Schlechte Stimmung bei den Unternehmen der regionalen Wirtschaft

Immer mehr dunkle Wolken am Konjunkturhimmel

Der IHK-Konjunkturklimaindex im Ruhrgebiet sinkt auf 94 Zähler. Vor einem Jahr lag der Wert noch bei 101 Punkten. Er liegt damit auf einem der niedrigsten Stände seit 15 Jahren. Der Index fasst die Bewertung der Geschäftslage und die Erwartungen zusammen. Grafik: IHK zu Dortmund

Nach vier Krisenjahren infolge ist die wirtschaftliche Stimmung in der Region der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund sehr gedämpft. Viele Unternehmen blicken mit großer Sorge auf das Jahr 2024. Steigende Belastungen durch Steuern und Abgaben sind kaum noch zu stemmen. Zu viel Bürokratie und kaputte Straßen sorgen für Unmut. Hinzu kommt die schwierige Suche nach Personal. „Die Themen sind nicht neu, aber die Lage verschärft sich immer mehr“, bringt IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann das Ergebnis der IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2024 auf den Punkt. An der Befragung im Januar haben 145 Unternehmen mit mehr als 72.000 Beschäftigten in Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna teilgenommen.

Größtes Risiko: Der drohende Bürokratie-Burnout

Mittlerweile schätzt jedes fünfte Unternehmen (rd. 20 Prozent) die eigene wirtschaftliche Lage als schlecht ein. Vor einem Jahr waren es nur 13 Prozent. Die Zukunftserwartungen sind ebenfalls düster. Drei von zehn Unternehmen blicken pessimistisch auf die kommenden Monate und der IHK-Konjunkturklimaindex im Ruhrgebiet sinkt auf 94 Zähler. Er hat damit den niedrigsten Stand seit 15 Jahren erreicht. Nur auf dem Höhepunkt der Energiekrise 2022 lag er noch darunter.

Hohe Energiekosten und Fachkräftemangel gehören seit Jahren zu den größten Risiken für die Entwicklung der Unternehmen. In diesem Jahr aber sind es die negativen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die für den größten Unmut (knapp 70 Prozent) sorgen.

„Die bürokratischen Auflagen sind für viele mittelständische Betriebe kaum noch zu bewältigen. Bundesjustizminister Buschmann hat bei seinem Vortrag in unserem Haus völlig zurecht vom drohenden ‚Bürokratie-Burnout‘ gesprochen. Unsere Unternehmen sind gefangen in einem Dschungel aus Vorschriften und Auflagen“, macht Dustmann das Problem sehr deutlich.

Prekäre Lage im Handel – Knapp 50 Prozent der Unternehmen melden schlechte Geschäftslage

IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann Foto: Stephan Schuetze für die IHK zu Dortmund

Mit Investitionen am Standort halten sich viele Unternehmen zurück, weil sie die langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren scheuen und die Kosten für Energie und Rohstoffe im internationalen Vergleich weiterhin sehr hoch sind.

„Weniger Investitionen am Standort sind ein deutliches Alarmsignal, das die Politik hören muss“, so Dustmann. „Bund und Land müssen ein Umfeld schaffen, in dem unsere Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und wachsen können. Sonst verlieren wir Unternehmen ans Ausland.“

Besonders misslich ist die gegenwärtige Lage im Handel. Fast jedes zweite Handelsunternehmen (47 Prozent) meldet eine schlechte Geschäftslage. Betroffen ist vor allem der stationäre Einzelhandel. Die hohe Inflation der vergangenen Monate hat zu deutlich reduzierter Konsumlaune geführt, die Konkurrenzsituation durch den Onlinehandel verschärft sich und der Fachkräftemangel wird immer spürbarer.

Umfrageergebnisse sind Hilferuf der regionalen Wirtschaft

Zuletzt nahm auch die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im Handel deutlich ab. Nicht zuletzt fehlt es den Einkaufszonen oft an Anziehungskraft, erläutert IHK-Präsident Dustmann.

 IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber
IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber Foto: Stephan Schuetze für die IHK zu Dortmund

„In der Dortmunder City hat sich die Aufenthaltsqualität zuletzt wieder verbessert. Innenstädte und Stadtteilzentren müssen aber insgesamt wieder attraktiver werden, um die Menschen anzulocken und ein besonderes Einkaufserlebnis zu bieten.“

Die Umfrageergebnisse sind ein Hilferuf der Wirtschaft. Die IHK fordert ein Wachstumspaket von Bund, Land und Kommunen. „Unsere Region ist ein wichtiger Ballungsraum in Europa. Wir brauchen deshalb intakte Straßen und Brücken. Wir müssen innovativer und mutiger werden und neue Konzepte testen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber.

Er nennt sechs Forderungen: „Wenn die Kommunen attraktiver werden wollen, müssen sie die Infrastruktur schneller sanieren, Steuern senken, Flächen bereithalten und Bürokratie abbauen.“ Von Bund und Land fordert die IHK „one in, two out“. Für jedes neue Gesetz müssen zwei abgeschafft werden. Außerdem müsse mehr getan werden, um die Energie und Rohstoffpreise bezahlbar zu halten.

Ruhrwirtschaft insgesamt: Unternehmen im Ruhrgebiet mit trüben Aussichten

Die Stimmung der Wirtschaft im Ruhrgebiet allgemein verschlechtert sich weiter. In der aktuellen Umfrage haben die Ruhr-IhKs 850 Unternehmen mit rund 165.000 Beschäftigten befragt. Viele Unternehmen blicken mit Sorge auf das Jahr 2024. Steigende Belastungen durch Steuern und Abgaben sind kaum noch zu stemmen.

Hohe Energiekosten und Fachkräftemangel gehören seit Jahren zu den größten Risiken für die Entwicklung der Unternehmen.
Hohe Energiekosten und Fachkräftemangel gehören seit Jahren zu den größten Risiken für die Entwicklung der Unternehmen. Grafik: IHK zu Dortmund

Zu viel Bürokratie und kaputte Straßen sorgen für Unmut. Hinzu kommt die schwierige Suche nach Personal. Die Themen sind nicht neu, aber die Lage verschärft sich. Deswegen sollten Politik und Verwaltung die Wirtschaft entlasten, so die Ruhr-IHKs.

„Die Politik muss dafür sorgen, dass es sich wieder lohnt, hier zu investieren. Sonst verlieren wir noch mehr Unternehmen ans Ausland“, verdeutlicht Werner Schaurte-Küppers, Präsident der der Niederrheinischen IHK und derzeit Sprecher der Ruhr-IHKs.

Rund 60 Prozent der Firmen sehen sich durch das politische Hin und Her belastet. Vor einem Jahr waren es noch 45 Prozent. „Rohstoffe und Energie sind zu teuer. Und wer investieren will, bekommt Steine – oder besser gesagt: Papier – in den Weg gelegt. Die Unternehmen haben keine Zeit, sich durch den Bürokratiewahnsinn zu kämpfen“, kritisiert Schaurte-Küppers.

Alle Branchen sind betroffen – Wachstumspaket von der Politik gefordert

Insgesamt blickt jedes dritte Unternehmen pessimistisch in die Zukunft. Die Aufträge in der Industrie gehen weiter zurück – im In- und im Ausland. Die Logistik leidet unter den verschärften Maut- und Abgasregeln. Gastronomen blicken besorgt auf die erhöhte Mehrwertsteuer, die seit Anfang 2024 wieder bei 19 Prozent liegt.

Bei der Pressekonferenz haben die IHK-Spitzen die aktuelle Konjunktur im Ruhrgebiet vorgestellt. Foto: Hendrik Grzebatzki für die Niederrheinische IHK

Besonders negativ blicken die Händler auf 2024. Grund ist die Zurückhaltung der Konsumenten. Viele halten ihr Geld derzeit lieber zusammen, statt es auszugeben. Die Folgen der Inflation beeinflussen Einzel- und Großhandel.

Die Betriebe sind sparsamer. Die meisten reparieren oder ersetzen nur den Bestand. „Viele sind vorsichtig geworden und warten ab. Hier müssen Berlin und Düsseldorf verlässliche Perspektiven geben. Aber auch unsere Kommunen können viel tun, damit unsere Unternehmen schneller aus der Rezession kommen“, betont der IHK-Präsident.

Die Kammern fordern ein Wachstumspaket von Bund, Land und Kommunen. „Unsere Region ist ein wichtiger Ballungsraum in Europa. Wir brauchen deshalb intakte Straßen und Brücken. Wir müssen innovativer und mutiger werden und neue Konzepte testen“, sagt Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK.

Weitere Informationen zur Konjunkturumfrage der Ruhr-IHKs:
Ruhrlagebericht Jahresbeginn 2024

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Reaktionen

  1. Carsten Klink

    Statt des von der IHK geforderten Wachstumspaketes schickt Deutschland lieber 30 mal so viel Geld in die Ukraine wie Frankreich und 20 mal so viel Geld wie Italien.

    Die Schuldenbremse, die die Finanzierung von Infrastruktur, eines menschlichen Gesundheitswesens und Bildung verhindert, ist zwar so unsinnig wie kontraproduktiv, aber für die Ampel-Regierung plus CDU und gerade auch für die angeblich so oppositionelle, neoliberale AfD sakrosankt.

    Die Sanktionen gegen Russland ruinieren Deutschland. Österreich hat im Jahr 2023 seinen Gasbedarf zu 98 (!) Prozent mit preiswerter Energie aus Russland gedeckt. Die US-Amerikaner, die rund 800 Militärbasen auf der ganzen Welt betreiben und die für ihre Energie nur rund ein Drittel des deutschen Preises zahlen, kommen aus dem Lachen nicht mehr raus.

    Deutschland hat halt die dümmste Regierung Europas. Mehr Sahra wagen!

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