Auf dem Programm steht eher der Wohlfühlfaktor als Türkei-Kritik

Nach erfolgreicher Premiere: Türkische Filmtage sollen ein regelmäßiges Angebot werden 

Türkische Kultfilme auf großer Leinwand und moderne Kinofilme aus der Türkei – das bietet vom 2. bis 6. November das Türkische Filmfestival im Kino im Dortmunder U.
Türkische Kultfilme auf großer Leinwand und moderne Kinofilme aus der Türkei sind im Kino im Dortmunder U zu sehen. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Dortmund könnte um ein Filmfestival reicher werden: Die Türkischen Filmtage, die 2021 ihre erfolgreiche Premiere erlebten, sollen ab sofort regelmäßig stattfinden. Der Verwaltungsvorstand beschloss, eine entsprechende Vorlage zur Beratung in die politischen Gremien zu geben. Der Rat wird in seiner Dezember-Sitzung darüber entscheiden. Bei der Filmauswahl steht allerdings eher der „Wohlfühlfaktor“ im Mittelpunkt – türkei-kritische Filme sind hier eher nicht zu sehen.

Start zum 60. Jubiläum des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens

Stadtdirektor und Kulturdezernent Jörg Stüdemann freut sich auf die „Türkische Filmtage“.
Stadtdirektor und Kulturdezernent Jörg Stüdemann freut sich auf die „Türkische Filmtage“. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Kritische Filme sind im Programm nicht dominant. Die Künstler und Filmemacher, die hierher reisen, möchten auch gerne zurück. Daher muss das Festival diplomatisch mit der Szenerie umgehen“, räumt Stadtdirektor und Kulturdezernent Jörg Stüdemann auf Nachfrage von Nordstadtblogger ein.

Gestartet waren die Türkischen Filmtage 2021 zum 60. Jubiläum des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens. Generations- und herkunftsübergreifend erhielten Filmfreund:innen die Möglichkeit, das türkische und deutsch-türkische Kino technisch gut aufbereitet auf großer Leinwand kennen zu lernen. 

Gezeigt wurden Filme in türkischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln – sowohl Kultklassiker aus den 1970er- und 1980er-Jahren als auch zeitgenössisches Kino aus der Türkei sowie einzelne deutsch-türkische Filme. Wegen der damals geltenden Corona-Schutzregeln war die Teilnahme limitiert.

Die Türkischen Filmtage Dortmund verzichten auf den Wettbewerb

Aufgrund des großen Anklangs wurden die Türkischen Filmtage 2022 wiederholt: Nach einem Auftakt im März geht das Festival vom 2. bis 6. November 2022 im Kino im Dortmunder U weiter. Mit dem Festival füllt die Stadt Dortmund eine Lücke. 

Im Unterschied zu den etablierten türkischen Filmfestivals in Nürnberg, Frankfurt und München verzichten die Türkischen Filmtage Dortmund auf den Wettbewerb. Mit der geplanten Verstetigung des Festivals möchte das Kulturdezernat ein noch größeres Publikum erreichen und das Programmangebot perspektivisch um das Filmschaffen weiterer Herkunftsländer erweitern. 

Außerdem sollen die Filme durch begleitende Schauspieler*innenGespräche, Diskussionen oder Ausstellungen flankiert werden. Die Türkischen Filmtage werden unterstützt von Kooperationspartner*innen aus dem Ruhrgebiet, darunter das Katakomben Theater in Essen oder die Bibliothek in Bochum. Die Kulturbetriebe Dortmund sollen dafür ab 2023 ein jährliches Budget von 40.000 Euro zusätzlich erhalten. 

Kult-Filme und zeitgenössisches Kino: Türkische Filmtage im Kino im U 

In der kommenden Woche beginnt der zweite Teil der Filmtage im Kino im Dortmunder U (Leonie-Reygers-Terrasse). Auf dem Programm steht u.a. der deutschsprachige Dokumentarfilm „Liebe, D-Mark und Tod“ am 3. November, 18 Uhr. Regisseur Cem Kaya erzählt von 60 Jahren Musikkultur der Migrant*innen aus der Türkei in Deutschland. Die besondere Musikkultur türkischer Gastarbeiter:innen und ihrer Kinder und Enkelkinder gab es in dieser Form nur in Deutschland. 

Screenshot: türkische-filmtage.de

Zwischen Fließbandjobs und Rassismus, Heimweh und dem Nachzug der Familie entstand eine ebenso einzigartige wie vielfältige Klangkultur. Der Eintritt ist frei. Im Anschluss an den Film gibt es um 19.30 Uhr einen Talk zum Thema „Türkische Musik in Deutschland“ mit Regisseur Cem Kaya, Lady Bitch Ray aka Dr. Reyhan Şahin (Wissenschaftlerin, Buchautorin, Rapperin) und Kulturdezernent Jörg Stüdemann.   

Eröffnet wird das Festival am 2. November mit dem dritten Teil der berühmten Reihe „Hababam Sinifi“ (Die chaotische Klasse): „Die chaotische Klasse erwacht“ (im türkischen Original mit deutschen Untertiteln). Ein fleißiger Schüler namens Ahmet, ein entfernter Verwandter von Mahmut Hoca, kommt in die Hababam-Klasse. Die chaotische Klasse verspottet Ahmet, weil er aus dem Dorf stammt. Ahmet ist jedoch ein sensibler und emotionaler Jugendlicher, der nicht so schnell aufgibt. Nach seinen Abschluss wird als Lehrer in einem Dorf angestellt und gibt der Hababam-Klasse somit eine gute Lektion. 

„Çatlak“ (Fractured) und der Politthriller „Burning Days“ zu sehen

„Çatlak“ (Fractured) ist der Titel eines Films, der am 4. November, 20 Uhr im Original mit englischen Untertiteln zu sehen ist. Fatih, der in England arbeitet, leiht sich einen großen Geldbetrag von seinem Freund Ayhan, um seiner Familie in der Türkei Geld zu schicken – und zahlt seine Schulden nicht zurück.

Ayhan besucht Fatihs Familie in der Türkei und fordert die Schulden ein. Das bringt alle Konflikte zwischen diesen Familienmitgliedern zum Vorschein. Dem Regisseur Fikret Reyhan gelang ein nuanciertes Porträt einer türkischen Familie. 

Der Politthriller „Burning Days“ von Emin Alper feierte seine internationale Premiere bei den 75. Internationalen Festspielen von Cannes in der Reihe Un Certain Regard. Am 5. November, 20 Uhr ist er beim Türkischen Filmfestival im Original unter dem Titel „Kurak Günler“ mit deutschen Untertiteln zu sehen. 

Emre, ein junger und engagierter Staatsanwalt, wird neu in eine Kleinstadt berufen, die von einer Wasserkrise und politischen Skandalen betroffen ist. Die Stadt Balkaya empfängt den jungen Mann zunächst herzlich, doch plötzlich überschlagen sich die Ereignisse. Emre ermittelt in seinem ersten Fall und wird unfreiwillig in die politischen Machtkämpfe der Stadt hineingezogen. Das Netz aus Intrigen, Aufruhr und Korruption wird immer verworrener und droht Emre bald ganz zu verschlingen, als er sich mit dem Journalisten Murat anfreundet, der seinerseits auf einer heißen und gefährlichen Spur ist. 

„Global Jazz – Gobal Spirit“ als Abschlusskonzert im domicil

Der Film „Mavi boncuk“ (6. November, 18 Uhr) erzählt die Geschichte einer Gruppe von Freunden, die die berühmte Sängerin Emel Sayin entführen. Sechs Freunde werden in einer Bar geschlagen, weil sie die Rechnung nicht bezahlen können. Sie beschließen daher, Emel Sayın zu entführen, um sich an dem Barbesitzer zu rächen. Der Plan wird erfolgreich umgesetzt. Sie freunden sich jedoch mit Emel Sayın an, die auf dem Dachboden des Hauses versteckt wird. In der Zwischenzeit wird auch das geforderte Lösegeld akzeptiert. Doch Emel Sayın will nicht gehen…

Screenshot: türkische-filmtage.de

Das Festival endet am 6. November, 20 Uhr im domicil Dortmund (Hansastr. 7) mit einem Konzert „Global Jazz – Gobal Spirit“. Okay Temiz und Freunde fokussieren den musikalischen Weltgeist, der sie bewegt, durch Konzerte und hinterlassen Spuren der Erinnerung in Ohren und Herzen.

Mit: Ruhi Erdoğan (Trompete), Utku Yurttas (Piano), Arvid Jullander (Bass) und Okay Temiz (Schlagzeug, Percussion). Eine Veranstaltung vom Kulturdezernat der Stadt Dortmund und der Globalkultur Kunst und Kulturelle Bildung gGmbH. 

Das ganz Programm gibt es hier: türkische-filmtage.de 

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Reaktionen

  1. Türkische Filmtage gehen weiter: Kult-Klassiker und modernes Kino auf großer Leinwand (PM)

    Die Türkischen Filmtage gehen weiter: Im März stehen drei Filme in zwei Kinos auf dem Programm.

    Los geht es am Sonntag, 19. März, 19.15 Uhr im Cinestar mit dem Film-Klassiker „Çöpçüler Kralı“ (The king oft the street cleaners) aus dem Jahr 1978 mit Kemal Sunal. Der Film um einen sympathischen, aber leicht trotteligen Straßenreiniger, seinen korrupten Chef, seine große Liebe und einen unverhofften Geldgewinn läuft im Original mit deutschen Untertiteln. Tickets: 2,50 Euro.

    Am 21. März, 19 Uhr folgt das vielfach ausgezeichnete Drama „Zenne“ (Bauchtänzer) des Regie-Duos M. Caner Alper und Mehmet Binay im Kino im U. Der Film ist ab 16 Jahren freigegeben und läuft im Original mit deutschen Untertiteln. Der Eintritt ist frei.

    Aus dem Inhalt: Ahmet stammt aus einer sehr konservativen Familie. Zwischen ihm, dem männlichen Bauchtänzer Can und dem deutschen Fotojournalisten Daniel entsteht eine Freundschaft, die zwischen Daniel und Ahmet immer enger wird. Doch Daniel wird skeptisch, als Ahmet etwas vor ihm zu verstecken scheint und sich mit jemand anderem trifft. Als er Ahmet zur Rede stellt, erzählt ihm dieser, dass seine Familie einen Spion auf ihn angesetzt hat, der ihn erpresst, damit er seine sexuelle Orientierung geheim hält. Daniel ahnt die Gefahr und rät Ahmet zur gemeinsamen Flucht nach Deutschland. Doch ohne den Militärdienst absolviert zu haben, bekommt man keinen Reisepass. Ahmets Eltern beginnen Verdacht zu schöpfen…

    Die Filmtage enden am 25. März im Dortmunder U mit einen tamilischen Film in Kooperation mit dem Verein Tamilischer Künstler. Nähere Infos dazu demnächst unter: türkische-filmtage.de

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