, um sie vor der Brutalität und Grausamkeit menschlicher Haltung und Tötung zu schützen? Der 4. Dortmunder Kirchentag „Mensch – Tier – Schöpfung“ in der Pauluskirche greift ab Freitag, den 4. Mai, 17:00 Uhr, bis Sonntag, 6. Mai, ein brisantes und aktuelles Thema auf. Vorträge, Workshops, Podiumsdiskussionen, Kunst und Konzerte sowie Informationsstände von Tierschutz- und Tierrechts-Organisationen laden dabei zur Diskussion ein.

Ein öffentlicher ökologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Konflikt in der Kirche

Animal Rights
Animal Rights

Veranstaltet wird der diesjährige Kirchentag von der Ev. Lydia-Kirchengemeinde in Zusammenarbeit mit AKUT e.V. (Aktion Kirche und Tiere), ARIWA e.V. (Animal Rights Watch) und dem Künstlerhaus Dortmund. Am Samstag, den 5. Mai, findet das Symposium und die Ausstellung mit dem Titel „I Wanna Be Your Dog II“ unter Federführung des Künstlerhauses und ARIWA von 12 bis 22 Uhr in der Pauluskirche statt. Unterstützung erhält der Kirchentag vom „Institut für Kirche und Gesellschaft“ der westfälischen Landeskirche.

Gleich am Freitagabend, den 4. Mai, wird es zum Auftakt des Kirchentages, laut Presseerklärung, harsche Kritik an den Kirchen geben: durch Pfarrer Friedrich Laker und Theologieprofessor  Dr. Klaus-Peter Jörns – sowohl an der protestantischen, als auch an der katholischen Kirche. Deren Kritik, im Sinne von Jörg Drewermann, wurde schon vor dem Kirchentag in der Pauluskirche formuliert. „Die jeweiligen Kirchenleitungen schweigen immer noch in großer Breite zur täglichen millionenfachen Misshandlung von Tieren in industrieller Tierhaltung, in Schlachthöfen und Versuchslaboren, unter denen letztendlich auch der Mensch an Leib und Seele leidet“, äußert Laker.

Die KritikerInnen verfassten Anfragen und Petitionen, welche mehr oder weniger übergangen worden seien. „Unsere Enttäuschung auf die Reaktionen der Kirchen ist groß.“ erklärt Pfarrer Laker. „Eine neue Übersetzung der Bibeltexte braucht es nicht. Aber wir benötigen eine aktuellere und auf die Probleme unserer Zeit orientierte Interpretation.“

Kirchen verharren in Denkstrukturen menschlicher Hybris – sagt ein Teil der Kirche

Nichtssagend – auf Kompromisse mit den großen Landwirtschaftsverbänden aus – seien ihre Papiere, so die MacherInnen des Kirchentages, wenn die Kirchen überhaupt etwas zum Leid der Tiere sagen würden. Eine Resolution, die auf dem Evangelischen Kirchentag in Berlin beschlossen worden ist und die Kirchenleitungen zu einem deutlichen Wort zur Würde der Tiere auffordert, sei trotz Antrag nicht in die EKD-Synode gekommen.

„Die EKD-Kammer für Nachhaltigkeit will im Oktober ein tierethisches Papier verabschieden, macht aber den Diskussionsprozess nicht transparent. Eine Mitbestimmung von kritischen Fachleuten und Tierärzten ist offensichtlich nicht erwünscht. Das zeigt schon die Zusammensetzung der Kammer“, so Laker erbost.

Auf dem Dortmunder Kirchentag Mensch-Tier-Schöpfung wird dies am Freitagabend, 4. Mai, auf dem Podium und in Workshops diskutiert sowie im Plenum gemeinsam beraten. Wie kann der öffentliche Druck auf die Kirchen mit Petitionen, Eingaben und Einforderungen von Gesprächen verstärkt werden? Öffentlicher Druck, im guten Sinne, hat schon so manches Problem offengelegt, so den prassenden Bischof von Limburg, und positive Lösungen herbeigeführt.

Kirche geht auch für Tierrechte, Kunst allemal: Hinterfragen, was wir ihnen antun!

Künstlerhaus Pieta von Krystyna und Manuel Valverde
Künstlerhaus Pieta von Krystyna und Manuel Valverde

Im Künstlerhaus Dortmund wird parallel zum Kirchentag die Ausstellung „I`ll Wanna Be Your Dog II“ eröffnet. Die Besucher des Kirchentages können nach dem Auftakt am 4. Mai daran teilnehmen. „Wenn es einen liebenden Gott gäbe, denn die monotheistischen Religionen sind alle von Menschen geschrieben, dann hätte er nicht dem Menschen die Macht und die Mittel gegeben, Tiere zu quälen und zu seinem so genannten Nutzen zu verspeisen“, sagt Ulla Schönhense, mitausstellende Künstlerin in der Pauluskirche. Daneben präsentieren die Künstlerinnen Heike Fischer ihre Tierskulpturen und Viola Welker ihre Bilder und Skulpturen aus.

Am Samstag, 5. Mai, referieren einige der an der Ausstellung beteiligten KünstlerInnen in der Pauluskirche zu der Frage, inwiefern Kunst zu einem Bewusstsein bezüglich der Rechte von Tieren und deren Schutz vor der Machtausübung des Menschen beitragen kann.

Einige der KünstlerInnen setzen sich dabei kritisch mit den Kirchen auseinander. Kunst kann immer auch publikumswirksames und Diskussionen anregendes Mittel des Protestes sein. Kunst war und ist immer auch ein mächtiges Mittel zur Meinungsbildung.

Am Sonntag, 6. Mai, wird ein Gottesdienst – zu dem Menschen mit Tieren eingeladen sind und dort einen persönlichen Segen mit ihrem Tier erhalten können – sich mit der Frage auseinandersetzen, was die Persönlichkeit und Würde des Tieres ausmacht. Die Predigt hält der Vorsitzende der deutschlandweit engagierten „Aktion Kirche und Tiere“, Pfarrer i.R. Dr. Ulrich Seidel.

Zum Dortmunder Kirchentag: Prominente RednerInnen und KünstlerInnen im Engagement für Tierrechte

Hilal Sezgin Autorin „Artgerecht ist nur die Freiheit“
Hilal Sezgin Autorin „Artgerecht ist nur die Freiheit“

Die bekannte Autorin und Tierrechtlerin Hilal Sezgin („Artgerecht ist nur die Freiheit“, u.a.) wird am Sonntag (6. Mai) ihr eindeutiges Plädoyer für die Anerkennung von Grundrechten von Tieren auch mit den Grundlagen ihres muslimischen Glaubens begründen.

Der emeritierte Theologieprofessor Dr. Klaus-Peter Jörns (bekannt über seine bundesweite Initiative für eine Glaubensreform) macht in seinem Vortrag deutlich, wie der christliche Glaube eine neue Lebenshaltung gegenüber Tieren und Pflanzen begründen, sich dahingehend verändern kann und muss.

Zwei Konzerte für Tierrechte bereichern den 4. Dortmunder Kirchentag dieser Art. Die transfemale Künstlerin „FaulenzA“ gibt ein Rap-Konzert am Samstagabend und die Musikerin Sabine Lindner schließt den Kirchentag mit einem Konzert mit mittelalterlicher und zeitgenössischer Musik am Sonntag, den 6. Mai, ab.

 

Kommentar: Tierrechte müssen stärker in den Focus rücken!
Rap-Sängerin FaulenzA
Rap-Sängerin FaulenzA

Volker Sommer, Gesellschaft für Glaubensreform, postulierte einst: „Ich bin ein bekennender Menschenaffe.“ Auch wenn der Mensch, unterstützt durch Bibel-Interpretationen, sich als die Krone sieht, so ist er doch nur ein evolutionäres Produkt im Stammbaum der Säugetiere. Und wer jemals die Freude eines Hundes wirklich wahrnimmt, wenn man ihn wiedersieht oder streichelt, kann nachvollziehen, dass auch Tiere – Säugetiere zumindest – ein Empfinden, eine Seele und Gefühle haben.

Das Thema der Tierrechte wird seit Jahren kontrovers diskutiert, mit zum Teil übertriebenen Argumenten und Aktionen auf beiden Seiten der Fronten. Die VertreterInnen der extensiven Landwirtschaft argumentieren, dass nur so die Weltbevölkerung ernährt werden könne. Gleichzeitig erlangen immer mehr Agrar- und Chemiekonzerne Patente auf Gene von Tieren und Pflanzen, sogar auf das menschliche Genom.

In der extensiven Landwirtschaft wird dann von Tierproduktion und Agrarwachstum gesprochen. Eine Wort- und Sprachwahl, die sich auf rein unternehmerisches Denken und Shareholder-Value (Aktionärswert) beschränkt. Ein Beweis für das missverstandene Genesis-Zitat: „Macht Euch die Erde untertan“. Die Menschen, welche dieses in Tora, Bibel und Koran niederschrieben, meinten damit nicht die grenzenlose und respektlose Ausbeutung des Planeten Erde und seiner Tiere. – Sondern: den respektvollen Umgang mit der als Schöpfung bezeichneten Gesamt-Umwelt. Dieses Zitat mahnt daher den nachhaltigen Umgang mit der Natur und ihren darin lebenden Kreaturen an.

  • Weitere Informationen und das vollständige Programm des Kirchentags hier:
  • Web-Site der Pauluskirche hier:
  • Programm-Folder und Infos zu den Vorträgen des Symposiums hier:

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