Die Corona-Rückwärts-Prognose von Zukunftsforscher Horx: „Wie wir uns wundern werden, wenn die Krise ,vorbei‘ ist“

Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)
Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)

Ein Gastbeitrag von Zukunftsforscher Matthias Horx 
www.horx.com und www.zukunftsinstitut.de.

Ich werde derzeit oft gefragt, wann Corona denn „vorbei sein wird”, und alles wieder zur Normalität zurückkehrt. Meine Antwort: Niemals. Es gibt historische Momente, in denen die Zukunft ihre Richtung ändert. Wir nennen sie Bifurkationen. Oder Tiefenkrisen. Diese Zeiten sind jetzt.

Die Welt as we know it löst sich gerade auf. Aber dahinter fügt sich eine neue Welt zusammen, deren Formung wir zumindest erahnen können. Dafür möchte ich Ihnen eine Übung anbieten, mit der wir in Visionsprozessen bei Unternehmen gute Erfahrungen gemacht haben. Wir nennen sie die RE-Gnose.

Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)
Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)

Im Gegensatz zur PRO-Gnose schauen wir mit dieser Technik nicht »in die Zukunft«. Sondern von der Zukunft aus ZURÜCK ins Heute. Klingt verrückt? Versuchen wir es einmal:

Die Re-Gnose: Unsere Welt im Herbst 2020

Stellen wir uns eine Situation im Herbst vor, sagen wir im September 2020. Wir sitzen in einem Straßencafe in einer Großstadt. Es ist warm, und auf der Straße bewegen sich wieder Menschen.

Bewegen sie sich anders? Ist alles so wie früher? Schmeckt der Wein, der Cocktail, der Kaffee, wieder wie früher? Wie damals vor Corona? Oder sogar besser? Worüber werden wir uns rückblickend wundern?

Wir werden uns wundern, dass die sozialen Verzichte, die wir leisten mussten, selten zu Vereinsamung führten. Im Gegenteil. Nach einer ersten Schockstarre fühlten viele von sich sogar erleichtert, dass das viele Rennen, Reden, Kommunizieren auf Multikanälen plötzlich zu einem Halt kam.

Verzichte müssen nicht unbedingt Verlust bedeuten, sondern können sogar neue Möglichkeitsräume eröffnen. Das hat schon mancher erlebt, der zum Beispiel Intervallfasten probierte – und dem plötzlich das Essen wieder schmeckte.

Wegen der Gefahren durch den Coronavirus soll das Derby im Signal-Iduna-Park als Geisterspiel ohne Zuschauer*innen stattfinden. Foto: Alex Völkel
Wegen der Gefahren durch den Coronavirus soll(t)en Spiele ohne Zuschauer*innen stattfinden. Foto: Alex Völkel

Paradoxerweise erzeugte die körperliche Distanz, die der Virus erzwang, gleichzeitig neue Nähe. Wir haben Menschen kennengelernt, die wir sonst nie kennengelernt hätten. Wir haben alte Freunde wieder häufiger kontaktiert, Bindungen verstärkt, die lose und locker geworden waren. Familien, Nachbarn, Freunde, sind näher gerückt und haben bisweilen sogar verborgene Konflikte gelöst.

Die gesellschaftliche Höflichkeit, die wir vorher zunehmend vermissten, stieg an.Jetzt im Herbst 2020 herrscht bei Fußballspielen eine ganz andere Stimmung als im Frühjahr, als es jede Menge Massen-Wut-Pöbeleien gab. Wir wundern uns, warum das so ist.

Wir werden uns wundern, wie schnell sich plötzlich Kulturtechniken des Digitalen in der Praxis bewährten. Tele- und Videokonferenzen, gegen die sich die meisten Kollegen immer gewehrt hatten (der Business-Flieger war besser) stellten sich als durchaus praktikabel und produktiv heraus. Lehrer lernten eine Menge über Internet-Teaching. Das Homeoffice wurde für Viele zu einer Selbstverständlichkeit – einschließlich des Improvisierens und Zeit-Jonglierens, das damit verbunden ist.

Kontaktverbote wie hier auf dem Nordmarkt sind die Wirklichkeit im Frühjahr 2020. Foto: Alex Völkel
Kontaktverbote wie hier auf dem Nordmarkt sind die Wirklichkeit im Frühjahr 2020. Foto: Alex Völkel

Gleichzeitig erlebten scheinbar veraltete Kulturtechniken eine Renaissance. Plötzlich erwischte man nicht nur den Anrufbeantworter, wenn man anrief, sondern real vorhandene Menschen. Das Virus brachte eine neue Kultur des Langtelefonieren ohne Second Screen hervor.

Auch die »messages« selbst bekamen plötzlich eine neue Bedeutung. Man kommunizierte wieder wirklich. Man ließ niemanden mehr zappeln. Man hielt niemanden mehr hin. So entstand eine neue Kultur der Erreichbarkeit. Der Verbindlichkeit.

Menschen, die vor lauter Hektik nie zur Ruhe kamen, auch junge Menschen, machten plötzlich ausgiebige Spaziergänge (ein Wort, das vorher eher ein Fremdwort war). Bücher lesen wurde plötzlich zum Kult.

Reality Shows wirkten plötzlich grottenpeinlich. Der ganze Trivial-Trash, der unendliche Seelenmüll, der durch alle Kanäle strömte. Nein, er verschwand nicht völlig. Aber er verlor rasend an Wert. Kann sich jemand noch an den Political-Correctness-Streit erinnern? Die unendlich vielen Kulturkriege um … ja um was ging da eigentlich?

Der Gabenzaun im Schatten des Dortmunder U. Foto: Leopold Achilles
Der Gabenzaun im Schatten des Dortmunder U. Foto: Leopold Achilles

Krisen wirken vor allem dadurch, dass sie alte Phänomene auflösen, über-flüssig machen… Zynismus, diese lässige Art, sich die Welt durch Abwertung vom Leibe zu halten, war plötzlich reichlich out. Die Übertreibungs-Angst-Hysterie in den Medien hielt sich, nach einem kurzen ersten Ausbruch, in Grenzen. Nebenbei erreichte auch die unendliche Flut grausamster Krimi-Serien ihren Tipping Point.

Wir werden uns wundern, dass schließlich doch schon im Sommer Medikamente gefunden wurden, die die Überlebensrate erhöhten. Dadurch wurden die Todesraten gesenkt und Corona wurde zu einem Virus, mit dem wir eben umgehen müssen – ähnlich wie die Grippe und die vielen anderen Krankheiten. Medizinischer Fortschritt half.

Aber wir haben auch erfahren: Nicht so sehr die Technik, sondern die Veränderung sozialer Verhaltensformen war das Entscheidende. Dass Menschen trotz radikaler Einschränkungen solidarisch und konstruktiv bleiben konnten, gab den Ausschlag. Die human-soziale Intelligenz hat geholfen. Die vielgepriesene Künstliche Intelligenz, die ja bekanntlich alles lösen kann, hat dagegen in Sachen Corona nur begrenzt gewirkt.

Damit hat sich das Verhältnis zwischen Technologie und Kultur verschoben. Vor der Krise schien Technologie das Allheilmittel, Träger aller Utopien. Kein Mensch – oder nur noch wenige Hartgesottene – glauben heute noch an die große digitale Erlösung. Der große Technik-Hype ist vorbei.

Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)
Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)

Wir richten unsere Aufmerksamkeiten wieder mehr auf die humanen Fragen: Was ist der Mensch? Was sind wir füreinander? Wir staunen rückwärts, wie viel Humor und Mitmenschlichkeit in den Tagen des Virus tatsächlich entstanden ist.

Wir werden uns wundern, wie weit die Ökonomie schrumpfen konnte, ohne dass so etwas wie »Zusammenbruch« tatsächlich passierte, der vorher bei jeder noch so kleinen Steuererhöhung und jedem staatlichen Eingriff beschworen wurde.

Obwohl es einen »schwarzen April« gab, einen tiefen Konjunktureinbruch und einen Börseneinbruch von 50 Prozent, obwohl viele Unternehmen pleitegingen, schrumpften oder in etwas völlig anderes mutierten, kam es nie zum Nullpunkt. Als wäre Wirtschaft ein atmendes Wesen, das auch dösen oder schlafen und sogar träumen kann.

Ein riesiger Komplex ist auf der Westfalenhütte entstanden. 2000 Menschen arbeiten dort.
Einen riesigen Komplex unterhält Online-Versandhändler Amazon auf der Westfalenhütte. Foto: Alex Völkel

Heute im Herbst, gibt es wieder eine Weltwirtschaft. Aber die Globale Just-in-Time-Produktion, mit riesigen verzweigten Wertschöpfungsketten, bei denen Millionen Einzelteile über den Planeten gekarrt werden, hat sich überlebt. Sie wird gerade demontiert und neu konfiguriert.

Überall in den Produktionen und Service-Einrichtungen wachsen wieder Zwischenlager, Depots, Reserven. Ortsnahe Produktionen boomen, Netzwerke werden lokalisiert, das Handwerk erlebt eine Renaissance. Das Global-System driftet in Richtung GloKALisierung: Lokalisierung des Globalen.

Wir werden uns wundern, dass sogar die Vermögensverluste durch den Börseneinbruch nicht so schmerzen, wie es sich am Anfang anfühlte. In der neuen Welt spielt Vermögen plötzlich nicht mehr die entscheidende Rolle. Wichtiger sind gute Nachbarn und ein blühender Gemüsegarten. Könnte es sein, dass das Virus unser Leben in eine Richtung geändert hat, in die es sich sowieso verändern wollte?

Soziale Distanz als neues Miteinander? Die Wirklichkeit im Frühjahr 2020. Foto: Alex Völkel
Soziale Distanz als neues Miteinander? Die Wirklichkeit im Frühjahr 2020. Foto: Alex Völkel

Gegenwartsbewältigung durch Zukunfts-Sprung

Warum wirkt diese Art der »Von-Vorne-Szenarios« so irritierend anders als eine klassische Prognose? Das hängt mit den spezifischen Eigenschaften unseres Zukunfts-Sinns zusammen.

Wenn wir »in die Zukunft« schauen, sehen wir ja meistens nur die Gefahren und Probleme »auf uns zukommen«, die sich zu unüberwindbaren Barrieren türmen. Wie eine Lokomotive aus dem Tunnel, die uns überfährt. Diese Angst-Barriere trennt uns von der Zukunft. Deshalb sind Horror-Zukünfte immer am Einfachsten darzustellen.

Re-Gnosen bilden hingegen eine Erkenntnis-Schleife, in der wir uns selbst, unseren inneren Wandel, in die Zukunftsrechnung einbeziehen. Wir setzen uns innerlich mit der Zukunft in Verbindung, und dadurch entsteht eine Brücke zwischen Heute und Morgen. Es entsteht ein »Future Mind« – Zukunfts-Bewusstheit.

Wenn man das richtig macht, entsteht so etwas wie Zukunfts-Intelligenz. Wir sind in der Lage, nicht nur die äußeren »Events«, sondern auch die inneren Adaptionen, mit denen wir auf eine veränderte Welt reagieren, zu antizipieren.

Das fühlt sich schon ganz anders an als eine Prognose, die in ihrem apodiktischen Charakter immer etwas Totes, Steriles hat. Wir verlassen die Angstsstarre und geraten wieder in die Lebendigkeit, die zu jeder wahren Zukunft gehört.

Viele Menschen haben in der Krise geholfen - so auch die Flüchtlingsinitiative „Train of Hope“. Foto: privat
Viele Menschen haben in der Krise geholfen – so auch die Flüchtlingsinitiative „Train of Hope“. Foto: privat

Wir alle kennen das Gefühl der geglückten Angstüberwindung. Wenn wir für eine Behandlung zum Zahnarzt gehen, sind wir schon lange vorher besorgt. Wir verlieren auf dem Zahnarztstuhl die Kontrolle und das schmerzt, bevor es überhaupt wehtut.

In der Antizipation dieses Gefühls steigern wir uns in Ängste hinein, die uns völlig überwältigen können. Wenn wir dann allerdings die Prozedur überstanden haben, kommt es zum Coping-Gefühl: Die Welt wirkt wieder jung und frisch und wir sind plötzlich voller Tatendrang.

Coping heißt: bewältigen. Neurobiologisch wird dabei das Angst-Adrenalin durch Dopamin ersetzt, eine Art körpereigener Zukunfts-Droge. Während uns Adrenalin zu Flucht oder Kampf anleitet (was auf dem Zahnarztstuhl nicht so richtig produktiv ist, ebenso wenig wie beim Kampf gegen Corona), öffnet Dopamin unsere Hirnsynapsen: Wir sind gespannt auf das Kommende, neugierig, vorausschauend. Wenn wir einen gesunden Dopamin-Spiegel haben, schmieden wir Pläne, haben Visionen, die uns in die vorausschauende Handlung bringen.

Erstaunlicherweise machen viele in der Corona-Krise genau diese Erfahrung. Aus einem massiven Kontrollverlust wird plötzlich ein regelrechter Rausch des Positiven. Nach einer Zeit der Fassungslosigkeit und Angst entsteht eine innere Kraft. Die Welt »endet«, aber in der Erfahrung, dass wir immer noch da sind, entsteht eine Art Neu-Sein im Inneren.

Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)
Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)

Mitten im Shut-Down der Zivilisation laufen wir durch Wälder oder Parks, oder über fast leere Plätze. Aber das ist keine Apokalypse, sondern ein Neuanfang.

So erweist sich: Wandel beginnt als verändertes Muster von Erwartungen, von Wahr-Nehmungen und Welt-Verbindungen. Dabei ist es manchmal gerade der Bruch mit den Routinen, dem Gewohnten, der unseren Zukunfts-Sinn wieder freisetzt. Die Vorstellung und Gewissheit, dass alles ganz anders sein könnte – auch im Besseren.

Vielleicht werden wir uns sogar wundern, dass Trump im November abgewählt wird. Die AFD zeigt ernsthafte Zerfransens-Erscheinungen, weil eine bösartige, spaltende Politik nicht zu einer Corona-Welt passt. In der Corona-Krise wurde deutlich, dass diejenigen, die Menschen gegeneinander aufhetzen wollen, zu echten Zukunftsfragen nichts beizutragen haben.

Wenn es ernst wird, wird das Destruktive deutlich, das im Populismus wohnt. Politik in ihrem Ur-Sinne als Formung gesellschaftlicher Verantwortlichkeiten bekam in dieser Krise eine neue Glaubwürdigkeit, eine neue Legitimität. Gerade weil sie »autoritär« handeln musste, schuf Politik Vertrauen ins Gesellschaftliche.

Auch die Wissenschaft hat in der Bewährungskrise eine erstaunliche Renaissance erlebt. Virologen und Epidemiologen wurden zu Medienstars, aber auch »futuristische« Philosophen, Soziologen, Psychologen, Anthropologen, die vorher eher am Rande der polarisierten Debatten standen, bekamen wieder Stimme und Gewicht. Fake News hingegen verloren rapide an Marktwert. Auch Verschwörungstheorien wirkten plötzlich wie Ladenhüter, obwohl sie wie saures Bier angeboten wurden.

Ein Virus als Evolutionsbeschleuniger

Tiefe Krisen weisen obendrein auf ein weiteres Grundprinzip des Wandels hin: Die Trend-Gegentrend-Synthese. Die neue Welt nach Corona – oder besser mit Corona – entsteht aus der Disruption des Megatrends Konnektivität.

Das solidarische Gefühl - bleibt es auch nach der Corona-Krise? Foto: Alex Völkel
Das solidarische Gefühl – bleibt es auch nach der Corona-Krise? Foto: Alex Völkel

Politisch-ökonomisch wird dieses Phänomen auch »Globalisierung« genannt. Die Unterbrechung der Konnektivität – durch Grenzschließungen, Separationen, Abschottungen, Quarantänen – führt aber nicht zu einem Abschaffen der Verbindungen. Sondern zu einer Neuorganisation der Konnektome, die unsere Welt zusammenhalten und in die Zukunft tragen. Es kommt zu einem Phasensprung der sozio-ökonomischen Systeme.

Die kommende Welt wird Distanz wieder schätzen – und gerade dadurch Verbundenheit qualitativer gestalten. Autonomie und Abhängigkeit, Öffnung und Schließung, werden neu ausbalanciert. Dadurch kann die Welt komplexer, zugleich aber auch stabiler werden. Diese Umformung ist weitgehend ein blinder evolutionärer Prozess – weil das eine scheitert, setzt sich das Neue, überlebensfähig, durch. Das macht einen zunächst schwindelig, aber dann erweist es seinen inneren Sinn: Zukunftsfähig ist das, was die Paradoxien auf einer neuen Ebene verbindet.

Dieser Prozess der Komplexierung – nicht zu verwechseln mit Komplizierung – kann aber auch von Menschen bewusst gestaltet werden. Diejenigen, die das können, die die Sprache der kommenden Komplexität sprechen, werden die Führer von Morgen sein. Die werdenden Hoffnungsträger. Die kommenden Gretas.

Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)
Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (www.horx.com), Foto: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)

„Wir werden durch Corona unsere gesamte Einstellung gegenüber dem Leben anpassen – im Sinne unserer Existenz als Lebewesen inmitten anderer Lebensformen.” (Slavo Zizek im Höhepunkt der Coronakrise Mitte März)

Jede Tiefenkrise hinterlässt eine Story, ein Narrativ, das weit in die Zukunft weist. Eine der stärksten Visionen, die das Coronavirus hinterlässt, sind die musizierenden Italiener auf den Balkonen. Die zweite Vision senden uns die Satellitenbilder, die plötzlich die Industriegebiete Chinas und Italiens frei von Smog zeigen. 2020 wird der CO&sub2;-Ausstoß der Menschheit zum ersten Mal fallen. Diese Tatsache wird etwas mit uns machen.

Wenn das Virus so etwas kann – können wir das womöglich auch? Vielleicht war der Virus nur ein Sendbote aus der Zukunft. Seine drastische Botschaft lautet: Die menschliche Zivilisation ist zu dicht, zu schnell, zu überhitzt geworden. Sie rast zu sehr in eine bestimmte Richtung, in der es keine Zukunft gibt.

Aber sie kann sich neu erfinden.
System reset.
Cool down!
Musik auf den Balkonen!
So geht Zukunft.


Zur Person: Kurzbiografie Matthias Horx
  • Schon als technikbegeisterter Junge in den 60-er Jahren interessierte er sich für die Geheimnisse der Zukunft. Nach einer Laufbahn als Journalist und Publizist entwickelte er sich zum einflussreichsten Trend- und Zukunftsforscher des deutschsprachigen Raums. Er veröffentlichte 20 Bücher, von denen einige zu Bestsellern wurden. Er gründete Deutschlands wichtigsten futuristischen Think-Tank, das Zukunftsinstitut mit Hauptsitz in Frankfurt und Wien.
  • Er steht für eine Futurologie, die nicht jeder Angst oder jedem Technik-Hype hinterherrennt, sondern den Bewusstseinswandel mit einbezieht. „Zukunft entsteht, wenn wir die Welt aus der Perspektive des Morgen betrachten – und unser Geist die Verbindungen zwischen Gegenwart und Zukunft verspürt!“
  • Als leidenschaftlicher Europäer pendelt er zwischen London, Frankfurt und Wien, wo er seit 2010 mit seiner Familie das „Future Evolution House” bewohnt.
  • Matthias Horx‘ Lebensprojekt gilt der Weiterentwicklung der „Futurologie” der 60-er und 70-er Jahre zu einer ganzheitlichen Prognostik – einer interdisziplinären Verbindung von System-, Sozial-, Kognitions- und Evolutionswissenschaften (siehe auch Zukunftsforschung).
  • www.horx.com und www.zukunftsinstitut.de.

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Reaktionen

  1. Wolfgang Richter

    So viel Nachbarschaftshilfe war selten, so zupackenden Staat gab es seit dem Faschismus nicht, so viel Geld war so plötzlich noch nie gedruckt worden, Milliarden Euro Hilfe an die Großen und immerhin Hunderter an die Kleinen wurden noch nie versprochen. So friedfertig wurden Gebote und Verbote, Quarantäne und Notstand in der Republik noch nicht befolgt, so kollektive Vernunft war selten – geht doch. Und sieht gut aus. Vielen scheint es, als machte die Corona-Attacke selbst die notwendige Revolution – gesünderes Klima, gebrauchsfähigen Konsum, freie Autobahnen und Stadtstraßen, weniger Hektik und Stress, mehr Solidarität.

    Philosophen und Dichter, Wissenschaftler und Ärzte, Chefredakteure und Präsidenten reden und schreiben sich jetzt Kopf und Seele frei für einen Weg in eine bessere Zukunft ‚nach Corona‘: Alles wird gut, wir werden endlich in einem Boot sitzen, alle komfortabel und sehr solidarisch, eine neue Volksgemeinschaft ist in Sicht. Beim Lesen und Hören der täglich veröffentlichten Meinungen fällt auf, dass der redenden und schreibenden Elite Worte wie Eigentum und Macht, Ausbeutung und Unterdrückung, Klassen und Klassenkampf jetzt vollends verloren gegangen sind. Sie beschreiben die Zukunft als Weiterführen der Vergangenheit – ganz ohne Revolution.

    Die Corona-Pandemie verändert qualitativ nichts an den Produktionsverhältnissen, sondern stabilisiert sie – die Seuche wird zum Anlass genommen, den Staat weiter auszuplündern, soziale Widersprüche ‚sozial verträglich‘ zu vertiefen, Eingriffe in Grundrechte vorzunehmen, Notstand zu üben und die Verfassung dafür zu ändern. Das passt ins System, dessen Ziel ja nicht Solidarität und Friedfertigkeit ist, sondern Kampf, Konkurrenz und alle Formen von Krieg. Dieses Prinzip zu ändern – dafür braucht es allerdings Revolution. Es kommt darauf an, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“

  2. ATTAC: Die Welt nach Corona – Neues ökonomisches Denken für eine andere Globalisierung

    ATTAC: Die Welt nach Corona – Neues ökonomisches
    Denken für eine andere Globalisierung

    Die Chance und die Notwendigkeit für eine grundsätzliche Änderung ist
    da. Die Maßnahmen gegen das Virus zeigen: Politik kann sich ändern, wenn
    eine veränderte Lage es notwendig macht. Beim Thema „Klima“ allerdings,
    der viel größeren Bedrohung, mangelt es tatsächlich immer noch vielfach
    am nötigen Willen.

    Freihandelsverträge wie CETA z.B. beschränken den
    politischen Handlungsspielraum in praktisch allen Bereichen.
    So kann es ganz offenbar nicht weitergehen. Die ökonomische Theorie ist
    aktuell Teil des Problems: Aufgrund ihrer nach wie vor
    wirtschaftsliberalen Ausrichtung hilft sie, das derzeitige globalisierte
    System unverändert zu propagieren – auch gegen den Fortgang der
    Wissenschaften.

    Der Referent, Dr. Thomas Köller, Lehrbeauftragter an der
    FH Dortmund und einer der Handelsexperten von Attac, entwickelt in
    seinem Vortrag klare Leitplanken für das notwendige, neue ökonomische
    Denken und entsprechende Perspektiven für eine andere, für Klima und
    Mensch verträglichere Globalisierung.

    Die Veranstaltung findet online und zugleich als Telefonkonferenz am
    kommenden Montag, 18.5., ab 19 Uhr statt. Anmeldung über das
    Kontaktformular auf der Seite http://www.attac.de/dortmund oder unter Tel.
    (0231) 77 39 29.

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