Jonathan A. soll durch 24 Vaterschaften 1,5 Millionen Euro erhalten haben

Scheinvaterschaften: Nach Enthüllung eines bekannten Falls diskutiert der Rat in Dortmund

In der ersten Sitzung nach Renovierung des Rathauses wurde über einen bekannten Dortmunder Fall von Sozialbetrug debattiert. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Ein besonders ungenierter Fall von Sozialbetrug in Dortmunds sorgte kürzlich für Aufsehen. „Mr Cash Money“, ein sich in Nigeria befindender Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft, hat die Vaterschaft für 24 Kinder anerkennen lassen – ein Großteil der Minderjährigen sollen aber nicht seine Eigenen gewesen sein. Vergangenen Donnerstag (23. März) war der Fall Thema im Rat.

„Wenn ein System nicht korrekt arbeitet, dann kommt es leider zu diesen Missbräuchen“

Jonathan A., besser bekannt als „Mr Cash Money“, habe laut Recherchen von „ARD-Kontraste“ und dem „rbb“ durch die Anerkennung von 24 Vaterschaften von verschiedenen Frauen rund 1,5 Millionen Euro Sozialhilfe erhalten. Der Mann ist in Dortmund gemeldet, gilt bei deutschen Ämtern als mittellos. In Nigeria prahlt er offenbar mit teuren Autos und wirft mit Geld um sich. Durch die deutsche Staatsbürgerschaft des Mannes bekamen die Frauen ein Bleiberecht, im Gegenzug beanspruchte A. die staatliche Unterstützung der Kinder für sich selbst.

Ute Mais - CDU-Fraktion
Ute Mais: Täter nicht durch Behörden, sondern durch Prahlerei in sozialen Netzwerken aufgeflogen. Foto: CDU Dortmund

„Wenn ein System nicht korrekt arbeitet, dann kommt es leider zu diesen Missbräuchen“, findet CDU-Bürgermeisterin Ute Mais. Besonders fatal: Das Ganze sei nicht etwa durch Behörden, sondern durch Prahlerei in sozialen Netzwerken aufgeflogen. Dennoch habe sie das Gefühl die zuständige Dezernentin Monika Nienaber-Willaredt habe sich dem Problem angenommen. Mais kündigte an, sie in der Absicht zu unterstützen, Veränderungen mitzutragen und dem Missbrauch ein Ende zu setzen.

Britta Gövert (Grüne) betonte, „das Wohl und die Rechte der Kinder müssen im Mittelpunkt stehen.“ Das Modell sei nicht neu und werde auch von Menschen ohne Migrationshintergrund ausgenutzt. Auch Gövert dankte der Verwaltung für ihr schnelles Handeln: Seit Aufkommen der Vorwürfe sei ein Verfahren entwickelt worden, dass einen Betrug weitestgehend unterbinden könne, so die Vorsitzende des Schulausschusses.

Vaterschaftsanerkennungen vorerst außer Kraft gesetzt

Barbara Brunsing, Thomas Westphal, Norbert Schilff
OB Thomas Westphal (Mitte) Julius Obhues | Nordstadtblogger

Den 90 Mitgliedern des Rates lagen drei Anträge von CDU, AfD und FDP/Bürgerliste zur Abstimmung vor. Alle drei forderten ein Konzept für eine bessere Aufklärung von rechtsmissbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen. AfD und CDU forderten zusätzlich, die Anerkennung von Vaterschaften bis auf weiteres auszusetzen.

Letzteres ist allerdings redundant. Oberbürgermeister Thomas Westphal erklärte, die Verwaltung habe „zur direkten Überprüfung der Dimension, die da vor uns liegt, die Vaterschaftsanerkennung tatsächlich erst einmal außer Kraft gesetzt.“

Eine Mehrheit fand letztlich nur die FDP/Bürgerliste mit der Aufforderung an die Bundesregierung, im Zuge der geplanten Reform des Abstammungsrechts eine Erleichterung für die Kommunen zu schaffen, so dass Vermutungstatbestände im Verwaltungshandeln leichter umgesetzt werden können.

Kauch: „Einfallstor für all diejenigen, die unseren Rechts- und Sozialstaat diffamieren wollen“

Michael Kauch (FDP/Bürgerliste) Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Michael Kauch, Fraktionschef von FDP/Bürgerliste, ordnete die Situation ein: Es gebe Regelungen im Gesetz, die einen Missbrauch ausschließen sollen. Für die Verwaltung seien die aber nicht praktikabel.

„Auch wenn es nur wenige Fälle sind, ist es ein Einfallstor für all diejenigen, die unseren Rechts- und Sozialstaat diffamieren wollen“, so Kauch. Auf dem Prüfstand stehen jetzt rund 8.000 Vaterschaftsanerkennungen bei insgesamt 20.000 Beurkundungen.


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