Kunstparcours-Erlebnis mit acht unterschiedlichen Installationen

Familien können im Museum Ostwall in Dortmund mit allen Sinnen „Kopfüber in die Kunst“ tauchen

Der „Schaumraum“ von Ferdinand Spindel lädt zum Erkunden, Fühlen und Fotografieren ein. Foto: Roland Bange für die Stadt Dortmund

Das Museum Ostwall im Dortmunder U zeigt mit „Kopfüber in die Kunst“ aktuell eine Reihe von raumgreifenden Kunstwerken internationaler Künstler:innen. Passend für Kunstfans und Kinder mit Spaß an faszinierenden Entdeckungen.

75 Jahre Museum Ostwall: Leichter Zugang zur Kunst mit vielen Sinnen

Dicke, mit Fell überzogene Säulen geben bei Berührung Tierlaute von sich. „Du musst bei der Elefantenhaut ein bisschen fester streicheln“, sagt Kristina. Sie ist neun und eine der Kunst-Scouts, die spezielle Führungen für Kinder und Familien anbieten.

In der Ausstellung „Kopfüber in die Kunst“ im Museum Ostwall im Dortmunder U bewegen sich Kinder spielerisch in den immersiven Installationen. Foto: Roland Bange für die Stadt Dortmund

In „Kopfüber in die Kunst – Vom Environment zur Immersion“ lädt ein Kunstparcours mit acht unterschiedlichen Installationen ein, Kunst mit dem Körper und allen Sinnen zu erfahren.

Es ist eine organische Höhle in rosa – Schaumstoff zieht sich in Wellen an den Wänden entlang. Der „Schaumraum“ von Ferdinand Spindel lädt zum Erkunden, Fühlen und Fotografieren ein. Ein Selfie-Spot.

Der Raum ist die erste Station dieses Ausstellungsparcours, der einen leichten Zugang für alle Sinne in die Kunst schafft. Und er hat viel mit der Geschichte des Museum Ostwall im Dortmunder U zu tun, das in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feiert.

Ausstellung spannt einen Bogen zurück zu den Anfängen des Museum Ostwall

Unter Direktor Eugen Thiemann (1967 bis 1987) wurden im Museum erstmals Environments gezeigt, wie diese Arbeit von Ferdinand Spindel. Den „Schaumraum“, der nun anhand von Fotos aus dieser Zeit in Originalgröße rekonstruiert wurde, gab es schon einmal 1969 im Museum am Ostwall.

Regina Selter ist Direktorin des Museum Ostwall im Dortmunder U.
Regina Selter ist Direktorin des Museum Ostwall im Dortmunder U. Foto: Roland Baege

Ein Aufruf des Museums befragte Zeitzeug:innen, wie sie den damaligen „Schaumraum“ erlebt haben. „Zum Beispiel sagte eine Besucherin, dass man den Ausgang vom Eingang aus nicht gesehen hat. Das hat uns sehr geholfen,“ so Michael Griff, Kurator der Ausstellung.

Das gesamte Konzept der Ausstellung hat viel mit der im Wortsinn bewegten Geschichte des Museums zu tun. Auf einem Foto Ende der 60er Jahre sieht man Erwachsene, aber auch viele Kinder im Museum Ostwall.

„Da wird bereits deutlich, dass schon Kinder von den Environments fasziniert waren. Die Ausstellung zieht einen Bogen zu unserer Museumsgeschichte“, sagt Museumsdirektorin Regina Selter.

Environment – Aktives Eintauchen in die Kunstwerke erwünscht

Spätestens mit den Environments, den raumgreifenden Installationen der 1960er Jahre, haben Künstler:innen die Bewegung des Publikums im und um das Werk bewusst im Blick.

Die Ausstellung ist für die ganze Familie gedacht. Foto: Roland Bange für die Stadt Dortmund

Aus dem passiven Publikum werden Menschen, die mit allen Sinnen aktiv werden müssen, um in das Kunstwerk „einzutauchen“ – Kunstwerke sollen nicht mehr nur still und andächtig betrachtet werden; auch Bewegung und Spiel können zum Kunsterlebnis zählen.

In einem Parcours aus acht Installationen können die Kunsträume aktiv erlebt und spielerisch erprobt werden. Wie zum Beispiel bei Marinella Pirellis Werk „Film Ambiente“ (1969/2004). Ein scheinbar durchsichtiger Kubus steht im Raum, darauf wird ein Film projiziert.

Tatsächlich besteht das Raumgerüst aus transparenten Bahnen, durch die sich die Besucher:innen einen Weg hinein bahnen können, raschelnd durch die durchsichtigen Steifen gehen und somit mit ihrer Bewegung diese Elemente verändern. „Wir haben bei den Familiensonntagen im Dortmunder U Kinder gefragt, was sie sich für eine Ausstellung wünschen. Und Bewegung stand da an erster Stelle“, so die Kuratorin Viktoria von Pidoll.

Schüler:innen erleben außergewöhnliche „Sportstunde“ im Ratssaal

Die Interaktion mit Menschen ist auch für die Arbeiten von Christian Jankowski entscheidend. Im Auftrag des Museum Ostwall versammelte er Schüler:innen des 5. Jahrgangs der Wilhelm-Röntgen-Realschule zu einer „Sportstunde“ im Ratssaal.

Kinder der Wilhelm-Röntgen-Realschule turnen mit ihrem Lehrer für die Kunstaktion „Sportstunde im Ratssaal”. Foto: Roland Gorecki für die Stadt Dortmund

Sie waren zum Teil schon bei der Eröffnung des neuen Ratssaals dabei und wissen, dass hier eigentlich Politiker:innen Entscheidungen für die Stadt und ihre Bürger:innen treffen. „Ich finde das beeindruckend, dass wir jetzt hier turnen, an so einem wichtigen Ort“, sagt Ben.

Christian Jankowski hat die Aktion eigens für die Ausstellung „Kopfüber in die Kunst“ geplant: „Da geht es ja um Immersion, um Bewegung. Und ich finde es spannend, dass Kinder, auf die ja eine gewisse Macht ausgeübt wird, sich in einem Raum bewegen, in dem sonst politische Macht ausgeübt wird.“

Ziel ist es, den Raum, der eigentlich für politische Auseinandersetzungen genutzt wird, für eine Sportstunde umzufunktionieren. „Die Kinder sollen sich den Raum neu aneignen“, sagt Jankowski. Dadurch bekommt er eine neue Bedeutung. Die Performance wird als Videoinstallation in der Ausstellung präsentiert.

Kinder werden zu Expert:innen und führen durch die Ausstellung

In der Ausstellung führen Kunstscouts wie Kristina zu speziellen Terminen durch die Ausstellung.
In der Ausstellung führen Kunstscouts wie Kristina zu speziellen Terminen durch die Ausstellung. Foto: Roland Bange für die Stadt Dortmund

Und schließlich die Säulen mit den Tierlauten: „un|fenced“ ist eine Interpretation des Gemäldes „Großer Zoologischer Garten“ von August Macke (1913, aus der Sammlung des Museum Ostwall).

Es ist ein interaktives Environment, das in Zusammenarbeit mit dem Masterstudiengang Szenografie und Kommunikation der FH Dortmund und dem Digitalen Koproduktionslabor des Dortmunder U entstanden ist.

Die Tiere sind fühlbar, hörbar. Kunstscout Kristina führt gerade eine Gruppe hier durch, sie hat bei einem Osterferien-Workshop mitgemacht. „Und hier kannst du einen lauten Donner machen“, sagt Kunstscout Kristina, „der Schall wird nämlich durch das Mikrofon verstärkt.“ In dieser Ausstellung sind die Kinder eben die Expert:innen.

Weitere Informationen und Begleitprogramm online

Screenshot Grafik: Museum Ostwall

Weitere Highlights im Ausstellungsparcours sind die Arbeiten von Joon Moon, in dessen Installation „Chasing Stars in Shadow“ (2021) Schattenkinder mithilfe einer Laterne und Bewegung aus der zweiten Dimension befreit werden müssen, und der immersive Raum „Field“ von Design I/O, in dem Pflanzenwelten erschaffen werden können.

Carlos Cruz-Diez ist einer der wichtigsten künstlerischen Forscher des 20. Jahrhunderts zur Wirkung und den Einsatzmöglichkeiten von Farbe und Licht sowie deren Zusammenspiel im Raum.

Seine Kunstwerke sind immer auch als immersive und dynamische Erfahrungen für Besucher:innen konzipiert, die in dieser Ausstellung seine Arbeit „Environement Chromointerférent Translucide C“ (1974/2018) mitgestalten können.

Es wird Lesungen, Kino und Kunstworkshops für Kinder geben

Von Lesungen, über KinderUni, Kino, Kinderführungen durch die Kunst-Scouts – es gibt ein umfangreiches Programm für die ganze Familie. Die Ausstellung wird von einem vielseitigen Rahmen- und Vermittlungsprogramm aus über 80 Veranstaltungen begleitet, darunter Konzerte, Lesungen, Filme und Workshops. Weitere Informationen dazu finden sich hier.

Die Ausstellung „Kopfüber in die Kunst“ im Museum Ostwall im Dortmunder U läuft noch bis zum 25. August 2024. Die Öffnungszeiten sind dienstags, mittwochs, samstags, sonntags sowie an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. Am Donnerstag und Freitag hat das Museum jeweils von 11 bis 20 Uhr geöffnet.

Ein Ticket für die Ausstellung kostet 9 Euro, ermäßigt 5 Euro. Für Kinder bis einschließlich sechs Jahre ist der Eintritt kostenfrei.

Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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