Außerordentliche Betriebsversammlung bei Thyssen Krupp Steel zur Fusion mit Tata: Viele Fragen – keine Antworten

Neue Entwicklungen auf dem Gelände der ehemaligen Westfalenhütte
Hoffnungen auf neue Investitionen brauchen sich Dortmunder wohl vorerst nicht machen. Archivbild: Klaus Hartmann

Zur Stunde (7. Oktober 2017/ 14.30 Uhr)  gibt es außerordentliche Betriebsversammlungen bei allen ThyssenKruppSteel-Standorten – so auch auf der Westfalenhütte in der Nordstadt: Denn die KollegInnen treiben wegen der geplanten Fusion mit dem indischen Stahlgiganten Tata existenzielle Sorgen um. Doch viel mehr als Kritik am Unternehmen gab es nicht: Die Betriebsräte und die IG Metall haben viele Fragen – doch Antworten bekommen sie (fast) keine.

Vorerst wird es wohl keine neuen Investitionen in Dortmund geben

Bis zum Jahresende soll die Fusion unter Dach und Fach sein. Daher hat die IG Metall zehn Forderungen bzw. Kernfragen formuliert. Doch bei den Gesprächen ist bisher nichts zu den wichtigen Themen gekommen. „Wie wollen wissen, wie das Produktionsnetzwerk künftig aussehen soll. Doch zu Standorten, Anlagen und Beschäftigten haben wir keinerlei Informationen bekommen“, ärgert sich die Dortmunder Betriebsratsvorsitzende Sabine Birkenfeld.

Ähnlich ist das bei Investitionen. Dortmund und Duisburg hatten sich Hoffnung auf eine neue Feuerbeschichtungsanlage gemacht, weil die Produktion bis zum Anschlag ausgelastet ist. Doch die millionenschwere Investition scheint vorerst abgeblasen. Angegangen werden nur noch bereits beschlossene Investitionen – das war allerdings hier nicht der Fall.

Mitbestimmung sieht für die BetriebsrätInnen und GewerkschafterInnen anders aus: „Sie wollen eine Blanko-Beteiligung, ohne Kernfragen zu beantworten“, moniert die Dortmunder Arbeitnehmervertreterin. „Wir kriegen keine verbindlichen Aussagen – das sind schlechte Botschaften für die Belegschaften.“

Sorge der Betriebsräte: Ein riesiger Schulden-Pool und ein Abfluss von Gewinnen

Sabine Birkenfeld ist Betriebsrats-Vorsitzende bei Thyssen Krupp Steel in Dortmund.
Sabine Birkenfeld ist Betriebsrats-Vorsitzende bei von ThyssenKruppSteelEurope in Dortmund.

Klar ist nur, dass beide Unternehmen rund 6,5 Milliarden Euro Schulden in die neue Firma einbringen – im wesentlichen sind das Pensionsverpflichtungen. Doch wie sieht es mit Eigenkapital und dem Cashflow aus? Gibt es überhaupt ausreichend Barmittel oder besteht das Eigenkapital nur aus gebundenen Mitteln wie Anlagen? Kann aus dem Unternehmen überhaupt etwas werden oder ist es nur ein Schuldenpool? Fragen über Fragen – aber keine Antworten.

Schon die Begründung für die Fusion – man wolle die Überkapazitäten auf dem europäischen Markt besser in den Griff bekommen, stellt Birkenfeld in Abrede. Angeblich sollen nach der Fusion eine Millionen Tonnen Stahl aus Indien in den europäischen Markt fließen. „Das passt alles nicht zusammen“, wundert sich die Dortmunderin.

Die Frage nach der Zukunft der bisher in Deutschland gültigen Mitbestimmung der Belegschaft bleibt offen. Denn der neue Unternehmenssitz soll in Holland sein. Damit werde die bisherige Mitbestimmung ausgehebelt. Die Sorge ist zudem, dass die Holding vor allem die Gewinne abschöpft. „Es gibt aber keine Auffang- und Sicherungslinien, wenn es mal schlecht läuft – wie so häufig beim Stahl“, so Birkenfeld.

Schlechte Erfahrungen mit einer Holding haben vor allem die alten Hoeschianer gemacht. Schon bei Krupp-Hoesch gab es eine Holding, die das Tafelsilber vom Tisch geholt habe – damals waren auch Holländer mit im Boot. Bei der Fusion mit Thyssen – „eigentlich eine feindliche Übernahme“ – habe es wenigstens Klarheit gegeben.

„Damals wurde wenigstens gesagt, dass Dortmund den Bach runterging“

Damals habe es ein „Memorandum of Understanding“ gegeben. „Da stand drin, dass Dortmund den Bach runterging. Jeder konnte es nachlesen. Heute gibt es auch ein Memorandum. Aber keiner von uns weiß, was darin steht“, ärgert sich die Betriebsratsvorsitzende.

Auch Unternehmensvorstände können oder wollen dazu nichts sagen. Das wurde bei sogenannten Werkbereisungen von Vorständen deutlich, die für die Fusion werben wollten. Doch sie machten sich nur lächerlich, weil sie keine Fragen beantworteten. Doch Antworten fordert die Belegschaften ein. Wenn es diese nicht gibt, wird es am 23. November eine Großkundgebung in Andernach geben.

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