„Für die Würde unserer Städte“: Gespräche im Bundestag und Kanzleramt

Aktionsbündnis für finanzschwache Kommunen erlebt in Berlin wichtigen Rückhalt

Aktionsbündnis "Für die Würde unserer Städte". Rund 50 Stadtchefs und ihre Kämmerer vertreten rund 8 Millionen Bundesbürger in Berlin. Oberbürgermeisterinnen, Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen, Bürgermeister und Kämmerer von 47 finanziell um ihre politische Gestaltungsfähigkeit ringende Kommunen aus sieben Bundesländern sprechen mit Bundestagsvizepräsident Peter Hintze und Vertretern aller Bundestagsfraktionen. Sprecher des Aktionsbündnisses, Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (Mülheim an der Ruhr) und Oberbürgermeister Peter Jung (Wuppertal). Pressefototermin auf dem "Platz der Republik“ vor dem Reichstag, Berlin. 24.02.2015 Foto: Walter Schernstein/ Bündnis
Seit dem Jahr 2015 (Archivfoto) fordert das Aktionsbündnis eine Altschuldenlösung. Jetzt waren die Kommunen erneut in Berlin.

Archivfoto: Walter Schernstein/ Bündnis

Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ hat bei seinem Besuch in der Hauptstadt Unterstützung von der Bundestagspräsidentin und aus dem Kanzleramt erfahren. Die finanzschwachen Kommunen erinnerten daran, dass die Koalition ihre Versprechen zur verbesserten Finanzausstattung noch nicht eingelöst hat. Zudem forderten sie einen Rettungsschirm für Stadtwerke.

Steigende Preise und Zinsen bedrohen die Handlungsfähigkeit der Kommunen

Die finanzschwachen Kommunen in Deutschland geraten immer mehr in Not. Die Folgen des Ukrainekriegs, die steigenden Preise und Zinsen bedrohen die Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden akut. Da in Berlin bisher keine angemessene Reaktion auf diese dramatische Lage zu erkennen ist, sind Vertreterinnen und Vertreter des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ nun erneut in die Hauptstadt gefahren. Dort haben sie bei Gesprächen im Bundestag, im Kanzleramt und mit den Parteien ihre Situation erläutert sowie Regierung und Koalition an ihre Zusagen erinnert.

Die Ampel hat an mehreren Stellen in ihrem Koalitionsvertrag Ende 2021 den finanzschwachen Kommunen Unterstützung zugesagt: Der Bund werde seinen Teil zur Altschuldenlösung beitragen und 2022 Gespräche dazu führen.

Er werde finanzschwache Kommunen bei Investitionen in Zukunftsthemen wie Klimaschutz und Digitalisierung zusätzlich unterstützen. Und er werde kommunale Förderprogramme entbürokratisieren und dort, wo möglich, sinnvoll bündeln. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Christian Lindner haben das Versprechen einer Altschuldenlösung im Laufe dieses Jahres bekräftigt – auch nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine.

Bas: „Wir müssen die Kommunen vom Mühlstein der Altschulden befreien“

Das Aktionsbündnis traf unter anderem im Bundestag mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zusammen.
Das Aktionsbündnis traf unter anderem im Bundestag mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zusammen. Foto: Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“

Mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sprach das Aktionsbündnis über die zahlreichen Probleme und die Verunsicherung der Menschen vor Ort. Dabei wurde die Bedeutung der Kommunen als „Kern der Demokratie“ betont und die Wichtigkeit ihrer auskömmlichen Finanzausstattung.

„Als Bundestagspräsidentin ist mir wichtig, dass wir zusammenhalten und das Land möglichst allen Menschen gleichwertige Lebensverhältnisse bietet. Das ist die Grundvoraussetzung einer gut funktionierenden Demokratie. Lebensqualität entscheidet sich vor Ort. Es sind die Städte und Gemeinden, die den Menschen gute Schulen, Kitas, Schwimmbäder oder Bibliotheken bereitstellen“, sagte Bärbel Bas nach dem Gespräch.

„Es sind die vielen meist ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die den direkten Kontakt zu den Menschen haben und besonders wichtig für unsere Demokratie sind. Deshalb habe ich das Bündnis ,Für die Würde unserer Städte‘ gerne zum Austausch im Deutschen Bundestag getroffen. Als Duisburger Bundestagsabgeordnete bin ich persönlich schon seit vielen Jahren überzeugt: Wir müssen die Kommunen vom Mühlstein der Altschulden befreien. Dieser Schritt darf auch wegen der wieder steigenden Zinsen nicht weiter aufgeschoben werden“, so die Bundestagspräsidentin.

Noch dieses Jahr will der Bund einen Vorschlag zum Altschuldenlösung machen

Staatsministerin Sarah Ryglewski, im Bundeskanzleramt verantwortlich für die Bund-Länder- Beziehungen, sagte im Austausch mit „Für die Würde unserer Städte“, dass noch dieses Jahr ein Vorschlag zum Altschuldenlösung des Bundes vorgelegt werde. Das Modell sei angelehnt an das Konzept, dass das Bundesfinanzministerium unter Olaf Scholz in der vorherigen Legislaturperiode entwickelt habe. Ein Vorzug dessen sei, dass Länder, deren Kommunen nicht betroffen sind, dafür auch nicht bezahlen müssten.

Auch im Bundeskanzleramt waren die Vertreter:innen der Kommunen zu Gast.
Auch im Bundeskanzleramt waren die Vertreter:innen der Kommunen zu Gast. Foto: Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“

Mit Blick auf die Förderungen kommunaler Investitionen erklärte die Staatsministerin, dass es aktuell eine Schieflage gebe, die die Bundesregierung auflösen wolle. Finanzschwache Kommunen kämpfen an dieser Stelle mit dem Problem, dass sie Förderprogramme nicht in Anspruch nehmen können – weil sie kein Personal für die Antragstellung, keine ausreichenden Eigenmittel und/oder keine Möglichkeiten haben, die damit verbundenen Personalkosten zu tragen.

Das Aktionsbündnis unterstützte in den Gesprächen die Forderung nach einem Rettungsschirm für Stadtwerke. Die massiv gestiegenen Preise in der Energiebeschaffung und drohende Zahlungsausfälle bei den Kunden verschärfen massiv die Lage der Unternehmen. Wenn sie in Schieflage gerieten, könnten elementare Dienstleistungen in den Kommunen nicht mehr erbracht werden. Neben der Energie betrifft dies auch Wasserversorgung, Müllabfuhr und Straßenreinigung. Ein wirkungsvoller Rettungsschirm müsse einen staatlichen Bürgschaftsrahmen, Liquiditätshilfen bei der Energiebeschaffung und Unterstützung bei Zahlungsausfällen umfassen, so „Für die Würde unserer Städte“.

Bereits vor dem Besuch in Berlin hatte das Bündnis mit einer besonderen Aktion auf die sehr schwierige Lage aufmerksam gemacht. Die Mitgliedskommunen schickten Postkarten an die Bundestagsabgeordneten der Ampel-Koalition aus ihrer Region. Die Karten zeigen den satirischen Wagen, mit dem das Aktionsbündnis vor einem Jahr in Berlin war. Auf dem Wagen war ein Esel mit großen Säcken auf dem Rücken zu sehen, die ihn in die Knie zwingen. Auf der Postkarte steht passend dazu „Helfen Sie Ihrer Kommune, damit sie nicht unter ihren Lasten zusammenbricht“.

Weitere Informationen: Das ist das Aktionsbündnis

  • Die Städte und Kreise Im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben sich 63 Kommunen aus sieben Bundesländern zusammengeschlossen, in denen rund 8,5 Millionen Menschen leben.
  • Die Kommunen waren besonders vom Strukturwandel betroffen, deshalb haben sie geringe Einnahmen aus Steuern und hohe Ausgaben, insbesondere im Sozialbereich.
  • Infolgedessen sind die Kommunen besonders benachteiligt durch die beschriebene Finanzverteilung und waren in besonderem Maße gezwungen, Schulden zu machen, um die ihnen auferlegten Aufgaben erfüllen zu können.
  • Bündnis-Mitglieder sind: Bochum, Bottrop, Brandenburg an der Havel, Cottbus, Cuxhaven, Dinslaken, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Ennepe-Ruhr-Kreis, Essen, Frankenthal, Geestland, Gelsenkirchen, Ginsheim-Gustavsburg, Gladbeck, Hagen, Hamm, Hattingen, Herne, Kaiserslautern, Koblenz, Krefeld, Lahnstein, Leverkusen, Löhne, Ludwigshafen, Lünen, Mainz, Mayen, Mettmann, Moers, Mönchengladbach, Mörfelden-Walldorf, Mülheim an der Ruhr, Neustadt an der Weinstraße, Neuwied, Oberhausen, Obertshausen, Offenbach, Pirmasens, Recklinghausen, Kreis Recklinghausen, Remscheid, Saarbrücken, Salzgitter, Schwerin, Schwerte, Solingen, Trier, Kreis Unna, Voerde, Völklingen, Waldbröl, Werne, Wesel, Kreis Wesel, Wismar, Witten, Worms, Wülfrath, Wuppertal und Zweibrücken.
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Reaktionen

  1. Schwarz-Grüne Koalition hält Versprechen zu Altschulden (PM Michael Röls-Leitmann – GRÜNEN-MdL)

    Gute Nachrichten für Dortmund: Die Lösung für kommunale Altschulden kommt. Die Landesregierung in NRW bringt das auf den Weg, was viele Kommunen seit Jahren zurecht fordern: eine Lösung für die verschuldeten Kommunen, die ihnen Handlungsfähigkeit und Zukunftsinvestitionen ermöglichen wird. Deshalb wird das Land Nordrhein-Westfalen mit der Gemeindefinanzierung 2024 in eine Lösung für die kommunale Altschuldenproblematik einsteigen. In einer Kooperation mit dem Bund sollen die benötigten 19,7 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. NRW geht hier voran und sagt das benötigte Geld frühzeitig zu. Die Eckdaten der Altschuldenlösung hat die Landesregierung heute in einer Pressemitteilung bekanntgegeben.

    Für Dortmund wird die Altschuldenlösung des Landes eine wichtige Entlastung darstellen. Die Handlungsfähigkeit der Stadt Dortmund für wichtige Zukunftsprojekte, wie z.B. die Investition in Schulen, den Öffentlichen Nahverkehr oder in eine klimaneutrale Wärmeversorgung vor Ort wird damit gestärkt. Zudem wird das Land NRW ein Investitionsprogramm in Höhe von sechs Milliarden Euro für Klimaschutz und Klimaanpassung in den Kommunen zur Verfügung stellen. Mit diesem Programm können Kommunen wie Dortmund künftig noch stärker in Klimaschutz vor Ort investieren.

    Es ist ein historischer Fortschritt, dass wir nach jahrelangen Verhandlungen und Unsicherheit vor Ort eine Perspektive eröffnen. Ich freue mich sehr, dass Dortmund mit der Altschuldenlösung und dem neuen Klimaschutz-Investitionsprogramm die Möglichkeit haben wird, auf finanziell sicheren Fundamenten die Herausforderungen der klimaneutralen und sozial gerechten Transformation anzugehen! Gleichzeitig muss der Bund nun seiner Zusage, die anderen fünfzig Prozent der Altschulden zu übernehmen, schnellstmöglich nachkommen.

    Auch für die Ratsfraktion der GRÜNEN in Dortmund sind dies gute Nachrichten: „Wir sind froh, dass jetzt für die Altschulden der Kommunen ein Lösungsvorschlag auf dem Tisch liegt und die Landesregierung sich eines der drängendsten Themen in den Kommunen annimmt.

    Auch die Stadt Dortmund leidet seit Jahren unter einer hohen Schuldenlast. Es sind vor allem die immer mehr werdenden Aufgaben im sozialen Bereich, die den Kommunen von Land und Bund aufgegeben werden, ohne sie mit den dafür benötigten Finanzmitteln auszustatten. Das beeinträchtigt nicht nur nötige Investitionen und die Sicherung freiwilliger Leistungen, sondern birgt vor allem ein hohes finanzielles Risiko, wenn, wie jetzt, die Zinsen steigen.

    Bereits 2019 haben die GRÜNEN im Dortmunder Rat für eine Lösung der Altschuldenproblematik plädiert. Es ist gut, wenn das Land jetzt sein Versprechen einlöst und das Heft in die Hand nimmt. Mit der Vorleistung des Landes kommt nun auch der Bund in Zugzwang, sich an der Lösung der Altschuldenproblematik zu beteiligen. Wir sind gespannt, wie die konkreten Auswirkungen dann für Dortmund aussehen werden“.

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