Literaturpreis der Stadt Dortmund geht an eine Französin in Berlin: Marie N’Diaye erhält Nelly-Sachs-Preis 2015

Mit dem Nelly-Sachs-Preis, Literaturpreis der Stadt Dortmund, wird in diesem Jahr die aus Frankreich stammende Schriftstellerin Marie N’Diaye ausgezeichnet. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert.

Die Tochter einer Französin und eines Senegalesen lebt mit ihrer Familie in Berlin

Marie N’Diaye wird mit dem Nelly-Sachs-Preis ausgezeichnet. Foto: Heike Steinweg/Suhrkamp Verlag
Marie N’Diaye wird ausgezeichnet. Foto: Heike Steinweg/Suhrkamp Verlag

Marie N’Diaye ist 1967 als Tochter einer Französin und eines Senegalesen in Pithiviers bei Orléans geboren. Seit 2007 lebt sie mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Jean-Yves Cendrey, und ihren drei Kindern in Berlin.

Frankreich verließ die „Französin durch und durch“  aus Protest gegen die Einwanderungspolitik der Regierung Sarkozy. In ihren Werken setzt sie sich vor allem mit Fragen zur Herkunft und dem Rätsel der Identität auseinander – und dies auf literarisch überragende Weise.

Bewusstsein für die sozialen, politischen und moralischen Dimensionen unserer Zeit

„Im Werk von Marie N’Diaye ist Identität eine unsichere Sache. Das liegt an den familiären Urkonflikten, die sie in all ihren Büchern thematisiert – und ihrem Bewusstsein für die sozialen, politischen und moralischen Dimensionen der Probleme unserer Zeit“, heißt es in der Begründung der Jury für den Nelly-Sachs-Preis.

Die Männer und vor allem Frauen, von denen die französische Autorin in Romanen wie „Rosie Carpe“, „Drei starke Frauen“ oder „Ladivine“ so kraftvoll wie sinnlich-expressiv erzählt, sind sich selbst fremd geworden. Oft ist der Grund dafür eine tiefe Schuld, die sie in sich tragen, weil sie sich von ihren Eltern oder ihren Kinder abgewendet haben.

Die Zugehörigkeit zu einem Land oder einer Kultur spielt gegenüber der zur Familie eine Nebenrolle. Denn Marie N’Diaye überschreitet mit der Intensität ihrer Literatur mühelos alles, was sich unter Schlagworten wie Multikulturalität oder Integration scheinbar leicht fassen lässt.

Rassismus als Metapher für Egoismus, Verrohung und Machtgier

Bei N‘Diaye wird der Rassismus zu einer Metapher für den Egoismus, die Verrohung, die Machtgier oder die Verachtung, die überall auf der Welt regieren.

Dabei bewahrt ihre von Mythen und Märchen gesättigte Literatur stets ein Geheimnis, weil sie schärfsten Realismus mit Übersinnlichem, Psychologie mit Rationalität mischt.

Marie N‘Diaye lädt in ihren Büchern zum Nachdenken über andere Lebensweisen, Ansichten und Kulturen ein, gerade weil sie nicht um Verständnis und Toleranz wirbt, sondern aufzeigt, wie elend eine Zivilisation ohne diese Eigenschaften ist.“

Die Autorin hat zahlreiche Romane, Erzählungen und Theaterstücke geschrieben

Die Autorin gilt als eine der erfolgreichsten französischen Gegenwartsdramatikerinnen. Sie hat zahlreiche Romane, Erzählungen und Theaterstücke geschrieben. Sie wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.  Ihre Stücke werden zunehmend auch an deutschen Bühnen aufgeführt.

Im Jahr 2009 wurde ihr für den Roman Trois femmes puissantes die höchste literarische Auszeichnung Frankreichs, der Prix Goncourt, verliehen. Die deutsche Übersetzung Drei starke Frauen erschien im Juni 2010, ebenso wie die ihrer anderen Werke, im Suhrkamp Verlag.

Die Preisverleihung findet am 13. Dezember 2015 im Rathaus statt

Mit dem Nelly-Sachs-Preis sind neben anderen bislang auch Nadine Gordimer, Christa Wolf, Per Olov Enquist, Norman Manea und Abbas Khider ausgezeichnet worden.

Marie N’Diaye hat sich sehr über die Mitteilung der Jury gefreut und zugesagt, den Preis am Sonntag, den 13. Dezember 2015, entgegenzunehmen. Die Preisverleihung findet in der Bürgerhalle des Rathauses, Friedensplatz, statt, um 11 Uhr.

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