Es geht los, in Dorstfeld: Entscheidung über Generalplaner für den Umbau der alten Waschkaue zum Bürgerhaus ist gefallen

Ist-Zustand – Planung: Die alte Waschkaue der Schachtanlage Dorstfeld 2/3 soll zum Begegnungszentrum werden. Fotos: Thomas Engel
Ist-Zustand – Planung: Die alte Waschkaue der Schachtanlage Dorstfeld 2/3 soll zum Begegnungszentrum werden.

Von Thomas Engel

Der altehrwürdigen Waschkaue in Oberdorstfeld stehen aufregende Zeiten bevor: das denkmalgeschützte Gebäude bleibt natürlich erhalten, aber es wird sich ein wenig herrichten lassen müssen, um (als Industriedenkmal aufgewertet) Bestand zu haben – das war klar. Bislang suchten dafür die kommunalen StadtplanerInnen zusammen mit lokalen Dorstfelder Akteuren jene dritte Kraft im Bunde, die nicht nur ein passendes Konzept für eine angemessene Verjüngungskur vorlegen kann, sondern gleichermaßen erfahren ist in deren Umsetzung unter BürgerInnenpartizipation. – Jetzt wurde Erfolg vermeldet.

Erinnerung durch Industriekultur soll Orte schaffen, an denen sich Menschen begegnen können

Letzte Hindernisse nach langem Versteckspiel in Oberdorstfeld: die alte Waschkaue taucht auf.
Letzte Hindernisse nach langem Versteckspiel in Oberdorstfeld: die alte Waschkaue taucht auf.

Insgesamt vier Architekturbüros hatten sich auf die Ausschreibung der Stadt Dortmund beworben; nun wurde bekanntgegeben, wer demnächst bei Planung und Projektrealisation federführend sein wird. Es geht um den Um- und Aufbau eines mitten in Oberdorstfeld quasi versteckt gelegenen, fast geheimnisvollen Gebäudes von beachtlichen Ausmaßen.

Auf rund 1.000 Quadratmeter Grundfläche und eine über fünfmal so große Außenfläche bemisst sich der Gegenstand zukünftiger Bemühungen und die Tatkraft von kommunalen wie lokalen Akteuren aus dem Stadtteil. Damit auch Dorstfeld mit seiner langen Bergbautradition demnächst ein gebührendes Bürgerhaus sein eigen nennen kann, in dem Geschichte angemessen aufgehoben und daher Platz für neue Begegnungen ist.

Die Rede ist von der hinter unauffälligen Mauern und Gebäuden oder wuchernder Natur eingelassenen alten Waschkaue der Schachtanlage Dorstfeld 2/3, die zugleich als Verwaltungsgebäude diente. Die soll zu einem Begegnungszentrum umgebaut werden. Den Zuschlag bekam der Entwurf des Dortmunder Architekturbüros HWR Ramsfjell.

Interessengemeinschaft der Dorstfelder Vereine kommt eine Schlüsselstellung zu

AktivistInnen: Stadt, Stadtteil, Planungswissen
Die Mitwirkenden von Stadt, Stadtteil und Planung stellen sich zum Gruppenbild. Fotos: Thomas Engel

Dass es überhaupt dazu kommen konnte, ist offenbar zunächst dem Umstand zu verdanken, dass sich, erklärt Stadtdirektor Jörg Stüdemann, das denkmalgeschützte Gebäude nicht veräußern ließ. Kein unbedingter Nachteil – mit Blick auf die zumeist disaströse Bilanz der letzten Jahrzehnte von privaten Investoren in kommunale Immobilien, wenn es um die Einhaltung von Pflichten durch Eigentum ging.

Und Auflagen durch Denkmalschutz sind für rasante Geschäfte eher unerquicklich. Also musste, wurde mit dezidiertem Anforderungsprofil seitens der Stadt ausgeschrieben – um das brachliegende Industriedenkmal letztendlich doch mit öffentlichen Mitteln aus dem langen Dornröschenschlaf zu erwecken. Und mit der Initiative von BürgerInnen des Stadtteils und darüber hinaus. – Ziel: um bürgerschaftliches Engagement und Stadterneuerung gewissermaßen organisch miteinander zu verbinden.

Die vermittelnde Instanz der Stadtplanungen vor Ort ist daher nicht zufällig die Interessengemeinschaft der Dorstfelder Vereine (IDV). Einem parteiübergreifenden Zusammenschluss von DorstfelderInnen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Von hier aus soll eine Genossenschaft gegründet werden, welche – nach Abschluss der Arbeiten an der Immobilie – die Trägerschaft für das neue Begegnungszentrum übernehmen wird.

Alternativlos: Ein offenes Begegnungszentrum von BürgerInnen – für BürgerInnen

Alte Waschkaue Dorstfeld, Innenansichten: Ahnung, dass da was drin steckt.
Alte Waschkaue Dorstfeld, Innenansichten: Ahnung, dass da was drin steckt.

Die Entscheidung für die prämierte Konzeption der Projektentwicklungsspezialisten von HWR sei auch vor dem Anforderungshintergrund gefallen, betont daher Bezirksbürgermeister und Jurymitglied Ralf Stoltze (SPD), ob und inwieweit der potentielle Generalplaner Erfahrung im Umgang mit Vereinen, sprich: mit lokalen Interessenvertretungen habe.

Denn in dem Haus der Arbeit von einst soll ja ein offenes Begegnungszentrum entstehen. Dazu braucht es bei Planung wie Realisierung die Rückmeldungen über Bedürfnisse wie Bedarfe der lokalen Akteure, die sich potentiell engagieren werden: von ehrenamtlich tätigen BürgerInnen bis hin zu kleineren und mittleren Unternehmen aus der Kommune.

Gunnar Ramsfjell, Geschäftsführer des Architekturbüros HWR, ist sich dessen bewusst. Wie das nun prämierte Konzept bereits in gemeinsamen Gesprächen mit interessierten NutzerInnen des Gebäudes erarbeitet worden sei, wolle man weiterhin transparent vortragen, wie Planung und Arbeiten vorangingen. – Und bei soviel Offenheit sind neue Formen der Partizipation sicherlich nicht ausgeschlossen.

Kosten wie Finanzierungsstruktur liegen noch nicht in Cent-Beträgen vor

Innenansichten (2): Luft nach Oben gibt es allemal.
Innenansichten (2): Luft nach Oben gibt es allemal.

Baubeginn wird Ende 2019, hofft Planungsdezernent Ludger Wilde; die Fertigstellung ist für 2021 anvisiert. Was die Kosten betrifft, schätzt Wilde mit aller Vorsicht drei bis vier Millionen Euro – eine Summe, die allerdings wegen der frühen Planungsphase „noch nicht belastbar“ sei. Bei Präzisierung des nun vorliegenden Projektentwurfs verringere sich die diesbezügliche Schwankungsbreite, sekundiert Gunnar Ramsfjell.

Aber niemand könne vorhersehen, was da bei der notwendigen Entkernung des Gebäudes hinter einzelnen Wänden lauere, möchte der erfahrene Umbauarchitekt nichts beschönigen.

Jedenfalls hofft die Stadt auf Landesmittel bwz. hat bereits welche akquiriert („Initiative ergreifen“); Bundesmittel waren auch einmal im Gespräch. Der Stadtkämmerer bleibt jedenfalls auffällig gelassen: gegebenenfalls würden die Dinge eben über den Stadthaushalt geregelt, deutet Stüdemann an.

Zudem wäre da noch der Eigenanteil der geplanten Genossenschaft: 100.000 Euro sollen es werden, sagt Olaf Meyer von der Interessengemeinschaft Dorstfelder Vereine e.V. Im Verhältnis zur Gesamtinvestitionssumme wenig, vielleicht auch eher ein Akt symbolischer Bindung durch mittelbare Partizipation an dem Projekt.

Weil die gesetzlich verankerten Bestimmungen, denen eine Genossenschaft diesbezüglich unterliegt, greifen werden, macht Wilhelm Schulte-Coerne von der Interessengemeinschaft deutlich.

Das Neue im Alten: Ein Denkmal, Raum für Offenheit, Kommunikation und Zukunft

Außenansicht zum Abschied: Bald spielen hier Kinder, die sich ohne Vorurteile begegnen können.
Außenansicht zum Abschied: Bald spielen hier Kinder, die sich ohne Vorurteile begegnen können.

Die basale flächen- und raumarchitektonische Ausgestaltung der Gebäude ist nach den Grundanforderungen an jede Industriekultur bzw. deren Objekte ausgerichtet: Bewahrung ihres gewordenen Charakters und entsprechender Umbau zu einem Ort mannigfaltiger Möglichkeiten der Begegnung – im und durch das so geschaffene Denkmal.

Die Halle etwa solle in einem positiven Sinne einfach und ein wenig ruppig erhalten, größtenteils frei bleiben – so wie sie jetzt eben auch erscheine, betont Gunnar Ramsfjell. Die „schöne“ Ziegelfassade möchte er möglichst wiederhergestellt wissen; und dass Fenster in die ursprüngliche Höhe zurückgesetzt werden, die sie durch zwischenzeitlich errichtete Anbauten teilweise verloren hätten.

Mit Leben sollen die Bauten durch einen Kinder- und Jugendtreff, der sich derzeit noch auf dem Grundstück als Provisorium in Seecontainern befindet, gefüllt werden; dazu ein Veranstaltungsbereich mit Bühne, ein Spielbereich, Räume für im Prinzip kulturelle, sportliche und integrative Aktivitäten jedweder Couleur außer Braun im schlechten Sinne. Gleichwohl: Auch ein gemeinsamer Sanitärbereich für alle Gebäudeteile wird nicht fehlen.

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  1. Stadt Dortmund (Pressemitteilung)

    Preis für Bürgerhaus Dorstfeld beim Bundeswettbewerb „Europäische Stadt im Wandel“

    Das Bürgerhaus Dorstfeld erhält den 2. Preis beim Bundeswettbewerb „Europäische Stadt: Wandel und Werte – Erfolgreiche Entwicklung aus dem Bestand“ im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik und der Bund-Länder-Städtebauförderung. Insbesondere die Belebung eines industriegeschichtlichen Relikts durch ehrenamtliches Engagement für gesellschaftlichen Zusammenhalt und aktive Jugendarbeit im Stadtteil hat die Fachjury bei der Preisverleihung am 8. November in Leipzig gelobt.

    Das Bürgerhaus im alten Kauengebäude der ehemaligen Zeche Dorstfeld wird ein diskriminierungsfreier Ort, wo sich Menschen mit Respekt und Toleranz begegnen. Es wird gesellschaftliche Teilhabe gelebt. Das Bürgerhaus bietet mit dem integrierten städtischen Kinder- und Jugendtreff Menschen aller Altersgruppen Raum und Möglichkeiten für ihre Ideen, ihr Engagement und ihre Aktivitäten.

    „Es wird einen aktiven Beitrag zum Stadtteilleben leisten“, sagt Susanne Linnebach, stellvertretende Leiterin des Amtes für Wohnen und Stadterneuerung, die mit Detlef Englich, Dorstfelder Bürgerhaus-Genossenschaft eG, den Scheck in Höhe von 15 000 Euro in Leipzig entgegennahmen. „Mit dem Preisgeld werden wir zusammen mit den Jugendlichen die Flächen für die Jugendlichen gestalten“, kündigt Detlef Englich an. Oben auf der Wunschliste der Jugendlichen steht die Anlage eines Schrebergartens im Außenbereich des Bürgerhauses, den sie in Eigenregie bewirtschaften wollen.

    Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat aus Anlass des Europäischen Kulturerbejahres 2018 den Bundeswettbewerb „Europäische Stadt: Wandel und Werte – Erfolgreiche Entwicklung aus dem Bestand“ ausgelobt. Mit dem Bundeswettbewerb werden herausragende Konzepte und Projekte für einen zukunftsweisenden Umgang mit dem baukulturellen Erbe im städtebaulichen Kontext ausgezeichnet. Insgesamt wurden 210 Wettbewerbsbeiträge von Städten und Gemeinden aus der gesamten Bundesrepublik eingereicht.

    Der Umbau der städtischen Immobilie zum Bürgerhaus ist Teil des Stadterneuerungsprogramms Stadtumbau Dorstfeld und wird finanziert aus Städtebaumitteln der Stadt Dortmund, des Landes NRW und des Bundes. Die im September 2018 gegründete Dorstfelder Bürgerhaus-Genossenschaft eG als zukünftiger Betreiber des Gebäudes unterstützt die Umsetzung mit einem finanziellen Anteil, einem bemerkenswerten ehrenamtlichen Engagement und eigener Arbeitskraft. Das Bürgerhaus soll Anfang 2021 eröffnet werden.

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