Spielgelände seit Wochen geschlossen: Drogen, Dreck und Fäkalien statt Spielspaß am Johannes-Kindergarten

Die Feuerleiter ist ein Anziehungspunkt für Obdachlose - häufig übernachten sie hier.
Die Feuerleiter ist ein Anziehungspunkt für obdachlose Junkies – häufig übernachten sie hier.

Der Evangelische Johannes-Kindergarten an der Heroldstraße verweist auf seiner Internetseite nicht zu Unrecht auf seinen Außenbereich: „Auf dem großflächigen Außenspielgelände haben die Kinder unterschiedliche Möglichkeiten, ihren Bewegungsdrang auszuleben.“ Doch genutzt werden kann er von den Kinder seit mehr als acht Wochen nicht. Denn Müll, Spritzen, Drogen und Fäkalien finden sich dort. Die Erzieherinnen müssen dies tagtäglich beseitigen. Doch nachdem ein Kind „weißes Mehl“ in einem Plastikbeutelchen aus dem Sandkasten geholt hat, ist der „Spielspaß“ endgültig vorbei: Der als Drogenversteck missbrauchte Sandkasten wurde abgebaut, die Kinder bleiben drinnen.

Elternvertreterin sieht die Verdrängung aus einem Problemhaus als Grund

Junkies, Dealer und Vandalen fühlen sich von dem Kindergarten magisch angezogen.
Junkies, Dealer und Vandalen fühlen sich von dem Kindergarten magisch angezogen.

Elternvertreterin Nora Ribero-Oertel – sie war mit ihrem kleinen Sohn David gekommen – hatte daher in der Bezirksvertretung der Innenstadt-Nord einen Hilferuf abgesetzt. Vandalismus und Einbrüche sind dem Kindergarten seit Jahren nicht fremd. Doch das Außengelände Einrichtung jetzt massiv als Drogenkonsumraum, Übernachtungsmöglichkeit und Toilette benutzt wird, kann und will sie nicht mehr akzeptieren.

Die Ursache ist für sie klar: Der hintere Bereich des Spielplatzes an der benachbarten Düppelstraße wurde von der Stadt mit einem Zaun abgetrennt, um Drogenkonsum und -handel zu unterbinden. Außerdem stünde die Mallinckrodtstraße 55 – die Stadt hat dieses und weitere benachbarte Problemhäuser gekauft – nicht mehr für illegale Übernachtungen und Drogenkonsum zur Verfügung.

Gegen die Umwandlung und Sanierung der Problemhäuser hat die Sozialarbeiterin nichts – im gegenteil: Sie begrüßt sie ausdrücklich.  Allerdings hat sie ein Problem mit den Folgen der Verdrängung der problematischen Klientel auf das Gelände des Kindergartens an der Heroldstraße.

Höhere Zäune, Alarmanlage und Bewegungsmelder gefordert

Elternvertreterin Nora Ribero-Oertel beklagt die untragbaren Zustände.
Elternvertreterin Nora Ribero-Oertel beklagt die untragbaren Zustände.

Zwei Gruppen hat sie ausgemacht: Die Junkies, die hier vor allem nachts ihr Lager aufschlagen. Sie klettern u.a. an der Feuerleiter hoch und machen es sich gemütlich. Aber auch Jugendliche, „die schon im Nachmittagsbereich, die aus purer Langeweile und Zerstörungslust beteiligen“, hat sie auf dem Radar.

Als Elternvertreterin habe sie auch schon mit dem Träger der Einrichtung gesprochen. Alarmanlage und Bewegungsmelder seien avisiert. Se fordert auch einen höheren Zaun, der im unteren Bereich zudem geschlossen sei. Nur so könne ausgeschlossen werden, dass das Gelände verunreinigt werde.

Denn es kommt hier zu sehr ekligen Erlebnissen. So hatte ein Dealer, als die Polizei erspähte, seine Ware verschluckt. Als die Polizei weg war, erbrach er sich in den Garten, um wieder an die Drogen zu kommen.

„Ich bin die Einzige im Elternrat, die diese Probleme artikulieren kann. Die anderen Familien leben damit tagtäglich, das ist nicht akzeptabel. Im Kreuzviertel würde das nie passieren“, ärgerte sich Nora Ribero-Oertel.

Jörder bestätigt Verdrängung – Thema für Sicherheitsforum und Arbeitskreis Sauberkeit

Mit Besorgnis nahmen die BezirksvertreterInnen die Schilderungen zur Kenntnis. Es sei nicht die erste Klage dieser Art von Spielplätzen und Kitas, aber ein besonders krasser Fall.

Die Zäune des Außengeländes sind nicht hoch genug und durchlässig.
Die Zäune des Außengeländes sind nicht hoch genug und durchlässig.

„Den Verdrängungseffekt kann ich bestätigen“, sagte Bezirksbürgermeister Dr. Ludwig Jörder. „Wir nehmen das mit in das Sicherheitsforum und Arbeitskreis Sauberkeit. Aber wir werden das sicher nicht zur vollsten Zufriedenheit lösen können“, warnte er vor zu großen Erwartungen.

Cornelia Wimmer, Sprecherin von Linken und Piraten in der Bezirksvertretung, hatte sich die Situation bereits vor der BV-Sitzung vor Ort angesehen: „Ich habe im Außenbereich drei oder vier menschliche Scheißhaufen gesehen. Da fehlen einem die Worte. Die Mitarbeiter müssen das Außengelände täglich reinigen. Nach einem Wochenende gibt es die doppelte Menge“, so Wimmer.

Die Beschäftigten hätten jetzt schon einen Horror, was sie wohl nach den drei Wochen Sommerpause erwarte. „Im letzten Jahr wurde der Kindergarten in der Sommerpause komplett ausgeraubt“, ergänzte die Elternvertreterin.

Statt wieder eine drogenpolitische Grundsatzdebatte anzustimmen, plädierten die BezirksvertreterInnen für pragmatische Lösungen. In der Anne-Frank-Gesamtschule waren Bewegungsmelder mit Licht, Zäune und niedrig geschnittene Hecken die Lösung. „Wir können nicht die ganze Welt verbessern“, bedauerte Nikolai Schaefer vom Integrationrat.

Kirchenkreis: Das Problem an diesem Standort bedarf einer grundsätzlichen Lösung

Für den Außenbereich des Drei-Gruppen-Kindergartens bedarf es einer grundsätzlichen Lösung.
Für den Außenbereich des Drei-Gruppen-Kindergartens bedarf es einer grundsätzlichen Lösung.

Wir wissen um das Problem und sind seit längerer Zeit darüber mit dem Quartiersmanagement der Stadt im Austausch. In den letzten Wochen hat sich die Lage verschärft.  „Die Vermüllung hat deutlich zugenommen, das unbefugte Betreten des Geländes und der damit einhergehende Vandalismus bekommen neue Dimensionen“, bestätigt Jochen Schade-Homann, Fachbereichsleiter des Evangelischen Kirchenkreises.

Das Problem an diesem Standort bedürfe einer grundsätzlichen Lösung. „Zäune allein schützen nicht vor dem Missbrauch des Geländes. Wir haben in diesem Zusammenhang schon konkrete Vorschläge erarbeitet, wie aus unserer Sicht die Situation zu verbessern wäre“, so der Vertreter des Trägers.

Dabei gehe es um eine Erweiterung des Kindergartengeländes und damit verbunden um eine bessere Absicherung und um bessere Spiel- und Bewegungsmöglichkeit für die Kinder des Kindergartens. Erste Schritte seien geschehen.

„Selbstverständlich steht der Schutz der Kinder für uns an erster Stelle. Und es muss langfristig gewährleistet sein, dass die Kinder die Außenfläche wieder regelmäßig nutzen können“, so Schade-Homann.

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Reaktionen

  1. Cornelia Wimmer

    Es gibt in dieser Angelegenheit mindestens zwei Zuständige: Der erste ist der Arbeitgeber, in diesem Fall die Evangelische Kirche. – In dieser Rolle hat sie die Fürsorgepflicht für die Beschäftigten. Erziehrinnen sind keine Entsorgungsfachkräfte, sie versehen ihren Dienst nicht mit Mundschutz und Schutzhandschuhen und haben keine Kotbeutel zur Hand. – Müssen sie dennoch Fäkalien beseitigen, so gefährdet das ihre Gesundheit. So weit einmal ganz arbeitsrechtlich-sachlich. –
    Unverständlich – auch aus Sicht der Eltern und ihrer Kinder – ist, dass diese Zustände von der Betreiberin wochenlang hingenommen wurden. – Denn schließlich gehört ein bespielbares Außengelände zu einem Kindergarten.
    Ein Zaun ist da, nur funktioniert er nicht gegen absichtliches Betreten von außen. – Warum hat die Betreiberin des Kindergartens den Zaun nicht „ertüchtigt“, wie es so schön im Verwaltungsjargon heißt, also so verbessert, dass er auch funktioniert?
    Weitere Zuständigkeiten liegen bei der Stadt. Es ist weithin bekannt und unübersehbar, dass sich in der Nordstadt viele Menschen auf der Straße aufhalten. Eine funktionierende öffentliche Toilette gibt es nicht, die am Nordmarkt ist nur eingeschränkt benutzungsfähig. Überbleibsel menschlichen Stoffwechsels sind mittlerweile an mehreren Orten anzutreffen, – nicht nur auf dem Kindergartengelände.
    Schließlich hat die begonnene In-Wert- Setzung von Problemimmobilien, so begrüßenswert sie ist, zahlreiche ihrer Bewohner, darunter viele Drogenabhängige, heimatlos gemacht. Die sind jetzt draußen, leben, konsumieren und erleichtern sich dort. Und damit gibt es das nächste Problem, das nach Lösung ruft.

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