Wenn die Pandemie den Job kostet: 16 Prozent weniger Minijobs im Gastgewerbe – NGG fordert soziale Absicherung

Gaststätte geschlossen: Die Corona-Pandemie hat zu einer historischen Krise im Gastgewerbe geführt – und kostet vielen Aushilfskräften den Job. Die NGG übt scharfe Kritik an der aktuellen Arbeitsmarktpolitik. Foto: NGG

Im Zuge der Coronakrise ist die Zahl der Minijobs in Dortmund um sieben Prozent gesunken. Mitte vergangenen Jahres gab es rund 52.800 geringfügig entlohnte Arbeitsverhältnisse – ein Jahr zuvor waren es noch 56.500. Besonders stark war der Rückgang im Gastgewerbe. In der Branche gingen binnen eines Jahres 1.170 Minijobs verloren – ein Minus von 16 Prozent. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit und beruft sich hierbei auf neueste Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. 

Ständige Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren – 450-Euro-Stellen sind nicht krisenfest

Torsten Gebehart ist Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund. Foto: Klaus Hartmann / Archiv

„450-Euro-Kräfte zählen zu den Hauptverlierern der Wirtschaftskrise. Sie haben bislang keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, werden häufiger gekündigt und sind sozial kaum abgesichert“, sagt Torsten Gebehart, Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund. ___STEADY_PAYWALL___

Die Statistik spiegele eine „enorme Unwucht“ auf dem heimischen Arbeitsmarkt wider. Während dank staatlicher Hilfen wie der Kurzarbeit die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen in der Region nahezu konstant geblieben sei, treffe die Pandemie prekär Beschäftigte besonders hart. 

Nach dem Prinzip „Hire and Fire“ (Heuern und Feuern) lebten sie in ständiger Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. „Betroffen sind gerade Frauen, die eine 450-Euro-Stelle als Kellnerin oder Küchenhilfe oft als einzige Einnahmequelle haben. Auch für viele Studierende, die sich nebenher etwas hinzuverdienen, sind die Folgen des Jobverlustes dramatisch“, betont Gebehart. 

Historische Krise verlangt soziale Sicherheit – Kritik an höheren Verdienstgrenzen

Zahlen von 2019. Die NGG fordert mehr Minijobs in sozialvericherungspflichtige Arbeitsverhältnisse umzuwandeln.

Der Gewerkschafter kritisiert die Entlassungen, hat aber angesichts der historischen Krise Verständnis für die Lage der Hotels und Restaurants. „Das Problem ist vielmehr, dass die Politik durch abgabenfreie Minijobs schon seit Jahren falsche Anreize setzt. Es ist höchste Zeit, diese Stellen sozialversicherungspflichtig zu machen.“ Nur wenn Sozialabgaben, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge gezahlt würden, könnten Beschäftigte wirksam geschützt werden. 

Eine Heraufsetzung der Verdienstgrenze bei den Minijobs auf monatlich 600 Euro, wie sie derzeit Teile der Union fordern, gehe dagegen „in die völlig falsche Richtung“, so Gebehart. Damit werde eine prekäre Beschäftigungsform weiter ausgebaut, statt sie einzudämmen. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) würden durch eine Heraufsetzung bundesweit rund 470.000 Menschen mit regulären Stellen ungewollt zu Minijobbern.

„Die Coronakrise hat den Blick auf viele gesellschaftliche Probleme gelenkt. Dazu gehören die Minijobs. Die Politik muss hier arbeitsmarktpolitisch umsteuern“, fordert Gebehart. Zum Vergleich: Laut Arbeitsagentur nahm die Zahl sozialversicherungspflichtiger Stellen in Dortmund zwischen Juni 2019 und Juni 2020 um 0,1 Prozent zu. 

 

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