AGNRW-Jugendaustausch: Deutsche und israelische Jugendliche bauen Brücken in eine bessere Zukunft

 25 Jugendliche aus Dortmund und der israelischen Stadt Azur haben in Atelier „Inicio“ kreativ gearbeitet.
Brücken bauen war das Thema des Kreativ-Workshops im Atelier „Inicio“.

Einträchtig arbeiten 25 Jugendliche aus Dortmund und der israelischen Stadt Azur im Atelier „Inicio“ in der westlichen Innenstadt. Fünf erlebnisreiche Tage liegen hinter ihnen, noch mehr gemeinsame Tage vor ihnen. Ein guter Zeitpunkt, sich künstlerisch mit der Frage „Brücken bauen – Was heißt das für uns?“ auseinanderzusetzen.

Erstmals Kreativworkshop im Rahmen des deutsch-israelischen Jugendaustauschs

In einem mehrstündigen Workshop mit der in Dortmund lebenden argentinischen Künstlerin Virginia Novarin und dem Dortmunder Fotodesigner Josef H. Neumann diskutierten und entwickelten sie ihre Ideen zum Brücken bauen im persönlichen Umfeld und drückten sie künstlerisch mit Pinsel, Farben und Kamera aus.

Der Kreativworkshop war ein neuer Baustein im Rahmen des deutsch-israelischen Jugendaustausches Building Bridges 2015, den die Auslandsgesellschaft NRW e.V. seit dem Jahr 2009 regelmäßig organisiert.

Jugendliche entdecken mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes

 25 Jugendliche aus Dortmund und der israelischen Stadt Azur haben in Atelier „Inicio“ kreativ gearbeitet.
Frieden, Freundschaft, Völkerverständigung sind Themen der künstlerischen Arbeiten. Fotos: Alex Völkel

Das Spannende dabei: Was ist den deutschen und israelischen Jugendlichen gemeinsam? Was trennt sie?

Das Wichtigste vorab: Sie haben viel mehr Gemeinsamkeiten, als sie vielleicht erwartet hätten. Das, was sie unterscheidet, ist oft nur der Umgebung geschuldet.

So war Reef (15) von den vielen großen Bäumen begeistert. Und selbst dem Regen zu Beginn der Reise konnten sie Positives abgewinnen. Schließlich gibt es solche Regenschauer  – zumindest im Sommer – in Israel nicht.

Dafür ist Tobias (17) von den vielen Stränden und den arabischen Märkten in Israel fasziniert. Er hat – im Gegensatz zu den anderen deutschen Teilnehmern des Austausches – Israel bereits besucht. Seine Schwester hat dort einen Auslandsaufenthalt gehabt.

Viele deutsche Eltern haben Vorbehalte gegen eine Israel-Reise

Nun möchte er das Land erneut besuchen – als Gast einer israelischen Familie. Für die Herbstferien ist der Gegenbesuch in Azur – eine 12.000 Einwohner zählende Kleinstadt unweit von Tel Aviv – geplant. 13 israelische Gäste, 12 deutsche Gastgeber sind derzeit in Dortmund zusammen unterwegs.

„Wir hatten noch nie so große Schwierigkeiten, deutsche Gastgeber zu finden“, räumt Claudia Steinbach ein. Die Leiterin des Auslandsinstituts der Auslandsgesellschaft hat gemeinsam mit Marga Schiolko von der hauseigenen Reiseabteilung das Programm organisiert. Die Vorbehalte der deutschen Eltern – zumindest bei denen ohne Erfahrungen mit Israel – sind groß.

Nachhaltiger Austausch – viele ehemalige Teilnehmer pflegen Kontakte weiter

 25 Jugendliche aus Dortmund und der israelischen Stadt Azur haben in Atelier „Inicio“ kreativ gearbeitet.
Was eint, was trennt, was kann verbinden? Fragestellungen des Kreativworkshops.

Das wird allerdings anders, wenn sie mal israelische Gäste hatten. Viele ehemalige Teilnehmer der Austausche haben den Kontakt weiter gepflegt und sich auch anschließend besucht. Auch die Eltern haben sich teilweise auf die Reise gemacht, weil sie nun auch Israel sehen und erleben wollten.

Das Besondere: Vier ehemalige Teilnehmer aus Dortmund haben in der Zwischenzeit ein freiwilliges soziales Jahr in Israel gemacht. „Das ist ein besonderes Zeichen, dass der Austausch nachhaltig angelegt ist“, freut sich Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft NRW, der im Atelier vorbeischaute. „Das ist Völkerverständigung im besten Sinne.“

Der Austausch findet übrigens absichtlich nicht mit Dortmunds Partnerstadt Netanya statt. Die Auslandsgesellschaft will damit den Schulpartnerschaften nicht in die Quere kommen, die das Heisenberg-, das Kant- und das Phoenix-Gymnasium pflegen. Teilweise sind diese auch von der Auslandsgesellschaft angeschoben worden. Sie bietet als Ergänzung dazu den außerschulischen Jugendaustausch mit Azur an.

Gemeinsame Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte

Selbstverständlich setzen sich die Jugendlichen auch mit der leidvollen gemeinsamen Geschichte auseinander. Dazu gehört auch ein Besuch im KZ Bergen-Belsen mit einer gemeinsamen Gedenkzeremonie, der in der kommenden Woche geplant ist.

 25 Jugendliche aus Dortmund und der israelischen Stadt Azur haben in Atelier „Inicio“ kreativ gearbeitet.
25 Jugendliche aus Dortmund und der israelischen Stadt Azur nehmen am Austausch teil.

Sorgen davor haben die deutschen Teilnehmer nicht. Sie verstehen sich gut mit „ihren“ Israelis: „Sie sind sehr nett, freundlich und offenherzig“, sagt Tobias.

Aber ihm ist die Erleichterung anzumerken, dass die israelischen Gäste „gut mit der Geschichte“ umgehen. Vorwürfe macht keiner den deutschen Jugendlichen.

Sie wissen: Die Jugendlichen tragen keine Schuld am millionenfachen Mord an den europäischen Juden. Aber sie tragen gleichwohl Verantwortung dafür, dass sich dieses nicht wiederholt.

Ganz in diesem Sinne ist der Austausch angelegt. Verständigung. Brücken bauen. Dazu tragen neben Aktivitäten in Dortmund – erstmals gab es ein professionelles Teambuildingseminar – auch Fahrten nach Köln, Hamburg und Amsterdam bei. Aber auch auf Spurensuche nach jüdischem Leben machen sich die Jugendlichen gemeinsam.

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