Konjunkturumfrage Frühjahr 2023 der Handwerkskammer Dortmund

Geschäftsklima verbessert – aber ohne ein starkes Handwerk wird Politik ihre Ziele nicht erreichen

Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Die aktuelle Konjunkturumfrage der Handwerkskammer (HWK) Dortmund liegt vor. Sie zeigt, dass sich die Lage im regionalen Handwerk im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert hat. Dennoch:  Preissteigerungen und Fachkräftemangel belasten die Betriebe und gefährden nicht zuletzt das Erreichen politischer Ziele, wie z.B. die Energiewende oder den Wunsch nach Wohnraum.

88 Prozent der Handwerksbetriebe sind zufrieden

Vergleich der vier Bezirke der Kreishandwerkerschaften innerhalb des Kammerbezirks Dortmund. Grafik: HWK Dortmund

Laut aktueller Konjunkturumfrage der HWK Dortmund sind 88 Prozent der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden und 83 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer guten Entwicklung im kommenden halben Jahr.

Das Klima – der Mittelwert aus Geschäftslage und Erwartungen – liegt derzeit bei 86 Prozent und verzeichnet damit einen leichten Positivtrend. Im Frühjahr 2022 lag dieser Wert bei 83 Prozent. 

Im Detail zeigt sich, dass der Auftragsbestand in den letzten sechs Monaten bei 31 Prozent der Betriebe rückläufig war, 24 Prozent konnten neue Aufträge dazu gewinnen. Die durchschnittliche Auftragsreichweite liegt derzeit bei 9,2 Wochen – vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 8,8 Wochen. Beim Gesamtumsatz mussten 27 Prozent der Betriebe Rückgänge hinnehmen, 22 Prozent konnten ihren Umsatz steigern.

Preisniveau steigt, Beschäftigungszahlen rückläufig

Das Preisniveau ist seit vorigem Herbst bei 72 Prozent der befragten Handwerksunternehmen im Dortmunder Kammerbezirk gestiegen; auffallend hoch fielen die Anpassungen in den Nahrungsmittelhandwerken (94 Prozent) und im KFZ-Handwerk (87 Prozent) aus.

Für das nächste halbe Jahr rechnen 52 Prozent mit weiteren Erhöhungen, nur fünf Prozent mit Preissenkungen. Mit Blick auf die Beschäftigtensituation gaben 19 Prozent der Betriebe an, dass die Zahl ihrer Mitarbeiter rückläufig war, 14 Prozent stellten demgegenüber mehr Personal ein.

Botschaft: Ohne Handwerksbetriebe gibt es auch keinen Klimaschutz

Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer HWK Dortmund-Marcel-Kusch

„Es freut uns, dass die Betriebe im Kammerbezirk wieder optimistischer in die Zukunft blicken“, kommentiert Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer, die Umfrage. Und gibt gleichzeitig zu bedenken: „Was uns die Ergebnisse aber auch vor Augen führen, ist der fortschreitende Mangel an Fachkräften. Es haben mehr Betriebe Beschäftigte verloren als neu eingestellt.“

Eine Schieflage, von der Schröder annimmt, dass sie in den kommenden Jahren u.a. dazu führe, dass Klimaschutzziele nicht erreicht werden können. So sei der Bedarf an energetischer Sanierung und Wohnungen sehr hoch, doch 30 Prozent der Betriebe im Bauhauptgewerbe meldeten in der aktuellen Umfrage einen Auftragsrückgang. Grund dafür seien auch hier die gestiegenen Zinsen und Baukosten. 75 Prozent der Betriebe im Bauhauptgewerbe bzw. 76 Prozent im Ausbaugewerbe mussten ihre Preise anheben.

„Wenn wir aber beim Klimaschutz erfolgreich sein wollen, sind in den nächsten Jahren massive Investitionen in den Gebäudebestand nötig – von den benötigten Fachkräften ganz zu schweigen“, so Schröder. 

Preissteigerungen und fehlende Lieferungen belasten die Arbeit

Christian Sprenger, Kreishandwerksmeister für Dortmund/Lünen Andreas Buck HWK Dortmund

Auch Kreishandwerksmeister Christian Sprenger (KH Dortmund/Lünen) bleibt trotz der positiven Trends kritisch. Durch Entlastungsprogramme seien zwar Erholungseffekte eingetreten, aber damit noch nicht alle Existenzen gerettet.

„Noch immer belasten Preissteigerungen, Energiekrise und angespannte Lieferketten unsere Handwerkerinnen und Handwerker“, so Sprenger.

Dabei sind die jeweiligen Gewerke von den Entwicklungen ganz unterschiedlich betroffen. Kfz-Betriebe leiden unter den gestiegenen Verkaufspreisen, Kunden lassen weniger Geld beim Metzger oder Friseur und im Sanitärhandwerk fehlen Wärmepumpen, aber auch Warmwasser-Speicher, Thermen oder elektronische Bauteile.

Auch das – neben dem Fachkräftemangel – ein Problem für die schnelle Umsetzung energetisch notwendiger Maßnahmen und das Erreichen der Klimaziele.

Gestoppte Bauprojekte, weniger Arbeitsplätze – ein Teufelskreis

Grafik: HWK Dortmund

Und Sprenger sieht eine weitere Herausforderung: „Wir sehen erste Anzeichen dafür, dass es langsam eng wird in der Baubranche. Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist quasi zusammengebrochen. Immer mehr Baufirmen registrieren einen Auftragsmangel. Private Bauherren stoppen ihre Einfamilienhäuser, weil sie nicht mehr bezahlbar sind und nach Zahlen des ifo-Instituts haben im März 2023 sogar insgesamt 16 Prozent der Wohnungsbauunternehmen bereits erteilte Aufträge wieder abgesagt.“

Grafik: HWK Dortmund

Gründe seien in beiden Fällen Inflation und gestiegene Zinsen, steigende Preise für Vorleistungen und Produkte am Bau durch höhere Energiepreise und Störungen in den Lieferketten.

„Diese Entwicklung kann auch für das Handwerk große Auswirkungen haben“, warnt Sprenger, „wenn junge Menschen keine Zukunft mehr am Bau sehen oder Kurzarbeit angeordnet werden muss und Arbeitskräfte in andere Branchen abwandern.“ Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und sinkender Ausbildungszahlen ein Teufelskreis.

„Das Ziel der Ampel-Regierung, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, bleibt bisher illusorisch, obwohl wir nach wie vor eine große Zahl von Menschen haben, die aus dem Ausland und aus Krisengebieten zu uns kommen“, so Sprenger. Seiner Meinung nach braucht es daher weitere Entlastungen der Betriebe und mehr Planungssicherheit: „Wichtig sind robustere und kürzere Lieferketten und eine Diversifizierung der Bezugsquellen auch durch mehr regionale Produktion.“

Weitere Informationen zur Konjunkturumfrage auf der Website der Handwerkskammer.

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Reaktionen

  1. Ruhr-Handwerk: Konjunktur stabilisiert sich – Risiken bleiben (PM HWK Dortmund)

    Das Handwerk in der Region Ruhr hat sich stabilisiert und zeigt sich trotz eines nach wie vor angespannten gesamtwirtschaftlichen Umfelds robust. Das ist die zentrale Botschaft der aktuellen Konjunkturumfrage der drei Ruhr-Handwerkskammern Dortmund, Düsseldorf und Münster. Der Geschäftsklimaindex steigt im Vergleich zum Herbst des Vorjahres um 23 Punkte und liegt nun bei einem Wert von 118. 87 Prozent aller Betriebe bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend.

    Einen deutlichen Erholungseffekt gab es vor allem bei den Erwartungen an die Entwicklung der nächsten sechs Monate. Während im Herbst 2022 noch eine große Mehrheit von einer Verschlechterung der Geschäftslage ausging, ist der Ausblick nun wieder vorsichtig optimistisch. „Die vor dem Eindruck der Energiekrise extrem negativen Erwartungen der Betriebe aus dem letzten Herbst sind bisher nicht eingetreten“, berichtete der Präsident der Handwerkskammer (HWK) Dortmund Berthold Schröder. „Die staatlichen Entlastungsmaßnahmen sowie die schrittweise Entspannung bei Lieferengpässen und Preisdynamik haben zu einer Stabilisierung der Handwerkskonjunktur geführt.“

    Die harten Konjunkturindikatoren Umsatz und Auftragslage werden hingegen derzeit noch negativ bewertet. 31 Prozent der Betriebe berichten von Umsatzrückgängen im letzten halben Jahr, 23 Prozent konnten ihren Umsatz steigern. „Obwohl sich die Erwartungen der Betriebe deutlich verbessert haben, ist es noch zu früh für eine Entwarnung“, erklärte Schröder. „Mit der hohen Inflation und den steigenden Bauzinsen bleiben zwei zentrale konjunkturelle Risikofaktoren bestehen.“

    Insbesondere das Bauhauptgewerbe blickt wegen der massiv gestiegenen Finanzierungskosten in eine ungewisse Zukunft. Zwar haben die Betriebe derzeit noch volle Auftragsbücher, aber die künftige Nachfrage dürfte durch den Einbruch beim Wohnungsneubau stark zurückgehen. Im Lebensmittelhandwerk und bei den personenbezogenen Dienstleistungen hat sich die Einschätzung im Vergleich zum Herbst deutlich aufgehellt – insgesamt bleibt die Lage aber vor allem aufgrund der inflationsbedingten Kundenzurückhaltung weiter angespannt.

    Gleiches gilt für die Beschäftigungssituation im Ruhr-Handwerk. Trotz großer Bemühungen um Nachwuchskräfte ist die Beschäftigung insgesamt rückläufig. „Mit Blick auf die entscheidende Rolle des Handwerks bei der Umsetzung der großen Transformationsziele brauchen wir dringend mehr Fachkräfte in unseren Betrieben. Es kann nicht sein, dass die Zahl junger Menschen ohne Berufsabschluss laut aktuellem Berufsbildungsbericht weiter wächst, während im Ruhrgebiet tausende dual-ausgebildete Fachkräfte fehlen. Hier muss die Bildungspolitik dringend nachsteuern“, so Schröder.

    Außerdem müssten mittelstandsfreundliche Standortbedingungen in der Region Ruhr nun wieder in den Fokus rücken, mahnte der Kammer-Präsident. „Nach drei Jahren im Krisenmodus brauchen wir jetzt eine systematische Stärkung des Wirtschaftsstandorts Ruhrgebiet. Dazu gehören neben den Themen Verkehr und Gewerbesteuern auf kommunaler Ebene auch eine zügige Umsetzung der Fachkräftestrategie des Landes Nordrhein-Westfalen. Was wir hingegen nicht brauchen, sind teure Subventionen für Großunternehmen, wie einen Industriestrompreis, bei dem das Handwerk mal wieder auf der Strecke bleibt.“ In einer hochverdichteten Metropole wie der Region Ruhr ist zudem die Sicherung und Bereitstellung von Gewerbeflächen von zentraler Bedeutung. „Wir erwarten, dass der Regionalplan Ruhr nach mehr als zehn Jahren Bearbeitungszeit in diesem Jahr nun endlich Rechtskraft erlangt und den Rahmen für eine mittelstandsorientierte Flächenpolitik bildet“, erklärte Kammer-Präsident Schröder.

  2. Kammerpräsident möchte berufliche Bildung weiter stärken: „Novelliertes Fachkräfteeinwanderungsgesetz enthält viele gute “ (PM HWK)

    Zu dem heute abschließend vom Bundestag verabschiedeten Fachkräfteeinwanderungsgesetz erklärt Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer (HWK) Dortmund:

    „Das novellierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz enthält viele gute Ansätze, um den Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Deutschland praxistauglicher zu gestalten. Angesichts des wachsenden Fachkräftebedarfs und tausender unbesetzter Lehrstellen im Handwerk ist es dringend nötig, diese Säule der Fachkräftesicherung zu stärken und zu vereinfachen. So begrüßen wir beispielsweise den Ansatz, die Einwanderung von Fachkräften mit Berufserfahrung zu erleichtern, indem zuvor nicht zwingend ein Anerkennungsverfahren durchlaufen werden muss.

    Positiv zu bewerten ist zudem, dass die Westbalkan-Regelung ausgeweitet und entfristet wurde. Künftig können 50.000 Staatsangehörige aus den Ländern, für die die Regelung gilt, einen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten statt der bisherigen 25.000 Menschen. Damit die neuen Regelungen tatsächlich greifen, müssen sie nun rasch und unbürokratisch umgesetzt werden.“

    Allein durch Fachkräfteeinwanderung werde man den Bedarf an qualifizierten Mitarbeiter*innen jedoch nicht decken können, betont der Kammerpräsident. „Wir müssen weiterhin alles dafür tun, um die berufliche Bildung zu stärken und mehr junge Menschen für eine Karriere im Handwerk zu begeistern.“

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