Ratsfraktionen haben zahlreiche Fragen und üben teils massive Kritik

Kontroverse Debatte um die Neugründung von „Service 21“ im Finanzausschuss Dortmund

Die „ServiceDo“-Beschäftigten sind für Reinigung, Sterilisation, Catering und Logistik zuständig. Foto: Alex Völkel
Bisher hat nur das Klinikum mit der tarifungebundenen Tochter „ServiceDo“ einen eigenen outgesourcten Dienstleister. Mit „Service21“ sollen Stadtwerke und Stadt eine eigene tarifgebundene Servicetochter bekommen. Daran hagelt es Kritik. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Alles andere als ein Selbstläufer wird die Gründung einer gemeinsamen Servicetochter von Stadt Dortmund und den Stadtwerken: Nachdem das Handwerk massive Kritik geübt hatte, meldeten sich auch die Ratsfraktionen zu Wort. Alle haben eine Vielzahl von Fragen – das gilt auch für den städtischen Personalrat. Für andere ist die Sache schon klar: Sie lehnen die Gründung kategorisch ab.

Kauch: „Die Servicegesellschaft ist ein Anschlag auf den Mittelstand“

Die deutlichsten Worte fand Michael Kauch: „Die geplante städtische Service-Gesellschaft ist ein Anschlag auf den Mittelstand – und in dieser Form ein Verstoß gegen die Gemeindeordnung NRW“, kritisierte der Fraktionsvorsitzende von FDP/Bürgerliste, die Pläne der Stadtverwaltung im Finanzausschuss des Rates. 

Michael Kauch (FDP/Bürgerliste)
Michael Kauch (FDP/Bürgerliste) Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Die „Service 21“ soll als Tochter der Stadtwerke Gebäudereinigung, Instandhaltung, Sicherheit und „sonstige Serviceleistungen“ anbieten. FDP/Bürgerliste sieht in der aktuellen Vorlage zur Gründung eine unfaire Konkurrenz zum privaten Handwerk. Dies gelte insbesondere für Gebäudereinigung und Instandhaltung.  

„Für uns bleibt es dabei: für die Bürgerinnen und Bürger ist es auf Dauer kostengünstiger, wenn Wettbewerb herrscht. Privat vor Staat, ist unsere Leitlinie“, so Michael Kauch. Besonders kritisch sei es, dass es nach der Vorlage sogar möglich wäre, dass eine quersubventionierte „Service 21“ außerhalb des städtischen Konzerns Leistungen am Markt anbietet. „So werden Arbeitsplätze im Handwerk gefährdet und knappe Fachkräfte abgeworben.“

Viele offene Fragen und zahlreiche Irritationen in der Politik

Der kommissarische CDU-Vorsitzende Sascha Mader. Foto: Alex Völkel
Der CDU-Vorsitzende Sascha Mader. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Zwar keine kategorische Ablehnung, aber viele Fragen und Kritik gibt es auch von Grünen, CDU und SPD. Einen ganzen Fragenkatalog legte Dr. Christoph Neumann (Grüne) vor. Mehrere Fraktionen meldeten zudem zusätzlichen Beratungs- und Informationsbedarf an. Eine Entscheidung in der kommenden Ratssitzung wird es daher nicht geben.

„Die Grundidee aus dem Bereich Sicherheit ist jetzt überlagert mit vielen anderen Aktivitäten“, kritisierte Sascha Mader (CDU). Das geht seiner Fraktion viel zu weit. „Höchstens etwas Reinigung ginge vielleicht. Darüber müssen wir sehr intensiv diskutieren“, meint Mader.

Fabian Erstfeld, Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion
Fabian Erstfeld (SPD) Foto: Stephan Schuetze

Der Gründung einer Servicegesellschaft prinzipiell positiv ist demgegenüber die SPD-Fraktion eingestellt: „Die Frage ist nur in welcher Form und in welchem Ausmaß. Instandhaltung ist nicht Aufgabe einer solchen Servicegesellschaft. Da reicht es aus, die guten Leistungen des Handwerks zu nutzen“, so Fabian Erstfeld. 

Außerdem würde die SPD die Leistungen auf den Konzern Stadt begrenzen wollen, aber die Stadtverwaltung selbst außen vor halten. Dort setzt man auf eigenes städtisches Personal: „Auch unser Anliegen ist nicht outzusourcen, sondern gute Qualität und Arbeitsverhältnisse hinzukriegen. Wir sind uns bewusst, dass dies teurer werden würde – das würden wir aber hinnehmen“, so Erstfeld.

Einzig die Linke+ ist bisher der Vorlage durchweg positiv gestimmt

Einen Anschlag auf das Handwerk wie Michael Kauch vermochte Utz Kowalewski (Linke+) nicht zu erkennen – stattdessen sieht er in der Idee „eine normale Vorlage und dazu eine Beschlusslage aus der vorletzten Haushaltsberatung. Da wurde sich auf Sicherheit und Reinigung beschränkt, um Insourcing zu betreiben“. 

Utz Kowalewski (Die Linke+)
Utz Kowalewski (Die Linke+) Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Er warb prinzipiell um Zustimmung, forderte aber, die Bedenken von städtischem Personalrat und DSW21-Betriebsrat aufzugreifen und deren Ängste zu zerstreuen. Sie befürchten unter anderem Outsourcing.

Sorge vor einer Ausweitung der Arbeit auf andere Firmen oder Nachbarstädte fürchtete er nicht, sondern sah sie eher in weiter Ferne: „Einen Marktzugang gibt es bestenfalls in einer sehr, sehr weiten Zukunft. Im Konzern Stadt haben wir genug zu tun.“

„Ich halte die Gründung für richtig. Wir haben bei DSW schlechte Erfahrungen gemacht, aber auch bei der Stadt, wenn ich an manche Ratssitzung zurückdenke“, so Kowalewksi. „Die, vor denen geschützt werden sollte, wurden mit Shake-Hands begrüßt“, erinnerte der Linke an Verbrüderungsszenen von Security mit Neonazis. Nach dem sogenannten „Rathaus-Sturm“ am Wahlabend 2014 hatte die Stadt einen Sicherheitsdienst engagiert. Doch mancher Mitarbeiter war sehr „rechtsaffin“ – das hatte schließlich bei der Auftrags(neu)vergabe Konsequenzen.

CDU kritisiert Schwammigkeit und die „Echauffierung“ des Handwerks

Uwe Waßmann (CDU)
Uwe Waßmann (CDU) Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Alles andere als eine „normale Vorlage“ sah hingegen Uwe Waßmann (CDU): Man könne das machen, eine Markterkundung durchführen, Befindlichkeiten frühzeitig aufgreifen und Gesprächsangebote nutzen. Doch das alles habe nicht stattgefunden.  

„Das führt zu berechtigter Unruhe“, sagte Waßmann mit Blick auf die Reaktionen aus Handwerk und der Personalvertretungen. „Es muss auch viel deutlicher formuliert werden als in dieser Schwammigkeit“, kritisierte der CDU-Vertreter. „Und dass das gesamte Handwerk echauffiert, hat man ja nicht jede Woche. Jetzt müssen wir die Scherben zusammenfegen“, sagte er in Richtung Stadtspitze und zu Utz Kowalewksi.

Heiner Garbe (AfD)
Heiner Garbe (AfD) Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Keinen weiteren Gesprächsbedarf meldete hingegen Heiner Garbe (AfD) an: „Als überzeugter Wirtschaftsliberaler lehne ich das ab und stehe auf Seiten der Kritiker der IHK und HWK. Es wird nicht alles besser, wenn man dem Staat weitere Aufgaben überträgt. Es wird dann schlechter und teurer.“ 

„Ich setze weiter auf soziale Marktwirtschaft. Wenn es Missstände gibt, kann man andere Unternehmen beauftragen und nicht kommunale Parallelwirtschaften schaffen. Der Staat greift schon viel zu sehr bei Privaten und Privatunternehmen ein. Wir möchten nicht, dass das auf dieser Ebene noch weiter vorangetrieben wird zu Lasten der gesamten Stadtwirtschaft“, so Garbe. 

In der kommenden Ratssitzung dürfte das Thema vorerst vom Tisch sein. Die Politik wird das Thema weiter diskutieren und die Verwaltung wird eine Vielzahl von Fragen beantworten müssen. Ob und wann es zu einer Gründung kommen wird und mit welchem Auftrag, ist noch offen.

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Reaktionen

  1. Gebäudereiniger-Innung Dortmund kritisiert erneuten Gründungsversuch von Service21: „Erheblich an Glaubwürdigkeit verloren” (PM)

    Der Blick auf den Sitzungskalender im Internet beweist es: Am Donnerstag, dem 4. Mai, steht das Thema „Service21” erneut auf der Tagesordnung des Ausschusses für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften. Kai-Gerhard Kullik, Obermeister der Gebäudereiniger-Innung Dortmund, ist davon mehr als überrascht: „Wir haben als Innung am 21. März mit der Handwerkskammer, der IHK und DSW21 einen gemeinsamen Gesprächstermin gehabt, sind aber keinen Schritt weitergekommen. Nach wie vor wehren wir uns dagegen, dass uns ohne triftigen Grund durch Service21 Aufträge weggenommen werden. Wir haben noch nicht einmal die Protokolle der stattgefundenen Sitzungen vorliegen und nun sollen offensichtlich in einem zweiten Versuch schon wieder Nägel mit Köpfen für Service21 gemacht werden. Warum reden wir dann überhaupt zusammen? Für uns ist das ein Signal, wie gering die Wertschätzung des Handwerks bei der Stadt offensichtlich ist.”

    Kein demokratisches Vorgehen

    Für den Obermeister hat es etwas mit gelebter Demokratie zu tun, dass alle betroffenen Parteien in ihren Bedenken auch ernst genommen werden. „Was mich immer wieder überrascht, ist die Tatsache, wie doppelzüngig die Stadt vorgeht. Einerseits wird uns in Sonntagsreden blumig erklärt, wie wertvoll das Handwerk als Arbeitgeber für die Region ist und auf der anderen Seite werden hier hinterrücks Entscheidungen vorbereitet und durchgezogen, die genau das Gegenteil bekunden”, so Kullik. „Es geht dabei ja nicht nur um uns als Arbeitgeber, sondern auch und vor allem um die Jobs der bei uns beschäftigten Menschen. Ich bin mir sicher, dass viele Handwerker – und nicht nur aus unserer Branche – den entsprechenden Kommunalpolitikern bei der nächsten Wahl einen Denkzettel für dieses Vorgehen verpassen werden.”

    Nach wie vor, so der Obermeister, sei die Innung zu Gesprächen bereit, obwohl die Stadt und DSW21 durch ihr Vorgehen für ihn erheblich an Glaubwürdigkeit verloren hätten. „Wem können wir denn noch trauen, wenn wir offensichtlich nur zu Scheingesprächen eingeladen werden und die Stadt dann doch ihr eigenes Ding durchzieht?”, fragt Kullik zu Recht. Für die öffentliche Ausschuss-Sitzung am 4. Mai um 15.00 Uhr hat der Vorstand der Innung seine Teilnahme bereits angekündigt und ruft die Mitgliedsbetriebe der Innung dazu auf, ebenfalls zu erscheinen.

  2. Willkommenskultur stärken, Sicherheit erhöhen: Stadt und DSW21 gründen eigene Service-Gesellschaft (PM)

    Wer städtische Einrichtungen besucht, soll dort gut empfangen werden, sich sicher fühlen und zuverlässig verbindliche Auskünfte erhalten. Daher gründet die Stadt gemeinsam mit DSW21 eine eigene Service-Gesellschaft: „Service 21“.
    Die neue Gesellschaft soll zunächst unter dem Kurznamen „Service21“ (Arbeitstitel) firmieren – offiziell „Dortmunder Stadtwerke Servicegesellschaft mbH “. Hauptgesellschafter ist die Dortmunder Stadtwerke Holding GmbH (DSH), die zu 95 Prozent an „Service 21“ beteiligt ist. Die Stadt Dortmund hält 5 Prozent. Der Verwaltungsvorstand befasste sich heute mit dem Vorhaben. Eine entsprechende Vorlage geht nun in die politischen Gremien – der Rat wird in seiner Sitzung im März darüber entscheiden.

    Welche Aufgaben übernimmt „Service 21“?

    In den ersten fünf Jahren soll sich „Service21“ ausschließlich auf das Aufgabenfeld Sicherheit für dei Stadt Dortmund beschränken. Das Spektrum könnte nach Ablauf der fünf Jahre um Reinigungsdienstleistungen erweitert werden, falls der Rat der Stadt zustimmt. Der aktuelle Entwurf des Gesellschaftsvertrages enthält keine Reinigungsdienstleistungen.

    Warum braucht die Stadt eine eigene Service-Gesellschaft?

    In vielen Institutionen der Stadt Dortmund sind derzeit externe Sicherheits- und Wachdienste im Einsatz – darunter in vielen Kultureinrichtungen wie den städtischen Museen, dem Dortmunder U oder dem Keuninghaus. Sie sind für die Besucher- und Bürger*innen häufig der erste Kontakt zu diesen Einrichtungen bzw. zur Stadt Dortmund. Das Auftreten des Sicherheits- und Wachpersonals spiegelt die Werte und Haltung der Stadt Dortmund nach außen.

    Die Stadt möchte ihren Bürger*innen Sicherheit geben, Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit vermitteln. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, dass sich Stadt und Sicherheitspersonal kurzfristig und engmaschig abstimmen und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Diese enge Verbundenheit kann nur ein in den Konzern integriertes kommunales Unternehmen gewährleisten.

    Wie Dortmunder Bürger*innen, aber auch Besucher*innen der Stadt in den Ämtern und städtischen Einrichtungen empfangen werden, wirkt sich nachhaltig auf das Image Dortmunds aus. „Qualität aus einer Hand“ ist das Ziel. Um diese gewährleisten zu können, möchte „Service21“ seine Mitarbeitenden nach einem von ver.di verhandelten Tarif bezahlen.

    In welchen Einrichtungen geht es los?

    Starten wird das Personal von „Service21“ in städtischen Kultureinrichtungen und in FABIDO-Kitas. Die Mitarbeiter*innen sollen die Aufsicht in Museen führen und dort an den Kassen sitzen, Pforten- und Empfangs- sowie Alarmdienst am Theater leisten und für das Festival „Klangvokal“ im Institut für Vokalmusik arbeiten. An den städtischen Kitas sollen sie den Schließdienst übernehmen und den Kindern, Erzieher*innen und Besuchern*innen eine sichere An- und Abreise insbesondere bei Verkehrseinschränkungen durch Baustellen ermöglichen. Weitere Aufgaben in den städtischen Fachbereichen und Eigenbetrieben sollen später folgen.

    Bestehende Verträge mit externen Sicherheitsfirmen werden Stadt Dortmund und DSW21 weiterhin erfüllen.

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