
Alles andere als ein Selbstläufer wird die Gründung einer gemeinsamen Servicetochter von Stadt Dortmund und den Stadtwerken: Nachdem das Handwerk massive Kritik geübt hatte, meldeten sich auch die Ratsfraktionen zu Wort. Alle haben eine Vielzahl von Fragen – das gilt auch für den städtischen Personalrat. Für andere ist die Sache schon klar: Sie lehnen die Gründung kategorisch ab.
Kauch: „Die Servicegesellschaft ist ein Anschlag auf den Mittelstand“
Die deutlichsten Worte fand Michael Kauch: „Die geplante städtische Service-Gesellschaft ist ein Anschlag auf den Mittelstand – und in dieser Form ein Verstoß gegen die Gemeindeordnung NRW“, kritisierte der Fraktionsvorsitzende von FDP/Bürgerliste, die Pläne der Stadtverwaltung im Finanzausschuss des Rates.

Die „Service 21“ soll als Tochter der Stadtwerke Gebäudereinigung, Instandhaltung, Sicherheit und „sonstige Serviceleistungen“ anbieten. FDP/Bürgerliste sieht in der aktuellen Vorlage zur Gründung eine unfaire Konkurrenz zum privaten Handwerk. Dies gelte insbesondere für Gebäudereinigung und Instandhaltung.
„Für uns bleibt es dabei: für die Bürgerinnen und Bürger ist es auf Dauer kostengünstiger, wenn Wettbewerb herrscht. Privat vor Staat, ist unsere Leitlinie“, so Michael Kauch. Besonders kritisch sei es, dass es nach der Vorlage sogar möglich wäre, dass eine quersubventionierte „Service 21“ außerhalb des städtischen Konzerns Leistungen am Markt anbietet. „So werden Arbeitsplätze im Handwerk gefährdet und knappe Fachkräfte abgeworben.“
Viele offene Fragen und zahlreiche Irritationen in der Politik

Zwar keine kategorische Ablehnung, aber viele Fragen und Kritik gibt es auch von Grünen, CDU und SPD. Einen ganzen Fragenkatalog legte Dr. Christoph Neumann (Grüne) vor. Mehrere Fraktionen meldeten zudem zusätzlichen Beratungs- und Informationsbedarf an. Eine Entscheidung in der kommenden Ratssitzung wird es daher nicht geben.
„Die Grundidee aus dem Bereich Sicherheit ist jetzt überlagert mit vielen anderen Aktivitäten“, kritisierte Sascha Mader (CDU). Das geht seiner Fraktion viel zu weit. „Höchstens etwas Reinigung ginge vielleicht. Darüber müssen wir sehr intensiv diskutieren“, meint Mader.

Der Gründung einer Servicegesellschaft prinzipiell positiv ist demgegenüber die SPD-Fraktion eingestellt: „Die Frage ist nur in welcher Form und in welchem Ausmaß. Instandhaltung ist nicht Aufgabe einer solchen Servicegesellschaft. Da reicht es aus, die guten Leistungen des Handwerks zu nutzen“, so Fabian Erstfeld.
Außerdem würde die SPD die Leistungen auf den Konzern Stadt begrenzen wollen, aber die Stadtverwaltung selbst außen vor halten. Dort setzt man auf eigenes städtisches Personal: „Auch unser Anliegen ist nicht outzusourcen, sondern gute Qualität und Arbeitsverhältnisse hinzukriegen. Wir sind uns bewusst, dass dies teurer werden würde – das würden wir aber hinnehmen“, so Erstfeld.
Einzig die Linke+ ist bisher der Vorlage durchweg positiv gestimmt
Einen Anschlag auf das Handwerk wie Michael Kauch vermochte Utz Kowalewski (Linke+) nicht zu erkennen – stattdessen sieht er in der Idee „eine normale Vorlage und dazu eine Beschlusslage aus der vorletzten Haushaltsberatung. Da wurde sich auf Sicherheit und Reinigung beschränkt, um Insourcing zu betreiben“.

Er warb prinzipiell um Zustimmung, forderte aber, die Bedenken von städtischem Personalrat und DSW21-Betriebsrat aufzugreifen und deren Ängste zu zerstreuen. Sie befürchten unter anderem Outsourcing.
Sorge vor einer Ausweitung der Arbeit auf andere Firmen oder Nachbarstädte fürchtete er nicht, sondern sah sie eher in weiter Ferne: „Einen Marktzugang gibt es bestenfalls in einer sehr, sehr weiten Zukunft. Im Konzern Stadt haben wir genug zu tun.“
„Ich halte die Gründung für richtig. Wir haben bei DSW schlechte Erfahrungen gemacht, aber auch bei der Stadt, wenn ich an manche Ratssitzung zurückdenke“, so Kowalewksi. „Die, vor denen geschützt werden sollte, wurden mit Shake-Hands begrüßt“, erinnerte der Linke an Verbrüderungsszenen von Security mit Neonazis. Nach dem sogenannten „Rathaus-Sturm“ am Wahlabend 2014 hatte die Stadt einen Sicherheitsdienst engagiert. Doch mancher Mitarbeiter war sehr „rechtsaffin“ – das hatte schließlich bei der Auftrags(neu)vergabe Konsequenzen.
CDU kritisiert Schwammigkeit und die „Echauffierung“ des Handwerks

Alles andere als eine „normale Vorlage“ sah hingegen Uwe Waßmann (CDU): Man könne das machen, eine Markterkundung durchführen, Befindlichkeiten frühzeitig aufgreifen und Gesprächsangebote nutzen. Doch das alles habe nicht stattgefunden.
„Das führt zu berechtigter Unruhe“, sagte Waßmann mit Blick auf die Reaktionen aus Handwerk und der Personalvertretungen. „Es muss auch viel deutlicher formuliert werden als in dieser Schwammigkeit“, kritisierte der CDU-Vertreter. „Und dass das gesamte Handwerk echauffiert, hat man ja nicht jede Woche. Jetzt müssen wir die Scherben zusammenfegen“, sagte er in Richtung Stadtspitze und zu Utz Kowalewksi.

Keinen weiteren Gesprächsbedarf meldete hingegen Heiner Garbe (AfD) an: „Als überzeugter Wirtschaftsliberaler lehne ich das ab und stehe auf Seiten der Kritiker der IHK und HWK. Es wird nicht alles besser, wenn man dem Staat weitere Aufgaben überträgt. Es wird dann schlechter und teurer.“
„Ich setze weiter auf soziale Marktwirtschaft. Wenn es Missstände gibt, kann man andere Unternehmen beauftragen und nicht kommunale Parallelwirtschaften schaffen. Der Staat greift schon viel zu sehr bei Privaten und Privatunternehmen ein. Wir möchten nicht, dass das auf dieser Ebene noch weiter vorangetrieben wird zu Lasten der gesamten Stadtwirtschaft“, so Garbe.
In der kommenden Ratssitzung dürfte das Thema vorerst vom Tisch sein. Die Politik wird das Thema weiter diskutieren und die Verwaltung wird eine Vielzahl von Fragen beantworten müssen. Ob und wann es zu einer Gründung kommen wird und mit welchem Auftrag, ist noch offen.
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