„Nachdem der Himmel glühte“ – performative Führung durch Kokerei Hansa

Proben mit Thomas Ehrlichmann und Max Ranft zu "Nachdem der Himmel glühte". Foto: Birgit Hupfeld
Proben mit Thomas Ehrlichmann und Max Ranft zu „Nachdem der Himmel glühte“. Fotos: Birgit Hupfeld

Von Sonja Neuenfeldt

Mit einer ganz besonderen Produktion eröffnet die neue Spielzeit des Kinder- und Jugendtheaters Dortmund (KJT) auf der Kokerei Hansa. Die Botschaft in Form eines „künstlerischen theatralischen Spaziergangs“ heißt, die Folgen des Klimawandels aufzeigen. Wieder ist es eine Kooperation mit „pulk fiktion“, 2007 gegründete Künstler-Gruppe. Das ist ein gemischter„Pulk“ von Künstler*innen aus den Bereichen Theater, Film, Musik, Performance, Videokunst und interaktive Medien. Für das Theater-Projekt „Nachdem der Himmel glühte“ arbeiten das KJT und die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur (kurz: Stiftung Industriedenkmal) als Eigentümerin der Kokerei Hansa erstmalig zusammen. Am kommenden Sonntag, 22. August, ist Premierenabend.

„Feuer“ und „Wasser“ – Sinnbild für Beziehung „Mensch und Umwelt“ in Geschichte, Gegenwart und Zukunft

Proben mit Ann-Kathrin Hinz zu "Nachdem der Himmel glühte". Foto: Birgit Hupfeld
Proben mit Ann-Kathrin Hinz zu „Nachdem der Himmel glühte“

Wie ging man früher mit Energie um, was bedeutet das für uns heute und in Zukunft? Eine Kokerei war eine Energieumwandlungsmaschine. Die Aufgabe der Anlage war das Produzieren von Koks aus Kohle, der bei der Stahlverhüttung benötigt wird. Zum Ablöschen des fertigen Produkts sind allerdings Unmengen an Wasser verbraucht worden, erläutert Ursula Mehrfeld, die Geschäftsführerin der Stiftung Industriedenkmal.___STEADY_PAYWALL___

Unser Umgang mit den Ressourcen der Natur in der Vergangenheit und in der Gegenwart, speziell mit dem lebensnotwendigen Wasser, sind zentraler Punkt, um den es in heutigen Zeiten des Klimawandels geht.

Ob durch Wasserknappheit oder Überschwemmungen: anhand von „Wasser“ lassen sich viele Folgen des Klimawandels ganz unmittelbar beobachten. Wasser, das ist Leben – und für Menschen, Tiere, Pflanzen sowie jede Art gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung unabdingbar.

„Performativ“ – Was heißt das hier?

Ann-Kathrin Hinz in „Nachdem der Himmel glühte“. Foto: Birgit Hupfeld
Ann-Kathrin Hinz in „Nachdem der Himmel glühte“

„Pulk fiktion“ ist eine Gruppe, die seit Jahren neuartige, auf Aktion ausgerichtete Theaterformen erforscht – u.a. ausgezeichnet 2016 mit dem George Tabori Förderpreis des Fonds Darstellende Künste. Das Projekt „Nachdem der Himmel glühte“ ist nach „Integration, Baby“ und „Homewalk“ schon die dritte Zusammenarbeit der Künstlergruppe mit dem KJT. Künstlerische Leiter bei dem Projekt sind Amelie Barth, Norman Grotegut und Clara Minckwitz.

Wie kommt man auf dem Gelände der Dortmunder Kokerei Hansa dem Klimawandel und dem Thema Wasser auf die Spur? Die Künstler haben dafür ein spezielles Theaterformat entwickelt: eine installative Ortsbegehung. Die Zuschauer*innen erkunden das Gelände und die alten Anlagen der Kokerei, sie folgen dem Lauf des Wassers und verlieren es, begegnen Regenmacher*innen, kämpfen sich durch eine Dürre und suchen nach Lösungen. Das Publikum wird interaktiv eingebunden.

Weg durchs Denkmal und über die Industriebrache

Max Ranft in „Nachdem der Himmel glühte“. Foto: Birgit Hupfeld
Max Ranft in „Nachdem der Himmel glühte“

Zwei junge Schauspieler führen als „Guides“ über das Gelände. Der Bezug zur Realität und zum „Wasser“ ist zum Beispiel durch den Opa eines Guides gegeben, der Löschwagenfahrer war“, erzählt Norman Grotegut. Das Thema Wasser ist vor Ort einfach gegeben, stellt Ursula Mehrfeld fest. Die Kokerei Hansa war von 1928 bis 1992 in Betrieb. Vor einigen Jahren wurde das Abwassersystem saniert. Dabei wurde auf ein System zur Trennung der Abwässer umgestellt. Das Brauchwasser geht in das Dortmunder Abwassernetz. Das Regenwasser wird wieder der Natur zugeführt und fließt in die Emscher.

Es ist eine Reise in eine Fantasiewelt, um zu erkennen, dass das bei den realen Problemen nicht weiter hilft. Genau das ist für das Stück wichtig. Die Wahrnehmung des Geländes mische sich mit der erzählten Geschichte, die reale Welt mit der virtuellen, so Norman Grotegut von pulk fiktion. Eine Performance teilweise auch mit Tablets und Videosequenzen, zu verschiedenen Stationen auf dem Gelände, wo die Zuschauer*innen auf die Schauspieler*innen des KJT-Ensembles treffen.

Andreas Ksienzyk in „Nachdem der Himmel glühte“. Foto: Birgit Hupfeld
Andreas Ksienzyk in „Nachdem der Himmel glühte“

„Bei dem Projekt geht mir das Herz auf – der Ort selbst spielt darin eine Rolle, ist Mitakteur und nicht nur Kulisse.“ Mit den Akteuren des Projekts sei endlich wieder Leben auf dem Gelände eingekehrt, freut sich Ursula Mehrfeld. Amüsant und schön: Ein Akteur mit Anglerhose und Angel sei einmal gefragt worden, was er denn derart ausgerüstet hier mache. Auf den Ruheliegen habe wieder jemand in der Sonne gelegen, sich ausgeruht oder hat ein Buch gelesen. Einfach schön.“

Eine Hoffnung für die nachwachsende Generation…

KJT-Intendant Andreas Gruhn sieht trotzdem hoffnungsvoll in die Zukunft und nennt dafür als positives Beispiel. Die Stadt Venedig – seit die Kreuzfahrtschiffe nicht mehr da sind, schwimmen wieder Delfine durch die Lagune. So etwas sieht er auch hier auf dem Gelände der Kokerei: „Was ich so an der Kokerei Hansa liebe, ist, dass man alles sieht, was hier in der Vergangenheit passiert ist, aber gleichzeitig auch, wie sich die Natur wieder alles zurück erobert.“

Kommen und Theater aktiv erleben

Das Publikum wird interaktiv eingebunden und sollte festes Schuhwerk und wetterfeste Kleidung tragen. Norman Grotegut stellt fest: Gespielt wird auch bei Regen.

Thomas Ehrlichmann in „Nachdem der Himmel glühte“. Foto: Birgit Hupfeld
Thomas Ehrlichmann in „Nachdem der Himmel glühte“

Der Spaziergang sei durchaus körperlich aktiv. Es gehe auch auf den Kühlturm rauf. Doch wer lieber unten warten möchte, könne natürlich auch dieses solange tun.

Am Premieren-Abend, Sonntag, dem 22. August, gibt es vier Führungen, die je eineinhalb Stunden dauern. Bei allen Abendterminen sind die Zeitfenster für die Führungen: 18:00, 18:45, 19:45 und 20:30 Uhr. Weitere abendliche Vorstellungstermine: 29. August und 12. September.

Vormittags sind die Zeitfenster für die Führungen: 11:00, 11:45, 12:45 und 13:30 Uhr. Infos dazu sind online oder telefonisch zu erfragen. Dieses betrifft auch weitere geplante Termine.

Kartenverkauf: Vorverkaufskasse im Kundencenter des Theaters Dortmund, Platz der Alten Synagoge, telefonisch unter 0231/50-27222 oder online (s. Link).

Weitere Informationen:

  • Mehr zu dem Stück ebenso wie Karten; hier.
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Reaktionen

  1. Wieder im Programm: „Ein König zu viel“ und „All das Schöne“ im Kinder- und Jugendtheater (PM KJT)

    Nach dem erfolgreichen Auftakt in der Kokerei Hansa mit dem performativen Spaziergang „Nachdem der Himmel glühte“ öffnet das Kinder- und Jugendtheater Dortmund auch in seinem Stammhaus in der Sckellstraße wieder die Pforten. Wieder im Programm ist „Ein König zu viel“ für ein junges Publikum ab vier Jahren. Die Wochenendtermine sind schon ausverkauft, aber vormittags gibt es noch Karten, unter anderem am Dienstag, 7. September, 7. und 8. Oktober, jeweils um 10 Uhr.

    Die Inszenierung von Peter Kirschke mit Johanna Weißert und Bianka Lammert erzählt von zwei Königen, die auf einer einsamen Insel stranden und beide einen amüsanten Wettstreit über die Herrschaft auf dem neu entdeckten Eiland ausüben.

    Für Jugendliche ab 14 Jahren wird das Stück „All das Schöne“ wieder aufgenommen. Die nächsten Termine sind: 10. (20 Uhr), 15., 16., 23. und 29. September (jeweils 11 Uhr). Im Stück versucht ein junges Mädchen, seine depressive Mutter mit einer Liste aufzuheitern, die nur Schönes aufzählt, von Eiscreme bis Wasserschlachten. Auch als junge Frau führt sie die Liste weiter, bis sie sich der Million nähert. Das ernste Thema wird in der Inszenierung auf leichte, einfühlsame Weise behandelt.

    Zum Monatsende steht dann die erste Premiere im Kinder- und Jugendtheater auf dem Programm: „Playing from the Heart“ am 24. September 2021. Karten für 3,- Euro („Ein König zu viel“) bzw. 7,- Euro („All das Schöne“ und „Playing from the Heart“) gibt es an der Theaterkasse im Kundencenter (Platz der Alten Synagoge), unter http://www.theaterdo.de oder 0231/50-27222 erhältlich.

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