Auf der HBF-Nordseite soll ein urbanes Stadtquartier entstehen

„Ein ganz großer Wurf für Dortmund“

So könnte der Park auf dem Bahndamm aussehen, wenn die Planungen realisierbar scheinen.
So könnte der Park auf dem Bahndamm aussehen, wenn die Planungen realisierbar scheinen.

Abbruchreife Gebäude, Tristesse, Abfall und Wildwuchs – so präsentiert sich bisher die Nordseite des Hauptbahnhofs entlang der Stein- und der Treibstraße in der Nordstadt. Wenn sich die Planungen realisieren lassen, könnte in einigen Jahre an den Gleisen ein Park entstehen und an ein völlig neues urbanes Quartier für Wohnen, Arbeiten und Freizeit anschließen. Wie das aussehen könnte, stellten die PlanerInnen jetzt im Rathaus der Stadt Dortmund vor.

„Signalwirkung für die Gesamtstadt, die Nordstadt und den Bahnhofsbereich“

Auf dem ehemaligen Bahndamm könnte ein neues Stadtquartier entstehen - unabhängig von der Zukunft des Post/DHL-Areals.
Auf dem Bahndamm könnte ein neues Quartier entstehen – unabhängig von der Post/DHL-Fläche.

Die Stadt Dortmund will dabei den ganz großen Wurf: Für eine der bedeutendsten Entwicklungsflächen im Bereich der Dortmunder Innenstadt verdichten sich die Planungsabsichten. Nachdem im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs Ende 2017 drei Arbeiten mit einem ersten Preis ausgezeichnet wurden, liegen nun die Überarbeitungen dieser Entwürfe vor. 

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Insbesondere der Entwurf des Büros „raumwerk“ überzeugt nach Ansicht der Jury „mit einer übergeordneten Idee und verspricht eine „Signalwirkung für die Gesamtstadt, die Nordstadt und den Bahnhofsbereich“. Daher verspreche dieser Ansatz die größte Wahrscheinlichkeit eines nachhaltigen Impulses für die Entwicklung des nördlichen Bahnhofsumfeldes.

Die Entwicklung des nördlichen Bahnhofsumfelds ist ein wichtiges Zukunftsprojekt der Stadt, das die Stadtstruktur im Bereich City und Nordstadt maßgeblich prägen wird. In Verbindung mit dem Umbau der Verkehrsstation durch die Deutsche Bahn und der Neugestaltung der Stadtbahnhaltestelle soll auf der Nordseite des Hauptbahnhofs ein neues urbanes Stadtquartier entstehen. Doch – wie sollte es beim Thema Bahnhofsumbau anders sein – werden noch Jahre ins Land ziehen – bis das neue Quartier Wirklichkeit wird. 

Grüne Spange  vom Bahnhofsvorplatz an der Steinstraße über den Bahndamm bis zum Blücherpark

Jon Prengel vom Büro „raumwerk“ stellte die Planungen vor.
Jon Prengel vom Büro „raumwerk“ stellte die Planungen vor. Fotos: Alex Völkel

Was ist konkret geplant? Die Frankfurter PlanerInnen wollen eine grüne Spange realisieren, die vom Bahnhofsvorplatz an der Steinstraße über den Bahndamm bis zum Blücherpark führen soll. Darüber wird auch der Bahnhofsvorplatz angebunden.

Augenfälligstes Merkmal ist die – bereits im vergangenen Jahr viel diskutierte – grüne Rampe. Unter und neben ihr soll der neue Fernbusbahnhof, ein Parkhaus für 400 bis 500 Autos und ein Fahrrad/eBike-Parkhaus entstehen.  „Der Park auf dem Bahndamm wird zum Dach des Busbahnhofs“, erklärtJon Prengel vom Büro „raumwerk“. 

Diverse Neu- und Einbauten sind im Park vorgesehen: So soll eine Rad- und Skaterpromenade bis zum Burgtor führen. Dort (am Burgtor) schwebt der Stadt eine höhergeschossige Neubebauung südlich und nördlich des Bahndamms vor. 

Auf dem Bahndamm und dem ehemaligen Güterbahnhof wäre Platz für weitere Neubauten. Mit überplant wird zudem das Gelände, welches die Post /DHL an einen Investor verkauft hat. Perspektivisch soll die Hauptpost dort weichen. Der Zeitpunkt und auch der neue Standort sind noch offen. Derzeit wird dort übrigens neu vermietet. Daher wäre ein Abriss und eine Überplanung noch Zukunftsmusik. 

Doch auch ohne diese Fläche ließen sich die Neubauten realisieren. Wohnen, Büros oder weitere Komponenten für den neuen Bildungs-Campus im Schatten des Dortmunder U wären hier denkbar. Denn die Bahntöchter sind mit im Boot – alle Arbeiten werden mit ihnen abgestimmt, machte Planungsdezernent Ludger Wilde deutlich.

Neubauten auf der Bahnhofsnordseite sollen nach Abschluss der Arbeiten an der Bahnstation 2024 beginnen

Visualisierung der geplanten „Grünen Spange“. Grafik: Raumwerk
Visualisierung der geplanten „Grünen Spange“ auf der Bahnhofsnordseite. Grafiken: Raumwerk

Schnellschüsse wird es hier – wie sollte es bei der Beteiligung der Deutschen Bahn auch anders sein – nicht geben. Erst mit der Fertigstellung der neuen Bahnstation (voraussichtlich im Jahr 2024) sollen die neuen Arbeiten losgehen. Sie sind so getaktet, dass sie die eigentlichen Arbeiten an der Bahnstation nicht negativ tangieren. 

Die neue Rampe soll an die Bahnstation angeschlossen werden und die neue nördliche Empfangshalle bilden. Diverse Nutzungen sollen dann dort integriert werden. Denn durch den Höhenversatz von rund 9,50 Meter vom Gleiskörper zum Bahnhofsvorplatz sind dort zwei Etagen für Nutzungen möglich. 

Der Busbahnhof soll dort angelegt werden. Eine Anbindung ist über eine neue zweispurige Straße zur Brinkhoffstraße geplant. Darunter soll eine neue Quartiersgarage entstehen,  durch die die Kurfürstenstraße (die Zufahrt zur Hauptpost) angebunden wird. Denkbar wären – nach dem Abriss der Post-Gebäude – eine weitere Anbindung an die Steinstraße. 

Planer: „Unter der Rampe wird die Zukunftsvision für einen Bahnhof des 21. Jahrhunderts entstehen“

Einblick unter den
Einblick unter den „Parkdeckel“ – der Fernbusbahnhof soll unter der grünen Spange verschwinden.

Auf der Fläche des jetzigen Fernbusbahnhofs könnte dann der neue Busbahnhof für den Nahverkehr entstehen. Das große geplante Vordach könnte auch überbaut und mit weiteren Nutzungen versehen werden, machen die PlanerInnen deutlich.

Analog zur Südseite bekomme der Hauptbahnhof dann auch auf der Nordseite ein attraktives Gesicht. „Mit der attraktiven freiräumlichen Spange vernetzen wir Nord- und Innenstadt. Unter der Rampe wird die Zukunftsvision für einen Bahnhof des 21. Jahrhunderts entstehen“, verspricht Prengel. „Hier werden sich die Wege kreuzen. Wir werden das gesamte Thema Mobilität dort spielen. Stadtbahn, Nah- und Fernbusse, Fahrräder und Autos – es wird ein richtiger Verkehrsknotenpunkt.“

Zudem werde ein angenehmes Wohnquartier entstehen, das mit dem bisherigen Bahnhof nicht viel zu tun haben werde. „Attraktive Bereiche für ein intaktes Wohnquartier“, verspricht der Planer. „Wir werden die Stadt weiter bauen. Die Bahnhofsnordseite wird kein Rückseitenthema mehr. Wir werden da eine Vorderseite schaffen“, ergänzt seine Kollegin Sonja Moers. Es werde dort einen neuen Stadtteil mit einem Park mit Begegnungsflächen geben: „Ein Stück Stadt mit hoher Lebensqualität.“ 

Ebenfalls in der Überlegung – darauf hatte Ludger Wilde gedrängt – ist eine Überführung von der Nordstadt bis in die City – beispielsweise bis an die Katharinentreppe. Diese und andere Planungen müssen nun noch weiter konkretisiert werden.

Die Stadt Dortmund hat drei preiswürdige Planentwürfe als Alternativen im Köcher 

So könnte der Park auf dem Bahndamm aussehen, wenn die Planungen realisierbar scheinen.
So könnte der Park auf dem Bahndamm aussehen, wenn die Planungen realisierbar sind.

Um den Entwurf von „raumwerk“ auf die tatsächliche Realisierbarkeit zu untersuchen, schlägt das Empfehlungsgremium vor, bei dieser Arbeit vertiefend weitere Aspekte zu prüfen. Sofern diese Prüfungen eine wirtschaftlich, technisch und funktional tragfähige Umsetzung erwarten lassen, wird empfohlen, den Entwurf des Büros als Grundlage der weiteren Bearbeitung zu nutzen.

Denn die Planungen von „raumwerk“ sind nicht die einzigen, die die Stadt im Köcher hat. Im Anschluss an eine viertägige Planungswerkstatt, die im Oktober 2016 allen BürgerInnen zur Beteiligung offenstand, schloss sich im Juli 2017 ein städtebaulicher Wettbewerb „Dortmund | Umfeld Hauptbahnhof Nord“ an. 

Das Preisgericht hat sich im Dezember 2017 entschieden, aufgrund der hohen Qualität, drei – in ihren Entwurfskonzeptionen sehr unterschiedliche – Arbeiten jeweils mit einem ersten Preis auszuzeichnen. Die Erstplatzierten sollten ihre Entwürfe vertiefen und konkretisieren.

Die Überarbeitungen von allen Entwürfen liegen jetzt vor: Die Planungsbüros „bk – bueroKleinekort“ aus Düsseldorf, „raumwerk Gesellschaft für Architektur und Städtebau mbH“ aus Frankfurt/Main sowie „Trojan + Trojan Architekten + Städtebauer BDA“ aus Darmstadt haben ihre Entwurfskonzeptionen weiterentwickelt. Die Entwürfe von Trojan + Trojan und in besonderem Maße von „raumwerk“ stellen nach Auffassung des Gremiums gute Möglichkeiten zu einer erfolgreichen urbanen Weiterentwicklung des Wettbewerbsbereiches dar. 

Ludger Wilde, Maik Draxler, Sonja Moers und Jon Brendel stellten die Überarbeitungen vor.
Ludger Wilde, Maik Draxler, Sonja Moers und Jon Prengel stellten die Überarbeitungen vor.
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Reaktionen

  1. Wolfgang Richter

    Wieder ein ganz großer Wurf für Dortmund – man hat den Eindruck, dass die Stadt ganz groß zugeworfen wird, eine Blase nach der anderen, eine spektakulärer als die andere, das U, der Hafen, der Platz von Rostow, der Hauptbahnhof (wie viele Blasen sind da schon geplatzt?), seine Nordseite, überhaupt „nordwärts“. Die Bürgerinitiative „Garten statt ZOB“ hat seit der Förderung des Fernbusverkehrs und der Verlagerung des ZOB vor Jahren auf Gefährdungen und Chancen für diesen zentralen Platz und die über ihn erschlossene Nordstadt hingewiesen (www.gartenstattzob.de), vgl. auch die Debatte hier im Nordstadtblogger zu diesem Thema.

    Heute jubeln Politik und Verwaltung, öffentliche und private Planung immer noch über das Zusammenführen aller Verkehrssysteme an diesem Ort. Der derzeitig vorgeführte Planungsstand hat etliche frühere Festlegungen, vor allem für die Erschließung, immerhin gestrichen, rechtmäßig? Damit wurde jedoch eine Forderung der Initiative endlich aufgegriffen – die seinerzeitig als unerlässlich für jede Planung herausgestellte Hochlegung des ZOB und seine Erschließung im Westen und Osten ist heute verschwunden. Ein Erfolg? Der ZOB ist geblieben, unter die Grünflächen auf der Gleisebene gedrückt, bau-, luft- und lärmtechnisch prekär, die Erschließung in der Brinkhoff- bzw. Schützen-Straße so ungeklärt wie die Verteilung in der Stadt, vor allem für die Nordstadt.

    Zu einem Erfolg für die Stadtbenutzer*innen kann erst das vollständige Aufgeben des ZOB an diesem Platz werden. Die Initiative „Garten statt ZOB“ hat dies seit allem Anfang gefordert und hat Alternativen für einen nach derzeitigen Standards rationalen Standort vorgelegt. Unerhört. Erleben wir gerade einen ersten Schritt von Verwaltung und Politik dahin?

  2. Cornelia Wimmer

    Bei so viel grüner Attraktivität kommt eines, vielmehr einer, fast ungesehen bzw. überlesen davon: Der künftige ZOB. – Er wird mindestens doppelt so groß ausgelegt sein wie das derzeitige Provisorium am nördlichen Hauptbahnhof. Die Anzahl der ein- und ausfahrenden Busse wird steigen, die Zubringerverkehre ebenfalls. Also auch mehr Lärm, mehr Emissionen und damit mehr Stadtraum, der jenem lebensfeindlichen, Urbanität zerstörenden, Ressourcen verschlingenden und gesundheitsschädlichen Wesen zugeschanzt wird, das in Dortmunder Planungen immer noch die Hauptrolle spielt: Der motorisierte Verkehr.

  3. Wolfgang Richter

    Zum neuesten Stand der Planungen für den ZOB

    Der Ratsbeschluss vom 13. 12. (Drucksache Nr.: 12588-18) zur Neugestaltung der Nordseite des HBF zeigt in der Anlage zu seiner Begründung den einmal überarbeiteten Entwurf der siegreichen Planungsgruppe und erläutert, dass der weiterhin überarbeitet werden muss. Bis hierhin gab es drei Entwurfsschritte:

    1. Der erste Entwurf war der Wettbewerbsbeitrag: Er basierte noch auf den kategorischen Vorgaben der Ausschreibung, die den Zentralen Omnibus Bahnhof (ZOB) im Zentrum der Gesamtanlage verlangte, massiv vergrößert und hochgelegt auf Gleisniveau und erschlossen über Rampen im Westen und Osten. Zur Erinnerung: Als das Fußballmuseum nach Dortmund kam, war der ZOB hier nur vorübergehend geplant und vorläufig realisiert worden, um dem Protest von Bürger/innen, Expert/innen und Planer/innen zu begegnen. Mit dem städtebaulichen Wettbewerb sollte ein endgültiger Standort gefunden werden, aber alles sollte beim falschen Ansatz bleiben – der ZOB im Zentrum. Fazit: Hochgelegen am gleichen Ort ist kein anderer Standort.
    2. Der zweite Entwurf war die 1. Überarbeitung: Weiterhin ist der ZOB im Zentrum der Gesamtanlage, jedoch nur noch einseitig erschlossen – Zu- und Abfahrt der Fernbusse erfolgen von und nach Westen über die Schützenstraße und werden nicht mehr (oder nur noch halb) hochgelegt. Zwecks Einsparen von Flächen soll der ZOB ‚bergmännisch‘ unter den Gleiskörper und die Restgrünflächen getrieben werden und so den HBF-Nord-Zugang erreichen. Im Kern der Anlage bleiben die schweren Belastungen und Verschmutzungen des Zentrums durch den ZOB. Die Belastungen durch Erschließung im Osten entfallen, die Belastungen durch Erschließung im Westen werden dramatisch erhöht. Technische, verkehrliche und rechtliche Voraussetzungen wie klimatische und soziale Kosten sind nicht ermittelt. Fazit: Auf halbem Weg stehen geblieben.
    3. Die nun geforderte 2. Überarbeitung soll zeigen, ob das so weiter geht oder ob alles auf Anfang gestellt und ein anderer Entwurf vorgezogen werden soll. Die Kenntnisnahmen in den Ausschüssen und der Beschluss im Rat und sind unter massivem Termindruck auf die Beratenden zustande gekommen. Die schmale Chance, hier und jetzt in das regellose Planungsgeschehen einzugreifen und den privaten ZOB aus dieser öffentlichen Anlage zwischen Nordstadt, HBF und City ganz herauszunehmen, wurde nicht ergriffen. Überlegungen zur Entwicklung der Verkehrssysteme, ihrer Sinnhaftigkeiten und ihrer Folgen für die Stadt und die hier lebenden und arbeitenden Menschen wurden nicht angestellt. Das derzeitige neue „Zwischenergebnis“ ist haltlos – es stützt sich weder auf sorgfältig ermittelte Planungsgrundlagen sowie sachgerechte Abwägungen und echte Beteiligung noch zeigen sich so Perspektiven. Allenthalben regen sich späte Zweifel. Fazit: Es ist Zeit sich ehrlich zu machen – Umdenken tut not!

    Die Bürgerinitiative „Garten statt ZOB“ hat alternative Standorte skizziert.* Der Fernbusverkehr muss nicht durch die gesamte Stadt, zumal nicht durch die sowieso extrem belastete Nordstadt, gelenkt werden – er braucht einen guten Anschluss an das öffentliche Personenverkehrsnetz der Stadt und einen direkten Anschluss an das Fernstraßennetz. Nicht viel mehr, das aber benutzerfreundlich.

    *Vgl. https://www.gartenstattzob.de/

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