Der Rat der Stadt Dortmund gibt grünes Licht: Auch Eving soll eine Gesamtschule erhalten

Die Verwaltung muss nun einen geeigneten Standort finden

Die Bauarbeiten an der Anne-Frank-Gesamtschule gehen gut voran.
Die  Anne-Frank-Gesamtschule in der Nordstadt platzt aus allen Nähten. Daher soll der Stadtbezirk Eving nun auch eine eigene Gesamtschule bekommen. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Dortmund schickt die überarbeitete Schulentwicklungsplanung auf den Weg: Die Herausforderungen sind riesig – denn die Zahl der Schüler:innen ist in vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Insbesondere an Grundschulen sowie Gesamtschulen gibt es besonderen Bedarf. Dem trägt die Stadt nun Rechnung. So soll nun auch (endlich) der Stadtbezirk Eving eine Gesamtschule bekommen.

Schüler:innen aus Eving müssen bisher bis zu einer Stunde Schulweg in Kauf nehmen

Die Johann Gutenberg Realschule in Dortmund-Hörde soll in eine vierzügige Gesamtschule umgewandelt werden. Der Betriebsbeginn könnte hier voraussichtlich zum Schuljahr 2023/24 starten.
Die Johann Gutenberg Realschule in Dortmund-Hörde wird in eine vierzügige Gesamtschule umgewandelt. Eving soll nun auch eine Gesamtschule bekommen. Foto: Johann Gutenberg Realschule

Die Bezirksvertretung Eving setzt sich seit dem Jahr 2016 für die Einrichtung einer Gesamtschule in ihrem Stadtbezirk ein. Außer in Aplerbeck hat jeder Stadtbezirk mindestens eine.

Das Argument, für die Einrichtung müssten erst Gespräche mit den Nachbarkommunen geführt werden, halten die Evinger:innen für vorgeschoben: „Die erforderlichen Gespräche mit den Nachbargemeinden hätten längst geführt werden können“, heißt es in einer Stellungnahme an den Rat.

Martin Schmitz ist Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Dortmund-Eving. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Es ist nicht länger hinnehmbar, dass Evinger Schülerinnen und Schüler die weiten Fahrstrecken  – teilweise über eine Stunde – in Kauf nehmen müssen. Das ist eine Ungleichbehandlung unserer Schülerinnen und Schüler im gesamtstädtischen Vergleich. Nicht nur in Dortmund, sondern auch in der in der Vorlage erwähnten Nachbargemeinde gibt es viele Neubauprojekte, die bei Neuplanungen von Schulen berücksichtigt werden sollten.“ 

Dem wird nun im Stadtrat Rechnung getragen: Die Gesamtschule in Eving soll kommen. Das wurde mit großer Mehrheit – gegen die Stimmen der CDU – beschlossen. „Das ist ein historischer Beschluss für Eving. Mit einer neuen Gesamtschule schaffen wir mehr Bildungsgerechtigkeit. Zukünftige Schülergenerationen werden nicht mehr lange Wege bis nach Waltrop, Lünen oder durch die halbe Stadt zurücklegen müssen, um die Schulart ihrer Wahl besuchen zu können“, betont Martin Schmitz, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Dortmund-Eving.

CDU kritisiert, dass Gesamtschulen den Haupt- und Realschulen das Wasser abgraben

Dr. Eva-Maria Goll ist schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion.
Dr. Eva-Maria Goll ist schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion.

„Dass der Bedarf für eine Gesamtschule da ist, steht außer Frage. Eving wächst aufgrund der vielen Neubauprojekte, allen voran der Brechtener Heide. Zugleich kann die nächst gelegene Gesamtschule – die Anne-Frank-Gesamtschule in der Nordstadt – schon heute nicht mehr die Nachfrage decken“, so Schmitz.

Der Rat hatte – wie schon die Fachgremien zuvor – erneut kontrovers über das Thema diskutiert. Vor allem die CDU argumentierte gegen die Neugründung von weiteren Gesamtschulen. Der Übergang von der Vorhersage zur bewussten Steuerung der Bedarfe sei fließend. Abhängig von Schulformen könne dies unterschiedlich dargestellt und interpretiert werden, machte Dr. Eva-Maria Goll (CDU) deutlich. 

Sie kritisierte, dass damit den Haupt- und Realschulen das Wasser abgegraben werde. Dortmund sei auf dem Weg in ein zweigliedriges Schulsystem: Künftig gebe es nur nur noch Gymnasien und Gesamtschulen, die so heißen, weil es Real- und Hauptschulen nicht mehr geben werde. „Dieses Ziel wird von interessierten Kreisen schon lange verfolgt“, so Goll.

„Wir haben das ausführlich diskutiert und die CDU reitet ein totes Pferd“

Petra Dresler-Döhmann (Die Linke+)
Petra Dresler-Döhmann (Die Linke+) Foto: Klaus Hartmann

Eine Kritik, die von SPD, Grünen und Linken abermals zurückgewiesen wurde:  Petra Dresler-Döhmann (Die Linke+) erinnerte an den langen Kampf für eine Gesamtschule. Die Gesamtschule Scharnhorst wurde 1969 eröffnet und war eine der ersten des Landes.

„Die Gesamtschule ist sehr nachgefragt und die einzige Schulform, die zur Integration bildungsschwacher Schichten führen kann“, so die Bildungspolitikerin. 

 „Daher begrüßen wir die Umwandlung und Neugründung.“ Dennoch gebe es ein Übergewicht: Es gebe nur elf Gesamtschulen, aber 14 Gymnasien. Hinzu kämen noch die Real- und Hauptschulen sowie die Privatschulen. „Wir haben weiterhin  ein deutliches Übergewicht der segregativen Schulformen“, so Dresler-Döhmann.  

Roland Spieß (SPD)
Roland Spieß (SPD) Foto: SPD-Ratsfraktion

„Wir haben das ausführlich diskutiert und die CDU reitet hier ein totes Pferd“, kritisierte Roland Spieß. Dass eine weitere Gesamtschule nötig sei, sei offensichtlich. „Der Schulentwicklungsplan unterstützt uns da. Ich hoffe, dass Eving eine Gesamtschule bekommen kann und wird.“

Bereits in der im Juni stattgefundenen Sitzung des Schulausschusses wurde mit großer Mehrheit beschlossen, die Gesamtschule in Eving zu realisieren. Diesem Beschluss folgte der Rat nun ebenfalls. Die Verwaltung ist damit aufgefordert, für die Umsetzung dieses Beschlusses Sorge zu tragen.

„Die Anmeldezahlen zeigen, dass wir eine Gesamtschule mehr brauchen“

Katrin Lögering  (Grüne) Foto: Die Grünen Dortmund

„Die Anmeldezahlen zeigen, dass wir eine Gesamtschule mehr brauchen“, ergänzt Kartin Lögering (Grüne). Die neue Gesamtschule im Süden habe aus dem Stand die nötigen Anmeldezahlen erreicht. Nun gehe es darum, im Norden eine weitere Gesamtschule zu realisieren.

Auch Antje Joest (FDP/ Bürgerliste) pflichtete dem bei: „Wir stimmen zu, obwohl wir nie Befürworter der Gesamtschule waren. Aber in Eving fehlt eine Gesamtschule.“

Fabian Erstfeld, Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion
Fabian Erstfeld, Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion Foto: Stephan Schuetze

„Die CDU weint hier Krokodilstränen“, betonte Fabian Erstfeld (SPD). Er verwies auf den 2011 getroffenen Schulkonsens der rot-grünen Landesregierung, der ein mehrgliedriges Schulsystem vorsah.

„Dieser Kompromiss läuft aus. Ich kann nicht verstehen, dass dem nachgetrauert wird. Die abgesicherte Mehrgliedrigkeit führt vielerorts nur zu Zweigliedrigkeit – auch bei CDU-regierten Ländern im Osten“, so Erstfeld. „Wir hätten gerne mehr gemeinsames Lernen. Aber auf Landesebene gab es keine Reaktion. In Dortmund bewegen wir uns auf dem Boden des Möglichen.“

Andrea Keßler (SPD)
Andrea Keßler (SPD) Foto: SPD-Ratsfraktion

„Nach vielen Jahren sind die Weichen gestellt, dass unsere Evinger Kinder nicht mehr auspendeln müssen. Wir haben in der Ratssitzung die politische Entscheidung für eine Gesamtschule für Eving getroffen“, ergänzt Andrea Keßler (SPD).

„Ich freue mich sehr, dass wir das gemeinsam mit  einer großen Mehrheit im Rat aus Bündnis 90/ Die Grünen, Linke+ und FDP/BL endlich geschafft haben und damit einen großen Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit gehen“, so die SPD-Ratsvertreterin für Eving.

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Reaktionen

  1. SPD Eving fordert verkehrsverträgliche Anbindung der geplanten Gesamtschule (PM)

    Der SPD-Ortsverein Eving begrüßt die Pläne zum Bau einer neuen Gesamtschule im Stadtbezirk Eving, stellt jedoch klare Bedingungen an die verkehrliche Erschließung des Standorts. In seiner Sitzung am gestrigen Abend hat der Ortsverein einen entsprechenden Antrag einstimmig beschlossen.

    „Eine neue Gesamtschule ist für unseren Stadtbezirk längst überfällig“, betont Martin Schmitz, Vorsitzender der SPD Eving. „Doch sie wird nur Akzeptanz finden, wenn die Anbindung durchdacht und für Anwohnende wie Verkehrsteilnehmende tragbar ist.“ Die SPD Eving macht daher deutlich: Sie wird einem Neubau am Schulzentrum Schulte-Rödding nur dann zustimmen, wenn die Erschließung über die Derner Straße, die Walther-Kohlmann-Straße oder die Kemminghauser Straße erfolgt. Eine Anbindung über die Preußische Straße sowie die angrenzenden Straßen der Kirdorf-Siedlung lehnen die Mitglieder des Ortsvereins entschieden ab.

    Hoher Bedarf – aber nicht um jeden Preis

    Dortmund wächst, und besonders der Bedarf an Plätzen an Gesamtschulen steigt seit Jahren an. Im Stadtbezirk Eving gibt es bislang keine solche Schulform, sodass viele Schülerinnen und Schüler täglich bis nach Lünen oder Waltrop pendeln müssen – für die Evinger SPD ein unhaltbarer Zustand und eine zusätzliche Belastung für Familien.

    „Die SPD Eving setzt sich deshalb seit vielen Jahren für eine neue Gesamtschule im Stadtbezirk ein“, erklärt Schmitz. Hierfür hatte der SPD-Ortsverein ursprünglich den Externberg vorgeschlagen, da Lage und ÖPNV-Anbindung hier perfekt gewesen wären. Den von der Stadt Dortmund vorgeschlagenene Kompromiss am Schulzentrum Schulte-Rödding sei man dennoch bereit mitzutragen – allerdings nicht unter Verschlechterung der Verkehrssituation in den angrenzenden Wohngebieten.

    Anbindung über die Kirdorf-Siedlung nicht vertretbar

    Bereits heute führen die schmalen Anliegerstraßen der Kirdorf-Siedlung den Verkehr für das Heisenberg-Gymnasium, die Theodor-Heuss-Realschule und die Sporthallen. Besonders morgens kommt es dort regelmäßig zu Rückstaus, gefährlichen Situationen und großem Stress für alle Beteiligten.

    „Viele der aktuellen Diskussionen wären gar nicht nötig, wenn wir alle gemeinsam zu mehr Eigenständigkeit der Kinder beitragen würden“, betont der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Eving. „Es kann nicht sein, dass wir an unseren Schulen quasi einen Drive-In-Schalter benötigen, an dem Kinder und Jugendliche bis direkt vor das Schultor gefahren werden. Das überlastet nicht nur die Straßen, sondern gefährdet auch die Sicherheit aller. Wir müssen Eltern stärker in die Verantwortung nehmen, unnötige Fahrten zu vermeiden und ihren Kindern zuzutrauen, Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Bus selbstständig zu bewältigen.“

    Mit einer weiteren, dritten Großschule am Standort würden künftig mehr als 3.000 Schülerinnen und Schüler sowie mehrere Hundert Lehrkräfte täglich in das Gebiet strömen. Aus Sicht der SPD ist klar: „Diese zusätzlichen Verkehrsströme sind den Anwohnerinnen und Anwohnern der Kirdorf-Siedlung nicht zuzumuten.“

    Anbindung von Osten als beste Lösung

    Um Verkehrschaos, Lärm und zusätzliche Abgasbelastung in den Wohngebieten zu vermeiden, fordert der SPD-Ortsverein Eving die Erschließung des neuen Schulstandorts über die großen Verkehrsachsen östlich oder nördlich der Schulen. Diese Lösung sei aus Sicht der SPD die sinnvollste und zugleich sicherste – insbesondere für Kinder und Jugendliche, die täglich mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit dem Bus zur Schule kommen.

    „Vielleicht ist dieser Weg für die Verwaltung nicht der bequemste“, heißt es im Beschluss. „Aber er ist der einzige, der die Interessen von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Anwohnern gleichermaßen berücksichtigt.“

    Der SPD-Ortsverein Eving appelliert an Verwaltung und Politik, die Verkehrsbelastung ernst zu nehmen und eine zukunftsfähige Lösung umzusetzen, die dem wachsenden Stadtbezirk gerecht wird.

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