„Sicherheitslücke“: Dienst für 100 „Rotkäppchen“ der Service- und Präsenzdienste beendet – Nachfolger kommen erst ab April

Die Rotkäppchen, Service- und Präsenzdienst der Stadt Dortmund
Der Dienst der 100 „Rotkäppchen“ des  Service- und Präsenzdienstes endet heute. Die Nachfolger kommen erst ab April. Fotos: Klaus Hartmann

Die Dortmunder „Rotkäppchen“ sind ein vertrautes Bild auf Dortmunds Straßen. Doch heute endet der Dienst für die 100 mit roten Kopfbedeckungen und blau-grauen Uniformen ausgestatteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Service- und Präsenzdienste (SuPD). Dieser wichtige Baustein für das subjektive Sicherheitsempfinden der Dortmunder fällt zumindest vorübergehend weg.

Bürgerarbeit läuft heute aus – Neue Verträge beginnen aber erst ab April

Die Rotkäppchen, Service- und Präsenzdienst der Stadt Dortmund
Die Rotkäppchen sind ein wichtiger Baustein beim subjektiven Sicherheitsempfinden.

Sie haben zwar nur „Jedermannrechte“. Doch die uniformierte Präsenz in Parks, Grünanlagen und auf Spielplätzen im Dortmunder Stadtgebiet wird geschätzt. Ganz abgesehen davon, dass die Rotkäppchen von der Nordstadt aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihren Einsatzgebieten fahren und daher auch in Bahnen und auf Straßen sichtbar sind.

Daher soll der beliebte Dienst fortgesetzt werden. Allerdings klappt das nicht nahtlos: Frühestens zum 1. April können die neuen Rotkäppchen eingestellt werden, weil sie aus anderen ebenfalls auslaufenden Bürgerarbeitsprogrammen übernommen werden sollen.

Sie werden künftig vom Jobcenter ARGE aus dem Programm „Förderung von Arbeitsverhältnissen“ (FAV) finanziert. Beschäftigt werden sie aber nicht bei der Stadt, sondern bei der „Gesellschaft zur Förderung der Arbeitsaufnahme“ (GFA).

Ordnungsamt wählt aus: „Wir wollen ja nicht den Bock zum Gärtner machen“

Insgesamt 80 statt bisher 100 Beschäftigte werden dort ab April anfangen. Doch auf die Straße kommen sie nicht sofort: „Wir werden sie erst einkleiden und ausbilden“, macht Jürgen Walther, Leiter der Abteilung für allgemeine Sicherheit und Ordnung bei Ordnungsamt der Stadt Dortmund deutlich. Ganz abgesehen davon, dass auch nicht alle Stellen sofort besetzt werden können.

„Wir führen Auswahlgespräche und nehmen auch nicht jeden“, so Walther. So müssen beispielsweise ausreichende Deutsch-Kenntnisse in Wort und Schrift vorhanden sein. Auch dürfen die Rotkäppchen kein endlos langes Vorstrafenregister haben: „Wir wollen ja nicht den Bock zum Gärtner machen“, so Walther.

80 statt 100 Rotkäppchen – aber ihre Arbeitszeit steigt von 30 auf 39 Stunden

Polizeieinsatz in der Nordstadt, hier Streife am Nordmarkt
Die Ordnungspartner – Polizei und Ordnungsamt – werden natürlich weiter im Einsatz sein.

Daher ist nicht absehbar, wann die Rotkäppchen wieder in voller Stärke auf den Dortmunder Straße zu sehen sein. Apropos voller Stärke: 80 statt 100 Beschäftigte wird der Dienst haben. Allerdings dürfen sie künftig 39 Stunden arbeiten – das bisherige Bundesprogramm der Bürgerarbeit war auf 30 Stunden gedeckelt. „Daher werden die Präsenzzeiten vor Ort annähernd gleich sein“, verspricht Walther.

Und in der Zwischenzeit? Dürfen da – um das Märchen zu bemühen – die „Wölfe“ ungestört durch die Parks und Grünanlagen streifen, weil die Rotkäppchen nicht da sind und sie nicht im Blick behalten? „Natürlich ist das nicht prickelnd“, räumt Walther ein. Allerdings sei es nicht das erste Mal, dass es solche Brüche gebe. Seit 1997 gibt es diese Beschäftigten. Damals noch als „DoDi“ bekannt – Mitarbeiter der Dortmunder Dienste GmbH. 25 Beschäftigte waren es damals. Später wurden sie auf 50, dann auf 60 Stellen, zuletzt vor drei Jahren auf 100 aufgestockt.

Schon häufiger Änderungen und Brüche durch Finanzierungswechsel

Die Finanzierungsprogramme haben häufiger gewechselt: ABM, ASF, ASL, Ein-Euro-Jobs. Zuletzt Bürgerarbeit und künftig FAV. Daher gab es immer wieder Brüche und Lücken in der Präsenz.

Die Lücken nimmt man bei der Stadt dieses Mal bewusst in Kauf, um Menschen aus auslaufenden Bürgerarbeitprogrammen übernehmen zu können. Darunter sind auch viele Quartierhausmeister. Bezahlt werden die Rotkäppchen schon lange nicht mehr als Ein-Euro-Jobber, sondern nach dem Tarifvertrag des Bewachungsgewerbes.

Ordnungspartner bleiben auch während der Vakanz auf der Straße

Ob Rotkäppchen oder nicht: Unkontrolliert bleibt Dortmund und insbesondere die Nordstadt nicht: Die Ordnungspartnerschaften aus Polizei und Ordnungsamt sind natürlich weiter im Einsatz. Und sie haben mehr als nur die „Jedermannrechte“…

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Reaktionen

  1. nordstadtblogger

    Pressemitteilung des Sozialforums Dortmund:

    Kein leichtes Ende für die „Bürgerarbeit“

    Im Jahr 2014 laufen alle „Bürgerarbeiten“ aus, die meisten von ihnen bereits Ende März – das Ende war mit dem Start der Beschäftigungsmaßnahme vor drei Jahren bereits festgelegt. In Dortmund verläuft dieses Ende besonders dramatisch – die Stadtverwaltung war stolz auf ihre Rekordteilnahme an den fremdfinanzierten Maßnahmen (ca. 500) – nun ist ein Rekord an Beendigungen der Maßnahmen zu verkraften.

    Das Ende ist dramatisch zuallererst für die Bürgerarbeiter/innen selbst – allen Versprechungen zum Trotz gehen die meisten zurück in die Arbeitslosigkeit. Zurück in Hartz IV ist da unausweichlich und kommt für sie persönlich häufig einer Katastrophe gleich. Drei Jahre lang wurden sie nicht nur außertariflich und in allen Aspekten untertariflich in Beschäftigung gehalten, sondern sie wurden auch außerhalb des Arbeitsrechts gestellt. Ohne Umweg landen sie nun wieder in die Grundsicherung ALG II – zurzeit erhalten sie neue vom Jobcenter diktierte Eingliederungsvereinbarungen.

    Das Ende ist zweitens dramatisch für die Arbeitsfelder, in denen Bürgerarbeit geleistet wurde – Schulhausmeistereien, KiTaKüchen, Stadtteile (Service- und Präsenzdienste, Kümmerer), Botanischer Garten, Hauptfriedhof u.a.m. Wie soll es hier weitergehen, wie können die erforderlichen und ausgeführten Arbeiten nach Ende der Maßnahme sichergestellt werden? Die Bürgerarbeiter/innen durften offiziell zwar nur „zusätzliche“ Tätigkeiten ausführen, in Wirklichkeit oblagen ihnen hauptsächlich die für ihre Einsatzplätze in den Tarifverträgen bezeichneten Tätigkeiten.

    Die Abschlussphase beginnt nun die Arbeitsgerichte zu beschäftigen. Auch in Dortmund sind die ersten Klagen eingereicht – es geht vor allem um Nachzahlungen für vorenthaltene tarifgerechte Löhne und Leistungen in Höhe von jeweils mehreren Tausend Euro sowie um Entfristung der Beschäftigungs­verträge. Die Klagen werden als aussichtsreich eingestuft. Wir meinen, alle Bürgerarbeiter/innen sollten ihre Chance zu klagen prüfen und sich dabei fachlich – z.B. von der Gewerkschaft ver.di oder vom Arbeitslosenzentrum – beraten lassen!

    Die Abschlussphase beschäftigt bereits Politik und staatliche wie kommunale Verwaltungen mit der Suche nach neuen Möglichkeiten billigen Arbeitseinsatzes erwerbsloser Menschen. Die Gefahr ist groß, dass ihnen nichts anderes als „weiter so“ einfällt: Ein Sozialer Arbeitsmarkt als das Weiterführen des „Förderns und Forderns“ unter immer anderen Programm-Bezeichnungen. Es darf nicht sein, dass dies jetzt wieder im Hintergrund ausgeheckt und zu Lasten der Erwerbslosen und des gesamten Tarifsystems beschlossen wird. Wir meinen, dieser Herausforderung können sich die Betroffenen nicht allein stellen – die Gesellschaft, vor allem auch Gewerkschaften und soziale Bewegungen sind gefordert!

    Wolfgang Richter
    für Sozialforum Dortmund

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