Ein Hafen für alle: Friedliche Tanzdemo in Dortmund – Träume sollen nicht unter Asphalt bleiben, sondern gelebt werden

Zur Tanzdemo „Träume unter Asphalt – Stadt selber machen“ hatte die Hafeninitiative in Zusammenarbeit mit diversen anderen Organisationen eingeladen, um für mehr Mitbestimmung zu protestieren. Foto: Leopold Achilles

An der Katharinentreppe erklang am vergangenen Samstag elektronische Tanzmusik aus mehreren Fahrzeugen. Die Tanzdemo „Träume unter Asphalt – Stadt selber machen“ startete dort ihre Demonstration. Die Menschen, die sich dort versammelten, wollen ein Mitbestimmungsrecht für die Entwicklung der Städte. Es geht speziell um die bisher kaum kommunizierten Pläne für den Dortmunder Hafen.

Hafeninitiative und andere Kollektive tanzen für Mitbestimmungsrecht

Die Hafeninitiative und viele andere Kollektive tanzten gegen die geplanten Umgestaltungen im Hafen. Viele AnwohnerInnen, GastronomInnen und KünstlerInnen würden gerne bei der geplanten Umstrukturierung des Hafens mitwirken, doch es wurde keiner gefragt.

Die Route führte durch die nördliche Innenstadt Richtung Hafen. Foto: Leopold Achilles

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Wer entscheidet, wie diese Stadt aussieht? Meistens treffen nur wenige Leute diese Entscheidungen, wenn man sich die Projekte der Planungsämter anschaut. Wie demokratisch ist ein Prozess, der von wenigen Personen erarbeitet – und von wenigen Personen des Stadtrates bewilligt wird?

Gegen 17 Uhr gab es Reden von verschiedenen Kollektiven wie „Seebrücke“ und „Recht auf Stadt“. „Alles, was gut für die Wirtschaft ist, ist gut für die Menschen“, bemängelt „Recht auf Stadt“ ironischerweise. Städte würden nur noch Trends folgen, dabei sei das Wohl der Menschen egal.

Was haben die Leute in der Nordstadt von einem digitalen Quartier am Hafen? Die Bedürfnisse der einfachen Menschen würden nicht berücksichtigt werden, sondern die der Konzerne. Die Demonstration startete an der Katharinentreppe und ging dann weiter über den Königswall zur Bornstraße. Am Nordmarkt gab es einen Zwischenstop mit weiteren Reden von der „Antifa 170“ und „Black Pigeon“. Im Anschluss ging es über die Mallinckrodtstraße zum Hafen.

Kein Raum für Rechte – für eine vielfältige und bunte Stadt 

Mit der Besetzungsaktion in der Reinoldikirche gelang ihnen ein PR-Coup. Aber die Aktion hatten sie geklaut. Bild: Marcus Arndt
Die Besetzungsaktion der Reinoldikirche durch Neonazis im Dezember 2016. Foto: Marcus Arndt

Die Demonstration verlief ruhig. Die Polizei erwähnte zu Beginn, dass auf der gesamten Demonstration ein Alkohol-Verbot gilt. Die Hafeninitiative appellierte: „Wir wollen eine Demo, die für eine gute Stadt steht“. Am Nordmarkt wurde zum zweiten Mal darum gebeten, dass kein Alkohol während der Demonstration getrunken wird.

Dort stieß die Tanzdemonstration dann auf unerwünschte Gäste. Stadtbekannte Nazis wurden gesichtet. „Auch Rechte und Neonazis üben sich im Kampf um Raum“, entgegnete Antifa 170. „Es ist keine Zusammenarbeit mit Rechten möglich!“. Warum dies so ist und warum auch keine Zusammenarbeit erwünscht wird, ist vielen kristallklar. 

Als Beispiel benennt die „Antifa 170“ Vorfälle und Angriffe von Neonazis der letzten Jahre. Die Kirchenturmbesetzung (2016) zum Beispiel, bei der sich Rechtsextremisten im Turm der Reinoldikirche verbarrikadierten. Sie entzündeten Pyrotechnik und brüllten Nazi-Parolen.

DemonstrantInnen begrüßen Reinemacheaktion in Dortmund-Dorstfeld

Aus brauner Stumpfheit wurde bunte Vielfalt. Foto: Alex Völkel

Es wurde auch auf den sogenannten „Mythos Dorstfeld“ eingegangen. Erst am Freitag (6. September 2019) wurde das raumgreifende Graffiti „Nazi-Kiez“ übermalt. Statt Nazi-Kiez lautet die Botschaft nun: „Our colours are beautiful“.

Dass es in Dorstfeld soweit kommen musste und sich vorher niemand gewehrt hat, ist definitiv das „Ergebnis jahrelangen rechten Raumkampfes“, entgegnete „Antifa 170“. Umso schöner ist es, dass mit der Aktion von Freitag signalisiert wurde: Dorstfeld ist bunt. Wie lange die Fassaden nun Nazi-Parolen-frei bleiben, ist abzuwarten.

Auch die Eröffnung des Nazi-Mode-Ladens „Tønsberg“ in Dortmund stößt auf Ablehnung bei den BürgerInnen der Stadt. Am vergangenen Montag versammelten sich knapp 200 Menschen vor dem Laden „Tønsberg“, um gegen die Akzeptanz der Nazi-Mode in Dortmund zu demonstrieren. Die Marke „Thor-Steiner“ wird von und für Neonazis geführt. Der Thor-Steiner-Laden unweit der Reinoldikirche ist der einzige in ganz Westdeutschland. In mehreren Städten wie Bochum und Duisburg hatte man sich gegen die Eröffnung eines Nazi-Mode-Ladens gewehrt.

Neuer Neonazi-Laden in der Dortmunder Innenstadt sorgt für Unmut 

Der „Thor-Steiner“-Laden wird  eine Anlaufstelle für rechtes Gedankengut werden“ und ist „reine Provokation und für uns eine Kampfansage“, erklärte Antifa 170. Jeder, der diese Marke unterstütze, „unterstützt Räume für Rechte“.

Die Neonazis bauten sich als „Schtzstaffel“ vor dem Laden auf und machten die Security arbeitslos.
Der Laden im Brüderweg in der Innenstadt und stadtbekannte Neonazis. Foto: Alex Völkel

Auf dem Weg zu einer „befreiten Gesellschaft“ sei kein Platz für rechte Räume. Die Bedürfnisse der BewohnerInnen sollten endlich in den Vordergrund rücken. Dazu würde eben zählen: Keine Nazi-Mode, keine Akzeptanz von Rechten, keine Gentrifizierung und ein Mitbestimmungsrecht für die Gestaltung der Stadt.

Nach der Rede der „Antifa 170“ am Nordmarkt ging es weiter mit einer Rede vom „Black Pigeon“. Das Black Pigeon ging noch einmal deutlich auf die Entwicklung des Hafens und die damit einhergehende Gentrifizierung ein. „Gentrifizierung bedeutet Verdrängung“, kritisierte Black Pigeon. Sie wünschen sich einen Hafen für alle. „Träume sollen nicht unter Asphalt verborgen bleiben, sie sollen gelebt werden!“

Neben den Redebeiträgen wurde ein Jingle während der Demo abgespielt, der den BürgerInnen der Nordstadt in verschiedenen Sprachen den Anlass des Protestes erläuterte. Die Demonstration setzte ihren Weg fort Richtung Hafen. Auf dem Weg dorthin gab es immer wieder schaulustige PassantInnen, die das ganze Spektakel mit Handy und Kameras filmten.

„Damit unsere Anliegen gehört werden, stören wir!“ – Hafeninitiative

Das Alibi-Kollektiv-Essen thematisierte „Gewalteskalation durch Polizei“ und sprach von einer „realen und alltäglichen Bedrohung“ der Polizei und des Gesetzgebers. Es gäbe viel zu „harte Vorgehensweisen gegenüber Demonstranten“. Wie beispielsweise in Kassel, als bei einer Sitzblockade, eine friedliche Protestform, Pfefferspray eingesetzt worden sei.

Die DemonstrantInnen wünschen sich einen Hafen für alle Menschen in Dortmund. Foto: Leopold Achilles

Oder als im Mai bei einem Mannschaftswagen der Polizei Duisburg ein Sticker der Rechten gesichtet worden sei. – Die Staatsanwaltschaft Duisburg habe den Fall ohne ein strafrechtliches Vergehen geschlossen.

Zu guter Letzt sprach die Veranstalterin, die Hafeninitiative: „Damit unsere Anliegen gehört werden, stören wir!“ Die Hafeninitiative vergleicht die geplanten Umstrukturierungen des Hafens mit den Häfen in Düsseldorf oder Duisburg, wo die Mieten in die Höhe geschossen seien.

Die Hafeninitiative macht noch einmal deutlich: „Wir Menschen in der Nordstadt begrüßen Projekte, aber nur unter Berücksichtigung der AnwohnerInnen!“ Die Tanzdemonstration endete am Hafen. Es gab eine Aftershow Party im Rekorder. Die Demonstration verlief friedlich. Wie und ob die Menschen ein Mitbestimmungsrecht für die Gestaltung von Stadtvierteln – speziell die Gestaltung des Dortmunder Hafens – bekommen, wird sich zeigen.

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Reaktionen

  1. Dorian Marius Vornweg

    Bei diesem Artikel muss es sich um Realsatire handeln. Entweder ist die Autorin Mitwirkende bei Hafeninitiative, Anarchisten und Antifa oder hat aus Gründen der Einfachheit deren Verlautbarungen abgeschrieben. Waren die bisherigen Sympathiebekundungen der Nordstadtbloggerredaktion für die selbsternannten Aktivist*innen der sogenannten Hafeninitiative noch vergleichsweise zurückhaltend, so setzt die hier praktizierte Distanzlosigkeit neue Maßstäbe.

  2. Hafeninitiative (Pressemitteilung)

    WIE SIEHT BETEILIGUNG AM HAFEN AUS?

    Schon bald sollen die Bagger in der Südlichen Speicherstraße rollen, um den Entwicklungsplänen der Stadt Dortmund Platz zu schaffen. Und noch immer ist nicht klar, ob Wünsche, Ideen und Bedarfe der Anwohner*innen in die Neugestaltung des Hafens einbezogen werden. Am 30. Juli 2019 traf sich die Hafeninitiative mit Uwe Büscher, Geschäftsführer der Hafen AG, und Arne van den Brink von der Wirtschaftsförderung Dortmund, um mit ihnen diese Frage zu erläutern.

    Eingeladen zu dem Treffen hatten die Verantwortlichen selbst. „Wir waren überrascht, begrüßten jedoch die Einladung Herrn Büschers und Herrn van den Brinks. Es ist uns wichtig, im Dialog mit den Verantwortlichen zu bleiben“, so Alex Katschke von der Hafeninitiative.

    Grundsätzlich halten Büscher und van den Brink das Engagement der Initiative für gut und wichtig, da sie die richtigen Fragen stelle. Ansonsten beobachteten sie jedoch nur ein geringes Interesse an der Hafenumgestaltung in der Dortmunder Bevölkerung. Aus pragmatischen Gründen wäre es deshalb müßig, einen ausführlichen Beteiligungsprozess durchzuführen. Er würde die Planungen nur in die Länge ziehen. In diesem Zusammenhang gesteht van den Brink ein, dass vor allem in Bezug auf die Südliche Speicherstraße versäumt wurde, die Zivilbevölkerung angemessen in die Entwicklung einzubinden.

    Augenscheinlich soll das bei der Nördlichen Speicherstraße anders laufen; hier fand bereits eine Bürgerwerkstatt am 26. Juni 2019 statt. Im Laufe der nächsten Monate werden drei weitere Bürgergespräche veranstaltet, das erste davon nächsten Montag, den 16. September um 18.30 Uhr in der Casa Portuguesa (Kleingartenverein Westerholz). Laut Einladung soll hier mit den Bürger*innen „über die Ziele und Maßnahmen für das Quartier [diskutiert]“ werden.

    „Wir begrüßen diese Initiative der Stadt und hoffen, dass viele Bewohner*innen Dortmunds ihre Forderungen und Fragen zur Hafenumgestaltung einbringen werden“, betont Katschke. Unklar ist zum Beispiel, warum bereits ein städtebaulicher Entwurf von Gerber Architekten für die Nördliche Speicherstraße besteht, obwohl Anwohner*innen hier doch noch Wünsche äußern sollen. Laut Büscher und van den Brink wären diese Pläne überholt. Trotzdem sind sie das aktuellste, was man auf der Informationsseite der Hafen AG zum Entwicklungsstand findet. Fraglich bleibt auch, ob das Versprechen von 5.000 neuen Arbeitsplätzen realistisch ist. Im Gespräch hält selbst Büscher diese Zahl für problematisch, sie sei eher ein politisches Mittel zur Überzeugung.

    Wenn die Stadt Dortmund den kommenden Beteiligungsprozess ernst nimmt, sollten solche Mittel nicht nötig sein. Das würde bedeuten, dass die Ideen der Bürger*innen aufgenommen werden und städtebauliche Pläne nach öffentlichen Veranstaltungen anders aussehen als vorher.

    Die Hafeninitiative ruft deswegen die Bewohner*innen des Hafens und ganz Dortmunds auf, nächsten Montag am Bürgergespräch teilzunehmen und den Verantwortlichen zu zeigen, dass das Interesse an der Hafenumgestaltung groß ist und die Entwicklung nicht über den Köpfen der Bevölkerung hinweg geplant werden kann!

    Die Hafeninitiative ist ein Zusammenschluss von Anwohner*innen des Hafenviertels. Sie wurde Ende 2018 gegründet, nachdem sich Bewohner*innen über die Pläne der Stadt Dortmund zur Aufwertung des Hafens besorgt gezeigt hatten. Seitdem trifft sich die Gruppe monatlich zum offenen Plenum und organisiert Veranstaltungen, um über die Pläne der Stadt zu informieren, diskutieren und neue Ideen für die Gestaltung des Hafens zu entwickeln. Weitere Informationen auf http://www.hafeninitiative.de.

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