Rezeptesammlung als Augenschmaus: „Nordstadt kocht“ – ein wunderbarer Bildband mit prima Kochvorschlägen

Stephan Schwabe und sein Kochbuch "Nordstadt kocht". Der Fotgraf verzichtet nicht nur auf Honorar, sondern liess es auf eigene Kosten drucken. Den Verkaufserlös spendet er der Dortmunder Tafel. Zur öffentlichen  Buchpräsentation hatten der Autor und der Dortmunder Druckverlag Kettler in das alte Sudhaus des Brauereimuseums eingeladen.
Das Kochbuch „Nordstadt kocht“ wurde im alten Sudhaus des Brauereimuseums präsentiert.

Von Susanne Schulte

Was die Nordstadt kocht, schmeckt ganz Dortmund. Bereits in den Wochen vor der offiziellen Vorstellung des Kochbuchs – oder sagt man besser Bildband? – wurden schon 300 Exemplare von den bislang 1000 gedruckten verkauft. Und das, obwohl weder Fotograf Stephan Schwabe noch der Texterin Anne Weibert, weder der Grafikerin Judith Anna Rüther noch Illustrator Boris Bromberg der Ruf der Berühmtheit vorauseilt. Wer in Dortmund gerne isst, sieht und liest eben, was gut ist – und zahlt auch dafür 19,80 Euro.

Ein gelungenes ehrenamtliches Vorhaben: Zu schön zum Verschenken

Stephan Schwabe (2.v.l.) und das Team fürs ein Kochbuch "Nordstadt kocht". Anne Weibert machte den Text,  Judith Rüther  die grafische Gestaltung. Ansgar Wortmann von der "Tafel"  und Andrea Schmidt vom Verlag Kettler.
Anne Weibert (Text), Stephan Schwabe (Fotos), Judith Rüther (Layout) mit Ansgar Wortmann von der „Tafel“ und Andrea Schmidt vom Verlag Kettler.

Die ersten Verkaufszahlen scheinen Stephan Schwabe in seiner Überzeugung Recht zu geben: „Es geht nicht, dass ich dieses Buch verschenke“, beharrte er gegenüber der Stadt Dortmund, die die Druckkosten im Rahmen der Förderung der Nordstadt übernehmen wollte, aber dann vorhatte, das Buch kostenlos zu verteilen.

Eine Einigung darüber, das Buch zu verkaufen und dieses Geld anschließend zu spenden, kam – aus welchen Gründen auch immer – mit der Stadt nicht zustande. So suchte sich Schwabe einen Verlag, fand diesen auch im Dortmunder Unternehmen Kettler, und zahlte die Druckkosten von 10.000 Euro vom eigenen Konto.

Gehen alle Bücher weg, bekommt er seine 10000 Euro wieder und die Dortmunder Tafel die 9800 Euro, die übrig bleiben. „Von Anfang an, war es ein ehrenamtliches Projekt für mich. Ich wollte kein Geld haben“, sagt er.

Der Kettler-Verlag und die Buchläden verzichten auf ihre Provisionen

Scampi-Spiesse von Herrn Walter: das Buffet bei der öffentlichen Präsentation des Kochbuchs "Nordstadt kocht" von Stephan Schwabe kam von den im Buch vertretenen Gastronomiebetrieben.. Der Fotograf verzichtet nicht nur auf Honorar, sondern liess es auf eigene Kosten drucken. Den Verkaufserlös spendet er der Dortmunder Tafel. Zur öffentlichen  Buchpräsentation hatten der Autor und der Dortmunder Druckverlag Kettler in das alte Sudhaus des Brauereimuseums eingeladen.
Scampi-Spiesse von Herrn Walter.

Diese Rechnung ist möglich, weil weder die Dortmunder Buchhandlungen, wie Litfass an der Münsterstraße, noch Einzelhändler, die es in ihr Sortiment nahmen, eine Verkaufsprovision haben wollten.

Auch der Verlag, der sich um die Vermarktung und die Werbung kümmert, nimmt lediglich als Lohn, dass er sich mit der Herausgabe des Buches schmücken darf.

Was die Nordstadt kocht, lernte Schwabe vor gut zwei Jahren beim Nordstadtdinner kennen. „Unerwartet zwanglos öffneten sich an jenem Abend Türen, die mir den von Ramsch und Rotz verstellten Blick auf die Nordstadt freigaben, hinein in ungeahnt charmante Wohnungen, zu liebenswert lebensfrohen Menschen und ungewöhnlich leidenschaftlicher Kochkunst“, schreibt er in seinem Vorwort.

Beim Nordstadtdinner bewirten freiwillige Gastgeber ihnen bis dahin unbekannte Gäste, wechseln nach der Vorsuppe mit der ganzen fünf- oder sechsköpfigen Truppe aus ihrem Esszimmer in die Küche eines ihrer Gäste zum Hauptgang, bevor das Dessert dann in einer dritten Wohnung verspeist wird.

Aus dem Flyer wurde ein Buch: Die Fotos sind ein Augenschmaus

Stephan Schwabe und sein Kochbuch "Nordstadt kocht". Der Fotgraf verzichtet nicht nur auf Honorar, sondern liess es auf eigene Kosten drucken. Den Verkaufserlös spendet er der Dortmunder Tafel. Zur öffentlichen  Buchpräsentation hatten der Autor und der Dortmunder Druckverlag Kettler in das alte Sudhaus des Brauereimuseums eingeladen.
Stephan Schwabe und sein Kochbuch „Nordstadt kocht“. Fotos: Horst Müller

Für diese Veranstaltung wollten Stephan Schwabe und seine Mitstreiterinnen Anne Weibert und Judith Anna Rüther ehrenamtlich einen Flyer, auf Deutsch: einen Handzettel, machen, der fürs Mitmachen wirbt.

Das Material für den Flyer wurde immer umfangreicher, die Ideen sprudelten nur so, und am Ende musste es ein Buch werden. Nun stellen 17 Profi-Köchinnen und Köche bzw. Wirte ihre Lokale und ihre Rezepte vor, sowie zwanzig Hobby-Köchinnen und -Köche, die bereits an Nordstadtdinner-Abenden gezaubert haben.

Die Fotos sind ein Augenschmaus, die Texte lassen das Herz aufgehen und die Rezepte einem das Wasser im Munde zusammenlaufen. Das allerallerbeste an diesem Kochbuch ist jedoch: Alle Speisen lassen sich gut nachkochen, ohne dass man die Gewürzregale leer kaufen muss und sich in Haushaltswarenabteilungen mit neuen Gerätschaften auszustatten hat.

Stephan Schwabe hatte die Idee machte die Fotos für sein Kochbuch "Nordstadt kocht".
Das Kochbuch „Nordstadt kocht“ gibt interessante Einblicke.

Für ihren Reis mit Bohnen, den Simone und Elisabeth auf Seite 95 vorstellen, geben die beiden Frauen genau an, in welchem Geschäft man eine wichtige Zutat einkaufen kann.

So hält es auch Janka Thiemann, die das Rezept für ihre französische Stockfischspezialität preisgibt. Zugegeben: Für den Hafencocktail, den Bernd Strähler mixt, muss man den Alkohol wie Haselnusslikör und Johannisbeerwodka in ganzen Flaschen kaufen – aber der hält sich ja auch eine Zeit lang.

Mit Stadtplan und Adressen

Die liebevolle Aufmachung des Buches beginnt gleich mit dem schwarz-weißen Titel: „Nordstadt“ ist aus dem Schnörkelknäuel kaum zu lesen, das „kocht“ dafür sehr gut. Schlägt man das Buch auf, flimmern einem, ebenfalls in schwarz-weiß, die Namen aller Lokale entgegen, sowie Küchengeräte, Zutaten, Getränke und immer wieder ein „lecker, lecker“.

An Ende des Buches zeigt ein Nordstadt-Stadtplan die genaue Lage des Restaurants, eine Adressenliste mit Telefonnummern steht eine Seite vorher.

Wie lecker das ist, was die Profi-Köchinnen und –Köche auf ihre Tische bringen, schmeckten am Sonntag die Gäste bei der Buchvorstellung im alten Sudhaus der Actien-Brauerei an der Steigerstraße.

Die Radeberger-Gruppe, zu der die Braustätte gehört, hatte Speisen und Getränke spendiert und es überhaupt möglich gemacht, das Sudhaus zu nutzen. Keine Selbstverständlichkeit für halböffentliche Veranstaltungen dieser Art. Doch das Kochbuch und seine Macher und Macherinnen haben es verdient.

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