Von interkultureller Kompetenz bis Salafismus: Polizei und Muslime treten in Dortmund in einen ständigen Dialog ein

Präventionsforum der Polizei Dortmund mit muslimischen Verbänden
Gruppenbild beim ersten Treffen des Präventionsforum der Polizei Dortmund mit muslimischen Verbänden.

Neue Wege beschreitet die Dortmunder Polizei: Polizeipräsident Gregor Lange hat Vertreterinnen und Vertreter muslimischer Organisationen eingeladen, mit ihm in einen ständigen Dialog zu treten.

Große Gesprächsbereitschaft seitens der Muslime

Die Auftaktveranstaltung des neuen Präventionsforums war gut besucht – es scheint, als hätten die Muslime schon lange auf eine Gesprächsmöglichkeit gewartet. Es soll vier Mal im Jahr an wechselnden Orten stattfinden. Natürlich geht es auch um die großen Themen wie Extremismus und Salafismus, aber auch die Bedrohung durch Rechtsextreme.

Doch auch die alltäglichen Probleme und Wünsche sollen diskutiert werden. Dazu gehören auch alltagspraktische Fragen wie der Zugang zum Polizeiberuf oder auch das richtige Überbringen schlechter Nachrichten wie den Tod eines Familienangehörigen durch Polizeibeamte.

Erster offizieller Termin der neuen Vorsitzenden des Integrationsrates

Präventionsforum der Polizei Dortmund mit muslimischen Verbänden. Gülay Köppen, Kontaktbeamtin muslimischer Institutionen
Kriminalhauptkommissarin Gülay Köppen ist die Kontaktbeamtin für muslimische Institutionen.

„Die Themen sprudelten geradezu heraus“, zieht Lange Bilanz des Auftaktgesprächs. Rund drei Stunden diskutierten Lange und Kriminalhauptkommissarin Gülay Köppen, die Kontaktbeamtin für muslimische Organisationen, mit den zahlreich erschienen Gästen.

Dazu gehörten neben Ahmad Aweimer, dem Vorsitzenden des Rates muslimischer Gemeinden auch Aysun Tekin, die neu gewählte Vorsitzende des Dortmunder Integrationsrates. (Ein eigener Bericht über die Wahl folgt noch).

Vertrauensbildende Maßnahmen stehen im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt stehen vertrauensbildende Maßnahmen und die Stärkung der interkulturellen Kompetenz der Polizei. „Wir können ihnen da nützlich sein“, sagte Aweimer. Denn deutlich wurde, dass beide Seiten ein großes Interesse daran haben, einer Radikalisierung einzelner Muslime oder ganzer Gruppen zu verhindern.

Salafistische Strukturen sind in Dortmund noch kein Problem

Beim bundesweit immer stärker an Bedeutung gewinnenden Thema Salafismus bewege sich Dortmund noch im Präventionsbereich: „Wir kennen in Dortmund noch keine salafistischen Organisationsstrukturen“, sagte Lange bewusst vorsichtig. „Wir kennen keine – das heißt aber nicht, dass es keine gibt.“

Gemeinsam solle man die Chance ergreifen, die mögliche Radikalisierung frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. „Der überwiegende Teil der Muslime ist integriert oder integrationswillig“, so Lange. Wobei man gar nicht mehr darüber reden müsse, das ist selbstverständlich“, fand Aweimer. Natürlich gebe es auf beiden Seiten auch schwarze Schafe. „Wir haben Rechtsextremisten“, brachte Lange als Beispiel für deutschen Extremismus.

Kritik an Pauschalverurteilungen und Generalverdacht von beiden Seiten

Polizeieinsatz in der Nordstadt. Vor dem Stehcafe Europa an der Mallinckrodtstraße
Die Schwerpunkteinsätze der Polizei in der Nordstadt werden von den Moscheevereinen begrüßt.

Die Moscheegemeinden versicherten, sehr genau darauf zu achten, wenn sich Einzelne radikalisierten, sich anders kleideten oder äußerten. „Daran haben wir ein gemeinsames Interesse.“ Schließlich standen sie seit den Anschlägen vom 11. September 2001 sehr häufig unter „Generalverdacht“. Doch diese Generalisierungen würden niemandem gerecht.

Gleiches gelte für die pauschale Kritik an der Polizei, dass sie Ausländer häufiger und oft grundlos kontrolliere. Diese Kritik äußern viele Jugendliche – zuletzt beim Jugendforum Nordstadt.

„Wir dürfen die Coolness vieler Jugendlicher nicht vergessen“, warnte Tekin. Gerade männliche Jugendliche müssten sich oft produzieren. Da komme es auf das Fingerspitzengefühl der Beamten an. Hier werde auch deutlich, welche Bedeutung ein möglicher Migrationshintergrund bei Polizisten habe: „Da fällt das Macho-Gehabe weg und der Respekt ist sofort da“, hatte die neue Vorsitzende des Integrationsrats selbst erlebt.

Schlechte Erfahrungen in den Heimatländern schüren Vorurteile

Aber auch einen anderen Faktor dürfe man nicht außer Acht lassen: „Viele Zuwanderer haben in ihrer Heimat sehr schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht“, betonte Aweimer. „Daher gibt es viele Vorurteile.“ Dies gehört natürlich auch zur Sensibilisierung der Beamtinnen und Beamten, wenn es um die Stärkung der interkulturellen Kompetenz geht.

Starke Polizeipräsenz in der Nordstadt wird von Moscheevereinen begrüßt

Allerdings – und das gehöre auch zur Wirklichkeit – würden die hohe Polizeipräsenz und die Schwerpunkteinsätze in der Nordstadt von vielen Migranten begrüßt. Dies sei zumindest die Rückmeldung aus dem Moscheegemeinden. Dazu gehört auch die Polizeipräsenz an den Moscheen selbst. Die Vereine und Sicherheitsbehörden sind alarmiert, weil  es in der letzten Zeit bundesweit häufiger zu Übergriffen auf Moscheen kam. „In Dortmund ist Gott sei Dank nichts passiert“, betont der Vorsitzende des Rates der muslimischen Gemeinden.

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