Erinnerungen an Leben und Arbeiten im heutigen Industriedenkmal

„Kosmos Kokerei. Eine Belegschaft erzählt“

17 Männer und zwei Frauen erinnern sich an ihre Zeit im heutigen Industriedenkmal Kokerei Hansa. Die Publikation „Kosmos Kokerei. Eine Belegschaft erzählt“ kann entweder am Infopunkt der Kokerei Hansa oder im Buchhandel für 14 Euro erworben werden. Foto: Brigitte Kraemer

„Wie die Belegschaft auf der Kokerei Hansa einst arbeitete, was sie im Innersten ausmachte und zusammenhielt – dies herauszufinden war unser Anliegen, als wir 2018 das Projekt „Kosmos Kokerei“ ins Leben riefen“, so Ursula Mehrfeld, Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur. „Immer mehr Besucherinnen und Besucher des heutigen Industriedenkmals Kokerei Hansa möchten nicht nur technische Abläufe begreifen, sondern auch wissen, was die schwere Arbeit mit den Menschen gemacht und was sie ihnen bedeutet hat.“ Wer Interesse hat eines der 270-Seiten starken Exemplare zu erwerben, findet die nötigen Infos im Anhang des Artikels. Der Preis beträgt 14 Euro. Die Publikation ist im Infopunkt der Kokerei Hansa und im Buchhandel erhältlich.

„Oral History“: Texte basieren auf Tonaufzeichnungen

Das Titelbild stammt wie alle weiteren Fotografien der Publikation von Brigitte Kraemer. Foto: Brigitte Kraemer

17 Männer und zwei Frauen kommen in der neuen Publikation zu Wort, authentisch und originär. In 24 Kapiteln, angelehnt an den Arbeitsrhythmus der Kokerei, auf der rund um die Uhr gearbeitet wurde, stehen die Menschen und ihre persönlichen Erinnerungen an ihren ehemaligen Arbeitsplatz im Mittelpunkt.

Im gesamten Buch gilt das gesprochene Wort in Form von mündlich festgehaltenen Texten. Als Quelle dienten die Ergebnisse eines in Zusammenarbeit mit der Historikerin Susanne Abeck durchgeführten Zeitzeugenprojekts der Industriedenkmalstiftung mit Tonaufzeichnungen und mehr als 1000 Seiten transkribiertem Text allein zur Kokerei Hansa.

„Aus diesem unendlich reichen Fundus konnten wir schöpfen, um dem „Kosmos Kokerei“ Gestalt zu verleihen“, berichtet Mehrfeld. Die gesprochenen Texte wurden nicht verändert, sondern auszugsweise aus der großen Textquelle ausgewählt und thematisch geordnet.

Entstanden ist ein kurzweilig-erfrischendes, bisweilen sogar poetisch anmutendes Werk, in einer Sprache, die nicht nur den Protagonist:innen hier und da ein wenig holperig oder zu regionalsprachig erscheint. Doch hätte jede Veränderung ein Einbüßen an Authentizität bedeutet. Den Wert des gesprochenen Worts weiß insbesondere Dorothee Wierling, eine Expertin der „Oral History“ zu schätzen; sie führt in den Umgang mit den subjektiven Erzählungen und Deutungen ein.

Authentische, persönliche Erinnerungen an den ehemaligen Arbeitsplatz

„Dass wir bei unserem Buchprojekt mit dem Historiker Professor Ulrich Borsdorf, Gründungsdirektor des Ruhrmuseums und Gründungsmitglied der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur nicht nur einen renommierten Kenner, sondern auch einen der kreativsten Vermittler der Ruhrgebietsgeschichte an unserer Seite hatten, war für uns ein großer Gewinn. Mit kluger, strukturierender Hand hat er die Entstehung des Buches begleitet und auch den Titel „Kosmos Kokerei“ ersonnen,“ sagt Ursula Mehrfeld.

„Und Stephanie Knoblich, freiberufliche Dramaturgin, hat es verstanden, aus den mehr als 1000 Seiten Text den Blick auf das Menschliche herauszufiltern und unser Gemeinschaftswerk zu etwas Besonderem zu machen. Ihre hohe Wertschätzung, die sie den Kokern und ihren Erzählungen entgegenbringt, spiegelt sich in jeder ausgewählten Zeile.“

Enorme Strahlkraft haben auch die Fotografien von Brigitte Kraemer. Mehrfach ausgezeichnet für ihre sozialdokumentarischen Werke von Menschen im Ruhrgebiet hat sie die erzählende Belegschaft porträtiert und den Stimmen im Kosmos Kokerei ein würdiges Gesicht verliehen.

Auf ein gemeinsames Treffen mit den Kokern anlässlich der Herausgabe des Buches wird coronabedingt vorerst verzichtet. Sobald sich die Situation entspannt, soll es nachgeholt werden. Schließlich hat Gemeinsamkeit die Arbeit auf Hansa geprägt. Dass bei diesem Treffen weitere Geschichten erzählt werden, ist sicher. Der Kosmos Kokerei ist reich, unterhaltsam und lebendig.

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Weitere Informationen:

Kosmos Kokerei. Eine Belegschaft erzählt.
Hrsg. von Ulrich Borsdorf, Stephanie Knoblich, Ursula Mehrfeld und Marita Pfeiffer für die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur
Mit einer Einführung von Dorothee Wierling, Interviews von Susanne Abeck und Klaus-Peter Schneider und Fotografien von Brigitte Kraemer
270 Seiten s/w; 21 Abbildungen
ISBN 978-3-935783-38-5
Preis: 14 Euro
Der Druck der Publikation erfolgte mit freundlicher Unterstützung der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege.

Die Publikation ist im Infopunkt der Kokerei Hansa und im Buchhandel erhältlich.

KOSMOS KOKEREI – Eine Belegschaft erzählt
Inhalt
1. KOLLEGEN – Eine kumpelige Verwandtschaft
2. MÄNNERGESELLSCHAFT – Das war eine ziemlich harte Truppe
3. „AUSLÄNDER“ – Irgendwelche Hetzklamotten hatten wir hier nicht
4. WECHSELSCHICHT – Pscht, leise, der Papa will schlafen
5. HEISSE ARBEIT – Ein bisschen was von Hölle
6. KOKEREI – CHEMIE – Wir waren ja total vernetzt
7. EMISSIONEN – Alle Stoffe haben hier gestunken
8. GERÄUSCHE – Da war so ein Grundwummern
9. FESTSITZENDE ÖFEN – Und dann steht man vor einer rotglühenden Wand
10. GEFAHREN – Die Kohle fing an, sich selbst zu entzünden
11. UNFÄLLE – Das waren einfach tragische Geschichten
12. HEIMAT HANSA – Denn das war ja MEIN Betrieb
13. FAMILIENBANDE – Wenn der Opa ablegte, fing der Enkel an
14. ZUHAUSE – Du weißt, Mutter, das ist doch für uns
15. DER STEIGER KOMMT – Verdienen konnte man hier immer

16. BETRIEBSRÄTE – Wilhelm war der Rechtsanwalt des kleinen Volkes
17. DER CHEF – Er konnte ein Saukopp sein
18. WERKSFÜRSORGE – Fand ich sehr wichtig, fand ich sehr gut
19. ZEITVERTREIBE – Groschenromane, Kellerratten und Mondsüchtige
20. ALKOHOL – Manchmal ein bisschen viel, manchmal ein bisschen weniger
21. UNSERE KLEINE FARM – Streichelzoo und der Blaue Klaus
22. MAHLZEIT – Also, kulinarisch ist doch hier einiges los gewesen
23. DIE LETZTE SCHICHT – Wie so ein sterbendes Tier
24. DENKMAL HANSA – Sonst weiß das irgendwann keiner mehr

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