Professor der TU Dortmund leitet die Fachoffensive Mathematik

Grundschüler*innen sollen besser Rechnen ler­nen

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27,5 Mil­lio­nen Euro nimmt NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer in die Hand, um die Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen in der Grund­schule zu stär­ken. Für die Um­set­zung der so­ge­nann­ten „Fach­of­fen­si­ve Mathe­matik“ hat die Lan­des­re­gie­rung Prof. Christoph Selter an Bord geholt: Der Mathematikprofessor der TU Dort­mund leitet die Um­set­zung der neuen Offensive und verrät im Interview, was es damit auf sich hat.

Wieso ist es not­wen­dig, eine neue Fach­of­fen­si­ve Mathe­matik an Grund­schu­len zu starten?

Prof. Christoph Selter: Nahezu ein Viertel der Schüler*innen in Deutsch­land erfüllt nach der vierten Klasse die Basisanforderungen im Fach Mathe­matik nicht.

Internationale Ver­gleichs­stu­di­en haben au­ßer­dem gezeigt, dass die ma­the­ma­ti­schen Kom­pe­ten­zen der Viertklässler*innen in Deutsch­land unterhalb der Mittelwerte der EU-Länder liegen. 

Die Co­ro­na-Pan­de­mie hat die Situation noch einmal verschärft. Durch Distanz- und Wech­sel­un­ter­richt sind Lern­rück­stän­de ent­stan­den, die im Fach Mathe­matik be­son­ders schwer­wie­gend und nun auf­zu­holen sind. Hier setzt die neue Fach­of­fen­si­ve an:

In den Grund­schu­len sollen die Kernkompetenzen im Rechnen gestärkt wer­den, ohne zu vernachlässigen, dass Mathe­matik viel mehr ist als rechnen.

Dabei sollen die Lehr­kräf­te un­ter­stützt wer­den. Sie er­hal­ten um­fang­rei­che Ma­te­ri­alien für den Un­ter­richt, an­schau­li­che Vi­deo­se­quen­zen und wis­sen­schaft­lich abgesicherte Handreichungen. Außerdem wer­den in den Schul­äm­tern neue Stellen für so­ge­nannte Fachberater*innen geschaffen, die die Schulen auf dem Weg begleiten.

Welche Expertise bringt die TU Dort­mund ein?

Prof. Christoph Selter ist Teil des Forschungsverbunds „SchuMaS“. Fotos: Roland Baege/TU Dortmund
Mathematikprofessor Christoph Selter.  Foto: Roland Baege / TU Dortmund

Die drittmittelstarke fachdidaktische For­schung des IEEM deckt alle Schul­for­men, von der Grund­schule bis zur Se­kun­dar­stu­fe II, sowie die Lehreraus- und -fortbildung ab. Dabei ent­ste­hen auch ganz kon­kret Un­ter­richts­kon­zep­te und -materialien sowie Fortbildungskonzepte und -materialien, deren Wirkungen em­pi­risch un­ter­sucht wer­den. 

Das IEEM ist ein wich­ti­ger Pfeiler des von der Leibniz-Gemeinschaft ge­för­der­ten Deut­schen Zentrums für Leh­rer­bil­dung Mathe­matik. Ein Bei­spiel für die Arbeiten sind die zahl­rei­chen im Projekt PIKAS er­ar­bei­teten und er­forsch­ten Ma­te­ri­alien für den Ma­the­ma­tik­un­ter­richt in der Pri­mar­stu­fe, die wir in die Fach­of­fen­si­ve ein­brin­gen und erweitern wer­den. Wir begleiten und erforschen zudem die Implementationsprozesse.

Was muss sich in Zukunft ändern im Ma­the­ma­tik­un­ter­richt an der Grund­schule?

Prof. Christoph Selter: Im Mathe­matik-Un­ter­richt soll künftig nicht mehr so sehr das Üben von unverstandenen Aufgabenserien im Vordergrund stehen. Es geht da­rum, spezifische Schwie­rig­keit­en einer Schülerin oder eines Schülers zu er­ken­nen und sie auf dieser Grundlage adaptiv zu fördern.

Die in­ter­na­ti­o­na­le TIMS-Studie von 2019, für die wir an der TU Dort­mund im Be­reich Mathe­matik die Federführung übernommen haben, bei­spiels­weise hat bereits gezeigt, dass sowohl leis­tungs­star­ke als auch leistungsschwächere Schüler*innen ge­ziel­ter ge­för­dert wer­den müs­sen. Ein zweiter zentraler Ansatzpunkt für Ver­bes­se­rung des Mathe­ma­tik­un­ter­richts ist die Sprach­bil­dung. 

Häufig scheitern Kin­der, weil sie nicht über den er­for­der­lichen Fachwortschatz verfügen – wie z.B. in einer Ta­bel­le Zeile und Spalte – und keine Vor­stel­lun­gen von Rechenoperationen haben – wie z. B. hinzufügen, auf­tei­len oder wegnehmen. Trotz nicht immer optimaler Rah­men­be­ding­ung­en in den Schulen sollten die Lehr­kräf­te bessere Mög­lich­keiten er­hal­ten, kontinuierlich im Beruf weiter zu ler­nen. Hier setzt die Fach­of­fen­si­ve an.

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