
Geldregen, Handy-Klingeltöne und groteske Selbstporträts auf Pflegeprodukten – noch bis zum 9. November 2025 zeigt Nadja Buttendorf unkonventionelle Kunst im Schaufenster des Museum Ostwall im Dortmunder U. Der Ausstellungsname „For Free“ bezieht sich auf eine Unterkategorie ihrer Website, wo sie Teile ihrer Kunst ebenfalls kostenlos und für alle zugänglich hochlädt. Mit Gesellschaftskritik und einem DDR-Bezug bekommen die Objekte eine tiefere Bedeutung.
Kunsttransfer von der Internetrubrik in das echte Leben
Nadja Buttendorf berichtet, dass die ausgestellten Kunstwerke zunächst Nebenprodukte oder auch „Fun-Projekte“ gewesen seien, die sie eher lieblos behandelt habe. Viele ihrer Kunstwerke stehen online auf ihrer Website zum Ansehen, Herunterladen und Teilen zur Verfügung.

Die Internetkultur könne mit der Kunst kollaborativ umgehen und diese mitbearbeiten, erklärt die Künstlerin. Eine Beispiel sei ihr Foto „EARring“, das von Internetnutzer:innen bearbeitet worden ist und später weiter im Internet kursierte. „Diese Zugänglichkeit dient auch dem Gemeingut“, so Buttendorf. Auch die Ausstellung selbst ist ohne Eintritt zu besuchen.
Und auch wenn die Kunst kostenlos ist, bedeutet es für Buttendorf nicht, dass sie „bedingungslos, folgenlos oder wertlos“ ist. Ein Zusammenhang auf den auch der Titel der Ausstellung verweist. Sie will damit einen kapitalismuskritischen Bezug zu Marketing-Strategien herstellen, die Produkte nur scheinbar „for free“ bewerben.
Eine Strategie, die auch für ihre Kunst nicht ganz ohne Gewinn bleibt. Den Namen „for free“ können Besucher:innen für sich erwerben und er soll sie dazu bringen, sich intensiver mit Buttendorfs Kunst auseinanderzusetzen.
Der versteckte DDR-Bezug in den Kunstwerken soll zum Nachdenken anregen
Eines der Kunstwerke der Ausstellung ist auch ein „Green Screen Geldregen“, der auf einem Bildschirm läuft. Die Geldscheine sind nicht real und beziehen sich durch aufgedruckte Bildmotive auf die DDR. Zu sehen sind Marx, Engels oder Bilder von Familien im Sozialismus. Die Geldscheine sollen an das Ende der DDR erinnern und daran, wie die „Volkseigenen Betriebe“ (VEB) überwiegend von westdeutschen Investor:innen gekauft wurden. Buttendorf will zum Nachdenken darüber anregen, wer eigentlich daran verdient hat.

Die in der DDR geborene und sozialisierte Künstlerin, will durch ihre Arbeit die westdeutsche Sicht auf die DDR herausfordern. „Man redet immer vom westdeutschen Narrativ“, so Buttendorf, die Menschen in Ostdeutschland hätten jedoch oft andere Perspektiven auf die Vergangenheit.
Sie möchte darauf hinweisen, was während des Sozialismus in Ostdeutschland passiert ist. Viele alte Wunden seien bis heute nicht verheilt und mitunter auch Ursache für die gegenwärtige Situation in Ostdeutschland. Besucher:innen sollen dazu angeregt werden, sich mit ihrer eigenen Biografie und der DDR-Geschichte zu beschäftigten – „vor allem weil es in Dortmund kaum Bezug dazu gibt“, findet Buttendorf.
Im Schaufenster finden Fun- und Nebenprojekte einen Platz.
Andere der ausgestellten Kunstwerke dienten bei der Herstellung mehr dem Spaßfaktor. In einer kleinen Vitirne sind Pflegeprodukte mit Selfies der Künstlerin zu sehen, die ihre „schlimmsten Gesichter“ zeigen, wie sie es selbst formuliert. Die Fotos wurden anfangs unter Freund:innen als Sticker verschickt. Als sie dann das Angebot eines Marktes sah, eigene Fotos von sich auf Produkte zu drucken, die dann teurer als das Produkt selbst waren, kam sie auf die Idee, diese auszustellen.

Für das Werk „Body Presents“ verwendet die Künstlerin ebenfalls ihren Körper. Auf einem Monitor können Besucher:innen Buttendorfs Avatar in verschiedenen Szenarien, zum Beispiel beim Bücher lesen, betrachten. Es geht um Schönheit und Produktivität. Nadja Buttendorf möchte damit auch das Phänomen ansprechen, bei dem depressive und faule Menschen ungern in Ruhepositionen gesehen werden, während Reiche dadurch aufgewertet werden.
Ein weiteres Beispiel für ein Nebenprodukt ist der „Marimba-Mix“, eine Sammlung von Liedern auf Youtube. Sie basieren auf dem iPhone-Klingelton „Marimba“. Das Kunstwerk zeigt, wie der Ton neu gedacht werden kann. „Insgesamt sollen die Kunstwerke wie ein Parcour sein, der einen einen Zugang bietet, von dem alle Besucher:innen etwas mitnehmen können“, wünscht sich die Künstlerin.
Weitere Informationen
- Die kostenlose Kunst von Nadja Buttendorf kann auch auf ihrer Website nadjabuttendorf24.com angesehen werden.
- Zur DEW21-Museumsnacht, 20. September, beantwortet Clara Niermann, Kuratorin und wissenschaftliche Volontärin des Museum Ostwall, Fragen zur Ausstellung.
- Am 2. Oktober findet von 19. bis 21. Uhr im Museum Ostwall ein „Artist Talk“ zwischen Nadja Buttendorf und Clara Niermann statt.
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