Die Grünen in Dortmund fordern Schutz statt Verdrängung:

Sicherheit von obdachlosen Menschen muss politisch in den Mittelpunkt gerückt werden

Die Kriminalpolizei sicherte Spuren am Tatort. Im Einsatz waren auch Taucher der Feuerwehr.
Am Hafen soll ein 13-Jähriger einen 31-jährigen Wohnungslosen erstochen haben. Tage zuvor hatten Unbekannte versucht, eine 72-Jährige Obdachlose in ihrem Nachtlager anzuzünden. Außerdem hat die Polizei einen Obdachlosen an der Reinoldikirche erschossen, weil dieser mit einem Stahlrohr um sich schlug. Foto: News4VideoLine

Nach dem gewaltsamen Tod von zwei obdachlosen Männern durch die Polizei und einen Minderjährigen in der vergangenen Woche wurde nun bekannt, dass vor wenigen Tagen das Nachtlager einer obdachlosen Frau bewusst angezündet worden ist. Die Polizei ermittelt in diesem Fall wegen versuchten Mordes aus Heimtücke. Vor dem Hintergrund dieser geballten Ereignisse ist es aus Sicht der Grünen deshalb mehr als überfällig, die Sicherheit obdachloser Menschen in Dortmund in den Mittelpunkt des politischen Handelns zu rücken.

Perspektivwechsel gefordert: Schutzbedürftigkeit sehen statt Verdrängung fordern

„Wir sind zutiefst erschüttert über alle diese dramatischen Vorfälle. Ihre rechtliche Aufarbeitung ist das eine, die Sorge vieler obdachloser Menschen um ihren Schutz das andere“, betonen die Sprecher:innen der Grünen-Fraktion, Katrin Lögering und Christoph Neumann, in einer schriftlichen Stellungnahme die aktuelle Situation.

An der Reinoldikirche hat ein Polizist einen aggressiven Obdachlosen erschossen. Aus Neutralitätsgründen ermittelt die Polizei Recklinghausen. Foto: David Peters

In den letzten Jahren sei viel über die Verdrängung obdachloser Menschen aus der City geredet und diskutiert worden. Auf Dauer laufe man damit Gefahr, dass solche Diskussionen das Bild von Obdachlosen prägten.

„Statt zunächst die menschlichen Aspekte und die Schutzbedürftigkeit der Personen zu sehen, werden sie damit eher als Belästigung oder von einigen Menschen anscheinend sogar als rechtlos wahrgenommen. Wir setzen uns dafür ein, Diskriminierung und Stigmatisierung gegenüber wohnungs- und obdachlosen Menschen auch durch eine gezielte öffentliche Kampagne der Stadt zu bekämpfen“, heißt es weiter.

Neben einem Perspektivwechsel brauchen wir darüber hinaus aber dringend eine Strategie, um ihre Sicherheit besser zu gewährleisten, als das aktuell anscheinend geschieht. Statt der Verdrängung muss die Sicherheit und Unterstützung obdachloser Menschen in den Mittelpunkt der politischen Diskussion rücken“, so die beiden Fraktions-Sprecherinnen.

Sozialausschuss soll sich mit dem Thema beschäftigen – Projekt „Housing first“ wird vergeben

Für die nächste Sitzung des Sozialausschusses hat die Ratsfraktion der Grünen deshalb bereits einen entsprechenden Tagesordnungspunkt angemeldet. Dabei soll es auch darum gehen, wie die Verwaltung mit dem Beschluss des Rates umgeht, einen Aktionsplan zur Überwindung von Obdachlosigkeit zu erarbeiten. Auf Antrag von Grünen und CDU wurden dabei zunächst 75.000 Euro in den Haushalt eingestellt, um analog des Nationalen Aktionsplans auch für Dortmund einen entsprechenden Plan zu erstellen.

Armut in Dortmund
Ein Obdachloser macht Quartier auf einer Bank. Foto: Klaus Hartmann für nordstadtblogger.de

Für die Sprecher:innen des Grünen-Kreisverbandes, Hannah Rosenbaum und Marek Kirschniok, steht fest: „Der beste Schutz vor Gewalt auf der Straße ist eine eigene Wohnung. Deshalb ist der Aktionsplan zur Überwindung von Obdachlosigkeit so wichtig. Denn es braucht ein Update der Wohnungslosenhilfe, um sich nicht in kleinen (wenn auch notwendigen) Maßnahmen zu verlieren, sondern den Blick auf die eigentliche Aufgabe zu lenken: Obdachlosigkeit mit Maßnahmen wie Housing First zu begrenzen und den betroffenen Menschen eine neue Perspektive zu geben.“

Nach langer Verzögerung des Projekts „Housing first“ durch die Verwaltung hatte der Sozialausschuss im letzten Jahr beschlossen, die Umsetzung des Projekts zur Beschaffung von Wohnraum für Obdachlose sowie ihre Begleitung und Unterstützung an einen geeigneten Träger zu vergeben. Die Verwaltung rechnet noch im April mit einem Ergebnis der Ausschreibung.

„Die Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, wie wichtig eine eigene Wohnung auch als Schutz vor Gewalt sein kann. Bis aber wirklich jeder Mensch, der es möchte, auch eine eigene Wohnung hat, müssen wir in Dortmund besser am Schutz von Menschen auf der Straße arbeiten“, so Hannah Rosenbaum und Marek Kirschniok abschließend.


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Reaktionen

  1. Stefan Schneider

    Interessant ist, dass schon wieder ÜBER obdachlose Menschen gesprochen wird und nicht mit ihnen.

    In einer Stellungnahme zum geplanten Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit haben obdachlosigkeitserfahrene Menschen aus dem Netzwerk der Wohnungslosenstiftung klar formuliert, was sie wollen:

    Wohnungen (und selbstbestimmte Wohnformen) statt zwangsgemeinschaftliche Massennotunterkünfte. Wohnungen stehen leer.

    Nur eine eigene Wohnung ist ein adäquater Schutz vor der Gewalt auf der Straße gegenüber obdachlosen Menschen!

    Diese Art der Hilfe müsste nicht sein.

    http://www.wohnungslosenstiftung.o...

    Stefan Schneider, Wohnungslosen_Stiftung

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